Protokoll der Sitzung vom 12.12.2006

Man kann sogar sagen, dass der Naturschutz in Ihrer Behörde, die dann weiter umstrukturiert wurde, so erfolgreich in andere Bereiche integriert wurde, dass er am Ende gar nicht mehr sichtbar war. Das ist wirklich nicht Integration von Umweltpolitik wie man sie machen sollte, Herr Senator Freytag, wenn das am Ende nicht mehr sichtbar ist.

(Beifall bei der GAL und bei Dr. Monika Schaal SPD)

Aber vielleicht war genau das auch die Absicht, dass der organisierte, behördliche Naturschutz als lästiger Bedenkenträger gegen Wohnungsbaupläne auf der grünen Wiese, wie sie in dieser Stadt an der Tagesordnung sind, nicht mehr in Erscheinung treten sollte und aus Ihrer Sicht die Ziele der wachsenden Stadt gefährden könnte. Aber dieses Ergebnis schadet langfristig nicht nur dem Naturschutz, sondern der gesamten Stadt, denn es schadet der Lebensqualität in dieser Stadt. Der Flächenfraß, der sich in den letzten Jahren sogar noch vergrößert hat – und das ist in einer endlichen Stadt ein evidentes Problem, dass wir nicht unendlich Flächen für die Siedlungsentwicklung bereitstellen können –, wird zwangsläufig irgendwann zur Folge haben, dass sich das auf die Lebensqualität niederschlägt. Das muss doch auch bei Ihnen einmal ankommen und vor allem nicht nur ankommen, sondern Sie müssen die Konsequenzen daraus ziehen und endlich aufhören mit dem Flächenfraß und dieses Ansinnen haben Sie nie ernsthaft begonnen.

(Beifall bei der GAL und bei Dr. Monika Schaal SPD)

Ohnehin ist der Naturschutz aus meiner Sicht so etwas wie der weiße Fleck in Ihrer Bilanz geblieben. Sie reden sich das immer dadurch schön, dass Sie die Zahlen in Größe von Hektar, gemessen für die Naturschutzgebietsfläche, hochrechnen und immer ausbreiten, wie groß die Fläche und wie sie auch gestiegen sei. Da muss man einmal zur Kenntnis nehmen, dass das, was sich da niedergeschlagen hat, die Ausweisung des Restes des Mühlenberger Lochs zum Naturschutzgebiet ist. Das ist eine Naturschutzgebietsausweisung, die auch die Wirtschaftsbehörde wollte, weil das schlicht dazu dient, die Rechtssicherheit für den Eingriff der Werkserweiterung zu erhöhen. In diesem Zusammenhang muss man aber auch einmal kritisch fragen, wo eigentlich fünf Jahre, nachdem das auf europäischer Ebene wichtigste Süßwasserwatt zerstört wurde, der vollständige Ausgleich für diese Fläche bleibt? Wo liegen Ihre Konzepte? Kann es angehen, dass fünf Jahre nach dem Eingriff immer noch kein Ausgleichskonzept vorliegt,

(Barbara Ahrons CDU: Daran sind Sie selbst Schuld!)

dass Sie sich damit zufrieden geben, dass das beim Verwaltungsgericht liegt und Sie nicht einmal darangehen und ein neues Konzept entwickeln, das dann auch im Einklang mit den Umweltverbänden ist, damit wir hier endlich einen Ausgleich hinbekommen. Das ist doch eine Schande, was Sie hier betreiben.

(Beifall bei der GAL)

Ich sage das gerade gegenüber einem Umweltsenator und Stadtentwicklungssenator, der sonst, wenn es um die Verwirklichung von Projekten geht, an keinem Spaten vorbeigehen kann, ohne dass dadurch ein Einweihungsreflex ausgeübt wird,

(Beifall bei der GAL und vereinzelt bei der SPD)

der auch an keinem roten Knopf vorbeigehen kann, ohne darauf zu drücken, weil er meint, er müsste da irgendetwas eröffnen. Aber wenn es darum geht, jetzt wirklich mal Projekte in die Hand zu nehmen, die konkret für den Naturschutz etwas bedeuten, dann ist das nicht nur beim Ausgleich des Mühlenberger Lochs genau das Gegenteil gewesen, sondern auch bei den Borghorster Elbwiesen, ein hervorragendes Projekt. Sie haben mit Ihrem ewigen Zuwarten und Entgegenkommen gegenüber den Gegnern dieses Projektes dafür gesorgt, dass so viel Zeit ins Land gegangen ist, dass dieses Projekt jetzt endlich gekippt ist. Das ist doch auch ein Unding. Da sind Millionen hineingeflossen und letztlich stehen wir hier mit leeren Händen. Das kann nicht angehen, dass Sie immer dann, wenn es um Naturschutzprojekte geht, sich in die Büsche schlagen und sonst an keinem Spaten vorbeigehen können.

