Protokoll der Sitzung vom 11.10.2006

(Beifall bei der CDU)

Ich empfinde es als eine üble Unterstellung meiner Fraktion und dem Senat gegenüber, dass wir mit Kindern und Menschen so verfahren. Das wissen Sie genau.

(Beifall bei der CDU)

Die Verfahren laufen nach rechtsstaatlichen Grundsätzen ab und Sie haben überhaupt nicht das Recht, in dieser Stadt Zweifel zu säen, dass wir anders verfahren würden.

(Dr. Till Steffen GAL: Doch, das haben wir!)

Sie liegen völlig falsch.

(Beifall bei der CDU)

Ich sage Ihnen noch eines: Das Wegducken der Schulleitungen löst die Probleme dieser Familien überhaupt nicht. Das wird Ihnen auch bekannt sein. Ich komme auf das zurück, was ich Ihnen zu dem ordnungspolitischen Aspekt sagen wollte: Ich meine, dass jeder Staat, auch die Freie und Hansestadt Hamburg, zunächst einmal einen Anspruch darauf hat, zu wissen, wer sich auf Dauer in seinen Mauern aufhält. Dazu gehören auch diese Menschen.

(Beifall bei der CDU)

Die haben sich zu erkennen zu geben. Hamburg und Deutschland sind weder Aufenthalts- noch Rückzugsräume für verschleierte Identitäten. Das kann nicht hingenommen werden.

(Beifall bei der CDU)

Dabei tauchen im Übrigen auch die Fragen auf: Warum kommen diese Menschen nach Deutschland? Warum kommen sie nach Hamburg?

(Christian Maaß GAL: Um hier zu arbeiten!)

Sie kommen doch in erster Linie, um hier Schutz und günstigere Bedingungen für ihr Leben zu finden. Da müssen sie doch keine Angst haben vor dem Staat, der ihnen diese Möglichkeiten bietet.

(Lachen bei der GAL – vereinzelter Beifall bei der CDU)

Ihr Lachen könnte mir Gelegenheit geben, darüber noch weitere Ausführungen zu machen. Aber es ist völlig irrsinnig, was Sie da unterstellen.

Wer in der Illegalität lebt – das ist hier auch gesagt worden, ich muss es einfach wiederholen –, ist schutzlos und entzieht sich unseres Schutzes und unserer Fürsorge. Die Einzelheiten sind genannt worden: Krankenversicherungsschutz ist nicht geboten, Grundsicherungsleistungen auch nicht; Schutz vor Ausbeutung bei Schwarzarbeit, auch eine Sache, die wir immer wieder beklagen und die bekämpft werden muss; der Schutz der Kinder gegen Unfälle in der Schule …

(Zurufe von der GAL)

melden Sie sich bitte, wenn sie etwas zu sagen haben, ich bin noch nicht ganz fertig und vielleicht sind Sie dann auch zufrieden.

(Farid Müller GAL: Wir dürfen auch dazwischen- rufen!)

Das dürfen Sie machen, aber qualifiziert bitte.

(Heiterkeit und vereinzelter Beifall bei der CDU)

Mit dem Auftauchen aus der Illegalität – das muss hier auch noch einmal festgestellt werden, darauf hat auch zutreffend schon der Kollege Heinemann hingewiesen – endet auch der psychische Druck, der diese Menschen krank machen kann. Ich darf auch noch einmal auf diesen Appell zurückkommen. Ich meine, Sie können doch nicht von einem kleinen Kind verlangen – und wie wollen Sie ihm das beibringen: "Du nimmst an den Schülermonatskarten nicht teil, Du musst Dein Geld jeden Tag bei mir abholen, sonst entdecken sie Dich. Du musst über die Straße schleichen, sonst entdecken sie Dich. Wenn Du einen Unfall hast, musst Du nach Hause kommen, Du darfst nicht ins Krankenhaus. Alles fliegt auf."

(Farid Müller GAL: Das ist die Realität!)

Was ist denn das für ein Leben? Und Sie muten nun den Schulleitern zu, dass sie dafür sorgen sollen, dass das aufrechterhalten wird? Ich habe dafür nicht das geringste Verständnis.

