Protokoll der Sitzung vom 17.01.2007

In Ihrem Antrag steht aber etwas anderes, Frau Möller. Sie wollen eine Gesundheitsvorsorge et cetera pp. Leistungen innerhalb der Gesundheitsvorsorge nach dem Asylbewerberleistungsgesetz sind gesetzliche Leistungen. Hierauf hat dieser Personenkreis definitiv keinen Anspruch. Das mögen Sie beklagen, aber das ist die Rechtslage.

Es gibt Zigtausende und Hunderttausende Asylsuchende in Deutschland, die ein ordnungsgemäßes Verfahren eingeleitet und ihren Aufenthalt in Deutschland angezeigt haben. Dann wurde auf rechtsstaatlichem Wege durch die Verwaltung oder die Gerichte ein Aufenthalt gewährt; das ist richtig. Es kann ein temporärer Aufenthalt gewesen sein, es kann allerdings auch ein dauerhafter Aufenthalt gewesen sein.

(Aydan Özoguz SPD: Glücklich ist, wer nichts ver- stehen will!)

Das ist bei Ihnen mit Sicherheit angezeigt, ganz ohne Frage, aber ich bin da relativ zuversichtlich.

(Beifall bei der CDU)

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Es geht darum, schlicht und ergreifend ein rechtskonformes Handeln einzufordern, das darauf hinausläuft, dass diese Personen aus der Illegalität heraustreten, dass sie sich um einen regulären, einen gesetzlichen Aufenthaltsstatus bemühen. Dann kann schlicht und ergreifend geprüft werden, ob sie einen Aufenthaltsstatus erhalten, ob ihnen ein temporäres oder auch ein dauerhaftes Aufenthalts

recht eingeräumt wird. Wir können aber nicht in einem rechtsfreien Raum über die Gewährung staatlicher Transfer- und Sozialleistungen sprechen.

(Beifall bei der CDU)

Das bezieht sich sowohl auf die Bereiche Grundsicherungsleistungen, seien es also Sozialleistungen, als auch auf Leistungen zur Bildung, denn wir sollen nicht nur gesetzwidriges Handeln tolerieren, sondern es sogar noch subventionieren und das kann nicht sein.

Dies vorausgeschickt ist meine Auffassung und auch die Auffassung der CDU-Fraktion, dass es an den Personen selbst liegt, die in der Illegalität leben, aus dieser Illegalität herauszutreten und sich einem entsprechenden Verfahren zu stellen, sodass sie einen legalen Aufenthaltsstatus erhalten können, einen temporären oder einen dauerhaften, denn ich bin sehr wohl der Auffassung – das stelle ich überhaupt nicht in Abrede, Frau Möller –, dass viele Personen, die sich in Hamburg illegal aufhalten, sehr wohl aufgrund von Verfolgung in ihrem Heimatland einen guten Grund auf einen Anspruch auf Asyl haben. Nur muss dieser Asylanspruch definitiv in einem rechtskonformen Verfahren geklärt werden und nicht nach dem Prinzip, wir gewähren ihn den Leuten, obwohl wir ihren Bedarf überhaupt nicht prüfen können.

Dies vorausgeschickt wird die CDU-Fraktion den vorliegenden Antrag ablehnen und auch einer Verweisung an die Ausschüsse nicht zustimmen.

(Beifall bei der CDU)

Das Wort erhält die Abgeordnete Özoguz.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Wir führen diese Debatte innerhalb weniger Monate nun zum dritten Mal und das ist grundsätzlich erst mal ein gutes Zeichen. Wir kümmern uns um ein Thema – das ist auch in den Beiträgen meiner Vorredner deutlich geworden –, das an vielen Stellen – Herr Grapengeter, genau das habe ich bei Ihnen vermisst – den Bogen zwischen rechtlichen Gegebenheiten und humanitären Lösungen nun einmal spannt. Es ist nun einmal da und wir sind aufgefordert, ein wenig weiter zu denken, die tatsächlichen Gegebenheiten zu sehen und uns nicht nur hinter Paragrafen zu verstecken.

In der Zeitschrift "Das Parlament" vom 15. Januar war vom Migrationsforscher Klaus Bade zu lesen, der natürlich auch von einer großen Scheinheiligkeit spricht:

"Sie werden hier im Regen stehen gelassen, ständig bekämpft, denunziert, mit Razzien bedroht und dergleichen mehr."

Zitatende.

