Protokoll der Sitzung vom 27.09.2006

(Beifall bei der CDU)

Nach Paragraf 22 Absatz 3 hat nun jede der drei Fraktionen noch einmal die Chance zu einem Wortbeitrag. Herr Egloff.

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Senator Uldall, natürlich freuen wir uns darüber, wenn es gelingt, Industriearbeitsplätze in dieser Stadt zu schaffen; das ist auch gut so.

(Beifall bei der SPD)

Aber den Gefallen, Herr Senator Uldall, nicht zurückzuschauen, können wir Ihnen leider nicht tun, denn hier stellt sich doch die Frage, warum dieses jetzt passiert ist und nicht vor einem halben oder Dreivierteljahr. Ich werde Ihnen sagen, warum das nicht passiert ist. Das ist deswegen nicht passiert, weil Sie, obwohl Sie zwei Jahre lang die Entwicklung auf dem Energiemarkt und die Gefahr für die Hamburger Aluminiumwerke kannten, nicht gehandelt haben, sondern erst in dem Moment aktiv geworden sind, als das Kind schon in den Brunnen gefallen war; das muss man hier einmal deutlich sagen.

(Beifall bei der SPD und der GAL)

Auch der Bürgermeister – wir haben das seinerzeit in der Bürgerschaft diskutiert – hat es damals nicht für nötig befunden, mit den Vorständen der entsprechenden Unternehmen zu reden. Er habe einen Brief geschrieben, sagte er seinerzeit der "Bild"-Zeitung. Auch das hat nicht ausgereicht und deswegen tragen Sie auch die Verantwortung dafür – das können wir Ihnen leider nicht ersparen –, dass dieses Unternehmen zugemacht worden ist und 400 Familien in dieser Stadt in die Arbeitslosigkeit entlassen worden sind.

(Beifall bei der SPD – Bernd Reinert CDU: Und was ist mit dem Einwirken von Gerhard Schröder? Hat das was genutzt?)

Dieser Wirtschaftssenator hat das Problem, dass er nicht vorausschauend arbeitet. Dieses Problem hat er auch im Bereich der Energiepolitik. Er hat bei der Frage, wie die Grundstoffindustrie mit Energie versorgt wird, versucht, den Moderator zu geben. Ein Wirtschaftssenator dieser Stadt muss aber nicht zwischen den Konzernen moderie

ren, sondern er muss die Interessen der Arbeitsplätze in dieser Stadt vertreten und das hat er an dieser Stelle nicht getan.

(Dietrich Rusche CDU: Herr Egloff, das ist unter Ihrem Niveau!)

Deswegen sind wir in diese Situation gekommen. Ich weiß, dass Sie das nicht gerne hören, aber diese Fakten liegen auf dem Tisch dieses Hauses und die müssen Sie einfach zur Kenntnis nehmen.

(Beifall bei der SPD und vereinzelt bei der GAL)

Sie können sich nicht immer nur in Ihren Erfolgen sonnen und da, wo Sie Fehler gemacht haben, schweigen. Diesen Gefallen werden wir Ihnen nicht tun, sondern wir werden Ihre Fehler benennen.

Die Strompreise sind doch nicht Ihr Verdienst. Die Bundesnetzagentur hat hier eingegriffen und gesagt, so geht es nicht. Diese Diskussion haben wir doch im Wirtschaftsausschuss gehabt, wo SPD und GAL Sie aufgefordert haben, der Strompreiserhöhung nicht zuzustimmen. Sie hatten diesen Mut nicht, anders als Ihre Kollegen in Hessen; auch das ist die Realität. Also schmücken Sie sich hier nicht mit fremden Federn, sondern machen Sie endlich eine vorausschauende Politik.

(Beifall bei der SPD)

Herr Kerstan.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Es ist sicher eine gute Nachricht für die vielen Hundert ehemaligen Beschäftigten der Hamburger Aluminiumwerke, die jetzt noch in Beschäftigungsgesellschaften angestellt sind, wenn es gelingen sollte, die Produktion im Aluminiumwerk wieder hochzufahren. Es mag sein, dass Sie mit einem jetzt guten Ausgang dieser Geschichte alte Fehler ausgebügelt haben; viel mehr möchte ich nicht zu diesem Punkt sagen. Für die betroffenen Familien ist das sicher ein Segen.

Es ist aber bezeichnend für Sie, Herr Uldall, dass Sie den Punkt in dieser Debatte angesprochen haben, weil Sie nicht so gerne über den genauen Zusammenhang zwischen Preiserhöhung und Preissenkungen sprechen möchten, was wir eigentlich debattieren wollen. Natürlich freuen wir uns, dass die Preise sinken, aber die Bundesnetzagentur hat ein Absenken der Preise um 7,8 Prozent angeordnet. Wenn Sie im November eine Preiserhöhung von 5,1 Prozent nicht genehmigt hätten, dann wären diese 7,8 Prozent jetzt voll bei den Verbrauchern angekommen. Weil Sie damals aber eine Erhöhung von 5,1 Prozent genehmigt haben, wird die reale Entlastung für die Verbraucher nur 2,7 Prozent betragen, Herr Uldall, und das ist nun wirklich kein Erfolg. Dass Sie diesen Punkt zur Debatte anmelden und dann sagen, sind wir nicht toll, ist wirklich bezeichnend und das kann niemand verstehen.

