Protokoll der Sitzung vom 10.10.2007

(Beifall bei der CDU)

Herr Kollege von Frankenberg hat schon darauf hingewiesen, für die CDU ist es wichtig, dass Kinder und Jugendliche einen Zugang zur Bildung bekommen und für sie die chancengerechte Möglichkeit besteht, ihr Leben eigenverantwortlich zu gestalten. Weil wir das wissen, sind wir der festen Überzeugung, dass nur Transferleistungen an Sorgeberechtigte es nicht allein ausmachen. Das Phänomen, dass Eltern in der Regel das Geld, das für ihre Kinder gedacht ist, für andere Dinge verwenden, hatten wir in diesem Hause schon häufiger diskutiert. Darauf möchte ich nicht im Einzelnen eingehen. Deshalb versuchen wir, staatliche Leistungen umzusteuern, nicht in Transferleistungen für die Sorgeberechtigten, sondern für Maßnahmen zur Vorbeugung und insbesondere zur Stärkung der Erziehungskompetenz. Das "WellcomeProjekt" ist ein Beispiel für ein ehrenamtliches Projekt der evangelischen Familienbildungsstätten, der "Oma

Hilfsdienst", frühe Hilfen zur Prävention, beim Deutschen Kinderschutzbund angesiedelt, das Elterntrainingsprogramm "Starke Eltern, starke Kinder", das Hebammenprojekt im Rahmen der "Lebenswerten Stadt", MutterKind-Zentren, 20 Stück an der Zahl. Entscheidend ist, die Ursache zu ergründen und das Übel dort anzupacken, Grundlagen zu schaffen und Fundamente zu legen, um ein selbstverantwortliches Leben zu führen. Das können wir, indem wir die Kinder stärken.

(Beifall bei der CDU)

Aufwachsen in Armut hat lebenslange Folgen, die ohne Erhöhung der finanziellen Aufwendungen des Staates später nicht aufgefangen werden können. Um dies zu verhindern, müssen wir weiterhin die elterlichen Ressourcen stärken - insbesondere ihre Erziehungskompetenz -, die institutionellen Rahmenbedingungen des Staates über direkte Leistungen für Kinder und Jugendliche verbessern und das Bewusstsein aller schärfen, für das Aufwachsen von Kindern mitverantwortlich zu sein und diese zu fördern.

Wenn ich vorhin davon sprach, dass eine Ursache für Armut der Kinderreichtum ist, finde ich das erstaunlich und bedenklich zugleich und für unsere Gesellschaft sehr, sehr schade.

Schule sowie Kinder- und Jugendhilfe haben einen wesentlichen Beitrag zu leisten. Der Senat tut dies mit verschiedenen Maßnahmen. Wenn wir uns darauf einigen können, Herr Kollege Kienscherf, dass wir das Thema Armut von Kindern sachlich diskutieren, dann können wir gemeinsam vieles auf den Weg bringen. Aber wie Sie es vorhin getan haben, fand ich es sehr erschreckend. Ich wünsche mir, dass Sie wieder zur sachlichen Auseinandersetzung zurückkommen.

(Beifall bei der CDU)

Das Wort erhält die Abgeordnete Blömeke.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Herr Dietrich, wenn wir dieses Thema denn sachlich debattieren würden. Ich habe lange nicht so eine polemische Rede gehört wie Ihre eben. Wann immer Sie anfangen zu reden, geht dieselbe Platte los, die mittlerweile schon einen Sprung hat: 44 Jahre SPD, was haben Sie gemacht in der Zeit.

(Wolfhard Ploog CDU: Das gilt für Sie aber auch!)

Das ist polemisch, weil wir uns nämlich um die jetzige Situation kümmern sollten. Das wäre eine sachliche Debatte, wenn wir uns jetzt die Zeit angucken. Ich könnte auch sagen, sechs Jahre haben wir die CDU an der Regierung und die Kinderarmut in Hamburg hat sich verschärft. Ich sage das jetzt nur beiläufig, aber ich stelle es nicht ins Zentrum meiner Rede.

(Beifall bei der GAL und der SPD)

Erstaunlich ist auch ein kleiner Widerspruch. Während Herr Dietrich sagte, Berichte brauchen wir gar nicht, wir brauchen Maßnahmen, hat die Senatorin eben wenigstens erstmalig zugegeben, nur wer Analyse betreibe, könne Maßnahmen zur Überwindung der Armut finden. Das ist richtig, Frau Senatorin, genau das brauchen wir nämlich. Wir brauchen Berichte, wir brauchen Analysen,

(Petra Brinkmann SPD: Ja, genau!)

sonst wissen wir gar nicht, wohin wir das Geld geben sollen. Aber genau diese Analysen verweigern Sie uns.

