Protokoll der Sitzung vom 08.11.2007

Damit haben Sie die Probleme verschärft.

(Beifall bei der SPD)

Im Übrigen, Herr Frommann, wir beklagen uns doch nicht darüber, wenn Sie etwas tun. Es ist in Ordnung, dass Sie für die Spielhäuser etwas unternehmen wollen. Wenn aber die Hinterlassenschaft aus rotgrüner oder SPD-Zeit so schlecht gewesen ist, frage ich mich nur, warum Sie fünf Jahre gewartet haben, bis Sie endlich gehandelt haben, Herr Frommann. Und konkret ist bisher immer noch nichts passiert. Das werfe ich Ihnen vor.

Abschließend, Herr Frommann, möchte ich Ihnen sagen, dass ich es schon als Hohn empfinde, wenn Sie davon sprechen, dass die Zeit der Gießkannenpolitik vorbei sei. Das ist Hohn, wenn der Senat selbst 13 Stadtteile benennt, in denen jeder fünfte Hamburger wohnt und in denen es Probleme gibt, und Sie sich dann konkret um sechs, zum Teil ganz andere Stadtteile kümmern.

(Beifall bei der SPD)

Ich sehe keine weiteren Wortmeldungen mehr. Dann stelle ich fest, dass die Bürgerschaft Kenntnis genommen hat.

Wir kommen zum Punkt 49 der Tagesordnung, Drs. 18/7243, Antrag der SPD-Fraktion: Schutz vor Stalkern verbessern - Regelungslücken schließen.

[Antrag der Fraktion der SPD: Schutz vor Stalkern verbessern - Regelungslücken schließen - Drs. 18/7243 -]

Diese Drucksache möchte die SPD-Fraktion an den Innenausschuss überweisen. Wer wünscht das Wort? - Frau Mandel, bitte.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Hartnäckige Verfolgung und Belästigung, Telefonterror, permanentes Auflauern vor den Wohnungen oder vor dem Arbeitsplatz sind Phänomene, die wir vor 20 Jahren noch nicht mit einem Begriff belegen konnten. Heute nennen wir diese Straftat Stalking und dieser Begriff ist - dank des Bundesgesetzgebers - inzwischen in der Strafgesetzgebung als Straftatbestand verankert worden.

In der Öffentlichkeit ist es nach wie vor nicht im Bewusstsein vorhanden, welche Ausmaße diese Art von Straftaten inzwischen angenommen haben und wie viele es davon gibt. Erst am 9. Oktober wurde in Hamburg eine junge Frau von einem Stalker lebensgefährlich verletzt. Der Stalker war der Polizei bekannt. Die junge Frau hatte vor dem Angriff auf sie alles bis jetzt rechtlich Mögliche veranlasst und unternommen, um den Stalker von sich fernzuhalten. Leider war das vergebens.

Mit dem am 31. März 2007 in Kraft getretenen Gesetz zur Strafbarkeit beharrlicher Nachstellungen - so heißt dieses Gesetz - werden die Opfer jetzt strafrechtlich besser geschützt. Der Bundesgesetzgeber hat mit diesem Gesetz bis dahin bestehende Regelungs- und Gesetzeslücken, Strafbarkeitslücken geschlossen. Die Bundestagsfraktionen von SPD und CDU haben am 19. September im Bundestag gemeinsam einen Antrag beschlossen, in dem es um eine umfassende Gesamtkonzeption geht. Es wurde festgestellt, dass es einen dringenden Bedarf für eine solche Gesamtkonzeption gibt, um Gewalt gegen Frauen besser und wirkungsvoller bekämpfen zu können.

Leider können wir für Hamburg kein Konzept erkennen und wenn es eines gäbe, dann müsste es so große Lücken haben, dass wir es nicht sehen können.

