Frau Schaal, an Ihre Adresse gerichtet: Das Gedächtnis ist bisweilen kurz, da möchte ich Ihnen gerne nachhelfen. Der Senat hat nicht verzögert, sondern wir waren uns auch mit Zustimmung Ihrer Fraktion einig, die Föderalismusreform, von der wir Gutes erwartet hatten, abzuwarten und dann zu entscheiden. Hier zu unterstellen, wir hätten verzögert, ist schon ein bisschen abwegig und polemisch. Vielleicht soll das ja so sein, aber richtig ist es nicht.
Der von Ihnen angesprochene Workshop war interfraktionell, Frau Schaal. Insofern war das auch nicht ganz richtig, aber der Wahrheit haben wir jetzt ein bisschen zur Durchsetzung verholfen.
Im Ergebnis können wir feststellen, dass im Rahmen dieses Workshops, egal was heute beschlossen wird, eines gesagt wurde und das müssen wir realistischerweise auch sehen. Egal, welche gesetzliche Grundlage heute geschaffen wird, es ist mit einem Risiko behaftet. Das müssen alle in der Stadt wissen bei dem, was wir heute machen; es bleibt ein Rechtsrisiko.
Wir bewegen uns auf juristischem Neuland und vor Gericht und auf hoher See ist man in Gottes Hand, wie wir leider auch schon an anderer Stelle erfahren haben.
In diesem Fall geht es insbesondere um den sogenannten anlagenbezogenen Lärm, der hier quasi als juristische Grundlage für Ihr Handeln dienen soll. Nun kann man erst einmal sagen, Kinderlärm als anlagenbezogenen Lärm gerichtlich und gesetzlich zu regeln, ist schon ein Fehlgriff. Der Pferdefuß liegt darin, dass wir mit der Ermächtigung, die uns der Bundesgesetzgeber gegeben hat, An
forderungen an bestimmte Anlagen festschreiben können und Kindergärten gelten dann genau als solche Anlagen. Überlegen Sie sich bitte einmal, ob Sie das wollen, Anlagen zu haben mit allen Möglichkeiten der juristischen Handhabe gegen diese Anlagen. Das wollen wir genau nicht, das ist der falsche Weg; Sie beschreiben einen Holzweg.
Genau deshalb hat der Senat es auch abgelehnt, ein anlagenbezogenes Gesetz zu machen. Wir wollen die Maxime, keine anlagenbezogene Regelung, sondern wollen eine alternative Regelung auch rechtlich absichern, und zwar durch die Ergänzung des hamburgischen Gesetzes zur Ausführung des SGB VIII. Die Beratungen im Umweltausschuss und die Ergebnisse des Workshops Kinderlärm zeigen deutlich, dass dieser Weg zur Regelung dieser Materie der erfolgversprechende ist.
Ein Hamburger Kinderlärmgesetz, wie Sie es fordern, ist nicht nur nicht erforderlich, sondern – ich hatte es dargestellt – wirklich kontraproduktiv. Überlegen Sie sich bitte, was Sie diesen Einrichtungen antun, wenn Sie einen solchen anlagenbezogenen Regelungsbegriff einführen. Es ist sicherlich gut gemeint, das spricht Ihnen niemand ab, aber es ist leider der falsche Weg.
Wenn man sich Ihren Gesetzentwurf anschaut, entsteht folgender Eindruck: Für Sie sind Kinder Lärmverursacher, die anlagenbezogen geregelt werden müssen, deren Immissionen begrenzt und reglementiert werden sollen. Im Gesetzentwurf ist in Wahrheit ein Kindergartenknebelungsgesetzentwurf gleich mit eingebaut. Ich weiß, dass das nicht Ihre Intention ist, aber die Gefahr, dass das genau so missbraucht wird, ist nicht hinwegzudiskutieren.
Ihr Entwurf verlangt nach behördlichen Überwachungen, das ist Realität. Wenn Sie nämlich eine Anlage haben, muss diese behördlich überwacht werden. Wollen Sie das? Das kann nicht Ihr ernst sein.
Es besteht die Gefahr, dass wir es in Hamburg, wenn wir diesen Weg beschreiten, nicht besser machen als der Bundesgesetzgeber im Rahmen der Föderalismusreform. Das hieße, man setzt dem ersten Fehler noch einen zweiten obenauf und das wollen wir nicht.
Dass die Behördenmitarbeiter Nutzungsbeschränkungen für Spielplätze festlegen müssen, wollen wir nicht, sondern wir wollen, dass sich die Behördenmitarbeiter lieber damit beschäftigen, die Kitas zu fördern. In Hamburg sollen Kinder spielen, sollen Kinder toben und auch Lärm machen können. Mit dem Gesetzentwurf der Regierungsfraktion wird dies nun insbesondere rechtlich in die Tat umgesetzt. Die vier Vorteile dieser Regelung liegen auf der Hand.
