Aber man kann, wenn man einmal in die Vergangenheit schaut, sehen, was sich in der Ausgabenstruktur geändert hat. Ich hatte die Finanzbehörde einmal gebeten, eine Untersuchung zu machen, die sich an eine Studie anlehne, die das Bundesministerium für Finanzen in Gang gebracht hatte, nämlich zu gucken, welche Ausgaben eigentlich zukunftsorientiert seien und welche mehr vergangenheitsorientiert. Zukunftsorientiert waren insbesondere Kitas, Schulen, Hochschulen, Umwelt, aber auch Investitionen. Dann teilte mir die Behörde mit, das Budget für Wachstumsausgaben und nachhaltig wirksame Ausgaben sei im Zeitraum von 1994 bis 2006 von 3,2 Milliarden um 326 Millionen Euro auf etwa 2,7 Milliarden gesunken, der Prozentanteil am Haushalt gar von 35,5 auf 29,4 Prozent. Das ist natürlich kein gutes Zeichen für den Hamburger Haushalt, ist aber nicht allein Ihre Verantwortung.
Die Behörde sagte gleichzeitig – und das ist nicht von der Hand zu weisen –, dass man die Zahlen so einfach nicht nehmen könne, weil es inzwischen Ausgliederungen und auch Neugliederungen der Funktionen gegeben habe und zum Beispiel zweifelhaft sei, ob die Arbeitsmarktpolitik überhaupt zu den wachstums- und nachhaltigkeitswirksamen Ausgaben gehöre oder nicht. Lassen wir also die genauen Zahlen dahingestellt sein.
Man wird aber wahrscheinlich sagen können, dass die Tendenz in Bezug auf nachhaltigkeitswirksame, also zukunftsorientierte Ausgaben insgesamt eher negativ ist.
Wenn ich einmal nur für die Bereiche Schule, Hochschule, Forschung, Jugendhilfe, Kitas und Kultur als zukunftsbezogene Ausgaben nachzurechnen versuche, dann lagen die im Jahre 2001 bei 26,2 Prozent des Haushalts und sollen 2008 bei 25,2 Prozent liegen.
Das heißt, diese zukunftsorientierten Aufgaben gehen um etwa 1 Prozent am Anteil des Gesamthaushalts zurück. Das ist ein struktureller Verlust von etwa 100 Millionen Euro in fünf Jahren. Das ist nicht einfach Schuld des Senats, das hängt natürlich mit den wachsenden Versorgungslasten zusammen. Aber es ist unser gemeinsames
Problem, dass wir immer weniger für diese zukunftsorientierten Aufgaben leisten können. Dieses gemeinsame Problem wird aber nicht angepackt. Das ist auch eine Frage, dass man sich möglicherweise mit dem Versorgungsstandard der Beamten anlegen muss.
Der Senat legt einen eigenen, anderen Nachhaltigkeitsmaßstab vor. Er untersucht das Verhältnis des Schuldenzuwachses zum Zuwachs des Bruttoinlandprodukts. Nach demselben Maßstab sieht es aber auch nicht gut aus mit der Nachhaltigkeit des Hamburger Haushalts. Wir haben seit – glaube ich – 1991 eine ständige so genannte Nachhaltigkeitslücke. Die schwankt zwar, aber der Senat sagt, nach 2007 geht sie herunter. Wenn man aber schaut, warum sie sinkt, dann geht sie herunter, weil der Senat dort Wachstumsannahmen im Hinblick auf das Bruttoinlandsprodukt hineingeschrieben hat, die höher sind als der Bundesdurchschnitt der letzten Jahre. Darum geht es dort vor allen Dingen herunter. Das ist aber eine statistische Hoffnung, aber nicht eine Realität, die mit Politik zu tun hat.
Hilft nun gegen diese Nachhaltigkeitsprobleme, dass wir nicht genügend Geld für die Zukunftsausgaben ausgeben und dass tatsächlich unsere Verschuldensdynamik noch weiter läuft und noch nicht wirklich gestoppt ist, ein Verschuldungsverbot in der Verfassung? Ich würde meinen, nein.
Der Finanzsenator kann ein solches Verschuldungsverbot jederzeit umgehen. Er muss nur irgendeine öffentliche Firma, irgendein öffentliches Unternehmen zu irgendeiner Kreditaufnahme – aus welchen Gründen auch immer – veranlassen und wird das in den Haushalt holen können. Kameralistisch tritt das gar nicht in Erscheinung. Das heißt, Sie wollen ein Verbot für eine Haushaltssystematik, die Sie gerade dabei sind abzuschaffen, nämlich die Kameralistik. Der Senator überlegt schon, die Kameralistik in zwei, drei, vier Jahren – er hat schon Bundesratsinitiativen laufen – ganz abzuschaffen. Sie wollen aber in die Verfassung schreiben, nach kameralistischen Prinzipien muss der Haushalt ausgeglichen sein. Das ist doch offenkundiger Unsinn. Da sind Sie hinter Ihrer Entwicklung hinterher.