Indirekt wird Illegalität aber toleriert, weil wir alle auf unsere Weise von ihr profitieren; Frau Möller hat es gerade genannt. Ich hatte es erst gestrichen, aber nach dem Beitrag von Frau Möller möchte ich noch einmal darauf hinweisen, dass auch der neoliberale Direktor des Hamburger Weltwirtschaftsinstituts, Professor Straubhaar, vier Tage vor Heiligabend noch einmal sehr deutlich gesagt hat, dass die deutsche Wirtschaft auf illegale Einwanderer angewiesen sei und andererseits so tue, als ließe sich das Problem durch Abschiebungen lösen.

Genau das ist unsere Situation in Hamburg. Unser Innensenator kennt nur das Wort Abschiebung. Er hat sich bisher bei all den Debatten nicht einmal hier hingestellt – Sie werden sich daran erinnern, dass Frau Dinges-Dierig das einmal tun musste, er selbst aber immer nur oben saß – und seine Meinung dazu gesagt; das wäre aber ganz förderlich.

(Beifall bei der SPD und der GAL)

Die SPD-Fraktion hat in der letzten Bürgerschaftssitzung einen Antrag mit der Überschrift eingebracht: Kinder und Familien ohne Aufenthaltstitel, humanitäre und rechtlich tragfähige Lösungen finden. Wir haben diesen Antrag, wenn Sie sich erinnern, gemeinsam an den Ausschuss überwiesen, was wir im Übrigen auch sehr begrüßen. Es spricht aus unserer Sicht überhaupt nichts dagegen, den jetzigen Antrag der GAL-Fraktion ebenso zu überweisen, damit wir uns diesem Thema mit einer größtmöglichen Bandbreite und gleichzeitiger Genauigkeit nähern können. Sie erinnern sich vielleicht noch, dass unser Ausgangspunkt diejenigen Schülerinnen und Schüler waren – Frau Möller hat es gerade erwähnt –, die sich ohne irgendeine Aufenthaltsgenehmigung hier aufhalten und von denen wir doch gerade alle nicht wollen, dass sie dann jeglicher Bildungseinrichtung fern bleiben. Aus diesen Gründen besteht unser Antrag aus zwei größeren Punkten. Es war zum einen, wenn Sie sich erinnern, genau diese spezifische Situation der Schülerinnen und Schüler, womit wir im Übrigen auch die Schulleiter und Schulleiterinnen nicht mehr nur ihrem Gewissen überlassen wollen, sondern ihnen auch helfen wollen. Auf der anderen Seite spricht unseres Erachtens einiges dafür, nicht jedes Detail neu und allein erfinden zu wollen, sondern diesen ressortübergreifenden Prüfauftrag der Bundesregierung in Sachen illegaler Migration in unsere Betrachtungen einzubeziehen. Dieser Prüfauftrag scheint noch nicht abgeschlossen zu sein, aber wir müssen noch weiter an die Ursachen herangehen.

Im GAL-Antrag wurden im Wesentlichen die medizinische Versorgung und der Zugang zu öffentlicher Rechtsauskunft noch einmal genannt. Dies sind wichtige Punkte, die überall in der Republik diskutiert werden und auch wir sollten das tun. München hat schon längst weitere Konsequenzen gezogen. Von daher ist es im Prinzip nach unserem Handeln nur logisch, auch diesen Antrag zu überweisen. Wir wünschen uns eine wirklich engagierte Debatte im Ausschuss. – Danke.

(Beifall bei der SPD und der GAL)

Das Wort erhält die Bürgermeisterin Schnieber-Jastram.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Hamburg ist eine Stadt, die Menschen ganz unterschiedlicher Herkunft angezogen hat. Das ist eine Realität, der wir uns immer gestellt haben, der wir uns ganz besonders in einer globalisierten Welt weiter stellen müssen. Ich möchte eines ganz klar herausstreichen: Unterschiedliche Kulturen und damit verbunden auch unterschiedliche Sprachen, Unterschiede in der Art, sein Leben zu gestalten, versteht dieser Senat ausdrücklich als Bereicherung für unsere Gesellschaft. Zugewanderte sind Bestandteil unseres Lebens in diesem Land.

