Der Umweltsenator hat noch vor Kurzem auf der Landespressekonferenz gesagt, wir hätten seit 1990 – gemessen an den Kyoto-Zielen – einen Anstieg um 13 Prozent gehabt.
Dazu möchte ich zwei Dinge feststellen. Erstens weiß der Umweltsenator bei einem so entscheidenden Thema wie der Frage, wo wir heute beim Klimaschutz stehen, schlicht nicht, wovon er redet. Diese Feststellung ist traurig.
Das Zweite, was daraus folgert, ist erfreulich. In den Neunzigerjahren – vor allem Ende der Neunzigerjahre – ist in Hamburg offenbar sehr erfolgreich Umweltpolitik gemacht worden. Wir wissen auch aus den Energiebilanzen, dass es in Hamburg nach der deutschen Einheit bis zum Jahre 1997, als die letzte Energiebilanz aufgestellt wurde, einen drastischen Anstieg des CO2-Ausstoßes gegeben hat. Wenn wir heute hören, dass wir nach 1997, obwohl wir gegenüber 1990 einen Anstieg gehabt haben, heute trotzdem mit 8 Prozent unter der Zahl von 1990 liegen, dann macht das deutlich, was wir in diesen sechs Jahren zwischen 1997 und 2003 erreicht haben. Solche Zahlen sind mir aus keinem anderen westdeutschen Bundesland bekannt. Das ist ein sensationeller Erfolg der Umweltpolitik, die in diesem Zeitraum – maßgeblich unter Rotgrün – betrieben wurde.
Das heißt auch, Klimaschutz ist möglich. Wir stehen heute alle hilflos vor den Zahlen des Weltklimarats. Wenn wir gesagt bekommen, in 13 Jahren müssen wir das Klimaproblem in den Griff bekommen haben, wir müssen ungeheure Anstrengungen unternehmen, dann stehen wir alle vor der Frage, schaffen wir das oder ist es nicht schon längst zu spät. Die Zahlen, die wir für Hamburg heute vom Senat bekommen haben, zeigen eindeutig, dass es geht, wenn man will. Wir müssen diese Anstrengungen noch verstärken, um das zu erreichen, was die Klimaforschung von uns verlangt. Aber die Zeichen, die wir heute bekommen haben, zeigen, dass es geht, wenn wir nur wollen und das ist sehr erfreulich.
Wenn wir gesagt bekommen, wir müssten die Trendwende bis 2020 geschafft haben, dann heißt es, dass wir die Treibhausgase in den Industrieländern gegenüber 1990 um 40 Prozent gesenkt haben müssten. Mit einer guten Umweltpolitik ist das tatsächlich zu schaffen.
Der SPD-Antrag, den wir neben unserem Antrag für ein Klimaschutzziel debattieren, das diese 40 Prozent beinhaltet, steht in der Tradition dieser guten Umweltpolitik. Die Richtung der Maßnahmen, die Sie vorschlagen, ist richtig.
Wir müssen teilweise noch weiter gehen. Ich möchte zehn Punkte hervorheben, die meiner Fraktion besonders wichtig sind.
Der erste Punkt ist das Klimaschutzziel. Der Senat hat heute in seiner Pressemitteilung angekündigt, dass es ein Klimaschutzziel geben soll, allerdings eines, das sich auf das Jahr 2011 oder 2012 bezieht. Das können Sie vielleicht noch einmal darstellen.
Es ist gut, dass der Senat sich ein Klimaschutzziel setzt, aber wir müssen auch ein Ziel haben, das über diesen kurzfristigen Zeitraum hinausgeht. Wir müssen einen Kompass haben, an dem wir uns orientieren können, und
er muss sich an dem ausrichten, was uns die Klimaforschung vorgibt. Dieser Kompass spricht in den Industrieländern bis zum Jahre 2050 von einem Minus von 80 Prozent und das bedeutet bis 2020 ein Minus von 40 Prozent. Da reicht es nicht, wenn wir uns ein kurzfristiges Ziel setzen, sondern wir müssen uns diesen Kompass setzen. Das ist fundamental außerordentlich wichtig.
Der zweite Punkt: Wir müssen Erneuerbare Energien voranbringen. Ole von Beust hat selbstkritisch erkannt, dass das, was wir in der Vergangenheit in Hamburg gemacht haben, schlicht mangelhaft war. Das betrifft durchaus die Zeit des letzten Jahrzehnts, vor allem aber die letzten Jahre, in denen wir technisch – vor allem im Bereich der Windkraft – ganz andere Möglichkeiten haben.