(Beifall bei der GAL und vereinzelt bei der SPD)

Auf dem besten Weg, ein Projekt an die Wand zu fahren, sind Sie mit dem Projekt Umweltzentrum Karlshöhe. Was machen Sie da? Sie vergraulen den bisherigen Träger dieses erfolgreichen Zentrums. Sie haben weder ein finanzierbares Konzept noch Sponsoren, noch einen Ersatzträger für das Umweltzentrum. Ich muss einfach feststellen, dass das eine ziemliche Erblast ist, die Sie Ihrem Nachfolger als Umweltsenator hinterlassen.

Diese gegen den Naturschutz gerichtete Politik betreiben Sie auch mit Ihrer Novellierung des Naturschutzgesetzes. Damit werden wichtige Instrumente des Naturschutzes wie die Landschaftsplanung – die Verbandsklage möchte ich gar nicht erwähnen – faktisch abgeschafft.

Wie weit ist es mit einer Umweltpolitik in Hamburg gekommen, wenn sich die Naturschutzverbände nicht nur ignoriert – das könnte man noch als etwas hinnehmen, das vielleicht auch in anderen CDU-geführten Ländern passiert –, sondern regelrecht veralbert fühlen, dass sie schlicht in dem ureigensten Gebiet, auf dem sie tätig sind, nämlich dem Naturschutz, die Anhörung verweigern, weil sie sich veräppelt fühlen, weil sie von vornherein wissen, dass sie sich damit einen Haufen Arbeit machen, ihr Sachverstand soll da angezapft werden, aber im Ergebnis nützt es doch nichts. Dieser Vorgang, den wir im Umweltausschuss erleben mussten, sagt eigentlich alles zu Ihrem Verhältnis zu den Umweltverbänden und zur Umweltpolitik, Herr Senator.

(Beifall bei der GAL und vereinzelt bei der SPD – Barbara Ahrons CDU: Der war lächerlich!)

Ich möchte schließlich zum Klimaschutz kommen. Herr Engels, ich würde gerne einmal mit Ihnen ins Kino gehen und den Film "Eine unbequeme Wahrheit" über die Arbeit von Al Gore sehen.

(Farid Müller GAL: Da kann er was lernen!)

Auch Hamburg muss sich an den Gedanken gewöhnen, dass wir vom Klimawandel massiv betroffen sein werden. Wir müssen uns daran gewöhnen, dass wir schon jetzt mit Klimafolgenbewältigungspolitik beginnen müssen.

Das ist auch gar nichts, was man als Kassandraruf oder als große Unsicherheit abtun könnte. Ich war neulich auf einer Konferenz, von der Behörde organisiert, bei der es um Hochwasserschutzpolitik an der Elbe ging, wo die Charts sagten, ja, bis 2030, 2040 sind wir noch auf der sicheren Seite. Was dann kommt, wissen wir noch nicht so recht. Nun wissen wir alle, dass zwei, drei Dekaden im Zuge von großen Infrastrukturprojekten verdammt schnell ins Land gehen. Wir müssen auch zur Kenntnis nehmen, dass nach den jüngsten Studien, die veröffentlich wurden, ungefähr das Jahr 2030 oder 2040 der Zeitpunkt ist, zu dem die Arktis möglicherweise schon eisfrei ist und wir von einem Meeresspiegelanstieg von knapp einem halben Meter reden können.

(Olaf Ohlsen CDU: Ach, Herr Maaß, hör' doch auf!)

Aber sicher. Herr Engels, ich muss Sie da auch korrigieren. Die Studien sind sich, was den langfristigen Meeresspiegelanstieg angeht, relativ sicher, dass innerhalb dieses Jahrhunderts bis 2100 der Meeresspiegelanstieg um etwa einen Meter kommen wird. Das können Sie hochrechnen. Davon wird sich sicherlich ein großer Teil auch noch in den nächsten Dekaden abspielen und dann langfristig aufwachsen auf Bereiche, wo es für Hamburg richtig problematisch wird.

(Olaf Ohlsen CDU: Hör' doch auf! Hol' den Wach- telkönig raus!)

Herr Ohlsen, das betrifft auch Sie als hafenpolitischen Sprecher. Was bedeutet das für Hamburg, wenn der Meeresspiegel auf sechs oder sieben Meter ansteigt, wenn das Grönlandeis abschmelzen sollte? Das sind die Probleme, die sich uns stellen. Deswegen sind unsere Anträge, die Ihnen für ein Kompetenzzentrum Klimaschutz in Hamburg vorliegen, die wichtigsten, die wir ganz dringend angehen müssen, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der GAL und vereinzelt bei der SPD)

Das Wort bekommt Senator Dr. Freytag.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Hamburg ist die grüne Metropole am Wasser.

