Herr Dr. Dressel, damit ist die Frage, wer denn hier die Ohrfeige vom Verfassungsgericht erhalten hat, eindeutig beantwortet.
Das, meine sehr verehrten Damen und Herren von der Opposition, waren nämlich Sie. Mit Fug und Recht können Sie sich nunmehr den Titel des selbsternannten Verfassungsexperten gern an den Hut heften.
Es gibt zwei Möglichkeiten, warum Sie das Wahlgesetz nicht ändern wollten. Entweder Sie wussten es wirklich nicht besser oder Sie haben es bewusst und opportunistisch in Kauf genommen, dass die nächste Bürgerschaftswahl wegen eines verfassungswidrigen Wahlgesetzes hätte wiederholt werden müssen.
In dem einen Fall wären Sie nur ahnungslos gewesen, in dem anderen Fall hätten Sie verantwortungslos gehandelt.
Ich glaube Ihnen gern, dass Sie das nicht hören wollen, aber das gehört zur Wahrheit genauso dazu wie alles andere auch.
Beide Alternativen, meine sehr verehrten Damen und Herren von der Opposition, sind für Sie nicht schmeichelhaft.
Ich kann jedenfalls für die CDU–Fraktion feststellen, dass wir die Gefahren gesehen haben, die sich aus dem Wahlgesetz ergaben und verantwortungsbewusst zum Wohle unserer Stadt gehandelt haben.
Meine Damen und Herren! Ich möchte eigentlich nur eine Art persönliche Erklärung machen. Ich bin ein Mensch von durchschnittlicher Intelligenz,
von etwas überdurchschnittlichem politischem Interesse und erkläre hiermit öffentlich, dass ich nicht verstanden habe, wie das von Ihnen vorgeschlagene Wahlrecht funktionieren soll. Der Mechanismus, den Sie einführen wollen, ist überhaupt nicht verständlich.
Sie haben bisher nur über mögliche Konsequenzen geredet, aber der Mechanismus selbst ist von keinem Ihrer Sprecher erläutert worden. Ich werde in der Öffentlichkeit beliebig häufig erklären, dass ich das Wahlrecht nicht verstehe, das die CDU eingeführt hat und nach dem wir wählen sollen. Ich habe es nicht studiert, dann würde es sich mir irgendwann erschließen, aber ich gehe nicht davon aus, dass die Hamburgische Bürgerschaft das Wahlrecht studieren muss, um wählen zu können. Aber so, wie Sie es einführen, ist das der Fall; es ist einfach undurchsichtig.
Wenn eine Partei in einem Wahlkreis einen Sitz gewinnt, dann entscheidet nach unserem Vorschlag darüber, wer den Sitz bekommt, ganz einfach die Mehrheit der Wähler dieser Partei. Werden mehr Personenstimmen als Listenstimmen abgegeben, bekommt der Bewerber mit der höchsten Personenstimmenzahl den Sitz, werden mehr Listenstimmen als Personenstimmen abgegeben, kommt die Nummer eins von der Liste ins Parlament.
So einfach ist das. Selbst für Menschen mit durchschnittlicher Intelligenz - wobei Sie da Ihr Licht ziemlich weit unter den Scheffel gerückt haben - ist das problemlos verständlich.
bei zweien hängt es davon ab, wie jeweils das Verhältnis von Personen- zu Listenstimmen ist. Wenn ich jetzt eine Wandtafel hier hätte, würde ich mich an meine alten Lehrerzeiten zurückerinnert fühlen und Ihnen das gerne an 17 verschiedenen Beispielen deutlich machen. Vielleicht treffen wir uns einmal irgendwo an einer Wandtafel, dann bekommen wir das hin.
Dann kommen wir noch einmal zu dem Thema verfassungsrechtliche Bedenken. Da wäre es schön, wenn der Kollege Jäger ein bisschen bei der Wahrheit bleiben würde. Wie war das denn an der Stelle? Das Volkswahlrecht ist damals vom Volk beschlossen worden. Dann gab es die Diskussion, ob der Senat dieses Volkswahlrecht verkünden wird, denn der Senat hat nach unserer Verfassung ein verfassungsrechtliches Prüfungsrecht. Da haben wir damals nachgefragt, wie sich das eigentlich verhält. Dann hat der Senat verkündet - das haben wir schriftlich -, dass es keine verfassungsrechtlichen Bedenken gibt.
(Antje Möller GAL: Das wäre wohl etwas anstren- gend! - Dr. Willfried Maier GAL: Sie haben mit 1,2 Millionen Menschen zu tun, die das gleiche Prob- lem haben!)
Worauf es letzten Endes ankommt, ist ganz einfach zu erklären. Wenn dann gesagt wird, Herr Müller, das niedersächsische Wahlrecht sei ein monströses, dann möchte ich doch einmal die Frage an die SPD und die GAL richten, wer denn eigentlich das niedersächsische System erfunden hat? Nach meiner Kenntnis waren es die SPD und die Grünen in Niedersachsen, die das System eingeführt haben. Sind die bei Ihnen so viel klüger als Sie hier?
Ich will noch einmal auf den Punkt zurückkommen, den ich Herrn Dr. Maier eben in einem Satz erklärt habe.
- Ja, aber Herr Dr. Maier versteht das auch. Dann möchte ich noch einmal einen kurzen Vergleich zu dem SPD-Vorschlag Bremen anstellen.
Lieber Herr Dr. Dressel, Sie werden lange brauchen, um einem Wähler zu erklären, dass es ziemlich egal ist, wie viele Personenstimmen der Spitzenkandidat im Wahlkreis bekommt, weil er sowieso aufgrund einer willkürlichen Setzung im Wahlgesetz gewählt worden ist. Wir sagen mit unserem Entwurf: Liebe Wählerinnen, liebe Wähler, entscheidet ihr. Gibt es mehr Personenstimmen, wird nach Personenstimmen besetzt, gibt es mehr Listenstimmen wird nach Liste besetzt. Das ist eine klare, saubere, nachvollziehbare Regelung.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Herr Reinert, ich glaube, ehe Sie auf die Wähler losgelassen werden, um ihnen das zu erklären, machen Sie vielleicht noch einmal beim Landeswahlamt einen kleinen Trainingskurs und lassen sich solch einen Digitalen Wahlstift aushändigen. Dann können Sie noch einmal wiederkommen. Das hat als Erklärung jedenfalls noch nicht richtig überzeugt, weil Sie zu den ganzen Feinheiten, die im Kleingedruckten stehen, natürlich nichts gesagt haben.