Protokoll der Sitzung vom 03.09.2008

(Beifall bei der GAL und vereinzelt bei der CDU)

Das Wort hat der Abgeordnete Kienscherf.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Eigentlich wollte Herr Wersich jetzt reden, aber er hatte gestern schon angedeutet, dass er sich dann doch lieber vorbehält, auf die Reden einzugehen.

Frau Blömeke, zu Ihrem Antrag. Ich will es gar nicht so lang machen, aber Sie haben ausgeführt, dass man unserem Antrag nicht zustimmen und ihn auch nicht überweisen kann, weil da gar keine Unterschiede seien.

Was bei Ihrem Antrag ein bisschen merkwürdig ist, ist die Entwicklung der Zielgruppen von oben bis unten. In der Überschrift steht Jung und Alt, dann gehen wir ein bisschen weiter runter, dann steht dort, Erwachsene jeden Alters sind wichtig. Ganz unten kommt dann, wir wollen das Ganze eigentlich mit Senioren, Verbänden und insbesondere für

(Christiane Blömeke)

ältere Menschen machen. Da muss ich ehrlich sagen, dass man in einen solchen Antrag etwas mehr Stringenz hineinbringen muss und da muss klar sein, um welche Zielgruppen es eigentlich geht. Das ist das eine.

(Beifall bei der SPD)

Zweitens geht es uns insbesondere darum, dass wir die Differenzierung zwischen Jung und Alt in dieser Stadt nicht mehr haben wollen,

(Elke Thomas CDU: Genau!)

sondern generationsübergreifende Angebote machen wollen. Und da geht es nicht nur darum, dass man ein paar Kinderspielplätze hat, sondern insbesondere darum, dass man die Defizite im Bereich der Bewegung, die Sie angesprochen haben und die wir nicht nur bei den älteren Menschen, sondern auch im Bereich von Kindern und Jugendlichen und Erwachsenen mittleren Alters haben, auch aufgreifen muss und wir uns klar dazu bekennen, dass wir Plätze schaffen wollen, die zu mehr Bewegung für alle Generationen führt. Das ist wichtig für unsere Stadt, Frau Blömeke, und deswegen brauchen wir so etwas.

(Beifall bei Michael Neumann und Ingo Egloff, beide SPD)

Darin unterscheidet sich unser Antrag. Sie haben eben so lapidar gesagt, es ginge vielleicht bei Ihnen auch darum, wie kurz der Rasen geschoren ist. Ich will Ihnen einmal ganz deutlich sagen: Wenn Sie sich einmal die Berichte über die Seniorenspielplätze anschauen, dann geht es immer wieder darum, dass es in China, Spanien, Nürnberg, Buchholz und Berlin diese Plätze gibt. Das ist alles ganz schön und gut, aber es geht doch darum, dass wir insgesamt die Bewegung in dieser Stadt fördern und da müssen wir attraktive Räume schaffen. Diese attraktiven, wohnortnahen Räume, dort, wo es stattfinden kann, das sind nun einmal die Parks und Grünanlagen. Wenn Sie sich dann einmal anschauen, welche Entwicklungen diese Grünanlagen in den letzten Jahren beschritten haben – wir haben das, glaube ich, auch einmal gemeinsam kritisiert, dass der Senat dort drastisch gekürzt hat und dass zum Beispiel für den gesamten Bereich Hamburg-Mitte für Umgestaltung, Neugestaltung und Instandhaltung von Grünflächen noch ganze 40 000 Euro zur Verfügung stehen –, dann ist es doch nicht weiter verwunderlich, dass immer mehr Mütter, aber auch Jugendliche und Senioren in Hamburg ankommen und sagen, das kann doch nicht so sein, diese Flächen laden nicht mehr dazu ein, dass man sich dort aufhält oder bewegt. Deswegen ist das ein ganz wichtiger Punkt für uns, dass wir sagen, wir schaffen Stätten für mehr Bewegung für Jung und Alt, aber wir wollen ein entsprechendes Umfeld schaffen und das bedeutet auf der anderen Seite, dass wir wieder attraktive Grünflächen in dieser Stadt wollen.

(Beifall bei der SPD)

Es ist in der Tat ein relativ komplexes Thema. Deswegen hätte ich mir gewünscht, dass wir das in den Ausschuss überweisen, weil auch Sie wissen, dass gerade ältere Menschen, wenn sie zum Beispiel in ein Sportstudio oder in einen Sportverein gehen, wo solche Geräte stehen, oftmals erst ein ärztliches Attest beibringen müssen beziehungsweise es dort Beratungsmöglichkeiten gibt. Das heißt, es ist immer sehr klug, dass man solche Geräte möglichst individuell einstellt.