In dem Kinder- und Jugendbericht ist das Thema "Arme Kinder" völlig ausgeklammert und den Armuts-Reichtumsbericht gibt es so auch nicht.

Es mangelt an den Analysen - es scheint mir, Herr Dietrich konnte sich gegenüber seiner Senatorin mitsamt seinen Kolleginnen und Kollegen ein bisschen mehr durchsetzen -, das ist schade, denn diese Berichte brauchen wir.

Bei einigen Vorrednern neben der Senatorin hatte ich das Gefühl, entweder sie nehmen die Armut nicht wahr, sie wollen sie uns ausreden oder sie betrachten sie nur als Problem der Statistik. Das ist für eine Sozialsenatorin mehr als bedauerlich. In allen drei Runden, die Sie jetzt wieder geführt haben, gab es nur dasselbe Thema: Sie nutzen diese Debatten, um sich mit Ihrer Kita-Politik zu loben, die ein kleiner Bruchteil dessen ist, was wir brauchen, um den Kindern aus dem Teufelskreis Armut herauszuhelfen.

(Beifall bei der GAL und vereinzelt bei der SPD)

Meine Damen und Herren, diese Armut ist vorhanden, darüber sind wir uns einig. Es kann aber nicht unwidersprochen stehen bleiben, wenn Herr von Frankenberg und Herr Dietrich immer wieder betonen, wie wichtig diese frühe Förderung ist. Sie haben gesagt, Herr von Frankenberg, früh fördern können, früh fördern wollen, das ist unser Ansatz, das müssen wir machen. Ich habe bei allen Rednern der CDU das Gefühl, sie zitieren aus ihrem Wahlprogramm, denn die Realität sieht anders aus. Das wissen Sie. Und weil Sie es wissen, vermeiden Sie es hier geflissentlich.

Um jetzt bei den Fakten zu bleiben: Um die Kinder früh zu fördern, müssen sie einen frühen Zugang zur Kita haben. Man kann es hier nicht oft genug sagen, unter Ihrer KitaPolitik müssen genau die Kinder vor der Kita-Tür stehen bleiben, die wir hereinholen müssen. Schütteln Sie nicht den Kopf, Herr von Frankenberg, Sie wissen genau, dass die Kinder arbeitsloser Eltern oder der Elternteile, die aus irgendwelchen Gründen zu Hause sind, keinen Anspruch auf einen Kita-Platz für ein Kind unter drei Jahren haben. Ich weiß nicht, wann bei Ihnen frühe Förderung einsetzt. Vielleicht erst mit drei oder vier Jahren?

(Wolfhard Ploog CDU: Ganz früh!)

Das ist aber eindeutig zu spät, das wissen wir alle in diesem Parlament.

(Beifall bei der GAL und bei Gerhard Lein SPD)

Herr Dietrich hat es zu Recht angemahnt. Was sind denn Ihre Konzepte? Ich kann nicht oft genug den Rechtsanspruch ab dem ersten Lebensjahr fordern, damit diese Schwachstelle ausgebügelt wird und alle Kinder ab dem ersten Lebensjahr ein Anrecht haben, in die Bildungsinstitution Kita zu gehen. Diese Kinder werden unter Ihrer Kita-Politik ausgegrenzt. Wir können den Teufelskreis der Armut nur dann durchbrechen, wenn wir ihnen einen frühen Zugang zur Bildung ermöglichen. Das werden wir nicht über Ihre Familienzentren hinbekommen. Ich habe mir zwei angesehen, sie haben dreimal die Woche zwei Stunden vormittags geöffnet. Das ist ein kleiner Beginn, das ist ganz nett, das ist aber nicht das, was wir diesen Kindern bieten müssen, die aus vielfältigen Gründen möglicherweise zu Hause nicht die Bildung erhalten wie

andere Kinder. Wir müssen den Kindern heraushelfen aus ihrer Armut. Das geht nur, wenn wir den Teufelskreis mit der Bildung durchbrechen. Das heißt, wir müssen sie frühzeitig in die Bildungseinrichtungen integrieren und vor allen Dingen müssen wir ihnen, wenn sie drei Jahre alt sind, auch das Anrecht auf einen Ganztagsplatz bieten. Das hat die Senatorin beiläufig zugegeben. Natürlich macht es einen Unterschied, ob Kinder fünf Stunden in der Kita sind oder einen ganzen Tag. Wenn sie in einem Elternhaus groß werden, in dem es genügend Anregungen gibt, dann mag das kein Problem sein. Aber wir wissen alle, das fehlt in vielen Elternhäusern.