Nun könnte man sagen: Der Ausgleich muss auf der Ebene der kaufmännischen Buchführung erzielt sein, also kein Kapitalverzehr. – Aber das jetzt in die Verfassung hineinschreiben zu wollen, wo es weit entfernt ist und die kaufmännische Buchführung auch gerade erst einmal dabei ist eingeführt zu werden und wir noch gar nicht genau wissen, wie sie im öffentlichen Bereich funktioniert, ist nicht der richtige Zeitpunkt.
Die Forderung ist völlig aus der Hüfte geschossen. Tatsächlich kann man damit beim Bund der Steuerzahler Kopfnicken erzielen. Auch der Rechnungshof, der immer darauf achten muss, dass wir brave Leute bleiben, sieht das mit Sympathie, aber in Wirklichkeit ist es nicht vernünftig, das in der gegenwärtigen Situation zu tun.
Nun noch ein bisschen zu dem Thema Investitionen. Der Senator lobt, dass wir die Investitionen von gut 1 Milliarde auf gut 1,1 Milliarden steigern wollen. Dagegen wäre zunächst einmal gar nichts zu sagen, wenn es Investitionen wären, die die Stadt insgesamt weiterbringen und ihr eine neue Zukunft eröffnen. Aber man muss einmal bei der Investitionsstruktur schauen. Klassischerweise gehen 20 Prozent unserer Investitionen in den Hafen. Im Sonderinvestitionsprogramm, das dazu führt, dass die Investitionsobergrenze ansteigt, sollen nicht mehr nur 20 Prozent, sondern 25 Prozent in den Hafen gehen. Das heißt, wir machen eine Pro-Hafen-Investitionspolitik, die letztlich aus Steuermitteln bezahlt werden muss. Das finde ich in einer Situation, in der die Hafenbetriebe gerade die besten Geschäfte seit Jahrzehnten machen, richtig unvernünftig.
Wenn die sich zudem noch bei Schalthoff in die Sendung setzen und sagen: Wir sind bereit, die Kaimauern und was weiß ich selbst zu finanzieren, dann müssen wir doch endlich darüber nachdenken, – auf welchem Wege auch immer, ob über HHLA-Verkauf oder Inpflichtnahme der Hafenbetriebe – auf jeden Fall den Investitionsanteil, den wir für den Hafen aufbringen müssen und der uns in einen ewigen Rückstand gegenüber München und anderen bringt, senken zu können. Aber nein, der Herr Wirtschaftssenator hat den Löffel an die Port Authority abgegeben und die schreibt eine Forderung nach der anderen weiter. Da ist es – finde ich – schon hocherfreulich, dass bei Herrn Kruse andere Töne zu hören waren
Hamburg ist mehr als der Hafen. Hamburg muss Mittel für die vielen aktuellen Aufgaben bereitstellen, die wir gegenwärtig haben. Hamburg kann nicht beliebig seine Betriebsmittelausgaben steigern, aber es kann bei seinen Investitionen eine Richtung auf die Zukunftsfähigkeit seiner Menschen einschlagen. Dafür treten wir mit Alternativen ein, die wir jetzt nicht im Einzelnen erörtern werden, sondern, wenn wir in die zweite Lesung gehen werden, wobei auch wir wissen, dass der unmittelbare Spielraum, von einem auf das andere Jahr etwas ändern zu können, natürlich hochgradig begrenzt ist. – Danke schön.
Es liegen jetzt keine weiteren Wortmeldungen vor. Da der Senatsantrag bereits im Vorwege an die zuständigen Ausschüsse überwiesen wurde, bedarf es heute hierüber keiner weiteren Abstimmung.
Ich rufe auf die Punkte 15, 74 und 75, die Drucksachen 18/4624, 18/4650 und 18/4651, Große Anfrage der SPDFraktion, Große Grundschulklassen, keine Berücksichtigung von Elternwünschen und die Anträge der SPDFraktion, PISA ernst nehmen – Sprachförderung richtig finanzieren! sowie Kürzungen auf Kosten der Ganztagsgrundschulen rückgängig machen!
[Große Anfrage der Fraktion der SPD: Große Grundschulklassen, keine Berücksichtigung von Elternwünschen – Drucksache 18/4624 –]
[Antrag der Fraktion der SPD: PISA ernst nehmen – Sprachförderung richtig finanzieren! – Drucksache 18/4650 –]
[Antrag der Fraktion der SPD: Kürzungen auf Kosten der Ganztagsgrundschulen rückgängig machen! – Drucksache 18/4651 –]
Die Drucksache 18/4624 möchte die GAL-Fraktion an den Schulausschuss überweisen. Wer begehrt das Wort? – Herr Buss, bitte.
Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Für 13 000 junge Menschen war vorgestern ein ganz besonderer Tag, dem sie in vielen Familien entgegenfieberten – die Einschulung. Ein Tag, der zu Recht wichtig genommen wird, denn mit ihm beginnt der Einstieg in das Bildungssystem, das über die Zukunftschancen dieser jungen Menschen entscheidet. Dieser Tag war für die Sechsjährigen ein großer Tag der Freude. Aber, meine Damen und Herren, für so manche Familie war es zugleich ein Tag der Sorge und des Ärgers.
Sie, Frau Senatorin Dinges-Dierig, und Sie, meine wenigen Damen und Herren der CDU, haben diesen Ärger und diese Sorgen veranlasst. Denn Sie wissen spätestens seit Mai dieses Jahres Bescheid, wir haben ja vorhin gehört, sogar eigentlich viel länger, dass jede fünfte Klasse 1 in Hamburg eine zu große erste Klasse ist. Sie haben es zu verantworten, dass in vielen Familien in Hamburg, die eine Einschulung feierten, Wasser in den Freudenwein der Feier gekippt wurde, weil Sie bisher nichts gegen diese zu großen Klassen getan haben und auch jetzt nicht tun. Das ist und bleibt Ihre Verantwortung, meine sehr verehrten Damen und Herren.
Die Elternabende der ersten Klassen, die traditionell meist schon stattfinden, bevor die Kinder in die Schule kommen, kannten in den letzten Tagen doch nur ein Thema, die Sorgen um einen guten, verlässlichen Start in die Schulzeit, die Sorgen, ob die Bedingungen, unter denen dieser Start beginnt, auch wirklich die Gewähr dafür leisten, dass es ein guter und erfolgreicher sein wird.
Für diese Bedingungen, meine Damen und Herren, sind Sie, Frau Senatorin Dinges-Dierig, zum dritten Mal verantwortlich. Sie hätten aber auch einmal erleben sollen, welche Stimmung unter den meisten Eltern auf diesen Elternabenden herrschte, besonders wenn jemand Ihren Namen als die Verantwortliche für die Bedingungen nannte, die die Eltern präsentiert bekamen. Die Reaktionen waren blanke Empörung, Hohn oder Verzweiflung, meine Damen und Herren. So war es.
Ich wiederhole das noch einmal, Empörung, Hohn oder Verzweiflung, das verbindet sich mit Ihrem Namen – mit der Senatorin Dinges-Dierig – bei immer mehr Eltern in Hamburg mit schulpflichtigen Kindern.
(Bernd Reinert CDU: Das wird ja durch die Wie- derholung nicht richtiger! – Gegenruf von Michael Neumann SPD: Wir hoffen, dass Sie wieder aus- ziehen!)
Wie aber, Herr Reinert, ist es denn zu erklären, – das muss man sich dann ja auch einmal fragen, das tut hoffentlich auch in Ihrer Fraktion endlich einmal jemand…
Wie aber ist es denn zu erklären, dass sich seit dem Amtsantritt dieser Senatorin die Zahl der ersten Klassen, die mehr als 28 Kinder unterrichten, was eigentlich auch schon viel zu viel ist, verdreifacht hat? Ich wiederhole es noch einmal, Herr Reinert, verdreifacht hat sich diese Zahl.
Wie kommt es, dass sich dieser Trend seit zwei Jahren andeutete und nichts dagegen unternommen wurde, Herr Engels? Wie kommt es, dass sich der CDU-Bürgermeister im Februar hinstellt und verkündet, er werde die benachteiligten Stadtteile nicht im Stich lassen, und seine Schulsenatorin tut das Gegenteil?
Ich glaube die Antwort zu kennen, meine Damen und Herren. Frau Senatorin, es ist Ihnen völlig egal. Es ist Ihnen egal, was aus den Bildungschancen besonders der Erstklässler in diesen Stadtteilen wird. Sie nehmen es halt so hin. Sie sind zwar nicht zufrieden, aber Sie meinen, es ginge ja nun einmal nicht anders. Das ist Ihre ganze Einstellung zu diesem Thema.
Das war ein gutes Stichwort, Herr Heinemann, denn wenn es so nicht wäre, Herr Heinemann und Ihre Kolleginnen und Kollegen von der CDU, warum lassen Sie es denn dann zu, dass seit über einem Jahr die Startbedingungen für die Erstklässler gerade in diesen Stadtteilen, über die wir hier reden, so schlecht sind?
Warum tun Sie nichts gegen diese massiv schlechteren Startbedingungen, obwohl Sie alle – wie wir ja auch – wissen,
(Hartmut Engels CDU: Waren Sie bei der Frage- stunde nicht dabei? Haben Sie bei der Fragestun- de nicht aufgepasst?)
dass es die Kinder in diesen Klassen auch von zu Hause her – Herr Engels – schon besonders schwer haben.