(Beifall bei der GAL und der SPD)

Es ist schlicht und ergreifend dreist, denn letztendlich sind Sie in einer Position, in der Sie sogar noch hinter den hessischen Wirtschaftsminister zurückfallen. Sie haben sicher recht, dass das Gesetz, so wie es war, Vattenfall wahrscheinlich die Chance zur Klage gegeben hätte. Es war aber auch ziemlich eindeutig, dass, bevor diese Klage entschieden worden wäre, die Netzagentur

diese Preissenkung angeordnet hätte und damit der Grund für diese Klage entfallen wäre. Ihr hessischer Kollege, der in der gleichen Situation war, ist dieses Risiko eingegangen und hat die Preiserhöhung nicht genehmigt. Auch das ist ein Punkt, wo ich sagen muss, es ist wirklich dreist, sich ob dieses eigenen Versagens hier hinzustellen und zu sagen, wir freuen uns über diese Preissenkung, denn Sie haben dazu beigetragen, dass die Hamburger Verbraucher weniger entlastet werden, als sie hätten entlastet werden können.

(Vereinzelter Beifall bei der GAL – Dr. Willfried Maier GAL: Weniger als die Hessen!)

Und weniger als die Hessen zum Beispiel.

Wenn Sie und auch Frau Ahrons immer davon reden, dass man die Atomkraftwerke länger laufen lassen müsse und dann würden die Preise sinken – von der wirtschaftspolitischen Sprecherin der CDU und auch von einem Wirtschaftssenator der CDU würde ich da wirklich mehr erwarten –, dann haben Sie schlicht und ergreifend die Betriebswirtschaft, wie sich Preise am Strommarkt bilden, in Leipzig nicht begriffen. Da spielt der Preis, zu der die Grundlast erzeugt wird, nicht die geringste Rolle, sondern der Preis am Spotmarkt bestimmt das letzte Kraftwerk, das ans Netz geht. Das ist in der Betriebswirtschaft das Konzept der Grenzkosten. Das lernt ein Betriebswirtschaftsstudent im dritten Semester. Sie regieren seit fünf Jahren und haben immer noch nichts begriffen; das ist wirklich ein Armutszeugnis.

(Beifall bei der GAL und vereinzelt bei der SPD)

Darum ist es eigentlich völlig egal, wie teuer die Grundlast für den Strompreis ist. Das Einzige, was sich ändert, wenn die Grundlast mit Atomkraftwerken weitergefahren wird, ist, dass diese Grundlast billiger erzeugt wird und der Stromerzeuger einen größeren Gewinn einfährt. Auch hier handeln Sie wieder nicht im Interesse der Verbraucher, sondern nur im Interesse der großen Stromkonzerne. Insofern sollten Sie in Zukunft weniger solche billigen Debatten für die Galerie anmelden, sondern endlich einmal Politik für die Verbraucher machen. Dann müssen Sie sich allerdings mit Vattenfall auch einmal anlegen und dazu hatten Sie bisher nicht den Mumm. Das hat die Bundesnetzagentur gemacht und die hat im Gegensatz zu Ihnen Rotgrün eingerichtet. – Vielen Dank.

(Beifall bei der GAL und der SPD)

Das Wort bekommt Herr Mattner.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Herr Maaß, Sie haben die Frage gestellt, warum dies heute zur Debatte angemeldet worden sei; das ist ganz einfach. Wir haben Herrn Senator Uldall doppelt zu danken, erstens für den Einsatz für die niedrigeren Energiepreise und zweitens für die Rettung des Aluminiumwerks in erneuter Form und das ist etwas wert.

(Beifall bei der CDU)

Es ist eine gute Nachricht für die Verbraucher. Ich glaube, da sind wir uns auch schnell einig. Aber bei aller Freude und auch eingedenk der Diskussion, die wir gerade geführt haben, will ich doch noch ein bisschen zurückblicken und ein wenig Licht in das bringen,

(Michael Neumann SPD: Das möchte Herr Uldall aber nicht!)

was die Kollegen hier gerade gesagt haben, denn ich bin der Überzeugung, dass die Energiepreise noch viel niedriger sein könnten.

Herr Kerstan, Sie haben gesagt, Sie würden zeitlich immer gern ein wenig zurückblicken. Dann haben Sie aber die Zeit vergessen, in der die Stromregulierung eingeführt worden ist, das war ungefähr 2004. Vielleicht erinnern Sie sich – Sie wahrscheinlich nicht gerne –, dass SPD und Grüne sich in der alten Bundesregierung bei der Einführung der Regulierungen nicht grün waren. Die Schlagzeilen von 2004 lauteten: Stromregulierung kommt später.