Herr von Frankenberg, weil Sie das alles nicht erwähnt haben, juckte es sozusagen in meinen Fingern, das noch einmal klarzustellen, denn es kann nicht sein, dass Sie vom Rednerpult weggehen und sagen, wir tun alles, damit die Kinder früh gefördert werden. Im Gegenteil. Dieses Defizit haben Sie noch nicht ausgebügelt, Sie sind es noch nicht angegangen. Solange das nicht passiert, Frau Senatorin, bleibt diese Lücke, bleibt die Kinderarmut in dieser Stadt und Sie spalten die Stadt immer weiter.

(Beifall bei der GAL und der SPD)

Weitere Wortmeldungen sehe ich nicht. Dann kommen wir zur Abstimmung.

Wer stimmt einer Überweisung der Drs. 18/6874 an den Familien-, Kinder- und Jugendausschuss zu? - Gegenstimmen? - Stimmenthaltungen? - Letzteres war die Mehrheit. Die Überweisung ist abgelehnt.

Ich stelle fest, dass die Bürgerschaft von der Großen Anfrage, Drs. 18/6874, Kenntnis genommen hat.

Tagesordnungspunkt 35, Drs. 18/7061, Antrag der CDUFraktion: Investitionsfonds des Sonderinvestitionsprogramms "Hamburg 2010", hier: Attraktive Spielplätze für die (auf)wachsende Stadt.

[Antrag der Fraktion der CDU: Investitionsfonds des Sonderinvestitionsprogramms "Hamburg 2010" hier: Attraktive Spielplätze für die (auf) wachsende Stadt - Drs. 18/7061 - ]

Es wird einvernehmlich auf die Debatte verzichtet. Wir kommen zur Abstimmung.

Wer möchte den CDU-Antrag aus der Drs. 18/7061 annehmen? - Gegenstimmen? - Stimmenthaltungen? - Das ist bei einigen Stimmenthaltungen einstimmig so angenommen.

Tagesordnungspunkt 26, Drs. 18/7032, Bericht des Haushaltsausschusses: Entwurf eines Gesetzes über die Errichtung der Stiftung Elbefonds.

[Bericht des Haushaltsausschusses über die Drucksache 18/6717: Entwurf eines Gesetzes über die Errichtung der Stiftung Elbefonds (Senatsantrag) - Drs. 18/7032 -]

Die Debatte entfällt einvernehmlich. Wir kommen zur Abstimmung.

A C

B D

Wer möchte der Empfehlung des Haushaltsausschusses folgen und das Gesetz über die Errichtung der Stiftung Elbefonds aus Drs. 18/6717 beschließen? - Gegenstimmen? - Stimmenthaltungen? - Das ist mit sehr großer Mehrheit so beschlossen.

Es bedarf einer zweiten Lesung. Stimmt der Senat einer sofortigen zweiten Lesung zu?

(Der Senat gibt seine Zustimmung zu erkennen.)

- Das tut er. Gibt es Widerspruch aus dem Hause? - Den sehe ich nicht. Wer will das soeben in erster Lesung beschlossene Gesetz auch in zweiter Lesung beschließen? - Gegenstimmen? - Stimmenthaltungen? - Das ist auch in zweiter Lesung mit großer Mehrheit so beschlossen.

Wer möchte darüber hinaus der Ausschussempfehlung folgen? - Gegenstimmen? - Stimmenthaltungen? - Dann ist das einstimmig so beschlossen.

Auch hier bedarf es einer zweiten Lesung. Stimmt der Senat einer sofortigen zweiten Lesung zu?

(Der Senat gibt seine Zustimmung zu erkennen.)

- Das ist der Fall. Gibt es Widerspruch aus dem Hause? - Den sehe ich nicht. Wer will den soeben in erster Lesung gefassten Beschluss in zweiter Lesung fassen? - Gegenstimmen? - Stimmenthaltungen? - Das ist mit sehr großer Mehrheit in zweiter Lesung und damit endgültig beschlossen.

Tagesordnungspunkt 42, Drs. 18/7074, gemeinsamer Antrag von SPD- und GAL-Fraktion: Lärmschutz entlang der Güterumgehungsbahn - Hamburg ist in der Verantwortung.

[Antrag der Fraktionen der SPD und der GAL: Lärmschutz entlang der Güterumgehungsbahn - Hamburg ist in der Verantwortung - Drs. 18/7074 (Neufassung) - ]