Herr Präsident, meine Damen und Herren! Bisher hatte ich gedacht, das Unfehlbarkeitsdogma ist eine Besonderheit des Papsttums. Jetzt habe ich festgestellt,
dass auch die CDU-Wirtschaftspolitiker die Unfehlbarkeit für ihre Politik beanspruchen. Angeblich gäbe es da nichts zu verbessern. Einen besseren Beleg für Arroganz der Macht kann es gar nicht geben.
(Beifall bei der GAL und vereinzelt bei der SPD – Bernd Reinert CDU: Die Arroganz haben Sie schon lange!)
Natürlich haben wir im Moment eine positive Entwicklung im Hafen. Wer kann das leugnen, wer kann sich darüber beklagen. Das ist gut für Hamburg, aber das ist natürlich nichts, auf dem man sich ausruhen kann, denn eines ist
sehr deutlich: Der Hafen wächst sehr schnell, die Investitionen der Stadt, um dieses Wachstum zu stützen, wachsen noch schneller. Wenn man einen Strich unter diese Bilanz zieht, dann muss man feststellen, dass die Aufwendungen der Stadt größer sein können als der Nutzen, den wir daraus ziehen. Die Folge, Herr Reinert – jetzt hören Sie vielleicht einmal zu –, ist natürlich nicht, dass weniger in den Hafen investiert werden soll. Man braucht jetzt aber eine neue Hafenordnung, damit sich diejenigen, die in den letzten fünf Jahren zweistellige Gewinnwachstumsraten hatten, stärker an den Investitionen beteiligen. Das muss nicht alles der Staat tun. Er braucht die Mittel in anderen Bereichen, um dort große Vorhaben umzusetzen, die den sozialen Zusammenhalt in dieser Stadt sicherstellen, aber auch, um neuen Wachstum zu ermöglichen. Dort gibt es weitere Maßnahmen.
In den Siebzigerjahren gab es die Aufteilung, dass der Staat für die Infrastruktur sorgte und die Unternehmen für die Suprastruktur. Das können wir uns jetzt nicht mehr leisten und darum müssen die Privaten einen größeren Anteil der Infrastrukturmaßnahmen übernehmen. Wir haben im Gegensatz zu dem, was Sie gesagt haben, Frau Ahrons, auch sehr genau dargelegt, wie man das machen kann.
Wenn Sie, Herr Reinert, mit dem auch noch falschen Totschlagargument kommen, die GAL wolle weniger in den Hafen investieren, dann zeigt das nur: Das ist das Denken von Gestern, das ist ein Denken, das die Zukunft Hamburgs gefährdet. Sie sind den Herausforderungen dieser Zeiten nicht gewachsen. Sie verspielen die Nutzung der Chancen, die wir brauchen, um für Hamburg neben dem Hafen neue Stärken zu entwickeln.
Kommen wir zur Privatisierung der HHLA. Gestern oder vorgestern hat der Senat gesagt, die Opposition habe dabei keinen klaren Kurs. Ich möchte jetzt einmal den Kurs dieses Senats vorstellen. Anfang des Jahres wollte der Senat 75 Prozent an die Bahn verkaufen. Dann wollte er nur noch den Minderheitsanteil verkaufen, weil die HHLA angeblich selbst nicht mehr genügend Investitionsmittel hat, um ihre Investitionen zu schultern. Das stimmt mittlerweile dummerweise nicht mehr. Jetzt will der Senat verkaufen, weil die HHLA auf einmal international expandieren soll. Das wurde in dieser Stadt bisher noch nie so gewollt. Auf einmal sieht man, dass bei den 30 Bewerbern auch die Bahn wieder dabei ist. Ich glaube, das wird die dritte Kehrwendung um 180 Grad geben, wenn Sie auf einmal wieder den Zuschlag an die Bahn geben werden, um dann die Logistikzentrale der Bahn nach Hamburg zu holen.