(Christian Maaß GAL: Sie haben gar nichts einge- führt!)

Am 26. Oktober 2004 schrieb etwa die "Financial Times" zum Streit: Bundeswirtschaftsminister Clement will die Netzbetreiber möglichst wenig kontrollieren. Das ist die Wahrheit und nicht die von Herrn Kerstan.

Herr Maaß, Sie haben von Geburtsfehlern gesprochen und damit die HEW-Privatisierung angesprochen. Wer war denn Senator zu der Zeit? Hat Herr Uldall die HEW privatisiert? Das ist mir völlig neu. Wenn Sie dann gemeinschaftlich kritisieren, dass Herr Müller einmal Wirtschaftsminister war und heute bei der RAG ist – den haben Sie wahrscheinlich namentlich gemeint –, dann müssen Sie das mit der SPD ausmachen und nicht mit uns.

Und wenn es um die eben angesprochene Prüfung der Strompreise geht, dann möchte ich Herrn Uldall gratulieren: Mut ja, Dummheit nein und zu schnelles Handeln ist dumm. Man muss einen langen Atem haben, das hat gerade wieder die Diskussion um die Alu-Hütte bewiesen. Wenn man mit Maß und vor allen Dingen mit Augenmaß herangeht, so wie Herr Uldall das gemacht hat, dann kann man das Alu-Werk nachträglich retten und nicht anders.

(Beifall bei der CDU und bei Christian Maaß GAL)

Herr Egloff, manchmal habe ich wirklich den Eindruck – aber ich nehme es Ihnen nicht ab, weil Sie es nur aus politischen Gründen tun –, als hätten Sie wirklich keine Ahnung, was auf den globalen Märkten passiert. Haben Sie sich wirklich für dumm verkaufen lassen bei der Frage, was mit der Alu-Hütte geschehen ist? Der ganze Vorgang war doch von außen gesteuert. Jetzt versuchen Sie krampfhaft, ein Feindbild in Richtung Uldall aufzubauen. Herr Uldall hatte zu dem Zeitpunkt genauso wie der Bürgermeister keine Chance mehr. Es war beschlossen worden und es war eine Frage des globalen Marktes. Dass wir es heute wiederbeleben können, ist eine Sensation und nichts anderes.

(Beifall bei der CDU)

Meine Damen und Herren! Wir sind noch nicht gut aufgestellt bei den Netzentgeltbelastungen. Ich will Sie aber trotzdem, damit das Bild differenzierter wird, darüber aufklären, dass man in den Niederlanden – pro Jahr in Euro gerechnet – etwa bei 486 Euro steht, in Österreich bei 253 Euro, in Schweden bei 214 Euro, in Frankreich bei 212 Euro und dann kommt erst Deutschland mit 193 Euro und Großbritannien ist noch besser. Das ist noch nicht gut, aber entwickelt sich besser. Ich will daran erinnern, weil das in dieser Debatte immer wieder ver

gessen wird, dass der Strompreis nicht allein von diesem Tatbestand abhängt. Denken Sie nur an die Steuern, den staatlichen Anteil, und das nicht nur bei Strom, der bei Benzin bei 70 Prozent, bei Strom bei 40 Prozent und bei Gas bei 30 Prozent liegt. Im europäischen Vergleich liegen wir damit an zweithöchster Stelle in Europa.

Ganz nebenbei, aber das haben schon alle Regierungen gemacht, können wir natürlich auch ein wenig darauf schauen, dass wir noch ein Teil dessen sind, denn die Konzessionsabgabe ist Bestandteil des Preises und da müssen alle Regierungen in Hamburg wohl einräumen, dass wir bislang den Höchstsatz erhoben haben; auch das gehört zum Strompreis. Nicht zuletzt haben sich auch die Beschaffungskosten bei Kohle verdoppelt, bei Erdgas vervierfacht und bei Erdöl auch. Das sind alles keine guten Ausgangsvoraussetzungen, um einen guten Strompreis zu bekommen. Und nicht zuletzt, auch da erzähle ich nichts Neues, ist die Belastung durch das EEG der rotgrünen Regierung ziemlich hoch: 1,9 Milliarden in 2003, die Prognose bis 2013 geht auf 5 Milliarden Belastung.

Ein letztes Wort zur Differenzierung in der manchmal doch sehr holzschnittartig vorgetragenen Diskussion. Es gibt tatsächlich mehr als nur vier Anbieter. Es vereinfacht, nur von den vier großen zu reden oder auch von irgendwelchen Oligopolen, aber Sie führen damit natürlich auch die Verbraucher ein wenig auf die falsche Fährte, denn wer unter www.verifox.de schaut, wird für Hamburg 40 Anbieter finden. Das sollten alle Verbraucher wissen, bevor Sie sie in die Irre führen.

(Glocke)

Sie hatten gesagt, der Tarif von Vattenfall sei schlecht, das stimmt nicht. Schauen Sie einmal, wo er steht, ich will jetzt aber keine Reklame dafür machen.

(Beifall bei der CDU)