Drittens: Es wird verhindert, dass Kitas durch strenge Grenzwerte reglementiert oder gar im Einzelfall geschlossen werden müssen.
Viertens: Die Gerichte und eben auch die Zivilgerichte haben immer noch die Möglichkeit, neben dem öffentlichen Recht über den Zivilrechtsweg zu klagen; das dürfen Sie nicht außer Acht lassen. In diesem Fall erhalten auch die Zivilgerichte eine eindeutige Auslegung, im Sinne dieser Kindertageseinrichtungen zu urteilen. Das ist ein Vorteil, den Sie mit Ihren Entwürfen nie erreichen würden.
Damit bekennt sich der Senat ganz klar und eindeutig zu Kinder- und Jugendeinrichtungen. Die Botschaft ist einfach: Freuen wir uns über unsere Kinder. – Danke.
Es sind durchaus mehr als zwei Kitas, die Probleme mit Lärm in Nachbarschaftskonflikten haben, aber nicht alle kommen vor Gericht. Herr Senator, wir wollen keine weiteren Kläger ermutigen und insofern kommt es darauf an, sich die vorliegenden Regelungsentwürfe genau anzugucken.
Wir alle wollen nicht, dass bei lauten Lebensäußerungen von Kindern die gleichen Maßstäbe angelegt werden wie beim Lärm von Kreissägen. Wie können wir aber diese Maßstäbe für eine kinder- und familienfreundliche Stadt gesellschaftlich in dieser Stadt verankern? Die Hamburger Erfahrung lehrt, liebe Kolleginnen und Kollegen, dass dies geregelt werden muss, Appelle reichen hier nicht.
Die vorgelegte CDU-Variante eines banalen appellativen Programmsatzes ist hier unzureichend; da sind sich GAL und SPD einig. Unterschiedlicher Meinung sind GAL und SPD lediglich in der Heranziehung des Bundes-Immissionsschutzgesetzes, einig, Herr Senator, in der Privilegierung von sozialem Lärm und nicht von Anlagen.
Was soll außerdem, verehrte Kolleginnen und Kollegen der CDU, diese missliche Einfügung: "Erziehung zur Rücksichtnahme auf Nachbarn ist Bestandteil des pädagogischen Auftrages der Kindertageseinrichtungen und der Schule." Vielfältige weitere lyrische Ergänzungen des Kinder- und Jugendhilfegesetzes lassen sich hier denken. Aber wozu darf nach Auffassung der CDU demnächst von Nachbarn Klage eingereicht werden gegen die angeblich unzureichende Umsetzung dieses pädagogischen Auftrags? Wo soll das wieder hinführen? Sollen die Erzieherinnen und Erzieher dafür persönlich haften und wie misst man das, verehrte Kolleginnen und Kollegen?
An der Stelle, Herr Senator, Kolleginnen und Kollegen der CDU-Fraktion, ist Ihr Gesetz nicht nur nicht weiterführend, sondern einfach schädlich.
Sie versuchen hier, auch einen bei Ihnen ungelösten Konflikt zu umschiffen. Sie drücken sich um die fundamentale Entscheidung zugunsten des Rechts der Kinder auf Entfaltung ihrer Persönlichkeit,
weil Sie nicht wirklich den Schutz des Privateigentums der Kläger beschädigen wollen. Heraus kommen die uns vorliegenden Halbheiten.
Dies wird keiner Richterin und keinem Richter die Entscheidungsfindung zugunsten der Kinder erleichtern. Nehmen Sie unser Angebot einer erneuten Beratung an, lassen Sie sich von Expertinnen und Experten beraten. Ihre Formulierung hat keine, sondern sogar eine schädliche Wirkung. Sie verkehren die Verhältnisse ins Gegenteil, Herr Senator, wenn Sie das den GAL- und SPDEntwürfen vorwerfen, das ist fast eine Projektion. Sie leisten hier keinen Beitrag zu einer kinder- und familienfreundlichen Stadt Hamburg. Überweisen Sie diesen Antrag noch einmal an den Ausschuss und lassen Sie uns zu einem gemeinsamen Entwurf kommen, der wirklich Rechtssicherheit bringt.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Wir alle sind entsetzt, wenn wir hören, dass Nachbarn durch Klagen Kitas aus ihrer Nachbarschaft vertreiben wollen. Mit dem Antrag aus der Drucksache 18/3033 hatten alle drei Fraktionen versucht, Kitas vor solchen Klagen zu schützen.
In den anderthalb Jahren der Beratungen haben wir uns allerdings über die Frage entzweit, welcher Weg der richtige ist, um dieses Ziel zu erreichen. Es darf nicht passieren, dass wir heute ein Gesetz beschließen, das die Kitas in der Praxis schlechter darstellt als bisher.