Unser Antrag ist nicht abgeschrieben, sondern er geht ein bisschen über das hinaus, was Sie beschrieben haben. Wir sagen auch, dass wir die Erfahrungen, die wir mit diesem Gutachten oder mit dem, was wir da an Pilotprojekten haben im Rahmen dieses Programms "Freiraum und mehr Mobilität für ältere Menschen in der Stadt", weiter nutzen muss. Sie wissen auch, dass wir da zurzeit zu wenig gemacht haben. Da muss mehr passieren. Deswegen wollen wir Bewegungsmöglichkeiten für alle Menschen. Wir wollen bessere Grünanlagen und wir wollen vor allen Dingen neben einigen wenigen Prestigeobjekten eine langfristige Erhaltung dieser Flächen. Das steht auch nicht in Ihrem Antrag. Das heißt, wir wollen, dass auch den entsprechenden Bezirken die notwendigen Instandhaltungsmittel zur Verfügung gestellt werden. Wir geben auch einen konkreten Termin, zu dem der Senat berichten soll. Frau Blömeke, Sie schreiben zeitnah, früher haben Sie das ein bisschen konkreter formuliert. All das sind Punkte, die uns deutlich von Ihrem Antrag abheben. Wir hätten uns gewünscht, dass Sie beides an den Ausschuss überweisen. Da hätten wir das breit diskutieren wollen. Sie machen das nicht. Ich glaube, dass unser sozialdemokratischer Antrag der bessere ist. – Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD)

Vizepräsident Wolfgang Joithe–von Krosigk: Das Wort hat der Abgeordnete Wersich.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Herr Kienscherf, ich hätte dann auch vor Ihnen sprechen können. Ich hatte etwas mehr erwartet.

(Heiterkeit und Beifall bei der CDU)

Herr Kienscherf, ich denke, Frau Blömeke hat alles zur Sache gesagt. Für uns hat der GAL-Prüfantrag das Ziel, erste Versuche zur Einführung dieser Angebote in den Bezirken zu unterstützen. Sie wissen, dass es diese Bemühungen in den Bezirken schon gibt, die Zusammenarbeit zu organisieren und mögliche Realisierungen aufzuzeigen und zu unterstützen.

Herr Kienscherf, wenn Sie davon sprechen, dass die Zielgruppen nicht klar seien, dann sehe ich das

(Dirk Kienscherf)

anders. Wir reden über generationsübergreifende Maßnahmen. Natürlich geht Ihr Antrag über das, was die GAL fordert, hinaus. Das sehe ich auch so. Es ist eigentlich ein typisch sozialdemokratischer Oppositionsantrag, und zwar dadurch gekennzeichnet, dass Sie damit eine Reihe von Vorhaltungen gegen den Senat einmischen – das sind wir so gewohnt –, aber dass Sie auch nicht näher bezeichnete erhebliche haushaltsrelevante Forderungen ohne irgendeinen Finanzierungsvorschlag einbauen.

(Michael Neumann SPD: Steuererhöhungen machen wie Frau Ahrons! Eine schöne Steu- ererhöhung!)

Die Forderungen, Herr Kienscherf, die Sie hier aufstellen, gehen über diese Prüfung hinaus. Das wird nur dadurch gekrönt, dass Sie sagen, dass zu den Haushaltsberatungen auch noch darüber berichtet werden soll. Sie wissen selber, dass das zeitlich völlig unrealistisch ist.

(Dirk Kienscherf SPD: Was heißt denn zeit- nah bei Frau Blömeke?)

Wir haben schon von Frau Blömeke gehört, dass die andere Überschrift natürlich auch nicht darüber hinwegtäuscht, dass die Sache an sich abgeschrieben ist.

(Dirk Kienscherf SPD: War es jetzt etwas ganz anders oder abgeschrieben?)

Herr Kienscherf, dieser Antrag ist ein echter Kienscherf und den werden wir heute ablehnen. Aber trotzdem vielen Dank für Ihre Mühe.

