Gerade Sie, meine Damen und Herren von der CDU, sind doch jetzt gefordert. Herr Professor Bos hat uns allen, aber insbesondere Ihnen, weil Sie die Regierung unterstützen, in das Stammbuch geschrieben, dass Unterrichtsentwicklung das Gebot der Stunde ist. Diese Forderung, nämlich eine Verbesserung der Qualität von Schule, steht bei allen Debatten im Raum, sei es nun der Mathematik- oder der Musikunterricht. Das Einzige, was Ihnen hierzu einfällt, Frau Senatorin Dinges-Dierig, ist, neue Schultafeln anzuschaffen, eine zentrale Prüfung einzurichten, die wir auch in Ordnung finden oder das Zentralabitur mit verschärften Anforderungen einzuführen.
Diese Studien haben den großen Handlungsbedarf deutlich gemacht, der für den Lernerfolg aller Hamburger Kinder notwendig ist. Hierfür unternehmen Sie nichts. Vielleicht nutzen Sie heute in der Debatte einmal die Chance, uns etwas Konkretes zu den Vorhaben der Unterrichtsentwicklung zu sagen und produzieren nicht nur wieder heiße Luft, denn diese übermäßig produzierte heiße Luft hat seinerzeit bereits Ihren Staatsrat aus dem Amtssessel gehoben.
Herr Buss, auf dem Rückweg zu Ihrem Platz gebe ich Ihnen noch zu bedenken, dass man Ausdrücke des Missfallens auch dem parlamentarischen Sprachgebrauch folgend äußern kann. Wenn Sie hierzu Rat und Hilfe benötigen, fragen Sie gern das Präsidium.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Der gerade vernommene Beitrag gehört wohl eher zu dem Postengescharre und zur innerparteilichen Mobilisierung der Anhänger in der Kandidatenfrage der SPD,
als dass er eine sachgerechte Auseinandersetzung mit den Ursachen und Folgen der KESS 7-Studie lieferte.
(Beifall bei der CDU – Gesine Dräger SPD: Aber Herr Buss will doch gar nicht Bürgermeister wer- den!)
Die SPD hat damit wieder einmal eine Chance vertan, ihre Sachkompetenz zu zeigen. Sie haben aus dem Desaster vierzigjähriger SPD-Bildungsmisere gar nichts gelernt. Ihr Lernzuwachs – so scheint mir heute –
Ich hoffe, dass wir in den nächsten Wochen eine doch stärkere Glaubwürdigkeit durch Ihre Argumentation erhalten, als wir sie soeben geboten bekommen haben.
KESS 7, erhoben im Jahre 2005, hat einen sehr differenziert zu betrachtendes Bild über die Lernleistungen der Schülerinnen und Schüler ergeben. Es ist keineswegs so düster, wie es naturgemäß die Opposition uns glauben macht.
Daher danken wir auch der Gruppe um Professor Bos für die recht kluge Aufarbeitung. Die KESS-Studie ist von der CDU-geführten Behörde in Auftrag gegeben worden, weil seit Jahren – und das will ich festhalten – das Leistungsniveau zwischen der fünften und der neunten Klasse stark abgefallen ist. Dieser Trend war in dieser Dramatik in anderen Bundesländern nicht zu verzeichnen.
Anders als es die Opposition glauben macht, ist KESS 7 nicht ursächlich auf die Schulreformen der CDU zurückzuführen. Das wird auch in dem Gutachten an keiner Stelle erwähnt. Es ist daher nur eine Vermutung, von der Sie soeben ausgingen. Sie interpretieren das aus vordergründigen Motiven und – ich wiederhole mich – Sie verlieren hierbei auch an Glaubwürdigkeit.
Wenn wir uns der Auswertung der KESS-Studie sachorientiert annehmen, dann stellen wir fest, dass der Umsteuerungsprozess notwendig war. Wir wollen von den curricularen Einzelentscheidungen und Vorgaben weg und müssen zu den neuen bereits von der CDU eingeführten Bildungsplänen mit verdeutlichten Kompetenzen hin. Das ist eines der Dinge, die wir – glaube ich – parteiübergreifend als richtig erkannt haben.
