und in sozialen Brennpunkten Klassen mit nur 19 Kindern. Wir wissen auch mehr, als Sie vielleicht hier den Eindruck zu erwecken scheinen. Wir haben durch die KESS-Untersuchung ein ganz genaues Lagebild, wo Probleme in der Stadt sind und wo keine sind. Dadurch, dass wir die KESS-1- und KESS-2-Gebiete mit kleinen Grundschulklassen versorgen können, haben wir wirklich die Möglichkeit, wie Sie es gefordert haben, dass man sinnvoll und zielgerecht handelt. Dass heißt, wir müssen nicht nur Daten und Fakten sammeln, sondern wir müssen das Wissen, das wir haben, dazu nutzen, es zielgerichtet einzusetzen. Das tut der Senat.
Ich könnte noch ganz viele solcher Beispiele nennen, aber ich nenne nur eins, weil es ein Beispiel dafür ist, wie gut vieles klappt: Viereinhalbjährigenuntersuchung in Verbindung mit der Vorschulpflicht für Kinder mit Förderungsbedarf. Auch dort wir konkret etwas für Kinder getan, um ihre Start- und Bildungschancen zu verbessern. Ich bin mir ganz sicher, dass wir uns alle einig sind, dass wir, wenn wir Kindern eine gute Zukunft ermöglichen wollen, an die Bildung heranmüssen, dass wir sehen müssen, dass die Kinder gute Startchancen und eine gute Bildung bekommen. Mit mehr Geld für die Eltern ist wenig getan, weil das Problem die Frage ist, was von dem Geld, das man mehr gibt, tatsächlich bei den Kindern ankommt.
Ich sehe das bei den Kindern an der Schule, wo ich unterrichte. Zum Teil wird das Geld dann für sinnloses Spielzeug und andere Sachen ausgegeben. Ich will das jetzt gar nicht im Einzelnen aufzählen. Deswegen bin ich nicht der Meinung, dass mehr Geld bei den Familien den Kindern hilft, sondern ich glaube, dass gute staatliche Angebote insbesondere im Bereich der Bildung die sind, wo wir investieren müssen.
In dem Zusammenhang ist eine Sache noch ganz wichtig, die frühe kindliche Bildung. Da sind wir, glaube ich, inhaltlich überhaupt nicht weit auseinander. Wir sind in den Kindertagesstätten in der letzten Zeit ein ganzes Stück vorangekommen. Das ist allerdings, das gebe ich gerne zu, der Trend. Darüber hat man vielleicht vor zehn Jahren noch nicht so intensiv nachgedacht. Aber es ist auf jeden Fall so, dass wir sagen können: Die Kita ist eine Bildungseinrichtung - in ganz Hamburg flächendeckend verteilt und vertreten. Meiner Meinung nach ist das durchaus eine sinnvolle Sache, wo wir Kinder bereits früh fördern können und auch früh fördern wollen. Wenn mehr Kinder in den Einrichtungen sind, ist das sicherlich nur gut, gerade für diejenigen mit Förderungsbedarf.
Ein weiterer Schwerpunkt der Senatstätigkeit ist die Familie. Die Vereinbarkeit von Familie und Beruf, da schließe ich an die eben gesagten Worte an, ist sehr viel besser, als noch vor wenigen Jahren. Der Rechtsanspruch auf fünf Stunden ist in meinen Augen ein ganz großer Schritt nach vorne und wir haben eine bedarfsgerechte Versorgung in Hamburg. Daran kann man nicht kritteln. Hinzu kommen zahlreiche Maßnahmen für vernachlässigte Kinder. Auch darum haben wir uns intensiv gekümmert. Das haben wir zum Teil gemeinsam im Sonderausschuss beschlossen. Da ist wirklich viel getan worden. Insofern denke ich, dass wir auch in dem Bereich einen ganzen Schritt weiter gekommen sind.
Was wir bestimmt nicht brauchen, ist - davon bin ich fest überzeugt - eine übertriebene Sozialberichterstattung. Wir müssen natürlich ein Lagebild haben und wir müssen wissen, wo wir fördern sollen. Aber ich bin der Meinung: Wir - und die Verwaltung und die zuständigen Behörden - haben ein ganz gutes Bild. Ich gebe Ihnen recht: Zu Ihrer Zeit waren Sie in der Sozialberichterstattung ganz große Spitze, Sie haben die Probleme genau analysiert, es gab viele Statistiken, Gutachten und Arbeitskreise. Aber im Endeffekt blieb es dann bei "Gut, dass wir darüber gesprochen haben." Das Problem ist gewesen, es wurden Zahlen geliefert und im Endeffekt nur Taten gefordert. Das ist eigentlich der Paradigmenwechsel, dass jetzt auch Taten auf das Wissen folgen.
