Liebe Frau Ernst, und dann kommt Ihr Rio-Reiser-Antrag. Irgendwann haben Sie wohl geträumt und dabei an den König von Deutschland gedacht: Einmal das ganz große Wunschkonzert, mit dem Sie glauben, sich in Hamburgs Schullandschaft profilieren zu können. Und während Rio Reiser davon träumte, täglich Geburtstag zu haben, denken Sie sich: "Ich hätte viele Lehrer und wäre nie mehr pleite, ich wäre Britta die Erste, Rosi die Zweite."
Sie sollten vielleicht einmal zuhören. Sie haben nämlich auf diese Schätzung verzichtet – kosten Ihre Vorschläge im Minimum 30 Millionen Euro pro Jahr, tendenziell eher noch deutlich mehr.
Aber was scheren Sie die Details, für Sie sind Vernunft und Sachzwänge ohnehin Kategorien von gestern. Frei von jeder Verantwortung sagen Sie: "Das alles und noch viel mehr würd' ich machen, wenn ich Schulsenatorin wär'." Sie haben aber natürlich nicht nur auf eine Kalkulation verzichtet, sondern auch auf die Beantwortung der Frage, woher das Geld eigentlich kommen soll. So wie bei Rio Reiser also Socken und Autos nicht mehr stinken würden, weil er das als König einfach abschafft, so würden Sie in den Keller der Hamburger Straße gehen und die Geldmaschine anwerfen.
Da das leider alles nicht so einfach ist, ist Rio Reiser nicht König von Deutschland geworden und werden Sie wohl immer da vorne sitzen bleiben.
Wir würden sonst vermutlich auch eine Fortsetzung der Politik von 2000 und 2001 erleben, unter der die Bildungsbehörde noch heute zu leiden hat.
Angesichts der drohenden Wahlniederlage im September 2001 – das wurde hier schon ausgiebig diskutiert – hat die damalige SPD-Schulsenatorin ohne Haushaltsdeckung Lehrer eingestellt. Sie wissen, es waren 441 Lehrer, die kurz vor der Wahl plötzlich einen Vollzeitjob bekamen, während in den Jahren vorher und hinterher maximal 172 neue Vollzeitlehrer pro Jahr eingestellt wurden. Das war Ihr erster Wahlkampfvorgriff, dessen Abbau Sie nachher in Ihrer ersten Streichungsunwahrheit diffamiert haben.
Meine Damen und Herren, Es ist etwas laut im Plenum und wir sollten uns auch in Richtung Haushalt 2004 bewegen.
In den letzten Wochen, das hatte Frau Ernst thematisiert, ist deutlich geworden, dass es einen weiteren Wahlkampfvorgriff gab. Im März 2000 hatte die damalige Schulbehörde per Ende 2003 mit einem zweistelligen Millionenüberschuss gerechnet. Ein Jahr später, Rotgrün war mitten im Wahlkampf – damals, 2001 –,
kalkulierte man bereits mit einem Vorgriff von 40 Millionen Euro per Ende 2003 und noch ein Jahr später, im März 2002, war man bereits bei über 50 Millionen Euro per Ende 2003.
Der verantwortliche Amtsleiter war zu diesem Zeitpunkt übrigens immer noch der heutige Sprecher der SPDDeputierten in der Bildungsbehörde, Herr Lemke, der zurzeit natürlich per Akteneinsicht versucht, seine Haut zu retten.
Sie fordern heute im diametralen Gegensatz zu Ihren eigenen Beschlüssen im Haushaltsausschuss zusätzlich Akteneinsicht, um schon einmal Ihre eigene Verteidigungslinie erarbeiten zu können.
Es gab schließlich für die damalige Entwicklung nur zwei Möglichkeiten: Entweder Herr Lemke und Frau Pape hatten ihre Behörde nicht im Griff
oder aber man hat bewusst falsche Kostenansätze gewählt, um vor den Wahlen den Schulen mehr Schulbaumaßnahmen versprechen zu können.
Nein, das haben Sie völlig missverstanden. Der Redner hat das Wort, und zwar ziemlich ausschließlich.
Angesichts des enormen Sanierungsstaus bin ich froh, dass sich der Senat dafür entschieden hat, den Abbau dieses Vorgriffs über mehrere Jahre zu strecken.
Liebe Frau Ernst, auch wenn Sie heute eher Fundamental-Opposition spielen, heißt es noch lange nicht, dass wir uns in die Rolle der Fundamental-Regierung treiben lassen.
Ich möchte daher kurz einige Punkte klarstellen und benennen, in denen wir vollkommen mit Ihnen übereinstimmen.
Sie fordern zum Beispiel, dass vor jeder Einrichtung einer Ganztagsschule ein pädagogisches Konzept vorgelegt werden soll. Richtig. Dieses hat die Deputation bereits in ihrer letzten Sitzung auf Vorschlag der Senatorin beschlossen.
Sie fordern zudem, ein regional ausgeglichenes Angebot an Ganztagsschulen zu schaffen. Auch dies hat die Deputation bereits beschlossen.
Sie fordern im Einklang mit uns und der Senatorin mehr Selbstverantwortung für die einzelne Schule. Sie beantragen eine höhere Faktorisierung für die Grundschullehrer als Entlastung bei der Arbeitszeit. Auch diese hat die Senatorin bereits bekannt gegeben.
Sie möchten, dass Mittel für Fördermaßnahmen künftig nur noch befristet und mit einer anschließenden Evaluation an die Schulen vergeben werden. Wenn Sie der Senatorin beim Schulforum vom "Hamburger Abendblatt" und NDR zugehört hätten, wüssten Sie, dass diese überfällige Veränderung der Zuweisungspraxis bereits in Arbeit ist.