Wir können heute eine Windkraftanlage, die Mitte der Neunzigerjahre gebaut worden ist, durch eine neue Windkraftanlage ersetzen, die mindestens fünf- bis zehnmal soviel Energie produziert. Diese Möglichkeiten müssen wir nützen. Wir haben aber in Hamburg, gerade was die Windkraft angeht, von diesen Möglichkeiten keinen Gebrauch gemacht, wir haben die Möglichkeiten behindert.
Wir haben auch in der Zeit von Rotgrün nicht ausreichend Mut gehabt, im Hafen neue Standorte für Windkraftanlagen zu finden. Es ist etwas vorangegangen, aber wir müssen noch weiter vorangehen. Gerade wenn es um die großen Windkraftanlagen der 5-Megawatt-Klasse geht, kann es nicht angehen, dass das Hamburger Unternehmen RePower versucht, einen Prototyp aufzustellen, damit ausländische Kunden hier gucken können, wie Windkraft in Hamburg hergestellt wird, und der hamburgische Senat ist nicht in der Lage, hier einen Standort zu finden. Das ist Anti-Windkraftpolitik der Vergangenheit, das muss in Zukunft ein Ende haben.
Der dritte Punkt: Es muss uns gelingen, die Kompetenzen, die wir in Hamburg aufgebaut haben, besser zu bündeln. Wir haben in Hamburg die Weltmarktführer auf dem Solarmarkt, beispielsweise die Europazentrale von Sharp oder das Unternehmen Conergy, das in Brandenburg gerade 1000 Arbeitsplätze im Bereich der Solarenergie schafft. Wir haben viele weitere Unternehmen im Bereich der Solarenergie. Wir haben in der Metropolregion die Firma RePower und in Norderstedt die Firma Nordex. Beides sind im Windkraftbereich weltweit Firmen der Top Ten.
Wir haben an der Hochschule für Angewandte Wissenschaften weltweit hervorragende Spitzenforschung im Bereich der Biomasse. Wir haben Spitzenforschung auch im Bereich der Technischen Universität HamburgHarburg.
All das geht im Moment weitgehend nebeneinanderher und nicht so, wie es in Schleswig-Holstein und in Nordrhein-Westfalen gemacht wird, wo der Staat seine Aufgabe wahrnimmt, diese Kompetenzen gezielt fördert und die Kompetenzen miteinander vernetzt. Wie kann es sein, dass dieser Bereich der Forschungspolitik bisher stiefmütterlich behandelt wurde? Wieso stimmt das nicht mit den Zielen überein, die der Wissenschaftssenator formuliert hat? Wieso bewirbt sich Hamburg nur für ein Großforschungszentrum in der Nanotechnologie, obwohl es auf der Hand liegen würde, ein Großforschungszentrum für erneuerbare Energien am Topstandort in Nord
Viertens: Wärmedämmung. Es ist möglich und auch erforderlich, dass wir die Anstrengungen, die wir jetzt schon unternehmen und die sehr gut sind, versechsfachen. Nicht weniger ist erforderlich, wenn es uns gelingen soll, bis 2020 einen nennenswerten Bestand der Hamburger Wohnungen energetisch zu sanieren.
Fünftens: Nehmen Sie die Verkehrspolitik, die angesprochen wurde. Warum war es die erste Amtshandlung von Ole von Beust, die Stadtbahn abzusägen, die es ermöglicht hätte, die Stadtteile, die bisher überhaupt nicht an das hamburgische Nahverkehrs- und an das Eisenbahnnetz angebunden sind – beispielsweise Steilshoop, Lurup und Bramfeld – an die Stadtbahn anzubinden? Sie hätten die Möglichkeit gehabt, dass diejenigen, die jetzt auf das Auto angewiesen sind und die die Staus in dieser Stadt und, Frau Ahrons, auch die Probleme für den Wirtschaftsverkehr verursachen, weil sie gar nicht anders können, auf die Stadtbahn umsteigen. Wie kann es angehen, dass eine Stadtbahn, die für Klimaschutz im Verkehr gesorgt hätte, abgesägt worden ist? Sie haben aktiven Anti-Klimaschutz betrieben. Sie müssen diesen Kurs endlich revidieren, Herr Gedaschko.
Es gibt Städte, denen ist es innerhalb weniger Jahre gelungen, dass sich die Fahrrad-Kilometer verdreifacht haben. Auch das ist in Hamburg möglich. Noch immer werden in Hamburg kurze Strecken überwiegend mit dem Auto zurückgelegt. Eine aktive Fahrradförderungspolitik ist auch eine Klimaschutzpolitik.