Die beiden Bundestagsfraktionen fordern in ihrem Antrag die Bundesregierung unter anderem dazu auf, Herr Innensenator, bei den Ländern darauf hinzuwirken, dass der am 31. März 2007 in Kraft getretene Straftatbestand der beharrlichen Nachstellung in der Praxis angewandt wird. Die Bundesregierung soll die Länder dazu anregen, bei Polizei und Staatsanwaltschaften darauf hinzuwirken, dass Sonderzuständigkeiten eingerichtet werden. Nun wissen wir, dass wir in Hamburg mit unserer Polizei sehr gut aufgestellt sind. Wir haben inzwischen Fachkompetenz, die wir unbedingt nutzen und fachgerecht einsetzen sollten. Dazu bedarf es - das geht aus unserem Antrag hervor - einer Änderung des Polizeigesetzes, des SOG. Das möchten wir mit unserem Antrag bewirken. Wir wissen uns in einer großen Koalition mit den Bundestags

fraktionen beider großen Parteien einig. Wir bitten Sie inständig, unseren Antrag an den Innenausschuss zu überweisen, damit wir den Opfern von Stalking möglichst kurzfristig helfen können, sie geschützt sind und eine Wegweisung aufgrund dieses Straftatbestandes von der Polizei sofort verhängt, verordnet und überwacht werden kann. Dazu bedarf es aber der Änderung des SOG.

Ich bitte Sie, verehrte Kolleginnen und Kollegen von der CDU, mit uns und der GAL gemeinsam dafür zu stimmen, dass wir diesen Antrag an den Innenausschuss überweisen und damit die Gesetzesänderung des SOG auf den Weg bringen. Die Opfer haben es verdient, dass wir versuchen, sie so weit wie es irgend geht und bestmöglich zu schützen. Dafür brauchen wir die Änderung des SOG. Ich bitte um Ihre Zustimmung zur Überweisung dieses Antrags. - Danke.

(Beifall bei der SPD)

Das Wort bekommt Frau Spethmann.

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Frau Mandel, ich glaube, in der Sache sind wir uns einig, dass wir die Opfer schützen wollen. Aber das, was Sie hier gemacht haben, war Aktionismus und Blendwerk pur und das kann ich nicht verstehen.

(Beifall bei der CDU)

Es gibt keine Regelungslücke. Sie führen den Fall vom 9. Oktober an, als eine junge Frau von einem Stalker überfallen worden ist. Hätten wir die Ingewahrsamnahme, wie Sie sie sich vorstellen, dann hätte das gar nichts gebracht.

(Doris Mandel SPD: Das Näherungsverbot!)

- Das gibt es schon.

Frau Mandel, ich habe als Anwältin gerade gestern einen Fall bekommen. Heute haben wir die Wohnungswegweisung und das Näherungsverbot. Das ist alles nicht das Problem. Sie wollen eine Ingewahrsamnahme. Das hätte in dem Fall, den Sie hier ansprechen, gar nichts genützt, denn der Mann war noch nie gewalttätig geworden. Er hat die Frau seit drei Jahren belästigt, aber mehr nicht.

(Zuruf von Doris Mandel SPD)

- Frau Mandel, Sie müssen mir zuhören. Es hätte Ihnen nichts genützt. Einen Haftbefehl hätte kein Richter unterschrieben. Es gab keinen Haftgrund.

(Doris Mandel SPD: Aber natürlich, weil Stalking ein Straftatbestand ist! Insoweit geht das, was Sie hier fordern, völlig fehl. Sie betreiben Aktionismus, schieben Opferschutz vor und praktizieren stattdessen Selbstdarstellung, mehr ist es nicht. Das geschieht zulasten der Opfer und das finde ich nicht in Ordnung. (Beifall bei der CDU - Doris Mandel SPD: Das ist nun wirklich Opferverhöhnung, Frau Spethmann!)

Frau Mandel, hier gilt dasselbe, was bereits gestern gesagt wurde: Kümmern Sie sich eher um Ihre Bundespolitiker. Im Jahre 2005 hat die CDU in Hamburg eine Initiative gestartet. Alle CDU-regierten Bundesländer haben gewollt, dass Stalking bestraft werden soll. Durch

die lange Blockadehaltung Ihrer Bundesjustizministerin ist es erst im März 2007 dazu gekommen, dass dieser Straftatbestand eingeführt worden ist.

(Dr. Andreas Dressel SPD: Das stimmt doch über- haupt nicht!)

