Meine Damen und Herren! Was ist aus unserer Sicht zu tun, um die kreative Stadtentwicklung voranzubringen? Als erstes muss die Stadt prüfen, mit welchen politischen Instrumenten sie die Arbeitsbedingungen kreativer Branchen und die Realisierung kreativer Wohnräume fördern kann. Dazu müssen aus dem weit gefächerten Bestand an städtischen Gewerbeimmobilien Objekte für kreative Laboratorien aktiviert werden. Andere Städte sind da wesentlich weiter als Hamburg, angefangen von Kopenhagen über London, Amsterdam, Wien bis Barcelona, die gezielt aufgelassene Gebäude, Industriebrachen für Musikzentren, für Ausstellungszentren zur Verfügung stellen und dort natürlich eine Zeit lang beispielsweise auf die Realisierung von möglichen Gewinnen durch Veräußerungen verzichten, aber aus dem Gedanken eines städtischen Mehrwerts heraus sagen, dies kann ein Experimentierraum sein, aus dem es dann Impulse gibt. Häufig ist so etwas auch der Auslöser einer Aufwertung.
Wir sehen beispielsweise gerade in der Neuen Großen Bergstraße in Altona, wie die kulturellen Nutzungen, die sich dort in den Brachen entwickeln, dieser Straße ein neues Gesicht geben, ein neues Image schaffen und, wenn man sich beispielsweise die Ausstellung DING DONG anschaut, innerhalb kürzester Zeit 30 000 Besucher anziehen.
Die Stadt muss auch eine größere Offenheit für Raumpioniere entwickeln, die auf Hausbooten oder vielleicht auch in Bauwagen leben wollen, die in abweichenden, anders gearteten Wohnnutzungen leben wollen. Es muss nicht alles standardisiert sein, es muss nicht alles über denselben Kamm geschoren werden. Hamburg sollte den Mut haben, wenn es zum Beispiel eine internationale Bauausstellung einrichtet, dort auch tatsächlich Offenheit zu erzeugen und muss die Bereitschaft haben, Dinge abseits der Norm zuzulassen. Das erfordert von den Bau- und Planungsbehörden Mut zur Innovation und Vielfalt. Das war bisher nicht ihre Stärke, aber ohne das geht es nicht voran. Bei der Liegenschaft braucht es die Bereitschaft, das Interesse an einer renditeorientierten Verwertung von Brachen und Leerständen zumindest temporär zugunsten kultureller Neubesiedlungen zurückzustellen und dafür qualitative Gewinne für die Innovationsfähigkeit und das kulturelle Profil der Stadt zu erzielen.
Die Antwort des Senats auf unsere Anfrage ist da sehr zweigeteilt. Auf der einen Seite sagt man in einem einleitenden Statement, man sehe das, es könne so etwas geben, aber im Konkreten folgt dem nichts nach. In allen Bereichen, bei denen es auf städtischem Grund und in Immobilien möglich wäre, geht immer gleich die Klappe zu. Vielleicht ist der Geist willig, aber der Apparat ist schwach und unbeweglich; das muss sich ändern.
Wenn das tatsächlich gelingen soll, dann müssen auch Entscheidungen herbeigeführt werden. Das betrifft insbesondere die Port Authority, die sehr krampfhaft an prak
tisch leer stehenden Speichergebäuden festhält, die auch zum Beispiel die kulturelle Inwertsetzung von Hafenflächen durch die Circle Line, was wir hier mehrfach diskutiert haben, blockiert und verhindert hat. Auch dort ist ein anderes Verständnis notwendig, nicht nur eine harte Trennung von Räumen vorzunehmen und zu sagen, hier ist Wirtschaftsraum, dort ist Lebensraum, dort ist vielleicht der Bereich des kulturellen Eventcenters der Stadt, sondern auch zu erkennen, dass dieser Wirtschaftsraum Hafen auch ein Ort der Kultur ist und dadurch wichtige Impulse für die Revitalisierung der angrenzenden Stadtteile ausgehen können.
