Protokoll der Sitzung vom 31.01.2007

Politik an dieser Stelle mitnichten. Wir haben bei ABMMaßnahmen Eingliederungsquoten von 25 Prozent gehabt. Was in Ihrer Konzeption fehlt, ist, dass Sie dafür sorgen, dass Langzeitarbeitslose für den ersten Arbeitsmarkt qualifiziert werden. Das ist Ihr Problem. Nutzen Sie die Chance, die die Konjunktur im Moment gibt. Nutzen Sie die Chance, dafür zu sorgen, dass auch Menschen, die lange arbeitslos waren, wieder Arbeitsplätze bekommen. Das liegt in Ihrer Verantwortung. Arbeiten Sie daran. – Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD und vereinzelt bei der GAL)

Das Wort bekommt der Abgeordnete Kerstan.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Wir befinden uns in der Aktuellen Stunde und die CDU hat das Thema angemeldet: Hamburgs Wirtschaft auf Wachstumskurs.

(Bernd Reinert CDU: Das ist doch schön!)

Das ist ein Evergreen, meine Damen und Herren. Gucken wir uns einmal an, was Sie vor zwei Wochen angemeldet haben, was dann leider aus Zeitgründen nicht drangekommen ist. Siehe da, es wurde angemeldet: Hamburgs Wirtschaft auf Wachstumskurs.

(Bernd Reinert CDU: Sie wächst immer noch!)

Seit zwei Wochen ist aus Ihrer Sicht anscheinend nichts Aktuelles in dieser Stadt passiert, denn Sie melden ja das gleiche Thema an.

Gucken wir uns einmal an, was Sie in den Sitzungen davor angemeldet haben. Da haben Sie angemeldet: Vorbild Hamburg – hier entstehen neue Arbeitsplätze. Schon wieder das gleiche Thema. Zwei Monate davor, meine Damen und Herren: Hamburgs Wirtschaft – Wachstumsmotor für eine erfolgreiche Entwicklung der Stadt. Egal, was in dieser Stadt passiert, egal, was in der Welt passiert, die CDU redet darüber, dass die Konjunktur toll läuft. Herzlichen Glückwunsch, meine Damen und Herren.

(Dr. Andreas Mattner CDU: Sagen Sie doch ein- mal etwas zur Sache!)

Da muss ich Ihnen ehrlich sagen, dass Sie die Debatte in dieser Stadt enorm bereichern, aber offenkundig nehmen Sie gar nicht wahr, was in dieser Stadt passiert. Man kann natürlich gerne über die Konjunktur reden, die jetzt nicht nur in Hamburg gut angelaufen ist. Lesen Sie einmal die letzte Debatte im Berliner Abgeordnetenhaus nach. Wissen Sie, was der Wirtschaftssenator des rotroten Senats gesagt hat: In Berlin geht es aufwärts, die Zahl der Arbeitsplätze wird besser,

(Bernd Reinert CDU: Hier werden es sogar mehr Arbeitsplätze!)

das wäre Ergebnis seiner erfolgreichen Wirtschaftspolitik. Wissen Sie was, meine Damen und Herren, das erzählen im Moment alle Regierungen in diesem Lande und wir gönnen es ihnen auch. Das hat aber mit Ihrer Wirtschaftspolitik erst einmal wenig zu tun.

(Zurufe von der CDU)

Ja, das gefällt Ihnen nicht. Aber wissen Sie, was mir nicht gefällt, Herr Jäger, das kann ich Ihnen gerne sagen.

Man kann sich selbst und unverdiente Erfolge feiern, wenn in dieser Stadt nichts los ist. Aber wir alle wissen im Moment, was in dieser Stadt los ist. Bei dem Projekt, bei dem die Stadt in den letzten Jahren 700 Millionen Euro investiert hat – bei Airbus –, sind jetzt auf einmal 2000 bis 8000 Arbeitsplätze in Gefahr. Und was macht die CDU? Meldet sie das in der politischen Debatte an?

(Dr. Andreas Mattner CDU: Haben Sie nicht zuge- hört?)

Macht sie hier eine öffentliche Debatte, um auch einmal eine klare Botschaft an das Airbusmanagement zu senden?

(Wolfgang Beuß CDU: Sagen Sie doch etwas zum Thema!)

Nein, die CDU feiert, dass Hamburg auf Wachstumskurs ist. Da möchte ich Sie einmal fragen: Wie doll wird denn die Hamburger Wirtschaft weiterwachsen, wenn jetzt bei Airbus 6000 Arbeitsplätze wegfallen? Da werden wir uns auf einmal nicht mehr feiern können, dass das ein Selbstläufer ist. Darüber muss dann geredet werden. Was tun Sie denn dagegen, meine Damen und Herren? Dazu haben Sie überhaupt nichts gesagt.

