Protokoll der Sitzung vom 14.02.2007

Das Wort bekommt Herr Grund.

Lieber Herr Ohlsen, in der Analyse sind wir uns völlig einig. Es ist eine der finstersten Stunden für die stolze und große Hafenstadt Hamburg gewesen, die berühmte Seefahrerstadt Hamburg, dass im Jahre 2000 die Ausbildung von nautischen Offizieren, von Seeleuten in Hamburg beendet werden musste.

Das war nicht aus freien Stücken oder weil Hamburg kein Interesse mehr daran hatte, sondern es war die wirtschaftliche Entwicklung und vor allem das von Ihnen richtig skizzierte Problem der Ausflaggung deutscher Schiffe unter andere Flaggen. Heute ist es immer noch so, Herr Ohlsen, dass nur jedes fünfte deutsche Schiff unter deutscher Flagge fährt

(Olaf Ohlsen CDU: Aber sie kommen zurück!)

und die Tendenz im Moment sogar wieder absinkt, wahrscheinlich wegen des Problems, das wir beide gemeinsam beklagen, dass es nämlich inzwischen an qualifizierten deutschen Nachwuchskräften vor allem im Offiziersbereich fehlt, um deutsche Schiffe auch unter deutscher Flagge laufen lassen zu können. Es ist im Grunde eine erfreuliche Entwicklung, dass es diese Nachfrage wieder gibt, da können wir nur dankbar und froh sein.

Wenn sich allerdings – das ist dann doch sehr kritisch zu sehen – Hamburg allein darauf verlegt zu sagen, das soll die Privatwirtschaft richten und am besten findet das außerhalb Hamburgs statt, vielleicht in Cuxhaven, Flensburg, Schwerin, Warnemünde und wo sonst überall noch, nur nicht in Hamburg, dann ist das ein Armutszeugnis und dafür bekommen Sie unseren Beifall nicht.

(Beifall bei der SPD und vereinzelt bei der GAL)

Wenn ich mir Ihren Antrag anschaue, Herr Ohlsen, finde ich es wirklich schade, was man liest, wenn die CDUFraktion sich schon einmal zu einem Antrag aufrafft – ich zitiere –:

"… 1. einen Bericht über vorhandene Ausbildungsgänge und -kapazitäten im maritimen Sektor in den norddeutschen Bundesländern zu erstatten."

Wir wissen doch, wie das aussieht, wo die Kapazitäten sind. Die vorhandenen Kapazitäten sind überall, nur nicht in Hamburg. Warum ich dann einen Bericht des Senats brauche, erschließt sich mir nicht.

Zweiter Punkt:

"… 2. die Handelskammer, den Verband Deutscher Reeder und den Bundesverband der See- und Hafenlotsen bei der Konzeptentwicklung für eine mögliche private Seefahrtsschule in Hamburg zu unterstützen."

Das geschieht doch schon. Was ist denn das für eine Initiative, dass die CDU das beschließen darf, was der Senat längst tut? Das ist wirklich lächerlich, kleinkariert und kindisch. So darf sich das Parlament in Hamburg nicht blamieren.

(Beifall bei der SPD und vereinzelt bei der GAL)

Wenn es wirklich so ist, dass dieses Haus etwas dafür tun will, dass in der stolzen Seefahrerstadt Hamburg und der größten deutschen Hafenstadt wieder etwas stattfindet, dann bedarf es auch des unmittelbaren Engagements der Stadt. Ich spreche mich, das sage ich ausdrücklich, nicht dagegen aus, dass Privatinitiativen und gemeinschaftliche Projekte etwa im Rahmen einer PPP stattfinden. Das kann man alles machen, aber es bedarf darüber hinaus des Engagements der Stadt. Wenn es wirklich so ist, was ich ebenfalls einschätze, dass wir in absehbarer Zukunft jährlich 500 bis 700 Offiziere neu brauchen werden, dann muss Hamburg in eine Ausbildung im Bereich der Seefahrt investieren. Ob diese Schule später Offshore-Academy heißt und privat ist, NauticsUniversity oder wie es früher hieß, Seefahrtsschule Hamburg, ist mir eigentlich völlig wurscht, Hauptsache, die Investitionen erfolgen in dieser Stadt gemeinsam mit der privaten Wirtschaft und sie sind erfolgreich. Ich mag nicht akzeptieren, dass die großen Hafenstädte um Hamburg herum darum buhlen, Hamburgs Unterstützung für die Ausbildung zu bekommen, wir selber aber in Hamburg nichts auf die Beine stellen; das ist unbefriedigend.