was vor 20 Jahren in Barmbek vieles ausgelöst hat. Sie haben wahrscheinlich immer noch Angst vor so etwas wie einer Kampnagelisierung der HafenCity; das war vor zehn Jahren eine Schimäre der Angst. Heutzutage müssten auch Sie eigentlich weiter sein und erkennen, dass Kampnagel für Hamburg zu einer wirklichen Größe in der kulturellen Szene geworden ist, es auch viel zur Revitalisierung des Bereichs in Barmbek beigetragen hat
und dass auch in der Nachfolge weitere Bebauungen auf dem Areal möglich geworden sind. Insgesamt ist das doch eine Erfolgsstory. Aber dazu braucht man erst einmal den Mut, einige Jahre nicht zu verkaufen, nicht zu verwerten, sondern Flächen bereitzustellen und zu sagen, den Pionieren überlassen wir die Räume für sehr günstige Konditionen.
Meine Damen und Herren! Wie das Beispiel in der Neuen Großen Bergstraße zeigt, können von kulturellen Nutzungen entscheidende Impulse zur Revitalisierung ausgehen. Dass dies auch der Senat erkannt hat, ist erfreulich. So heißt es in der Antwort auf unsere Anfrage:
"Die kulturelle (Zwischen-)Nutzung leer stehender Flächen ist eine wichtige Option für die Stadtteilentwicklung …"
"Die Kunst- und Kulturprojekte sind u. a. als Imageträger wichtige Impulsgeber für die Erneuerung des jeweiligen Gebietes."
Schöne Worte, nur müssen dem auch Taten folgen. Leider zeigen die Antworten auf unsere Fragen, dass die Tendenz beim Senat nach wie vor eindeutig zu den großen Leuchtturmprojekten geht und so, wie die Dinge liegen, dämmern die kreativen Potenziale Hamburgs vor sich hin und werden von diesem Senat nicht entfesselt. – Vielen Dank.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Das von der GAL aufgeworfene Bild der kreativen Stadt ist durchaus spannend. Die weichen Standortfaktoren Hamburgs sollen weiter gestärkt und kreative Menschen global nach Hamburg gelockt werden
ein vernünftiges Ansinnen. Die Volkswirtschaft braucht kreative Menschen, die Hamburger Wirtschaft und auch unsere wachsende Stadt braucht sie.
Die kreative Stadt eignet sich jedoch nicht als Leitbild und schon gar nicht als konträres Leitbild zur wachsenden Stadt. Es kann allenfalls als Untermodell,
Die GAL hat sich aber nun eine fixe Idee in den Kopf gesetzt, die fixe Idee, den eigentlich sehr schönen akademischen Ansatz der kreativen Stadt unbedingt zu einem Leitbild hochstilisieren zu wollen, alle Politikbereiche damit zu überstülpen mit überraschenden Nebenwirkungen,
dass die GAL verkrampft, Herr Maier, und richtig unkreativ rüberkommt. Sie fordern quasi Kreativität ein, Kreativität lässt sich aber nicht einfach einfordern.
Kreativität ist ein unorganisierter Prozess, der sich entwickelt und weitgehend frei wächst, und zwar in der Regel genau dort, wo die Politik nicht künstlich eingreift. Kreativität kann auch nicht auf Knopfdruck verordnet werden. Eine kreative Szene entsteht dort, wo anderes Leben bereits vorhanden ist. Der Stadtteil St. Georg ist dafür ein typisches Beispiel. Aber auch St. Pauli, das Karolinen- und das Schanzenviertel bieten längst den vielfältigen, vibrierenden Mix, in dem Kreativität blüht und gedeiht.
Nicht ohne Grund hat Professor Straubhaar, Direktor des Weltwirtschaftsinstituts, vor kurzem im "Hamburger Abendblatt" betont, Kreative lieben Hamburg.
Sie lieben natürlich auch den Hamburger Hafen. Gerade die Kreativen sind es doch, die den Hafen und die HafenCity als Location suchen und sich dort ansiedeln. Deshalb ist der Ansatz der Grünen und von Ihnen, Herr Maier, Hafen und Kreativität auseinanderdividieren zu wollen, völlig überzogen. Ein funktionierender und florierender Hafen garantiert doch eine spannende Kreativszene.