(Ingo Egloff SPD: Das Wasser haben auch Sie reingelassen!)

Die Hälfte unseres Gebietes sind Grün- und Wasserflächen. Darum beneiden uns ganz viele. Die Behörde für Stadtentwicklung und Umwelt ist ein großes Erfolgsmodell, denn seit dem 1. August 2006 ist das vollzogen, das zusammenzubringen, was zusammengehört, nämlich Umwelt-, Stadtentwicklungs-, Bau- und Verkehrspolitik, also Infrastrukturpolitik aus einem Guss. Das führt dazu, meine Damen und Herren, dass der Umweltschutz nicht mehr eine Bremserfunktion am Ende der Kette hat, sondern wirklich im Führerhaus der Senatspolitik sitzt. Das ist ein sehr guter Schritt, den wir gemacht haben. Wir haben ihn mit den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern zusammen vollzogen und gestalten Stadt- und Landschaftsplanung jetzt in einem Guss. Wir haben ein neues Amt für Natur- und Ressourcenschutz, bei dem besondere Ausrichtung auf Nachhaltigkeit gegeben ist. Dies ist ein Qualitätsmerkmal in unserer Stadt, das zeigt, wie man in relativ

kurzer Zeit – ich bin nicht seit drei Jahren Umweltsenator, sondern erst seit zwei Jahren, acht Monaten und ein paar Tagen –

(Michael Neumann SPD: Sie zählen bestimmt die Tage!)

doch eine Menge Dinge tun kann.

(Beifall bei der CDU)

Ich fange einmal mit Frau Schaal an. Es schmerzt Sie, dass wir diesen Behördenzuschnitt haben, dass es keine eigene Umweltbehörde mehr gibt, ich sei ein Terminator. Frau Schaal, es sollte Sie auch schmerzen, was in der sozialdemokratisch regierten Stadt Berlin viele Jahre vonstatten geht. Da gibt es genau solch eine Behörde.

(Christian Maaß GAL: Das stimmt nicht mehr! – Claudius Lieven GAL: Das haben wir Ihnen schon mal erzählt! )

Es sollte Sie schmerzen, was in der sozialdemokratisch regierten Stadt Bremen vor sich geht. Auch dort gibt es eine Behörde, die die Infrastrukturprojekte zusammengelegt hat. Ganz so schrecklich kann es also nicht sein.

Herr Maaß, Sie unterschätzen mich. Sie glauben, weil jemand aus der Wirtschaft kommt oder wirtschaftsorientiert ist, hätte er kein Herz für den Umweltschutz. Das finde ich nicht nachvollziehbar.

Meine erste politische Aufgabe in der Bezirkspolitik

(Michael Neumann SPD: Altpapier sammeln!)

war die Sprecherfunktion für Umweltschutz. Meine Sozialisation, Herr Maaß, hat da stattgefunden. Ich glaube, Umweltschutz ist etwas anderes als das, was Sie darunter verstehen. Sie möchten einen organisierten Umweltschutz haben, wo sich die Leute aus Prinzip den ganzen Tag mit Umweltschutz beschäftigen und ich möchte den Umweltschutz dort ansiedeln, wo er richtig zur Entfaltung kommen kann, nämlich dort, wo die Entscheidungen fallen. Das machen wir in Hamburg und deshalb haben wir auch Erfolg.

Sie haben nach hinterlassenen Spuren gefragt, Herr Maaß. Ich nenne sie Ihnen einmal. In der kurzen Zeit, in der ich Umweltsenator bin, haben wir in Hamburg – und das sind Nägel mit Köpfen – 630 Hektar mehr an Naturschutzflächen. Das ist viermal mehr als die riesige HafenCity groß ist. Das, meine Damen und Herren, sagt vieles, das sind Spuren, die jeder sehen kann. Hamburg hat im bundesweiten Vergleich den höchsten Anteil an Naturschutzgebieten in Bezug auf seine Landesfläche. Und ich glaube nicht, dass wir uns bei Baumbestand und Artenvielfalt verstecken müssen.