Der weitaus überwiegende Teil der Zugewanderten lebt in Übereinstimmung mit unseren Gesetzen und verfügt über eine Aufenthaltsgenehmigung oder zumindest über eine Duldung. Wir sind uns aber natürlich auch bewusst – das soll man auch gar nicht leugnen –, dass es Menschen gibt, die seit vielen Jahren ohne legalen Aufenthaltsstatus in Deutschland leben und die Gründe dafür sind ganz unterschiedlich. Die meisten von ihnen haben diese Situation – Sie nennen es ein Leben im Schatten behördlicher Stellen – aus vielfältigen Gründen so gewählt und sie nehmen diese Situation bewusst in Kauf.

Mit ihrer Großen Anfrage verbindet die GAL zum einen das Ziel, genaue Daten über Menschen ohne legalen Aufenthaltsstatus zu erfassen. Sie werfen dem Senat – das haben Sie eben getan, Frau Möller – Ignoranz vor, weil nicht genügend Zahlenmaterial zur Verfügung stehe. Dabei verschweigen Sie, dass Menschen, die illegal hier leben, ganz bewusst Kontakte zu staatlichen Stellen vermeiden und sich der behördlichen Erfassung entziehen. In Ihrer Regierungszeit haben Sie es in Wirklichkeit nicht einmal geschafft, ein Integrationskonzept vorzulegen, was dieser Senat getan hat und was wir auch im Verlauf dieser Debatte noch diskutieren werden. Sie fordern stattdessen heute, Daten zu sammeln, die zu keinen validen Aussagen führen können, weil sich ein Großteil der Betroffenen einer Erhebung völlig entzieht.

Zum anderen fordert die GAL, die humanitäre Unterstützung durch nichtstaatliche oder auch staatliche Institutionen zu verbessern. Sie verbinden diese Forderung mit der unterschwelligen Behauptung, der Senat würde nicht genügend Hilfe anbieten. Ich möchte hier noch einmal ganz klar sagen: Menschen, die in Not sind und die unserer Unterstützung bedürfen, werden in dieser Stadt, werden von diesem Senat nicht alleine gelassen. Jeder Mensch hat Anspruch auf ein menschenwürdiges Leben, unabhängig von seiner Herkunft, unabhängig auch vom Aufenthaltsstatus.

(Beifall bei der CDU)

Aber, Frau Möller und auch Frau Özoguz, ich möchte ganz klar betonen: Wer staatliche Angebote, wer staatliche Hilfe in Anspruch nimmt, der kann keinen Anspruch auf die Bewahrung seiner Anonymität oder seines illegalen Aufenthaltsstatus haben. Das verbietet unsere Rechtsstaatlichkeit, die jedenfalls in dieser Stadt und in diesem Land Gültigkeit hat.

(Beifall bei der CDU)

Er muss sich – Herr Grapengeter hat das schon sehr deutlich gemacht – den Behörden offenbaren und seinen Status und ein eventuelles Bleiberecht, wie andere Zuwanderer auch, klären lassen. Der Staat kann nicht zum Unterstützer eines nicht legalen Zustandes gemacht werden. Auch das sage ich ganz deutlich: Das Land Hamburg kann und wird auch in Zukunft keine Hilfeangebote schaffen, die den nicht legalen Aufenthalt von Zuwanderern weiter verfestigen. Das wäre im Übrigen gegenüber denjenigen, die sich hier rechtmäßig aufhalten, die über lange Jahre geduldet werden und auch in Kauf nehmen, nicht anerkannt zu werden und eben kein Bleiberecht zu erhalten, eine nicht zu vertretende Besserstellung.

(Beifall bei der CDU)

Ein bisschen anders sieht es mit den nichtstaatlichen Aktivitäten aus. Viele nichtstaatliche Organisationen und

Institutionen bieten in Hamburg zum Teil anonymen Rat und Unterstützung für Menschen an, die nicht legal hier leben; wir wissen das alle. Das hat auch die Antwort auf die Große Anfrage gezeigt. Diese Unterstützung reicht von gesundheitlicher Versorgung bis zu psychosozialer Betreuung und wird zum großen Teil ehrenamtlich geleistet. Wer diese Arbeit nicht gefährden will, der muss nicht für mehr Staat, sondern für strenge staatliche Zurückhaltung plädieren.

Für Menschen, die sich ungesichert in Deutschland aufhalten, muss eine bundesweit einheitliche Lösung gefunden werden und Sie wissen, dass Hamburg sich deshalb auf Bundesebene stark dafür eingesetzt hat, ausreisepflichtigen Ausländern, die sozial und wirtschaftlich integriert sind, ein Bleiberecht zu gewähren. Die ständige Konferenz der Innenminister und Senatoren hat am 17. November vergangenen Jahres eine Regelung beschlossen, nach der Menschen, die seit mindestens acht Jahren hier leben, mit Kindern seit mindestens sechs Jahren und den Lebensunterhalt durch eigene Erwerbstätigkeit sichern und über ausreichende mündliche Deutschkenntnisse verfügen, dieses Bleiberecht gewährt wird.