(Beifall bei der SPD und vereinzelt bei der GAL)

Das Wort bekommt Frau Dr. Opitz.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren! Lieber Herr Ohlsen, Ihr Antrag macht deutlich, dass eine richtige Fehlkalkulation vorgenommen worden ist und Bedarfsanalysen, wie sie Senator Dräger auch gerne vornimmt, nichts weiter sind als ein Stochern im Nebel. Er ist auch ein Beispiel dafür, dass auf Experten wie die Elb- und Hafenlotsen im Vorfeld nicht gehört wurde und die CDU-Fraktion außerdem ein wenig spät dran ist.

Hamburg hatte eine über 250 Jahre lange Tradition einer Seefahrtsschule, an der die Kapitänsausbildung stattgefunden hat. Wie hier schon zweimal gesagt wurde, ging Mitte der Neunzigerjahre der Bedarf bei der NautikerAusbildung zurück und so gab es meines Erachtens 2001 den Beschluss, die Ausbildung in Hamburg einzustellen. Die Umsetzung erfolgte aber erst 2005 und innerhalb dieses Zeitraums wurde schon klar, dass es bei der Nautiker-Ausbildung zu einer Unterversorgung kommen würde, denn es gab einen Boom bei der Seefahrt, wie er hier auch schon beschrieben worden ist.

Dennoch wurde der Studiengang, der damals schon an die HAW angegliedert worden war, geschlossen und die Tradition der Navigationsschule damit beendet. Damit einher ging auch noch, dass der zur Weiterbildung genutzte Schiffssimulator "Susan" abgebaut wurde und bis heute nicht wieder aufgebaut worden ist, obwohl Leer dieses damals zugesagt hatte, wohin dieser Schiffssimulator nämlich verlagert wurde; alles in allem also eine erschreckende Bilanz.

(Beifall bei der GAL und der SPD)

2005 oder auch früher hätte sicherlich noch die Chance bestanden, das Ruder herumzureißen und die Schifffahrtsausbildung in Hamburg zu retten und dies haben Sie versäumt. Das Problem wurde zwar im norddeutschen Raum erkannt und deswegen gibt es mittlerweile an der Fachhochschule Flensburg einen achtsemestrigen Studiengang Seeverkehr, Nautik und Logistik, der in Zusammenarbeit mit der HAW gemacht wird, aber wir haben in Hamburg leider diese Studienplätze nicht oder schaffen keine Studienplätze in dieser Richtung.

Ich frage mich also, warum Sie zu diesem Zeitpunkt mit diesem Antrag kommen. Vor einem Jahr hätte man wirklich noch etwas machen können.

(Vizepräsidentin Bettina Bliebenich übernimmt den Vorsitz.)

Es ist nämlich nur anderthalb Jahre her und jetzt riecht es für mich ein bisschen nach Wahlkampf und nicht so sehr nach ernsthaftem Interesse, denn ansonsten könnten wir dieses Thema doch gut im Wissenschaftsausschuss debattieren. Wir müssen nämlich wirklich einiges klären, denn der Antrag ist inhaltlich, lieber Herr Ohlsen, einfach nicht ausgereift. Sie begrenzen ihn auf ein privates Engagement. In Ihrem Antrag steht leider nicht PPP, also Public Private Partnership, sondern Sie sagen ausdrücklich, es soll eine private Hochschule geschaffen werden. Das wird für die Studierenden sehr teuer. Die letzte private Hochschule, die gegründet wurde, kostet die Studierenden 5000 Euro im Semester.

Dann muss man auch klar sagen, dass der Schiffssimulator immer noch fehlt, der für die Aus- und Fortbildung

notwendig ist, und letztendlich das an der HAW vorhandene Know-how nicht genutzt wird. Alles in allem ist dies eine vernichtende Bilanz für Ihren Antrag und gerade deswegen wäre die Überweisung beider Anträge an den Wissenschaftsausschuss notwendig, damit wir hier zu einer Lösung kommen.

(Beifall bei der GAL)

So groß scheint das Interesse nicht zu sein und so scheint diese Debatte eher ein Ablenkungsmanöver als eine notwendige Kurskorrektur zu sein. – Danke.

(Beifall bei der GAL)

Das Wort hat Herr Roock.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Mir ist eigentlich nicht eingängig, Herr Grund, wie man an einem solchen Projekt herumnörgeln kann, vor allem schon deshalb nicht, wenn die Chance besteht, den Wissensstandort Hamburg durch private Initiativen noch mehr aufzuwerten.