Meine Damen und Herren, einen Schlingerkurs gibt es in dieser Stadt, aber den fährt dieser Senat zum Schaden der HHLA und auch der Stadt.
Sie wissen, dass ich keinesfalls jemand bin, der sagt, man dürfe die HHLA auf keinen Fall verkaufen. Aber so, wie Sie das jetzt vorhaben, kann man es wirklich nicht machen. Die HHLA hat jetzt im dritten Jahr ihren Gewinn verdoppelt. 100 Millionen Euro oder wahrscheinlich mehr wird die HHLA in diesem Jahr erwirtschaften. Sie wird ihre eigenen Investitionen damit finanzieren können, Frau Ahrons. Jetzt sagt der Senat, wir schreiben trotzdem aus
und gucken mal, was ein Finanzinvestor dafür bietet. Eigentlich wollten Sie nicht nach Kassenlage privatisieren.
Wenn Sie sich angucken, was international für Hafenbetriebe geboten wurde, dann werden Sie feststellen, dass Dubai Ports für P & O das Dreißigfache des Vorsteuergewinns geboten hat. Wenn Sie das auf die HHLA umlegen und davon die Hälfte nehmen, dann sind das 1,5 Milliarden Euro. Das ist ganz klar ein unmoralisches Angebot, das ist ein Angebot nach Francis Ford Coppola "Der Pate": Jetzt mache ich Ihnen ein Angebot, das können sie nicht ablehnen. Ich will Sie sehen, wenn Dubai Ports, ein Konkurrent des Hamburger Hafens, 1,5 Milliarden Euro auf den Tisch legt, dass Sie sagen, das wollen wir nicht haben. Ich bin gespannt, was dann passiert. Die Privatisierungsschiene, die Sie im Moment fahren, ist überhastet und zum jetzigen Zeitpunkt nicht notwendig. Wenn Sie in drei Jahren und bei der aktuellen Entwicklung dann nur einen Teil der HHLA verkaufen würden, dann könnten Sie für die gleiche Summe wahrscheinlich nur 25 Prozent verkaufen. Was Sie jetzt machen, macht auch wirtschaftlich überhaupt keinen Sinn.
Kommen wir zum nächsten Bereich. Man soll sich nicht über Lob beklagen. Wir werden von diesem Senat für unser Konzept "Kreative Stadt" immer gelobt. Das freut uns. Was uns natürlich nicht so erfreut, ist, dass Sie das immer vollkommen falsch verstehen und sich auf einen kleinen Bereich konzentrieren. Uns geht es bei der kreativen Stadt natürlich nicht nur darum, die Kreativwirtschaft zu stärken. Das wollen wir auch, aber das ist nur ein kleiner Teil. An unseren Haushaltsanträgen können Sie das sehr gut sehen. Wir wollen 135 Millionen Euro umschichten und davon sollen 1,5 Millionen Euro in den Bereich der Kreativwirtschaft gehen. Daran wird schon deutlich, dass das nur ein kleiner Puzzlestein ist. Es ist aber nicht das Entscheidende, auch wenn das natürlich ein glanzvoller Bereich ist, der für Sie immer wichtig ist.
Auch wenn ich mich hier vor falschem Lob nicht schützen kann, schlagen wir vor, dass in dem Bereich – gerade vor dem Hintergrund der Konkurrenz zu Berlin – Hamburg natürlich immer noch mehr tun kann und auch tun muss.
Nun kommen wir zu dem Bereich, in dem das Versagen dieses Senats schon fast strafbar ist, beim Klimaschutz und bei den erneuerbaren Energien. Wir hatten gestern die Umweltdebatte. Über die umwelt- und klimapolitischen Versäumnisse brauche ich nicht noch einmal viel zu sagen.