Eine faire Chance erhalten auch diejenigen, die bisher ihren Lebensunterhalt nicht eigenständig sichern konnten, weil ihnen der Arbeitsmarktzugang aufgrund bundesrechtlicher Regelungen verwehrt war. Ihnen wird bis zum 30. September 2007 ein weiterer Aufenthalt zur Arbeitsplatzsuche mit gleichrangigem Arbeitsmarktzugang ermöglicht, wenn sie im Übrigen die Bleiberechtsvoraussetzungen erfüllen.

Also nochmals: Wir bekennen uns neben unserer Integrationspolitik, die heute noch Gegenstand der Beratungen sein wird, ausdrücklich zu einer humanitären Flüchtlingspolitik, deren Ziel es sein muss, Menschen in Not aufzunehmen, Ursachen für Flucht und Vertreibung zu bekämpfen und den Menschen die Reintegration in ihre Heimatländer zu ermöglichen. Jenseits ordnungspolitischer Gesichtspunkte muss es unser Ziel sein, dass Menschen ihren illegalen Aufenthalt, dieses selbst gewählte Leben im Schatten, wie es eben formuliert wurde, verlassen. Erst dann ist es uns möglich, die Betroffenen entsprechend ihrer jeweiligen Situation umfassend zu beraten und ihnen so zu helfen, wie Sie, Frau Möller, sich das zu Recht wünschen.

(Beifall bei der CDU)

Das Wort erhält die Abgeordnete Möller.

Vielen Dank. Ich will die Redebeiträge nur insoweit aufgreifen, als sehr deutlich geworden ist, wie viel Bedarf es eigentlich zu dem Thema gibt, sich untereinander zu verständigen. Viele Teile Ihrer Rede, Frau Senatorin, deuten darauf hin, dass es wahrscheinlich noch mehr gibt, als aus den Antworten zur Großen Anfrage ersichtlich wurde. Natürlich gibt es eine bestimmte Aufgabe des Staates und es gibt andere Aufgaben, die nur die ehrenamtlichen Träger, Initiativen und Vereine lösen können. Aber es gibt auf alle Fälle weit mehr, als Sie skizziert haben, Herr Grapengeter, nämlich die Orientierung darauf, dass Menschen, die sich hier illegal aufhalten, in den legalen Aufenthalt überführt werden müssen – in Anführungsstrichen – oder eben das Land zu verlassen haben. Genau diese Debatte über die Einrich

tungen, die sicherlich Auffangbecken und Initiative sein könnten und – im Sinne der Sozialsenatorin – die Menschen dahingehend beraten, dass es wesentlich sinnvoller wäre, den Weg in den legalen Aufenthalt zu suchen, sollten wir mit Zeit und in Ruhe im Ausschuss führen. – Danke.

(Beifall bei der GAL)

Das Wort erhält die Abgeordnete Özoguz.

Ich möchte nur noch diesen einen Satz hinzufügen, weil das immer wieder hier genannt wird. Es ist absurd zu argumentieren, Illegalität könnte ein besseres Leben sein als der legale Aufenthalt in einem Land. Wir müssen uns von manchen Märchen auch einmal verabschieden. Menschen, die die Möglichkeit haben, legal in einem Land zu leben, werden ganz sicher niemals die Illegalität bevorzugen; das ist doch völlig klar.

(Beifall bei der SPD und der GAL)

Wir wissen auch, dass es Illegalität gibt, dass es sie immer geben wird. Dass unsere Gesetze immer dafür sorgen müssen, dagegen anzukämpfen, ist ganz klar. Es darf keine Lücken im Rahmen unserer Gesetzgebung geben. Aber wir müssen damit umgehen und darüber beraten, was mit Kindern oder mit der medizinischen Versorgung geschieht, wie diese Menschen dazu kommen, sich einmal jemandem anzuvertrauen. Das dürfen wir nicht wegschieben und bitte auch nicht davor die Augen verschließen.

(Beifall bei der SPD und der GAL)

Weitere Wortmeldungen liegen mir nicht vor. Dann kommen wir zur Abstimmung.