Ich will noch einmal deutlich machen, warum wir den Weg einer privaten Hochschule beschreiten wollen.

Hamburgs finanzielle Mittel sind begrenzt. Allein schon deshalb sollte man die Initiatoren, den Verband Deutscher Reeder, den Bundesverband der See- und Hafenlotsen und die Handelskammer bei der Konzeptentwicklung einer privaten Seefahrtschule unterstützen.

(Uwe Grund SPD: Das geschieht doch längst!)

Herr Grund, Sie haben die Katze aus dem Sack gelassen. Sie wollen zurück zu einer staatlichen Ausbildung. Sie sagen aber nicht, woher Sie das Geld nehmen wollen. Das ist unseriös.

(Beifall bei der CDU – Doris Mandel SPD: Das stimmt doch gar nicht! Das hat er doch eben ge- sagt!)

Der Kollege Ohlsen hat auf die Dritte Nationale Maritime Konferenz hingewiesen, die im Ergebnis zahlreiche Einflaggungen deutscher Handelsschiffe nach sich zog. Ich selbst war dabei und kann aus Erfahrung sagen, dass insbesondere auf die deutschen Reeder Verlass ist. Sie haben damals unter gewissen politischen Rahmenbedingungen – ich nenne da auch wieder die Tonnagesteuer und die Senkung der Lohnnebenkosten – spontan zugesagt, mindestens 150 Handelsschiffe wieder einzuflaggen. Sie haben Wort gehalten und weit über die zugesagte Anzahl von Schiffen wieder eingeflaggt. Die deutsche maritime Wirtschaft hat insgesamt davon profitiert und Hamburg als zweitgrößter Hafen Europas würde es von daher auch gut anstehen, die Nautiker-Ausbildung wieder in ihr Angebot aufzunehmen.

(Beifall bei der CDU)

Es wäre ein sogenannter weicher Standortfaktor, der mit seinen Synergieeffekten nicht zu unterschätzen ist. Ich bin sicher, Herr Grund, dass mit Unterstützung des Senats eine private Hochschule auf den Weg gebracht werden kann. In diesem Punkt, denke ich, sind wir auf einem guten Wege. – Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU)

Das Wort erhält der Abgeordnete Grund.

Nun muss ich doch noch einmal etwas sagen. Herr Roock, ich glaube, Sie haben nicht zugehört. Ich habe mich negativ darüber geäußert, dass Sie vom Senat abfragen wollen, welche Studiengänge und Ausbildungsplätze gegenwärtig existieren. Das wissen wir nämlich. Vor allem wissen wir, dass in Hamburg so etwas nicht existiert. Das ist der erste Punkt.

Der zweite Punkt ist, dass Sie im Antrag fordern, dass der Senat eine private Initiative unterstützen möge, obwohl Sie wissen, dass diese private Initiative bereits unterstützt wird. Insoweit ist das überhaupt nichts, was in dieser Stadt etwas nach vorne bewegt.

(Olaf Ohlsen CDU: Das ist doch dumm Tüch!)

Niemand käme in Deutschland auf die Idee, zu sagen, wir bräuchten keine juristische Ausbildung und würden das alles privat machen. Es käme auch niemand auf andere Ideen – zum Beispiel, dass wir nur noch private Kunsthochschulen machen und auf Kunstausbildung in öffentlicher Hand verzichten würden. Keiner käme auf diese Idee. Allerdings ist die CDU der Meinung, dass man das im Bereich der Schiffsoffiziere alles privat organisieren könne. Ich habe mich nicht dafür ausgesprochen, dass wir das vollständig unter staatlicher Aufsicht oder Regie machen. Aber wir könnten andere Wege gehen und diese schließen Sie von vorneherein aus. Sie wollen nicht einmal im Parlament darüber diskutieren. Das ist lächerlich und erbärmlich.

(Beifall bei der SPD und der GAL)

Ich sehe keine weiteren Wortmeldungen. Dann kommen wir zur Abstimmung. Wer stimmt einer Überweisung der Drucksachen 18/5720 und 18/5801 an den Wissenschaftsausschuss zu? – Gegenprobe. – Enthaltungen? – Das ist mit Mehrheit abgelehnt.

Dann lasse ich in der Sache abstimmen. Wer möchte den SPD-Antrag aus der Drucksache 18/5801 annehmen? – Gegenprobe. – Enthaltungen? – Das ist mit Mehrheit abgelehnt.