(Beifall bei der CDU und der GAL)

Vizepräsident Wolfgang Joithe–von Krosigk: Das Wort hat der Abgeordnete Yildiz.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Die soziale Spaltung in dieser Stadt nimmt ständig zu. Das zeigen alle Statistiken und Untersuchungen, dass die Folge eine unsoziale Politik der Bundesregierung und des Senats ist. Aber auch die zahlreichen Kürzungen des Senats in den Bereichen Arbeitsmarkt, Kultur, Kinder-, Jugend- und Bildungspolitik tragen zur sozialen Spaltung bei.

(Christiane Blömeke GAL: Aber auch zum Thema kommen jetzt!)

Ich komme dazu, wenn Sie Geduld haben.

Auch die Ausgaben des Senats für Spiel- und Freizeitflächen sind nur ein Tropfen auf den heißen Stein und unzureichend. Nun liegt ein Antrag der GAL vor, der zunächst gut klingt. Wir wollen nicht Spiel- und Freizeitflächen für Jung und Alt fördern. Die einzelnen Punkte jedoch, die die Bürgerschaft heute beschließen sollen, sind sehr dürftig.

Erstens: Da soll der Senat in Zusammenarbeit mit Senioren-, Sport- und Gesundheitsverbänden untersuchen, welche Geräte wie eingesetzt werden sollen. Das ist aber selbstverständlich in einer Demokratie.

Zweitens: Da sollen geeignete Standorte mit den Bezirken ausgesucht werden. Die Beteiligung der Betroffenen an den Standorten ist offenbar schon nicht mehr vorgesehen.

Drittens: Da sollen die Spiel- und Freizeitflächen gefördert werden, aber es wird mit keinem Wort erwähnt, aus welchem Topf mit welcher Summe. Es wird nicht einmal gefordert, im kommenden Doppelhaushalt 2009/2010 damit zu beginnen, Mittel dafür bereitzustellen.

Viertens: Nun zum Schluss. Soll der Senat der Bürgerschaft darüber berichten. Auch dies ist eine Selbstverständlichkeit.

So bleibt vom ganzen Antrag im Kern nach, dass die Betroffenen von der wichtigen Standortauswahl fernbleiben und die wichtigen Finanzierungen völlig offenbleiben.

(Unruhe im Hause – Glocke)

Vizepräsident Wolfgang Joithe–von Krosigk (unterbrechend) : Darf ich um etwas Ruhe bitten, damit der Abgeordnete seine Rede halten kann. – Vielen Dank.

Der Antrag tut so, als hätten die Senioren heute nur noch die Sorge, wo sie ihre Freizeit verbringen. Dabei plant die Bundesregierung durch Veränderung der Lebensarbeitszeit, also Rente mit 67 Jahren, eine gigantische Rentenkürzung. Da werden Bahn fahren, Gas, Strom, Lebensmittel immer teurer und die GAL sorgt sich angeblich um Spiel- und Freizeitflächen. Zu den wirklichen Problemen der Senioren sagen Sie nichts, denn zu der Rente mit 67 Jahren oder der wachsende Altersarmut hat sie nichts gesagt.

(Christiane Blömeke GAL: Nein, das ist auch nicht Thema des Antrags!)

Ich komme dazu. Als einer der jüngsten Abgeordneten dieser Bürgerschaft sage ich ganz deutlich, dass man so mit den Seniorinnen und Senioren nicht umgehen kann,

(Beifall bei Kersten Artus DIE LINKE)

nämlich nur so zu tun, als ob man sich um sie kümmert. Wer für die Jugend etwas tun will, der führt ganz schnell die gebührenfreie Bildung und Kitas ein. Wer für die älteren Mitbürger etwas tun will, der tritt gegen die Rente mit 67 Jahren und gegen die Altersarmut in Dulsberg und woanders an. Wer sich um die Freizeit der Jugend und älteren Menschen sorgt, der gewährt in Schwimmbädern,

(Ekkehart Wersich)

Freizeit- und Kultureinrichtungen freien Eintritt für die ganz Jungen und für Senioren ab 55 Jahren, wie das in manchen anderen Ländern der Fall ist. Wer sich für die jüngeren und älteren Mitmenschen einsetzen möchte, der restauriert Sporthallen, Spielplätze und schließt nicht die Schwimmhallen und die Bücherhallen. Wer für jüngere und ältere Menschen etwas tun möchte, der fördert die Begegnungsstätten, Stadtteilzentren und Sportverbände. Darum lehnen wir als LINKE beide Anträge ab. Wir möchten uns nicht an den Missständen beteiligen, die zu verschleiern sind. – Danke schön.

(Beifall bei der LINKEN)