Daher kann ich mich des leisen Verdachts nicht erwehren, dass ein bisschen Effekthascherei dabei ist, dass das Ziel Überschriften sind wie - ich habe eine davon gesehen - "Die Kinderarmut in Hamburg, immer schlimmer, ein erschreckender Trend". Nur, das ist falsch. Ich habe es eben versucht darzulegen, dass das so nicht stimmt. Es ist unehrlich, weil es auch eine Kritik an den Folgen der eigenen Bundesgesetzgebung ist. Jedoch ist es nicht so, dass durch die Bundesgesetzgebung die Lage so schlimm geworden ist, sondern es hat sich die Zählung geändert. Deswegen finde ich das unehrlich, das dann so in die Debatte einzuführen und so in die Öffentlichkeit zu tragen. Es ist für mich eher erschreckend, wie zum Teil die Tatsachen verdreht werden. Wir wollen auf jeden Fall, dass alle Kinder in Hamburg gute Chancen für ihre Zukunft bekommen.
Nein, Herr von Frankenberg, so leicht ist es leider nicht. Sie täuschen sich, die Kinderarmut in Hamburg ist kein statistisches Problem, sondern das ist ein durchaus reales Problem. Wenn ich mir die Zahlen anschaue, die Ihre Behörde trotzdem zur Verfügung gestellt hat, dann ist es eben ganz genau so, dass wir seit der Einführung von Hartz IV - 2005 auf 2006 -, also mit dem Verlauf von Hartz IV, einen Anstieg feststellen müssen. Das heißt: Wir haben einen ganz realen Anstieg hier in Hamburg. Trotz des starken Wirtschaftswachstums, auf den Sie sich auch wieder bezogen haben, wächst die Kinderarmut in Hamburg.
Auch das möchte ich einmal ganz deutlich sagen: Wir haben nicht einen Anstieg trotz Hartz IV, sondern wegen Hartz IV wird die Armut in Hamburg vielleicht sichtbarer
und auch trotz Hartz IV ist die Tendenz weiter steigend. Was will ich damit sagen? - Ich will damit deutlich machen, dass wir die Chance, die Hartz IV auch für Hamburg bedeutet, nämlich ein Einsatz von 180 Millionen Euro im Jahr, nicht nutzen, um die Menschen, die früher in Sozialhilfe gelebt haben, jetzt in den Arbeitsmarkt zu integrieren und die Eltern damit zu fördern, dass die Kinder nicht in Armut leben. Diese Chance von Hartz IV nutzen wir in dieser Stadt nicht.
Damit will ich auch deutlich machen - ich bin sicherlich die Letzte, die Hartz IV bis in seine Tiefen verteidigen würde, aber - und das geht jetzt auch ein Stück weit an die SPD -, es geht jetzt nicht darum, das Rad wieder zurückzudrehen, sondern wir sollten jetzt die Kraft nutzen, um tatsächlich die Probleme deutlich zu machen, die wir ganz besonders in Hamburg haben. Vor allen Dingen, Herr von Frankenberg: Nicht einfach irgendwie etwas aufzählen, sondern deutlich machen, welche Handlungsoptionen, welche Handlungsmöglichkeiten wir ganz konkret in Hamburg haben. Darum muss es doch gehen.
Ich möchte auch noch einmal sagen: Wir sprechen nicht über die auffälligen Kinder, wir sprechen nicht über die Kinder der Feuerbergstraße, sondern tatsächlich über ein Viertel der Kinder in Hamburg. Die Armut, der diese Kinder ausgesetzt sind, bedeutet nicht nur, dass sie ihre 209 Euro im Monat zum Leben zur Verfügung haben, sondern es ist eine Armut in ganz vielfältigen Lebenslagen. Es geht um eine gesundheitliche Versorgung, es geht um die Ernährung dieser Kinder, es geht um Bildung und Ausbildung, es geht um die Wohnverhältnisse, es geht schlichtweg um die Entfaltung der Potenziale von 25 Prozent der Kinder in dieser Stadt.
Wenn wir genau diese Kinder im Blickfeld haben, dann wissen wir auch, dass die soziale Polarisierung der Gesellschaft sich insbesondere bei dieser Gruppe der Bevölkerung, bei den Kindern verstärkt. Ich unterrichte auch an einer Schule und die Eltern, die hier sitzen, werden es ganz genau so erfahren. Wie läuft denn der Tagesablauf Ihrer Kinder ab? - Vormittags besuchen sie eine gute Schule mit einem vielfältigen Angebot, nachmittags fahren Sie Ihre Kinder zum Musikunterricht, danach noch zum Sportunterricht und ein Jahr Auslandsaufenthalt ist für Ihre Kinder doch sicherlich auch drin. Dass sich die Konkurrenz dann natürlich dramatisch verstärkt für die Kinder, denen das nicht geboten wird, ist doch ganz klar. Das meine ich damit, wenn ich sage: Die Polarisierung verstärkt sich, wenn wir nicht wenigstens versuchen eine soziale Gerechtigkeit herzustellen oder sie zumindest zu befördern.