Wie nun die GAL versucht, ihr bisher eher fragmentarisch dargestelltes Leitbild bekanntzumachen, ist meines Erachtens auch erwähnenswert. In der Werbebranche, einem wirklich kreativen Berufszweig, wird nach einem Ausspruch des alten Eisenhowers gehandelt, nämlich: Was nicht auf einer einzigen Seite zusammengefasst werden kann, ist weder durchdacht noch entscheidungsreif.
Was aber tut die GAL? Sie formuliert zu Hamburgs Kreativitätspotenzial eine Große Anfrage nach der anderen, will Zahlenkolonnen und Daten seitenlang erfasst wissen und fordert die Suche und Katalogisierung von Standorten ein. Penibel wird jeder Gewerbehof, jedes Kulturprojekt, jedes Stadtteilfest hinterfragt, detailversessen und kleinigkeitsliebend, geradezu in preußischer Akribie.
Das Ergebnis der Anfragen ist, dass der Hamburger Senat natürlich auch ein Interesse an den Kreativen in dieser Stadt hat. Das Leitbild "Metropole Hamburg – Wachsende Stadt" des Senats hat sich schließlich ein überdurchschnittliches Wirtschafts- und Beschäftigungswachstum, eine Erhöhung der Einwohnerzahl Hamburgs sowie die Steigerung seiner internationalen Attraktivität zum Ziel gesetzt. Bestandteil bei den weichen Standortfaktoren ist selbstverständlich die Kultur. Hamburg bietet alle Facetten der kulturellen Vielfalt und ist damit ein wichtiger Anreiz für eine neue Urbanisierungsbewegung. Als ein Beispiel der Vielfalt seien nur die Angebote im Bereich der Stadtteilkultur genannt. Hamburg ist mit der Stadtteilkultur bundesweit führend.
Aber natürlich muss auch die wirtschaftliche Kraft Hamburgs weiter gestärkt werden. Dafür setzt Hamburg konsequent eine Clusterpolitik um, die die wichtigsten Wachstumsbranchen und Potenziale berücksichtigt. Dazu gehören natürlich der Hafen und die Luftfahrtindustrie sowie die Logistikbranche, aber ebenfalls der Medien- und Games-Bereich, in dem sehr viele Kreative tätig sind.
Mit dieser erfolgreichen Clusterpolitik hat der Senat auch im arbeitsmarktpolitischen Bereich alle Hamburger im Blick im Gegensatz zu den Grünen, die insbesondere die kreative, akademische, gut verdienende junge Klasse vor Augen hat und damit eine recht elitäre Gruppe. Das ist Klientelpolitik und zu wenig, um Hamburg für das nächste Jahrzehnt zu rüsten. Für uns als Volkspartei geht es nicht nur um die Interessen Einzelner. Wir als CDU wollen die Interessen aller berücksichtigen, die der Jungen und der Alten, die der Arbeiter und der Akademiker, die der Kreativen und der weniger Kreativen. Insofern ist das Leitbild der GAL kein Leitbild für Hamburg, sondern allenfalls eine Ergänzung der bestehenden Konzepte.
Ich bin der Überzeugung, dass es Hamburg mit der Umsetzung des Konzepts "Wachsende Stadt" gelingen wird, sein Ranking unter den attraktivsten Metropolen Europas weiter zu festigen und zu verbessern mit gezielter Wirtschaftsförderung, mit einer weiter optimierten Hochschulpolitik und einer weiteren Festigung seiner toleranten, weltoffenen Haltung. Mit ihrer Toleranz- und Innovationsfreudigkeit war, ist und bleibt Hamburg eine Stadt, die große Anziehungskraft ausübt und dies auch und gerade auf die kreative Klasse.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Frau Hochheim, Sie haben für Ihre Fraktion gezeigt, dass Sie genauso viel zu dem Thema zu sagen haben wie der Senat selbst, nämlich nahezu nichts.
Wenn man die Beantwortung dieser Großen Anfrage durchliest, dann sieht man förmlich vor sich, wie die Ärmelschoner übergezogen worden sind, wie die Bleistifte gespitzt worden sind, um Antworten zu geben, die so dröge sind, dass sie jenseits all dessen sind, wonach gefragt worden ist.