Zum Thema Klimaschutz hat Hartmut Engels zu Recht darauf hingewiesen, dass es viel interessanter ist wie andere uns bewerten und nicht wie wir uns einschätzen. Da haben wir in der kurzen Zeit – Herr Maaß, nehmen Sie mir das ruhig einmal ab – aus Überzeugung versucht, Wirtschaft und Umweltschutz miteinander zu kombinieren. Es hat sehr gut funktioniert und dafür werden wir auch von unabhängigen Institutionen, zum Beispiel von der UNESCO, ausgezeichnet. Wir haben gerade vor zwei Wochen die Auszeichnung "Stadt der UN-Weltdekade Bildung für nachhaltige Entwicklung" bekommen. Der Hamburger Aktionsplan für nachhaltige Entwicklung war der erste bundesweit. Wir sind dafür von der UNESCO ausgezeichnet worden, dies ist keine Senatseinrichtung.

(Beifall bei der CDU)

Wir sind von der Deutschen Umwelthilfe ausgezeichnet worden. Hartmut Engels hat zitiert, dass Hamburg im Klimaschutz den dritten Platz von 78 Städten belegt, und zwar von einer unabhängigen Institution festgestellt. Auch das bestätigt die Spuren, Herr Maaß, die wir in unserer Stadt hinterlassen haben.

Der BUND, der nun wirklich nicht verdächtig ist, Senatspolitik zu machen, hat uns im September 2006 die Note Gut im Bereich "Maßnahmen gegen Feinstaub" gegeben. In einem Ranking hat der Bund die Gegenmaßnahmen der 26 am stärksten mit Feinstaub belasteten Städte bewertet. Hamburg erhielt die Note Gut und war in der absoluten Spitzengruppe. Im Bereich regenerativer Energien haben wir den Preis Energiesparkommune 2005 erhalten, den Motor Challenge Award der Europäischen Union und wir sind Bundessieger im Wettbewerb "Luftqualität verbessern, Mobilität sichern". Das, Herr Maaß, sind Spuren und die sind natürlich darauf zurückzuführen, dass wir konkrete Projekte umgesetzt haben. Wir haben keine Sonntagsreden gehalten.

Ich nenne Ihnen als weiteres Beispiel unseren Einsatz für Wasserstoff- und Brennstoffzellentechnologie, und zwar für regenerativ erzeugten Wasserstoff. Hamburg ist weltweit die Metropole mit den meisten Wasserstoffbussen mit regenerativ erzeugter Energie. Es sind damit noch nicht alle Probleme gelöst, aber wir tun etwas sehr Konkretes. Ich bin sehr froh, dass uns auch der EU-Kommissar Barrot in Brüssel bescheinigt hat, dass Hamburg Vorreiter in umweltfreundlicher Technologie ist. Das sind Spuren, Herr Maaß, auf die wir stolz sind. Wir haben in Brüssel mit anderen internationalen Metropolen – mit London, mit Amsterdam, mit Barcelona, mit der kanadischen Provinz British Columbia, und jetzt auch mit der australischen Stadt Perth – eine Einkaufsgemeinschaft für regenerativ erzeugte Produkte für Wasserstoff- und Brennstoffzellentechnologie vereinbart. So können wir gegenüber den Herstellern die Wirtschaftlichkeit optimieren und das mit dem Segen der Europäischen Union. Das sind sehr konkrete Schritte. Wir haben mehr als 40 Unternehmen in unserer Landesinitiative Wasserstoff- und Brennstoffzellentechnologie zusammengeführt, von kleinen Unternehmen bis hin zu großen Unternehmen wie Airbus. Uns ist ganz wichtig, dass wir Wirtschaft, Umweltschutz und Wissenschaft auf einen Nenner bringen.

Wir haben eine Tochtergesellschaft der Hamburger Hochbahn gegründet, die hySOLUTION GmbH, die Lösungen für Wasserstoff- und Brennstoffzellentechnologie anbietet. Mit unserer Partnerstadt Prag sind wir dabei, Brennstoffschiffe zu etablieren. Am Flughafen werden Gabelstapler und Nutzfahrzeuge mit dieser Technik im Einsatz sein. Umweltschutz pur sind auch die Photovoltaikanlage Neu-Wulmsdorf oder die Biogasanlage Stellingen. Auch dort wird regenerative Energie ganz konkret praktiziert. Diese Spuren können Sie sich ansehen, Herr Maaß.

Die Solarbauausstellung in Wilhelmsburg und Heimfeld ist eine vorbildliche Maßnahme, wo wir mit regenerativ erzeugter Energie modernes Wohnen im Hamburger Süden demonstrieren, bewusst nicht in irgendwelchen Luxuslagen, sondern in den Bezirken Harburg, Wilhelmsburg und Heimfeld. Über 150 Häuser, Wohnungen, sind dort mit dieser Technologie sehr gut verkauft worden an Menschen, die durchaus bürgerlich sind – Herr Maaß, das wissen Sie auch –, Menschen, die für ihre Familie, für