Protokoll der Sitzung vom 27.09.2007

(Beifall bei der CDU)

Weichmann begründet diese Auffassung weiter: Wenn nämlich die Entscheidungen von plebiszitären Elementen bestimmt werden, dann

"kommen emotionale und auch sicherlich weniger sachverständige Erwägungen zum Tragen, …"

(Michael Neumann SPD: LBK! - Gegenruf von Elke Thomas CDU: Herr Neumann, hören Sie doch endlich auf!)

"(…) als sie in den Parlamenten angestrebt werden. Man kann sich vielseitig beraten lassen, aber Regierung und Parlamente müssen bei allem funktionsfähig bleiben und dürfen nicht durch ein Übermaß an sogenannter Demokratisierung, durch Mitbestimmung am falschen Platz, Anhörverfahren, Gutachtergremien, Bürgerinitiativen präjudiziert oder dazu verurteilt werden, immer hinter der Zeit hinterher zu rennen."

(Michael Neumann SPD: Wir leben nicht in den Sechzigerjahren!)

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So Originalton Herbert Weichmann, nicht in den Sechzigerjahren, sondern Mitte der Siebzigerjahre.

(Beifall bei der CDU)

- Dass für Sie die Siebzigerjahre schon ferne Zeitgeschichte sind, spricht von einem maroden Geschichtsverständnis, Herr Neumann.

(Beifall bei der CDU - Michael Neumann SPD: Da war ich im Kindergarten!)

Vertiefen wir einmal das Argument des verehrten Kollegen Neumann, der sagt, das war in den Siebzigerjahren, das gilt heute nicht mehr. Gilt das heute wirklich nicht mehr? Ich bin davon überzeugt, es gilt heute vielleicht noch mehr als in den Siebzigerjahren. Ich will Ihnen auch sagen, warum ich das meine. Die Globalisierung erfordert schnelle Entscheidungen im internationalen Wettbewerb. Es geht um Forschungsvorhaben, Infrastruktur, städtebauliche Entscheidungen und, und, und. Man muss gut und man muss schnell sein, um vorne zu sein und um in diesem Wettbewerb zu bestehen. Ich will, dass Hamburg vorne ist und nicht, dass Entscheidungen verzögert und verhindert werden. Das ist meine Überzeugung.

(Beifall bei der CDU - Wilfried Buss SPD: Moor- burg!)

Das Problem ist, dass es oft sehr unpopuläre Entscheidungen sind, weil vermutlich die Leute in der Region und aus durchaus nachvollziehbaren Interessen gegen Veränderungen sind und natürlich alles tun - was ja demokratisch legitim ist -, um das im Meinungsstreit zu verhindern. Das ist in Ordnung. Ich möchte, dass die Meinungen ernst genommen, beraten und diskutiert werden,

(Dr. Andreas Dressel SPD: Das sieht man ja!)

ich möchte aber auch, dass zu einem bestimmten Zeitpunkt einmal entschieden wird, und ich möchte nicht, dass Minderheiten wichtige Entscheidungen verhindern können.

(Beifall bei der CDU)

Aber selbst wenn Sie der Überzeugung sind, dass die Verbindlichkeit von Volksentscheiden - das plakatieren Sie doch selbst - auch gegenüber dem Parlament durchgreifen soll - das wollen Sie, das ist auch gar nicht illegitim, ich teile nur Ihre Meinung nicht -, dann frage ich Sie, ob es vor diesem Hintergrund mit verbindlichen Entscheidungen wirklich klug ist, dann auch noch die Quoren zu senken. Das ist es mit Sicherheit nicht,

(Beifall bei der CDU)

weil natürlich kleinere Quoren die Angelegenheit noch beliebiger, willfähriger, manipulierbarer machen.

(Dr. Andreas Dressel SPD: Da spricht ja einer, der sich damit auskennt!)

Darum sage ich, es ist eine kleine Mogelpackung, die Sie hier anbieten. Sie plakatieren Verbindlichkeit und in Wirklichkeit präsentieren Sie Quoren, die die Mehrheit auf den Kopf stellen soll. Das ist mit uns nicht zu machen.