Es ist zu einfach, LAU 7-Resultate, die vor mehr als acht Jahren erhoben wurden, heute mit KESS 7-Ergebnissen ohne nähere Erläuterungen zu vergleichen, wie das soeben ausgeführt worden ist. Genauso gut wissen wir, dass sich seit 1993 – dem Einschulungsjahr der LAU 7Schülerinnen und Schüler – und dem Prüfungsjahr 2005 der KESS 7-Schüler einige bedeutsame, aber auch problematische Verschiebungen ergeben haben. Das sind acht Jahre SPD-verantwortete Bildungspolitik, die wir nicht verschweigen dürfen, gegenüber dreieinhalb Jahren der CDU und das im Übrigen in einer Zeit der grundsätzlichen Neuorientierung der Schulen in ganz Deutschland und nicht nur in Hamburg. Weisen Sie also nicht mit Ihrem Finger auf die CDU, sondern berücksichtigen Sie auch Ihre eigene Verantwortung.
Ich möchte einige mir sehr aufgefallene Resultate nennen. Während 34 Prozent der Haupt- und Realschullehrerinnen und -lehrer bei dieser Untersuchung angaben, dass sie mit diagnostischem Material umgehen, ist das im Gesamtschulbereich eine kleinere Gruppe von 31 Prozent und im Gymnasium sind es sogar nur 16 Prozent.
Ähnlich sieht es bei der Frage des gemeinsamen Unterrichts aus. 39 Prozent der Haupt- und Realschullehrer würden den gemeinsamen Unterricht befürworten. Im Bereich der Gesamtschulen sind es laut Bos-Untersuchung nur 29 Prozent und 16 Prozent beim Gymnasium. Unsere Umsteuerung, die diagnostische Kompetenz zu verstärken, ist richtig und ist eine zweite Maßnahme. Die Notwendigkeit, dieses durchzuführen, wird mit den Zahlen, die ich gerade genannt habe, eindrucksvoll bestätigt.
Ein weiterer Punkt ist die Heterogenität der Leistungsstreuung im Gymnasium. Die Heterogenität an sich ist doch kein Makel, sondern sie ist ein realistisches Abbild unserer Zeit. Das Gymnasium zeigt sehr deutlich die heterogene soziale Struktur der Elternschaft. Blicken Sie doch einmal in das Gegenteil. Man stelle sich einmal vor, dass die Leistungsstreuung so nicht vorhanden wäre. Das würde doch bedeuten, dass nur noch eine bestimmte soziale Elternschicht ihre Kinder auf das Gymnasium schicken würde. Die aufgezeichnete Heterogenität der Sozialstruktur, wie sie angegriffen wurde, ist also eine Stärkung unserer Leistungsgesellschaft. Es ist notwendig, dass wir uns die Frage nach den Konsequenzen aus der heterogenen Struktur stellen.
Aber glauben Sie mir, einfach zu erklären, dass wir mehr Lehrerstellen benötigen, überzeugt nicht, denn es gab Zeiten, in denen auf dem Papier mehr Lehrer an Hamburger Schulen unterrichteten, nur waren die Ergebnisse, die wir bei LAU, TIMMS oder PISA erfahren haben, wenig schmeichelhaft. Es ist in einer Zeit Ihrer Verantwortung passiert, sodass wir nicht einfach sagen können, dass wir jetzt die alte Platte von vorn machen. Also, belehren Sie uns nicht mit falschen, voreiligen Schlussfolgerungen, Herr Buss.
Eine weitere beunruhigende Tatsache möchte ich auch noch erwähnen. Das ist die Standardabweichung im Fach Englisch im C-Test. Sie betrug im Gymnasialbereich mit 122,9 Skalenpunkten über ein Drittel an Abweichung über dem Durchschnittswert. Das war eine zu erwartende Abweichung und ist ein positiver Effekt, auch infolge der Einführung des Englisch-Unterrichtes in der Grundschule aus Ihrem Verantwortungsbereich. Aber bei den integrierten Haupt- und Realschulen liegt der Wert mehr als eine Standardabweichung unter dem Mittelwert, wobei die dortigen Realschüler des integrierten Systems Haupt- und Realschule, jetzt zitiere ich Professor Bos:
"einen niedrigeren Mittelwert als die Realschülerinnen und -schüler der Haupt- und Realschule haben."
Dieses Ergebnis zeigt, dass wir sehr vorsichtig sein müssen, wenn wir zu Argumentationen greifen, wie Sie das als Opposition tun.
Die Senatorin hat die richtigen Maßnahmen ergriffen und sie kann sich auf die uneingeschränkte Unterstützung der CDU verlassen.
