Dann setzen Sie auch noch einen obendrauf. Der Erste Bürgermeister findet eigentlich diese Manipulationen
seines Staatsrats gar nicht so dramatisch und fühlt sich noch gemüßigt, uns eine Rechtfertigung für diesen Vorgang zu sagen. Er bietet uns an – Zitat –:
Das mutet doch total absurd an, als hätten wir eine bessere Verbindung zur Behörde als die Regierung selbst.
An die Stelle der politischen Auseinandersetzung setzen Sie die persönliche und machen damit die parlamentarische Debatte wirklich zu der Schlammschlacht, wie sie oft genug diffamiert wird. Dazu tragen Sie bei. Diese Herabsetzung des Parlaments, meine Damen und Herren, werden wir nicht hinnehmen. So viel zu Ihrem Anstand.
Im März, als es um die Aufklärung der Protokollaffäre ging, haben Sie, Herr von Beust, erklärt, dass Sie der Staatsanwaltschaft eine Verfolgungsermächtigung erteilt hätten und sehr angefasst gesagt – Zitat –:
Meine Damen und Herren, inzwischen wissen wir doch, warum die Vorermittlungen im Kontext mit dem Gedaschko-Bericht eingestellt worden sind: Weil der Senat in diesem Fall gar keine Verfolgungsermächtigung erteilt hat, denn, meine Damen und Herren, eigene Schmerzen tun doch ein bisschen mehr weh, als irgendwie bei subalternen Mitarbeitern. So viel zur Glaubwürdigkeit von Ihnen, Herr von Beust.
Zum Schluss möchte ich Ihnen noch eine kleine Anekdote erzählen. Am vergangenen Freitag stellten uns der Bürgermeister und sein Innensenator die Initiative zum Bleiberecht der Ausländer vor. Zur Feststellung des Innensenators – Zitat –:
Ich komme zum Schluss. Des Bürgermeisters launiger Kommentar war wörtlich: Dann müssen wir wohl alle gehen. Da hatten Sie mal wieder alle Lacher auf Ihrer Seite. Meine Damen und Herren, mir bleibt bei diesen Witzen das Lachen im Halse stecken.
Sehr geehrter Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen, meine Herren! Herr Krüger, Sie haben eben gesagt von den 106 Seiten sei eine halbe Seite an die Öffentlichkeit gekommen und was daran denn so schlimm sei. Der Witz ist, dass sich von den 106 Seiten 105 Seiten mit dem Fehlverhalten in hamburgischen Behörden unter Leitung dieses Senats beschäftigen. Eine Seite äußert einen Verdacht gegen einen Abgeordneten. Die 105 Seiten werden vom Senat weiterhin vor der Öffentlichkeit zurückgehalten.
Wie Sie vielleicht wissen oder auch nicht – das merken wir ja im PUA, dass Sie das PUA-Gesetz nicht so richtig durchschauen –, habe ich diesen Bericht vertraulich behandelt. Wollen Sie mir jetzt unterstellen, damit sei er öffentlich?
Die 105 Seiten, die den Senat belasten, sind nicht öffentlich gemacht worden, aber eine Anekdote, die, passend zu einer für Sie sehr schwierigen Debatte, einen Tag vorher der Presse gesteckt wird, ist öffentlich gemacht worden.
Herr Voet van Vormizeele, Sie waren im PUA nicht dabei. Sie hätten dort erlebt, wie ernsthaft der Bürgermeister und der Staatsrat diesen Vorfall genommen haben, nämlich sehr launig, sehr witzig und als etwas, das wirklich keine Konsequenzen nach sich ziehen müsste, das wirklich nicht strafrechtlich relevant ist. Im Gegensatz zu Ihnen, die Sie das nur aus dem Bericht kennen – nein, Sie können es ja eigentlich auch nicht kennen –, war den Herren von der Senatsbank sehr klar, dass man sich mit solchen Begriff wie strafrechtlich und Nötigung und ich weiß nicht was, sehr zurückhalten muss, weil es nämlich keine Substanz dahinter gibt. Das wussten die, Sie wissen es offenbar nicht.