(Beifall bei der CDU)

Das sind die Gründe, warum ich gegen diesen Volksentscheid bin, und das ist der Grund, warum ich mit Nein gestimmt habe. Das ist auch der Grund, warum ich die Hamburgerinnen und Hamburger bitte, ebenfalls mit Nein

zu stimmen. Ich weiß, dass diese Überzeugung nicht populär ist. Ich weiß, dass es für mich und für die Union sicherlich viel einfacher wäre zu sagen, unterstützen wir den Volksentscheid, kommentieren wir es nicht, lassen wir es laufen, weil es vermutlich populärer ist.

(Michael Neumann SPD: Das liegt Ihnen ja sonst überhaupt nicht!)

Es ist ja auch so schön zu sagen, das Volk soll in seiner Weisheit entscheiden, wie es Herr Müller hier getan hat. Nur, meine Damen und Herren, wer Verantwortung trägt, der geht nicht den populären Weg, der geht den richtigen Weg und das tun wir.

(Lang anhaltender Beifall bei der CDU - Zurufe von der SPD: Oh, oh!)

Das Wort bekommt der Abgeordnete Egloff.

(Wolfhard Ploog CDU: Herr Egloff soll erst einmal die 1.000 Stimmen zeigen!)

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich finde es immer schön, wenn der Bürgermeister sich hinstellt - oder vielleicht war das heute auch nur der Bürger von Beust, denn als Bürgermeister will er sich ja nicht zum Volksentscheid äußern, hat er gesagt - und die "beleidigte Leberwurst" spielt.

(Elke Thomas CDU: Das hat doch nichts mit "beleidigter Leberwurst" zu tun!)

Wenn Sie, Herr Bürgermeister, hier von Stil reden, dann gucken Sie sich bitte die Plakate an, die Ihre Partei auf die Straße gestellt hat

(Beifall bei der SPD und der GAL)

und die auch in dieser Broschüre abgebildet sind. Da heißt es:

"Retten Sie die Verfassung"

Sie suggerieren, dass alle diejenigen, die für den Volksentscheid sind, Verfassungsfeinde sind. Was ist das denn für ein Stil, Herr Bürgermeister?

(Beifall bei der SPD und der GAL)

Dann heißt es:

"Nirgendwo ist die Volksgesetzgebung so leicht machbar wie in Hamburg. Das reicht einigen einflussreichen Drahtziehern aber nicht."

Was ist das denn für ein Stil, Herr Bürgermeister? Da sind Sie überhaupt nicht empfindlich. Also lassen Sie die Kirche im Dorf mit Ihren Äußerungen.

(Beifall bei der SPD und der GAL)

Sie versuchen, der Bevölkerung mit verzerrten Botschaften zu suggerieren, dass hier das Chaos ausbricht, wenn der Volksentscheid durchkommt. Was Sie weiterhin verschweigen, wenn Sie immer von den 35 Prozent reden, ist, dass das immerhin 420.000 Wählerinnen und Wähler sind, die dafür erforderlich sind.

(Zuruf von Kai Voet van Vormizeele CDU)

- Das sind mehr als diejenigen, Herr Voet van Vormizeele, die diesen Bürgermeister in dieses Amt gewählt haben.

(Beifall bei der SPD und der GAL)

Würden Sie Ihre Argumentation ernst nehmen, dann sollten Sie darüber nachdenken, welche Legitimation Sie in dieser Regierung haben. Die sprechen Sie sich mit der Argumentation selbst ab.

(Beifall bei der SPD und der GAL)

Im Übrigen, meine Damen und Herren von der CDU, haben Ihre Parteifreunde in Bayern damit kein Problem.

Dort ist nur ein Quorum von 25 Prozent erforderlich - und zwar schon seit Jahrzehnten -, um die Verfassung zu ändern. Das ist auch einige Male passiert, zum Beispiel als der öffentlich-rechtliche Rundfunk in der Verfassung verankert wurde und auch gegen den Widerstand der CSU der Senat abgeschafft wurde. Die CSU hat aber im Gegensatz zu Ihnen die Ergebnisse akzeptiert. Mir wäre es, ehrlich gesagt, peinlich, wenn Sie als angeblich liberale Großstadtpartei sich die Frage gefallen lassen müssen, ob Sie bei diesen demokratischen Prozessen noch rechts von der CSU stehen.