Gleichzeitig muss man aber feststellen, dass erneuerbare Energien, Hand in Hand mit Klimaschutz, nicht nur für die deutsche Wirtschaft eine große Chance sind, sondern auch für Hamburg. Das betrifft nicht nur den Bereich der Windenergie, sondern auch den Bereich der Solarfirmen. Man kann sich das bei dem regnerischen Wetter im Norden gar nicht vorstellen. Wenn man alle großen Weltmarktplayer, die fast alle in Hamburg sitzen – der größte weltweit, Sharp, hat hier seine Zentrale, der zweitgrößte, BP, ebenfalls, der größte europäische und deutsche Anbieter sitzt ebenfalls hier –, an die Hand nimmt und mit ihnen zusammen ein Konzept entwickelt, dann könnten sie nicht nur etwas für den Klimaschutz tun, was für eine Küstenstadt wie Hamburg existenziell ist, sondern Sie haben eine Branche, die seit Jahren jedes Jahr um
Sie denken über Atomkraft nach, Sie denken über Kohlekraftwerke nach. Die Bereiche, die für diese Stadt wirklich zukunftsfähig sind, vernachlässigen Sie. Das machen wir nicht mit. Wir haben ein Konzept vorgelegt, wie wir in diesem Bereich zum Nutzen des Klimaschutzes und der wirtschaftlichen Entwicklung dieser Stadt vorankommen können.
Ich möchte jetzt noch einmal zu unserem Antrag "Ladenschluss" kommen. Mich ärgert an dieser Debatte, dass wir in Deutschland immer nur in Extremen denken können. Jahrzehntelang wollten wir am Ladenschluss gar nicht rütteln und jetzt müssen wir ihn auf einmal ohne jede Einschränkung freigeben. Ein Mittelweg wäre das Vernünftige. Wir leben in einer schnelllebigen Zeit, mit immer mehr Teilzeitarbeit, mit immer mehr Nachtarbeit, mit immer mehr Schichtarbeit. Der Zusammenhalt der Familien wird geschwächt. Sie schlagen vor, an vier Sonntagen im Jahr in sieben Bezirken Ausnahmen zuzulassen.
Dann könnte an maximal 28 Sonntagen im Jahr irgendwo in Hamburg verkauft werden. Das sind sieben Monate, das ist keine Ausnahme mehr. Beispielsweise könnten auch noch Sondergenehmigungen erteilt werden wie beispielsweise bei der Weltmeisterschaft, die das noch ausweiten. Das ist nicht vernünftig. Wir wollen angesichts dieser schnelllebigen Zeit, in der es immer weniger gesellschaftlichen Zusammenhalt gibt, einen Tag frei haben ohne Arbeit und Konsum für Religionsausübung, Familie, für die Pflege von Freundeskreisen, für das Zusammenleben in dieser Gesellschaft. Jeder kann für sich entscheiden, wofür er den Tag nutzen will. Das ist ein entscheidender Punkt.
Ein weiterer Aspekt wurde eben schon angesprochen. Der Einzelhandel ist nun wirklich der Bereich, in dem die Arbeitsverhältnisse am meisten zu kritisieren sind. Es gibt dort kaum tarifvertragliche Regelungen, es gibt in den meisten Betrieben keinen Betriebsrat. 70 Prozent der Beschäftigten sind Frauen. Wir alle wissen, dass in unserer Gesellschaft die Kindererziehung immer noch Kernbereich der Frauen ist, und dann halten wir hier Sonntagsreden darüber, dass wir die Familien stärken wollen. Sie wollen aber diese Beschäftigten unbeschränkt dazu verpflichten, in den Geschäften zu arbeiten. Das geht so nicht. Darum haben wir vorgeschlagen, die Öffnungszeiten bis 24 Uhr zu begrenzen. Länger muss niemand einkaufen. Die Nachteile, die durch längere Öffnungszeiten entstehen, übersteigen bei weitem den Nutzen. Deshalb brauchen wir Schutzregelungen für Familien mit Kindern. Alleinerziehende mit Kindern sollen nicht nach 18 Uhr beschäftigt werden und auch die Nacht- und Schichtarbeiten müssen bezahlt werden. Wir sollten diese Öffnung dazu nutzen, die schlechten Bedingungen im Einzelhandel für die Beschäftigten zu verbessern. Es ist höchste Zeit dafür.