Ich möchte aber noch einmal auf die Vernehmung von Herrn Dr. Schön im Untersuchungsausschuss eingehen und insbesondere auf das Vorermittlungsverfahren der Staatsanwaltschaft. Worum ging es? Es ging darum festzustellen, ob eine Straftat vorliegt. Zu diesem Zweck wird derjenige befragt, von dem wir heute wissen, er wäre der Beschuldigte gewesen. Er wäre es gewesen, gegen den sich ein Ermittlungsverfahren gerichtet hätte. Die Information, die er den Ermittlungsbehörden gibt, führen dazu, dass es nicht zu einem Verfahren kommt. Das finde ich einen ungeheuerlichen Vorgang. Hier macht sich jemand zum Gutachter in eigener Sache und der Bürgermeister lässt es zu.
Es gibt hier im Parlament einen guten Brauch. Wenn jemand in seinen persönlichen Angelegenheiten betroffen
ist, teilt er das mit und nimmt in der Regel weder an den Beratungen noch an den Abstimmungen teil. Warum? Weil man jeden Beigeschmack vermeiden will, dass der eigene Vorteil das Handeln bestimmt. Herr Bürgermeister, Sie haben zugelassen und Sie wussten, wer derjenige ist, der den Verdacht erweckt hat, eine Straftat begangen zu haben. Sie wussten, dass Ihr Staatsrat Adressat eines möglichen Ermittlungsverfahrens war, und Sie haben zugelassen, dass diese Formverletzung stattgefunden hat und dass die ganze Angelegenheit einen höchst bitteren Beigeschmack von Interessenkollision und Schlimmerem bekommen hat. Es ist mindestens ein Formverstoß, wenn man sich als hoher Beamter gegenüber den Ermittlungsbehörden zum obersten Entlaster der eigenen Handlungen macht und wenn man dabei das Gegenüber über die eigene Mitwirkung noch im Unklaren lässt.
Für die Mitarbeiter in den Behörden war für Sie die strafrechtliche Verfolgung nach dem Gießkannenprinzip gerade recht, für einen Vorfall in der eigenen Umgebung nicht. Sie haben weder die Staatsanwaltschaft noch die Öffentlichkeit über die Fakten in diesem Vorgang aufgeklärt. Entweder ist das Ganze eine Lappalie, dann hätten Sie spätestens in dem Moment, in dem die Staatsanwaltschaft die Vorermittlungen aufgenommen hat, das auch der Öffentlichkeit sagen und Ross und Reiter nennen müssen, oder Herr Dr. Schön hatte als möglicher Beschuldigter ernsthaft Anlass zur Sorge, sich vor Gericht verantworten zu müssen, dann hätten Sie niemals zulassen dürfen, dass er zum Gutachter in eigener Sache wird. Auch hier hätten Sie spätestens am Tag der Zeugenvernehmung mit offenen Karten spielen müssen. Das haben Sie versäumt. Sie haben zugelassen, dass die Form hier im Zusammenspiel auch zwischen Exekutive und Legislative aufs Gröbste verletzt wird. Von Ihren eigenen Worten bleibt kein Stück übrig. – Vielen Dank.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Die Form ist die Mutter der Demokratie. Unter dieses Zitat haben Sie Ihre Anmeldung zur Aktuellen Stunde gestellt. Vor dem Hintergrund Ihrer eigenen Taten, meine sehr verehrten Damen und Herren von der SPD, frage ich mich, ob Sie sich mit dieser Anmeldung nicht einen Bärendienst erwiesen haben.
Wo war denn diese Form, als von Beginn des ersten Untersuchungsausschusses an jedes vertrauliche Papier des Arbeitsstabes innerhalb von Stunden seinen Weg in die Presse fand? Wo war denn diese Form, als ich zu Beginn des Untersuchungsausschusses die von der SPD benannten Mitglieder des Arbeitsstabes in trauter Runde in der Vorbesprechung der SPD antraf?
Und das, obwohl es eine eindeutige Dienstanweisung des Leiters des Arbeitsstabes gab, dass der Kontakt der Abgeordneten nur über ihn zu laufen habe. Wo war denn diese Form, als der Kollege Böwer von Zeit zu Zeit mit der Mitarbeiterin des Arbeitsstabes telefonierte, die die
ganze Protokollweitergabe ins Rollen brachte? So nämlich die Aussage einer weiteren Mitarbeiterin vor dem zweiten Untersuchungsausschuss.
Übrigens sagte diese Kollegin auch aus, dass die so gern telefonierende Kollegin SPD-Mitglied sei und Herrn Böwer gut kenne. Anzahl, Zeitpunkt und Inhalt dieser Gespräche dürften ein interessantes Untersuchungsfeld für den zweiten Untersuchungsausschuss sein.