Vor diesem Hintergrund zu behaupten, hier würde nichts gemacht werden, kann nicht richtig sein. Dann bitte ich Ihre Bundespolitiker aktiv zu werden, dass sie in diesen Fällen etwas machen. Aber in Hamburg zu sagen, eine Ingewahrsamnahme sei die letzte Maßnahme, ist unsinnig. Wir brauchen sie nicht, wir haben Maßnahmen, die wirken. Ich nenne folgendes Beispiel: Gestern geschah ein Übergriff auf eine Frau, heute haben wir bereits den Beschluss des Gerichts: Der Mann darf sich der Frau nicht nähern, es ist sogar der eigene Ehemann.

(Dr. Andreas Dressel SPD: Was passiert dann?)

- Er wird festgenommen, weil er dann gegen einen Straftatbestand verstößt, Herr Dressel.

(Doris Mandel SPD: Der wird doch aber nicht fest- genommen!)

Ihre gesamte Argumentation geht völlig ins Leere.

(Beifall bei der CDU)

Lassen Sie diesen Aktionismus und das Blendwerk zulasten der Opfer und ziehen Sie diesen Antrag zurück.

(Beifall bei der CDU)

Das Wort bekommt Frau Möller.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Frau Spethmann, dass Sie hier von "Blendwerk" und "zulasten der Opfer" reden, ist eine Unverschämtheit.

(Beifall bei der SPD)

Die Debatten, die wir hier führen, gehören in den Innenausschuss, weil es möglicherweise rechtlich hoch strittig ist, ob das, was im SOG steht, ausreichend ist oder ob es geändert werden muss, wie die SPD es vorschlägt. Nach unserer Einschätzung wäre das SOG ausreichend, um die neuen geregelten Vorfälle, die es im Strafgesetzbuch und im Gewaltschutzgesetz gibt, umzusetzen. Aber dass Sie eine dermaßen polemische Rede zu einem Thema halten, das wir alle ernst zu nehmen haben, ist unglaublich.

(Beifall bei Christiane Blömeke GAL und bei der SPD)

Es ist kein Aktionismus. Aktionismus ist, wenn man am Tag nach einem Vorfall etwas tut. Wir haben Wochen ins Land gehen lassen, aber von Ihnen ist nichts gekommen, nur von der SPD ist ein Antrag gestellt worden. Wir haben in der nächsten Woche eine Innenausschusssitzung und vonseiten des Senats oder der CDU-Fraktion hätte das Thema auf die Tagesordnung gesetzt werden können. Das ist aber nicht geschehen, Sie wollen nicht darüber reden. Ich sage es noch einmal: Dieser Antrag gehört in den Innenausschuss. Wenn er aber dort nicht hinkommt, dann muss man inhaltlich sehr deutlich sagen, worum es hier geht. Es geht um eine Gesetzesänderung, die wir auch kritisch sehen. Aber es geht natürlich vor allem darum, dass der Senat berichtet, was im Detail getan wird. Auch das gehört in den Innenausschuss. Oder sol

len wir erwarten, dass Herr Senator Nagel hier die Punkte A bis J der SPD sozusagen "aus der Hand" beantwortet? Das kann ich mir nicht vorstellen.

Grundsätzlich muss man aber noch einmal sagen, dass sich alle einig sind, dass wir hier nicht über Bagatelledelikte reden, sondern dass Stalking insgesamt gravierende Beeinträchtigungen der Lebensqualität und der Gesundheit der Opfer nach sich zieht. Deswegen gibt es diese Debatte und zum Glück auf einem anderen Niveau, als Sie sie eben geführt haben.

Es gehört zu unseren Aufgaben, die Öffentlichkeit darüber herzustellen und Empfindsamkeit gegenüber den Opfern zu zeigen.

(Viviane Spethmann CDU: Das tun wir doch! Unverschämt! - Gegenruf von Petra Brinkmann SPD: Na, na!)

- Das tun Sie doch nicht, wenn Sie hier von einer Debatte zulasten der Opfer sprechen. Was Sie eben gesagt haben, ist unverschämt.