Nein, die Gewerkschaften sind dort kaum organisiert. Es gibt häufig noch nicht einmal Betriebsräte. Nehmen
Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Am Jahresende, bei den Haushaltsberatungen, blickt man zurück, aber auch nach vorn. Insofern ist es verständlich, wenn der Kollege Egloff einen Blick zurück geworfen und eine Bilanz gezogen hat. Nur, es gilt das Wort von der Bilanzklarheit und der Bilanzwahrheit. Das wissen Sie als gestandener Mann der Wirtschaft, Herr Egloff. Insofern kann ich nur sagen: An diese beiden Sollvorgaben einer Bilanzanalyse und -aufstellung fühlte ich mich bei Ihrer Rede nicht erinnert,
denn wenn wir nüchtern und ehrlich die Zahlen und die Hamburger Situation betrachten, müssen wir sagen, dass Hamburg ein sehr erfolgreiches Jahr hinter sich hat.
Das Wirtschaftswachstum lag in diesem Jahr mit 2,5 Prozent über dem Bundesdurchschnitt. Der Aufschwung hat an Breite und Stärke gewonnen und die aktuellen Zahlen zeigen für viele Branchen hohe, teilweise sogar zweistellige Zuwachsraten. Erfreulich ist, dass der Aufschwung zunehmend beschäftigungsintensiver geworden ist. Die Zahl der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten liegt um 17 000 höher als im Vorjahr. Das sind 2,2 Prozent mehr als im vergangenen Jahr. Hamburg hat sich im Beschäftigungsmarkt deutlich vom Bundesdurchschnitt abgekoppelt. Vor allen Dingen ist erfreulich, dass auch die Minijobs inzwischen mehr und mehr durch sozialversicherungspflichtige Beschäftigungsverhältnisse abgelöst werden.
Schließlich wollen wir feststellen, dass Hamburg jetzt 10 000 Arbeitslose weniger hat als noch vor einem Jahr. Es ist erlaubt, sich darüber auch einmal zu freuen.
Diese Entwicklung macht uns Mut. Sie ist zugleich Ansporn dafür, dass wir auch im nächsten Jahr mit aller Kraft für mehr Jobs in Hamburg arbeiten.
Mit dem steigenden Bruttoinlandsprodukt und der zunehmenden Beschäftigung sind auch die Steuereinnahmen kräftig gestiegen. Auffälligster Indikator für die gestiegene Inlandsnachfrage ist das Umsatzsteueraufkommen. In den ersten drei Quartalen ist es in Hamburg um 3,7 Prozent angewachsen und damit mehr als doppelt so stark als der Bundesdurchschnitt. Im Bund wurden im Durchschnitt nur 1,5 Prozent erreicht.
Für die Jahre 2007 und 2008 erwarten wir eine Fortsetzung dieses Aufschwungs. Auch wenn sich zunächst im Jahre 2007 zu Anfang die bekannten Vorzieheffekte zeigen werden, sollten wir uns jetzt nicht vorauseilend eine unter Umständen eintretende Verschlechterung herbeireden. Man kann auch die wirtschaftliche Entwicklung da
Herr Egloff hatte den Ladenschluss angesprochen und gefragt, was denn der Senator wolle. Ich will es Ihnen ganz klar sagen, so wie ich es seit einigen Jahren klar sage: Ich will, dass die Verbraucher einkaufen können und wenn sie abends einkaufen wollen und dass die Gäste, die nach Hamburg kommen, abends ihr Geld ausgeben können und nicht vor verschlossenen Ladentüren stehen.