(Beifall bei der CDU)

Ich sage Ihnen noch einmal:

(Glocke)

Herr Ploog, Sie …

– Frau Präsidentin, ich komme zum Schluss.

Ich fordere dazu auf, dass die Schulleiter ihrer Meldepflicht nachkommen und ich sage Ihnen, dass die CDUFraktion, wie von der Senatorin schon versprochen, sich dem anschließt und dafür sorgt, dass diese Kinder ihre

Schulbildung hier zu Ende durchführen können. – Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU)

Das Wort bekommt Herr Dr. Dressel.

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Lieber Herr Ploog, in Ihren Äußerungen war durchaus ein bisschen Zynismus dabei.

(Karen Koop CDU: Nein, das war es genau nicht!)

Den hätten Sie sich wirklich sparen können, weil das der Problematik an dieser Stelle nicht gerecht wird. Das möchte ich für uns erst einmal festhalten.

(Beifall bei der SPD)

Denn für uns gilt ganz klar, dass wir Verständnis haben für die Pflichtenkollision, für den Konfliktpunkt, der die betroffenen Schulleiter an dieser Stelle erfasst hat. Aber wir gehen mit diesem Dilemma um und versuchen da auch einen Ausweg zu finden. Ich finde, es ehrt auch uns als Fraktion, dass wir in dieser Frage versuchen, einen vernünftigen Weg zu finden – rechtsstaatlich und human. Das ist allemal besser, als wenn man sagt, wir machen das einfach nach Schema F. Das kann es nicht sein, sondern wir müssen einen vernünftigen Ausweg aus dieser Situation finden.

(Beifall bei der SPD)

Deshalb finde ich es auch eine ziemliche Frechheit, zu behaupten, dass hier einigen im Hause bei dem Thema das Kindeswohl egal sei. Das kann doch wirklich nicht der Punkt der Debatte sein.

(Beifall bei der SPD und vereinzelt bei der GAL)

Aber wir sagen auch, dass Rechtsverstöße an dieser Stelle letztlich dieses Problem, das wir mit Illegalität in diesem Bereich haben, nicht lösen können und nicht lösen werden. Man muss auch sagen, dass die Schule letztlich nicht der Ort sein kann, um das Problem der Illegalität zu lösen.

(Beifall bei der SPD und bei Nebahat Güçlü und Christiane Blömeke, beide GAL)

In Wahrheit ist die rechtliche Situation nach dem Ausländerrecht durch das Schülerregister nicht verändert worden, sondern die Pflichten durch das Aufenthaltsgesetz, durch Bundesrecht, sind geregelt und verändern sich an dieser Stelle durch das Schülerregister nicht. Das Problem ist jetzt offenbar geworden, stärker als das vorher der Fall war.

Deshalb müssen wir – da knüpfe ich auch an das an, was der Kollege Buss gesagt hat – danach schauen, einen Ausweg aus diesem Dilemma zu finden. Wie gesagt, rechtsstaatlich und human. Wir als SPD haben uns die ganze Zeit dafür eingesetzt, dass Kinder und Jugendliche, deren Aufenthaltsgenehmigung endete, bis zum nächst höheren Schulabschluss diese Ausbildung, diesen Schulabschluss tatsächlich auch zu Ende machen können.

Dieses muss im Wege von Einzelfallentscheidungen erreicht werden. Seit Inkrafttreten des Zuwanderungsgesetzes haben wir über die Härtefallkommission und über diesen rechtlichen Weg auch die Möglichkeit dazu. Das

heißt, wir können – und ich sage ganz deutlich, wir müssen – bei diesen Fällen, die jetzt offenbar werden, genau diesen Weg gehen. Das ist unsere Forderung an den Senat, das ist unsere Erwartung an Sie, …

(Karen Koop CDU: Genau das hat er doch gesagt! Was ist denn daran zynisch?!)

weil Sie ganz genau wissen, Frau Koop, dass es am Schluss nichts nützt, wenn die Härtefallkommission ein Ersuchen beschließt, das in der Innenbehörde nicht umgesetzt wird. Deshalb muss diese Rechnung mit der Innenbehörde und mit dem Innensenator gemacht werden.

(Beifall bei der SPD und vereinzelt bei der GAL)