Es muss im Wesentlichen darum gehen - das ist unser Ansatz, den ich kurz skizzieren möchte -, die Kinder an den Orten in der Stadt zu unterstützen, wo sie leben. Das kritisiere ich und das wird, glaube ich, in dieser Großen Anfrage für mich ganz besonders deutlich. Das ist nämlich genau der Ansatz, den der Senat ausdrücklich verweigert. In der Antwort auf die Große Anfrage der SPD gibt der Senat an, dass stadtteilbezogene Fallzahlenentwicklungen leistungsberechtigter Kinder nach dem SGB II nicht zur Verfügung stünden. Das ist ausdrücklich der Satz. Das wären natürlich die zentralen Kennziffern. Hier konzentrieren sich nämlich die Problemlagen, in denen
Ich verstehe, ehrlich gesagt, nicht, warum Sie genau diese Zahlen dazu, wo die Armut eigentlich stattfindet und wo ich mit meinen Angeboten eigentlich wirken kann, geradezu ausdrücklich verweigern. Denn andererseits kann man in dem Konzept des Bezirks Harburg genau diese entsprechenden Kennziffern abfragen. Warum hat der Bezirk Harburg diese Kennziffern, aber der Senat nicht? Warum wird uns das in der Großen Anfrage nicht zur Verfügung gestellt?
Abschließend möchte ich deutlich sagen, um die Situation der Kinder nachhaltig zu verbessern, ist ein Monitor für die soziale Lage der Stadt unverzichtbar. Es muss darum gehen, wirksame Angebote zu machen und Handlungsnotwendigkeiten aufzuzeigen. Aber es muss auch darum gehen, die Wirksamkeit der Instrumente nachprüfen zu können. Nur so, davon bin ich fest überzeugt, kommen sie bei den Kindern an. Dieses Monitoring muss den räumlichen Bezug darstellen.
Sie kündigen in Ihrem Programm der Lebenswerten Stadt in sechs Bezirken Modelle an. Ich bin davon überzeugt: Die Zeit der Modelle ist vorbei. Wir brauchen eine wirksame Hilfe für die Kinder. Wir haben einen Programmvorschlag gemacht, ein Handlungskonzept. Das heißt "Viertel vor". Darüber würde ich gerne einmal mit Ihnen diskutieren. - Vielen Dank.
Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich will vorweg eines klarstellen: Wir alle hier im Hause - niemand hat das Exklusivrecht - finden uns mit Kinderarmut nicht ab.
Aber wer den Kindern und den Familien in dieser Stadt wirklich helfen will, der muss an dieses hoch emotionale Thema ganz sachlich herangehen.
Nur mit der differenzierten Aufklärung, welche Probleme und Schwierigkeiten von Menschen zu einem Armutsrisiko führen können, können wir den Menschen dann auch gezielt helfen, diese Probleme und damit auch die Ursache von Armut zu überwinden. Mit Schuldzuweisungen helfen wir keinem einzigen der Betroffenen und das gilt ganz besonders für SPD und Grüne.
Über welchen Armutsbegriff sprechen wir hier? Viele Menschen assoziieren damit Elend und Mittellosigkeit. Aber wie ist die Realität? Nach dem Armuts- und Reichtumsbericht der Bundesregierung sind 13,5 Prozent der Bevölkerung in Deutschland von Armut bedroht in dem Sinne, dass sie weniger als 60 Prozent des mittleren Einkommens beziehen. Die so definierte Grenze von Armut lag 2003 bei 938 Euro für einen Einpersonenhaushalt, ein relativer Armutsbegriff und keinesfalls mit Elend und Mittellosigkeit zu verwechseln.
Wir arbeiten auf verschiedenen Feldern für die betroffenen Menschen in dieser Stadt. Zum einen erhalten Menschen ohne jegliches Einkommen oder mit zu geringem
Einkommen Geldleistungen beispielsweise für Miete, Heizung, Strom und Lebenshaltungskosten, darum sie nicht mittellos dastehen. Zum anderen gibt Hamburg längst die staatlich geförderten Sachleistungen an die Betroffenen, die übrigens in anderen SPD-regierten Bundesländern gerade erst diskutiert werden. Sie kennen die Beispiele: Essen in Schulen und Kitas, kein Beitrag für den Pädagogischen Mittagstisch, Befreiung - Herr Grund, auch wenn Sie gern immer eine andere Mär verbreiten - von Zuzahlungen vom Büchergeld, finanzielle Förderung von Kinder- und Familienreisen. Familien mit geringem Einkommen werden an verschiedenen Stellen durch uns massiv gefördert.