(Beifall bei der GAL und vereinzelt bei der SPD – Zuruf von Dr. Andreas Mattner CDU)

Ja, Herr Mattner, Sie haben das am Schluss versucht, als Ihre Redezeit vorbei war, das noch einmal in einem Nebensatz einzuflechten. Ich glaube, das wird dem Thema und der Bedeutung dieses Themas nicht gerecht, denn eines ist doch klar:

(Wolfhard Ploog CDU: Sprechen Sie doch endlich zur Sache!)

Airbus, meine Damen und Herren, wäre ohne die Hilfe der Politik nicht entstanden und ohne die Hilfe der Politik hätte es den A380 nicht gegeben. Darum muss auch die Führung von Airbus begreifen, dass sie die Krise, die durch ihre eigenen Fehler entstanden ist, nicht an den Vereinbarungen mit der Politik vorbei lösen kann. Das wäre eigentlich die Aufgabe dieses Senats und des Bürgermeisters, das einmal klarzustellen und ich frage mich, warum das nicht passiert.

(Beifall bei der GAL und der SPD)

Warum nutzen Sie eine solche Debatte nicht, wo es um aktuelle Probleme dieser Stadt geht, um das größte Problem, das wir im Moment haben, anzusprechen. Da kann ich Ihnen sagen, dass das aus meiner Sicht ganz eindeutig ist: Dieser Senat hat gegenüber Airbus in den letzten Jahren nie Rückgrat bewiesen. Wenn Sie sich das einmal angucken, haben wir in Hamburg schon vor zehn Jahren einen Vertrag geschlossen, dass wir das Mühlenberger Loch zuschütten und Airbus dafür ein Auslieferungszentrum für den A380 baut. Das haben wir Grüne damals mitbeschlossen.

(Dr. Andreas Mattner CDU: Ja, mit Grün!)

Vor ein paar Jahren wollte Airbus eine längere Landebahn. Da hat Airbus gesagt, aber dieses Auslieferungszentrum, das wir Ihnen einmal versprochen haben, bauen wir jetzt nicht mehr. Hamburg müsse erst einmal die Landebahn verlängern. Hat der Bürgermeister da gesagt, Verträge müssen eingehalten werden? – Nein. Da haben Sie gesagt, klar, das machen wir. Jeder Wunsch von Airbus wurde erfüllt. Die Politik in dieser Stadt hat die

Hacken zusammengeknallt und jawohl gesagt. Jetzt wundern Sie sich, dass die anfangen, mit Ihnen Schlitten zu fahren und sagen, alle Verträge interessieren uns nicht mehr, sondern jetzt verlagern wir, nachdem wir die 1 Milliarde Euro vom Bund eingesackt haben, alles nach Toulouse. Wenn man in Zeiten der Globalisierung solch eine windelweiche Politik gegenüber einem großen Konzern macht, dann muss man sich nicht wundern, wenn die mit einem Schlitten fahren. Darum würde ich mir wünschen, dass wir darüber einmal reden und dass Sie sich nicht feiern für nicht selbst verdiente positive Entwicklungen auf dem Arbeitsmarkt und in der Wirtschaft, meine Damen und Herren. Das ist zu wenig und Hamburg hätte eindeutig mehr verdient. – Vielen Dank.

(Beifall bei der GAL und der SPD)

Das Wort erhält Senator Uldall.

(Michael Neumann SPD: Zeigen Sie uns Ihr Lächeln!)

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Eine erfolgreiche Regierungspolitik ist für eine Opposition immer schmerzlich zu verdauen, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der CDU)

Das haben die beiden Reden gezeigt. Es wäre wirklich ein Zeichen von Größe, für welchen Kandidaten auch immer, wenn man das, was negativ ist, in den richtigen Dimensionen beschreibt und das, was positiv ist, positiv beschreibt.

(Ingo Egloff SPD: Das gilt auch für Sie!)

Ich glaube, dann würden Sie einen höheren Zuspruch bei der Hamburger Bevölkerung bekommen als Sie heute bekommen. Dieses würde Ihrer Politik insgesamt guttun.

(Beifall bei der CDU)

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Es ist so, dass wir für das Jahr 2006 eine sehr gute Bilanz vorlegen können. Das Wirtschaftswachstum liegt mit etwa 2¾ Prozent über dem Bundesdurchschnitt. Der Aufschwung hat an Breite und Stärke gewonnen. Die aktuellen Geschäftsdaten zeigen für viele Branchen in Hamburg teilweise sogar zweistellige Wachstumsraten. Die Zahl der Erwerbstätigen – und das ist für uns alle sicherlich das Wichtigste – ist um 1,3 Prozent angestiegen. Der Bundesdurchschnitt verzeichnet nur einen Anstieg um 0,7 Prozent. So sind 14 000 Arbeitsplätze in Hamburg neu geschaffen worden. Wir haben den höchsten Stand in der Beschäftigung seit vielen, vielen Jahren in Hamburg erreicht.