Sie haben den Verkehrsfluss angesprochen, Herr Engels, und Sie, Herr Hesse, haben eben, als ich von der Fahrradpolitik sprach, gesagt, "Machen wir doch". Sie haben erst einmal gekürzt und dann haben Sie Ihre Kürzung zum Teil wieder zurückgenommen. Das ist die Wahrheit.
Wenn Sie hier mehr tun und aufstocken würden, um die Fahrrad-Kilometer zu verdoppeln oder zu verdreifachen – das ist erforderlich –, dann würde das auch dem Verkehrsfluss nützen, Herr Engels.
Im Übrigen kann auch eine Reduzierung des Tempoflusses auf den Hauptverkehrsstraße eine Vergrößerung des Tempoflusses bewirken, denn Sie wissen, dass Tempo 40 das Mittel ist, um in der Stadt mit einer grünen Welle die Staus in der Hauptverkehrszeit zu reduzieren.
Ein wichtiger Punkt, den ich noch nennen möchte, ist Folgender: Wie kann es angehen, dass wir über Klimaschutz reden, über erneuerbare Energien, und dieser Senat gleichzeitig die Opposition auffordert, sie möge die
Politik für ein Kohlekraftwerk in Hamburg unterstützen, für ein Kraftwerk, das nicht die Technologie hat, das CO2, das dort ausgestoßen wird, später abzusondern. Dieses ist ein Kraftwerk mit der Technologie von heute, bei der sich alle sicher sind, dass wir uns solche Kraftwerke spätestens in 20 Jahren nicht mehr leisten können?
Wie kann es angehen, ein Kraftwerk zu bauen, das die nächsten 40 Jahre CO2 ausstoßen wird, obwohl die Alternativen doch auf der Hand liegen? Bei einem Gas- und Dampfkraftwerk wird sehr viel weniger CO2 produziert, bei einer Strategie, die Kraft-Wärme-Koppelung in Nahwärmenetzen in der Stadt, auf der Basis von Gas verfolgt, wird CO2 in einem Ausmaß eingespart, wie wir uns das heute nicht leisten können, das noch fahrlässig auszustoßen.
Wenn Sie das Kraftwerk Moorburg weiterhin aktiv befördern – mir ist bewusst, dass es einen Genehmigungsanspruch geben kann, aber die Politik hat dennoch die Möglichkeit, aktiv auf etwas hinzuwirken oder nicht –, dann vergehen Sie sich an der Klimaschutzpolitik in dieser Stadt, Herr Senator.
Die weiteren Punkte möchte ich nur ganz kurz anreißen: Wir brauchen eine Energieoffensive der öffentlichen Hand, Ökostrom, vorbildliche Dienstfahrzeuge, Solareinsatz in allen öffentlichen Gebäuden, Neubauten. Wir können es uns nicht mehr leisten, dass städtischer Grund vergeben und nicht nach dem technisch neuesten energetischen Stand gebaut wird. Wir brauchen dringend eine Bindung, dass wirklich nur noch State of the Art gebaut wird, wenn wir städtischen Grund verkaufen, und eine Energieagentur alle Kompetenzen und alle Programme in Hamburg bündelt.
Das sind zehn Punkte, die den Klimaschutz in dieser Stadt konkret voranbringen können. Herr Engels, wenn Sie sagen, wir dürfen jetzt nicht in Aktionismus verfallen und wir dürfen nicht überstürzt handeln, dann ist es ziemlich schwach, wenn man beim Klimaschutz fünf Jahre lang weitgehend geschlafen und nur das weitergemacht hat, was man von Rotgrün vorgefunden und teilweise noch verschlechtert hat.
Es kann nicht angehen, dass der Bürgermeister bis fünf vor zwölf schläft – und wir haben fünf vor zwölf, sagen uns die Klimaforscher –, dann aufwacht und sagt, wir brauchen jetzt aber noch ein halbes Jahr von den 13 Jahren, die wir noch zum Handeln haben, und deswegen müssen wir jetzt erst einmal weiter überlegen. Das ist Schlafmützigkeit, die zulasten unserer nachkommenden Generationen geht, und dafür haben wir keine Zeit mehr.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Lieber Kollege Engels, wenn Sie Ihr Zögern in der Klimapolitik damit erklären, dass es Ihnen an durchdachten Anträgen und Projekten fehlt, dann kann ich Ihnen nur empfehlen, unseren Antrag zu lesen und sich