Ein anderer Punkt, über den es sich wirklich lohnt nachzudenken. Den Bezug von Transferleistungen grundsätzlich als Armut zu bezeichnen, ist stigmatisierend für die Menschen, die diese Hilfen benötigen, und macht auch überhaupt nicht deutlich, welcher finanzielle Kraftakt an dieser Stelle von der Gesellschaft erbracht wird, um eine Grundsicherung für die Menschen in Deutschland zu gewährleisten.
Ohne die zum Beispiel rund 450 Millionen Euro Kosten für die Unterkunft, rund 160 Millionen Euro für die Grundsicherung und laufende Hilfen zum Lebensunterhalt und über 50 Millionen Euro für die Krankenhilfe im Jahre 2006 allein in Hamburg wären die Betroffenen wirklich arm dran. Sachlichkeit - Herr von Frankenberg hat es vorhin erläutert - ist auch erforderlich angesichts der Zahlen von SGB-II-Leistungsempfängern unter 18 Jahren.
Noch einmal: Was steht tatsächlich hinter dieser Entwicklung? Zum einen hat natürlich die schlechte Wirtschafts- und Arbeitsmarktentwicklung vor dem Regierungswechsel in Berlin auch und gerade nachhaltige Auswirkungen auf den Arbeitsmarkt für Familien. Auch waren viele Betroffene bereits auf Unterstützung angewiesen, bevor sie Kinder bekommen haben. Wenn Sie sich die Gruppe angucken, dann haben Sie es natürlich in besonderer Weise mit Menschen zu tun, die sehr häufig Sprach- und Bildungsdefizite haben oder erst sehr kurz hier leben. Aber heute werden auch Kinder und Jugendliche gezählt, die bisher nicht erfasst wurden. Seit 2005 werden nämlich im SGB II auch die überwiegend jungen Familienangehörigen als Leistungsempfänger gezählt. Das kann man nicht ausblenden, sondern man muss wirklich hingucken. Wir haben eine völlig veränderte Statistik. Vorher gab es die Arbeitslosenhilfe, in der die Kinder nicht mitgezählt wurden. Allein dieser Effekt macht nach Schätzungen etwa 10 Prozent aller SGB-II-Bezieher aus. Experten kommen weiter übereinstimmend zu dem Ergebnis, dass heute mehr Personen Leistungen beantragen, als dies vorher der Fall war; entweder, weil die neuen Gesetze einen Leistungsanspruch begründen oder weil diese Personen vorher keine Leistungen beantragt haben.
Im Übrigen ist etwas anderes durchaus gewollt. Den Gang zum Sozialamt hat manch einer vorher gescheut. Die Hemmschwelle beim Besuch eines Job-Centers ist lange nicht so groß - und das ist auch gut so.
Sie sehen, meine Damen und Herren, der Anstieg hat verschiedene Ursachen, ganz reale und statistische. Statt den Betroffenen aber einen Stempel aufzudrücken, müssen wir ihnen aktiv helfen, sich aus diesem Bezug von Transferleistungen Schritt für Schritt zu lösen. Vor diesem
Hintergrund beinhaltet die steigende Zahl von Menschen, die neben ihrem Einkommen noch Transferleistungen beziehen, auch eine positive Auswirkung der Reformen. Menschen, die früher ausschließlich von Arbeitslosengeld oder Sozialhilfe gelebt haben, verdienen heute mit Arbeit einen Teil ihres Lebensunterhalts selbst und haben durch Freibeträge übrigens mehr Geld zur Verfügung.
Armut von Kindern ist Folge der Armut von Eltern. Deswegen ist es uns wichtig, genau dort anzusetzen, mit vielen Instrumenten zur Verbesserung der Arbeitssuche, zur Schaffung von Arbeitsgelegenheiten, all dem, was wir an dieser Stelle unternehmen.
Dazu zählen übrigens auch andere Angebote in diesem Bereich: Schuldnerberatung beispielsweise, Mietschuldenübernahme. Es ist also ein großes Repertoire an Hilfestellung, das sie alle kennen, alle miteinander.
Daneben gibt es auf Bundesebene eine Diskussion. Es werden die Familienleistungen überprüft. Ich halte das für wichtig. Ich halte es für richtig, dass im Arbeitsministerium die Bedarfssätze des Arbeitslosengeldes II insbesondere für Kinder und Jugendliche kritisch überprüft werden, und ich halte es auch für richtig, dass die Bundesministerin Ursula von der Leyen den Kinderzuschlag für Bezieher niedriger Einkommen erhöhen will. Mehrere 100.000 Kinder werden damit aus dem SGB-II-Bezug gelöst werden und davon werden auch Tausende Hamburger Familien profitieren.