(Beifall bei der CDU – Dr. Willfried Maier GAL: Seit 2000!)

Dass wir in der Beschäftigung auf einem guten Pfad nach oben sind, zeigen auch die heute veröffentlichten Arbeitsmarktdaten, die natürlich – typisch für die Saison – im Januar leicht gestiegen sind, aber berücksichtigen wir bitte, dass wir immer noch 12 000 Arbeitslose weniger als im Januar 2006 haben. Wir haben 17 000 offene Arbeitsstellen in Hamburg beim Arbeitsamt angeboten. Wenn man die mit zweieinhalb oder drei multipliziert – das muss man wohl tun, um die tatsächliche Zahl der offenen Stellen in Hamburg zu erhalten –, sind wir bei etwa 50 000 Arbeitsplätzen in Hamburg, die für eine Besetzung anste

hen. Da sollten wir alle Ideenreichtum entwickeln, damit wir hier zu einer schnelleren Besetzung kommen. Der Kollege Mattner hat mit Recht gesagt, dass wir in Hamburg in vielen Positionen Vorreiter und Beispiel dafür sind, wie man eine bessere Arbeitsmarktpolitik wirklich zum Erfolg führen kann.

(Beifall bei der CDU)

Herr Egloff, den ich sehr schätze, hatte natürlich nur wieder ein Thema drauf, die Langzeitarbeitslosen.

(Ingo Egloff SPD: Weil Sie nicht zugehört haben!)

Jeder Langzeitarbeitslose ist ein Langzeitarbeitsloser zuviel. Aber zu einer fairen Betrachtung, Herr Kollege Egloff, gehört doch, dass man einen Vergleich zieht. Die Langzeitarbeitslosenquote in Hamburg mit etwa 43 Prozent aller Arbeitslosen ist in Hamburg nicht höher als in Köln oder anderen großen Städten.

(Ingo Egloff SPD: Aber sie ist gestiegen!)

Es ist doch die bedauerliche Tatsache, dass in einem Ballungszentrum immer mehr Menschen einem Konkurrenzdruck aus dem Umland ausgesetzt sind als in einer kleineren Stadt in Mecklenburg-Vorpommern oder in Schleswig-Holstein. Der aus Mecklenburg-Vorpommern bewirbt sich gerne in Hamburg, aber es ist seltener, dass sich ein Hamburger in Boizenburg bewirbt. Deswegen haben wir hier eine schlechtere Situation als in den Flächenstaaten. Dieses gehört zu einer sachlichen Auseinandersetzung mit diesem Thema dazu.

(Ingo Egloff SPD: Aber wenn man das weiß, muss man doch entsprechende Anstrengungen unter- nehmen!)

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir haben eine ganze Reihe von Branchen, in denen wir eine Entwicklung haben, über die wir uns wirklich alle miteinander freuen sollten. Die Ausfuhr der in Hamburg hergestellten Güter stieg um 20 Prozent. Der AGA, Arbeitgeberverband Groß- und Außenhandel, rechnet damit, dass bei seinen Mitgliedsfirmen in diesem Jahr 1800 neue Arbeitsplätze entstehen. Der Hamburger Airport verzeichnet einen Zuwachs von etwa 12 Prozent. Die Übernachtungen in den Hamburger Hotels, einem Treiber für zusätzliche Beschäftigung, verzeichnen einen Zuwachs von ebenfalls etwa 12 Prozent. Die Hamburg Messe und Congress GmbH erreicht einen Rekordumsatz gegen den bundesweiten Trend, meine sehr verehrten Damen und Herren.

Alles in allem können wir sagen, dass wir in der Wirtschaftspolitik auf einem guten Weg sind. Wir sollten in dieser Situation alles tun, um zu vermeiden, was in einer gut laufenden Umgebung sehr häufig passiert. Ich weiß aus meiner früheren Tätigkeit als Unternehmensberater, dass die Unternehmer dann Fehler machen, wenn es diesen Unternehmen gut geht. Deswegen kann ich wirklich nur sagen: Vorsicht, wenn wir heute zum Beispiel Auseinandersetzungen über den Ausbau des Hamburger Hafens führen. Dieses ist nicht irgendein Thema, Herr Petersen, zu dem man irgendeine Haltung einnehmen kann, sondern wir stehen heute an einem Scheideweg für den Hamburger Hafen. Es reicht nicht, wenn wir die Fahrrinne anpassen. Es reicht nicht, wenn wir die Containerterminals ausbauen. Es ist genauso notwendig, dass die Infrastruktur des Hafens insgesamt ausgebaut wird, damit die Container, die nach Hamburg reingekommen sind, auch aus Hamburg herausgebracht werden können.