So sind Kernkompetenzen in den Beobachtungsstufen erkannt und gestärkt worden. Wir haben über den veränderten Rhythmus der Stundenzeiten gesprochen, die den Schulen aufgegeben worden sind. Wir haben bereits über Förderkonzepte für Schulen mit schwachem KESS-Index diskutiert und wir haben die Klassenfrequenzen in den betroffenen Gebieten gesenkt. Des Weiteren haben wir uns die Stärkung der Durchlässigkeit und die Reduzierungen der Klassenwiederholungen bei gleichzeitiger stärkerer individueller Förderung der Schüler zur Aufgabe gemacht. Auch müssen wir – und das finde ich bemerkenswert – zusätzlich Jungen spezifische Lernkonzepte weiterentwickeln, weil wir in diesem Bereich große Nachteile haben.
Das alles liegt bei diesem Senat in guten Händen. Das versichern wir den Bürgerinnen und Bürgern in der Freien und Hansestadt Hamburg. Die CDU schätzt den Beitrag, den die Lehrerinnen und Lehrer geleistet haben und die CDU wird gemeinsam mit dem Senat den Weg der Schulreform und der Qualitätssteigerung des Hamburger Bildungswesens gehen, so wie wir das auch in der EnqueteKommission eingebracht haben.
Ich jedenfalls gebe die Hoffnung nicht auf, mit möglichst vielen von Ihnen eine bessere und qualitätsorientierte Schulstruktur zu schaffen. – Danke schön.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Herr Freistedt, es geht heute Abend nicht um mehr Lehrerstellen, sondern um Unterrichtsentwicklung. Es war schon zum Schmunzeln, dass Sie soeben von der Dreigliedrigkeit gesprochen haben und dann erklären, dass Sie aber hinter der Senatorin und hinter dem ZweiSäulen-Modell stehen. Das ist sehr spannend und wir werden in der Enquete-Kommission sehen, was hierbei herauskommt.
Es ist wirklich sehr schade, dass wir die Schuluntersuchung um diese späte Uhrzeit diskutieren, weil diese Untersuchung für die schulpolitische Diskussion eine enorme Sprengkraft beinhaltet.
Sie beschreibt letztendlich auch eine Bankrotterklärung von fünf Jahren CDU-Schulpolitik. Hier können wir Sie nicht aus der Pflicht nehmen.
Sie können auch noch so viele Pirouetten drehen, Herr Freistedt, KESS 7 zeigt, dass die Hamburger Schülerinnen und Schüler in zwei Jahren – sprich: in der fünften und sechsten Klasse der Beobachtungsstufe – nach fünf Jahren CDU-Politik weniger lernen als vorher. Das gilt für alle Schulformen und das ist eine Bankrotterklärung.
Natürlich können Sie die Jahrgänge von KESS 7 und LAU 7 vergleichen, weil die Daten entsprechend vergleichbar sind. Man könnte wirklich behaupten, dass der KESS-Jahrgang im Gegensatz zum LAU-Jahrgang die vollen Auswirkungen dieser Politik zu spüren bekommen und viel von dem verloren hat, was vorher in der Grundschule gelernt worden ist. Das hat Herr Buss sehr deutlich zum Ausdruck gebracht. In Bezug auf das Fach Englisch haben Sie das auch ehrlicherweise zugegeben.
Es gibt noch ein weiteres Ergebnis dieser Untersuchung, das eigentlich wie eine Bombe einschlagen müsste. KESS 7 zeigt eindeutig – und hier gebe ich Herrn Buss vollkommen recht –, dass das gegliederte Schulsystem nicht funktioniert. Ein Drittel der Haupt- und Realschüler könnte genauso gut in einem Gymnasium sitzen, sitzen sie aber nicht. Es sind gerade die Kinder aus den ärmeren Haushalten und Elternhäusern, die es nicht auf dem Königsweg schaffen. Das ist und bleibt eine Schande.
wenn es um die soziale Frage und dann auch um das Zwei-Säulen-Modell geht. Ich vermute einmal, dass ein Großteil der CDU-Fraktion noch gar nicht weiß, was es bedeutet, wenn Sie sich auf die zwei Säulen einlassen, denn hier wird die soziale Spaltung nochmals verschärfter eintreten. Das werden wir en detail sicherlich noch diskutieren.