Verantwortung und wenn man die Möglichkeit hat und die Notwendigkeit sieht, dann muss man auch handeln.
Wir haben die parlamentarische Mehrheit. Sie haben hierbei Ihre Mitwirkung versagt und daher stehen wir in der Pflicht, zu handeln.
Dann ist der Kollege Müller auf meine Antwort auf den Appell einiger Prominenter eingegangen. Ich fand es – ehrlich gesagt – bezeichnend, mit welcher Methodik Herr Müller hier wieder argumentiert hat. Er zitiert mich falsch und daraus leitet er einen gravierenden Vorwurf ab.
Lieber Herr Müller, ich lese Ihnen noch einmal wörtlich vor, was ich hier in der ersten Frage an diese Initiative angesprochen habe, ich zitiere:
"Finden Sie es richtig, dass die Wähler keine Möglichkeit haben, sich mit der von einer Partei vorgeschlagenen Listenreihenfolge einverstanden zu erklären?"
Ob man das richtig oder falsch findet, ist eine Bewertungsfrage. Aber hier heißt es "Listenreihenfolge" und nicht – wie Sie ausgeführt haben –, dass der Wähler die Möglichkeit hat, sich für eine Liste auszusprechen. Das ist nun wirklich – sagen wir es einmal so – rhetorisch unsauber,
Ich möchte auf einen weiteren Punkt eingehen, bei dem Herr Müller auf meine fünf Fragen antwortet. Das ist die Frage 3, ich zitiere:
"Finden Sie es richtig, dass eine Partei zwar die Mehrheit der Stimmen erhält, aber möglicherweise nicht die Mehrheit der Sitze?"
Herr Müller, jetzt legen wir einmal Ihre Worte auf die Goldwaage, denn ich habe hier Ihre Presseerklärung von gestern.
Herr Müller, was verrät das über Ihre Erwartungen, wie die nächste Wahl ausgeht? Offenbar, dass die CDU wieder vorn liegt.
Politikverdrossenheit entsteht, wenn Probleme ungelöst bleiben. Aber Probleme können auch ungelöst bleiben, weil durch eine Wahl ein handlungsunfähiges Parlament entsteht und dann ist es in der Tat unsere Aufgabe, im Vorfeld alles Mögliche dafür zu tun, dass Hamburg auch nach der nächsten Wahl im Jahre 2008 ein handlungsfähiges Parlament hat. Ob dann Sie oder Sie oder wir die Mehrheit bilden beziehungsweise gemeinsam oder in anderen Konstellationen, überlassen wir bitte schön dem Wähler. Aber wir treffen hier die Vorsorge, dass auch die nächste Bürgerschaft Politik für die Stadt machen kann. Das ist unsere Aufgabe.
Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Das ist ein ganz neuer Begriff von Vorsorge, den wir eben von Herrn Reinert gehört haben. Hier kann man nur erwidern, dass die Hamburger Bürgerinnen und Bürger auf Ihre Vorsorge gut und gern verzichten können.
Wenn Sie dann noch hier anfangen, sich über die Kritik und Fragen, die zu dieser Mehrheitssicherungsklausel völlig berechtigt gestellt werden – man kann auch Berlusconi-Klausel hierzu sagen –, lustig zu machen und als mit absoluter Mehrheit regierende Fraktion mit Ironie dieses Thema einer Mehrheitssicherungsklausel anzufassen, ist das schon ziemlich perfide.
Am 13. Oktober vor fast genau 60 Jahren – wir haben heute diesen Anlass feierlich begangen – wählten die Hamburgerinnen und Hamburger nach dem Zweiten Weltkrieg zum ersten Mal eine frei gewählte Bürgerschaft und wir haben hier heute – wie ich finde – mit einer sehr würdigen Veranstaltung dieses Ereignis begangen, wobei Ihnen offenbar der Applaus bei der Rede doch etwas im Halse zu stecken drohte.
Ja, aber vielleicht sollten Sie trotzdem ein bisschen zugehört haben, denn das wäre sinnvoll gewesen.
Nur einige Stunden später überreichen Sie von der CDUFraktion der Bürgerschaft und den Bürgern dieser Stadt Ihr ganz persönliches Geschenk zum 60. Geburtstag, und zwar ein demontiertes und an einigen Stellen – muss man sogar sagen – manipuliertes Wahlgesetz, das offenbar Ihre eigene Fraktion nicht einmal versteht.
Die Umstände dieses Gesetzgebungsverfahrens, der Bruch des Volksentscheids und dann das Wegducken des Bürgermeisters in einer zentralen Frage der Demokratie dieser Stadt, sind diesem Hause unwürdig.
Gerade an einem Tag, an dem wir dem demokratischen Neubeginn nach dem Zweiten Weltkrieg unsere Referenz erweisen, das Wahlrecht nach dem Gusto einer Partei zurechtzubasteln, ist nichts anderes als eine politische Schande für dieses Haus.
Nach dem Diätendesaster 1991 und nach der Wahlannullierung 1993 müsste doch eigentlich allen Beteiligten klar sein, dass die demokratische Kultur und der politische Frieden in dieser Stadt sowie der überparteiliche Konsens in zentralen Fragen, die unsere Spielregeln miteinander berühren, so hohe Güter sind, dass man diese nicht mit Füßen treten darf. Trotz aller Warnungen und Appelle aus der gesamten Stadt tun Sie es trotzdem. Sie treten den politischen Frieden in dieser Stadt mit Füßen.
"Es ist unübersehbar geworden, dass wichtige Elemente dieses Gesetzes in breiten Kreisen der Bevölkerung auf Unverständnis und entschiedene Ablehnung stoßen. Das Inkrafttreten dieses Gesetzes geschieht ohne jede Akzeptanz der überwiegenden Mehrheit der Hamburgerinnen und Hamburger. Der politische Frieden in dieser Stadt ist in Gefahr."
Nachstehend möchte ich ein Zitat weiterführen und Sie werden gleich sehen, wie ich das auflöse, ich zitiere weiter:
"Als politische Verantwortungsträger kann uns eine solche Entwicklung nicht gleichgültig lassen. Gerade angesichts der großen Zukunftsaufgaben, die vor unserer Stadt liegen, darf eine sich beschleunigende fundamentale Legitimationskrise der Legislative und in der Folge zwangsläufig auch der Exekutive nicht hingenommen werden."
Warum lese ich Ihnen das vor? Das hat Dr. Henning Voscherau, der damalige Erste Bürgermeister, am 6. Dezember 1991 erklärt, als er beim unmoralischen Diätengesetz in diesem Rathaus die Notbremse zog.
Wenn der heutige Bürgermeister den Willen und den Mut hätte, in Bezug auf dieses unmoralische Wahlgesetz Schaden von der Stadt und von der Demokratie abzuwenden, dann müsste er hier die politische Notbremse ziehen.