Protokoll der Sitzung vom 03.09.2008

(Beifall bei der LINKEN)

Vizepräsident Wolfgang Joithe–von Krosigk: Das Wort hat die Abgeordnete Blömeke.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Herr Yildiz, das ist schon ein Phänomen, aber es gelingt der linken Fraktion immer irgendwie, bei jedem Antrag die soziale Spaltung zu debattieren.

(Kersten Artus DIE LINKE: Deswegen sitzen wir in der Bürgerschaft! – Karen Koop CDU: Ja!)

Wir können jederzeit darüber debattieren, Sie sind frei in der Anmeldung Ihrer Debatten. Sie können jedes Thema anmelden, aber Sie müssen nicht jedes Thema entfremden. Vielleicht hilft es Ihnen, wenn ich Ihnen einmal bildlich erzähle, ich würde Ihnen einen Blumenstrauß mit vielen verschiedenen Blumen überreichen. Da haben wir einen Strauß von Möglichkeiten, wie man Alter und Lebensräume gestalten kann. Viele, viele Blumen aus diesem Strauß sind sicherlich Ihre soziale Spaltung, aber der Blickwinkel muss auch zu den anderen Möglichkeiten und Maßnahmen gehen und dazu gehört zum Beispiel die Schaffung von Bewegungsräumen für verschiedene Alter. Damit komme ich zu Herrn Kienscherf.

Herr Kienscherf, ich finde, Sie müssen langsam wieder auf den Teppich kommen. Bei Ihnen ist das Problem, dass es hier einen klar definierten Antrag gibt, den wir angemeldet haben und debattieren und Sie sagen, da brauchen wir doch die Bewegung für die Kinder und alles Mögliche für die Senioren. Völlig richtig, das brauchen wir, aber es geht hier um eine klar begrenzte Sache, es geht um Bewegungsräume. Wenn Ihnen die Zielgruppe nicht deutlich ist, dann liegen wir da, glaube ich, gar nicht soweit auseinander. Ich habe vorhin auch davon gesprochen, dass Kinder natürlich auch darauf dürfen. Aber ganz wichtig ist es doch bei der Auswahl dieser Geräte, die dort stehen, dass die für eine bestimmte Zielgruppe gemacht sind. Wenn wir in die Städte gucken, die das schon praktizieren – Nürnberg, Madrid, China haben Sie aufgezählt –, dann sind das alles mehr oder weniger gelenkschonende Geräte, die auf ältere Menschen

ausgerichtet sind. Da sage ich natürlich, dass das in der Tat die Zielgruppe ist, die wir uns vorstellen.

Ich würde dort doch nicht Herrn Schira oder Frau Timmermann hinunterscheuchen, nur weil sie eine gewisse Altersgrenze noch nicht erreicht haben. Ich glaube, uns täten gelenkschonende Geräte auch sehr gut. Aber es geht darum – und deswegen ist der Punkt 1 so wichtig – in Zusammenarbeit mit diesen entsprechenden Stellen, derartige Geräte auszuwählen. Wenn man dazu erst ein Gutachten und ein Attest vom Arzt braucht, dann ist das Projekt von vornherein gescheitert. Das sind niedrig schwellige Angebote, wo ich hingehen kann, wenn ich einmal älter bin oder auch jetzt, wenn ich Lust habe, und muss nicht vorher zum Arzt gehen und mir eine Erlaubnis holen, ob ich dort hingehen darf.

Ihre Anregung, eine Planungswerkstatt zu machen oder diesen Antrag in den Ausschuss zu überweisen, ist in diesem Fall einfach nicht angebracht, weil wir alle nicht die Fachexperten dafür sind. Die, denke ich, sitzen zum einen in der BSU, was den Stadtraum angeht, und zum anderen werden weitere Experten zum Beispiel über Landesseniorenbeirat oder andere Organisationen dazugeholt. Wir könnten natürlich eine Expertenanhörung im Ausschuss machen und so weiter und so weiter, aber ich glaube, das wäre ein bisschen übertrieben. Also stimmen wir den Antrag hier ab, lehnen Ihren Antrag aus den Gründen ab, die ich genannt habe, und ich wette, dass wir ein großes Stück weiterkommen. Ich behaupte immer noch – Herr Yildiz, da können Sie zehnmal von sozialer Spaltung sprechen –, dass es ein Gewinn für die Stadt wird.

(Beifall bei der GAL und der CDU)

Vizepräsident Wolfgang Joithe–von Krosigk: Wenn keine weiteren Wortmeldungen vorliegen, komme ich zur Abstimmung.

Zunächst zum SPD-Antrag aus der Drucksache 19/1004. Wer möchte diesen annehmen? – Gegenprobe. – Enthaltungen? – Damit ist der SPDAntrag aus der Drucksache 19/1004 abgelehnt.

Wer möchte dem GAL-Antrag aus der Drucksache 19/931 seine Zustimmung geben? – Gegenprobe. – Enthaltungen? – Damit ist der GAL-Antrag aus der Drucksache 19/931 angenommen.

Ich rufe den Tagesordnungspunkt 13 auf, Große Anfrage der Fraktion DIE LINKE: PPP bei Schulgebäuden und Bewirtschaftung von Schulen.

[Große Anfrage der Fraktion DIE LINKE: PPP bei Schulgebäuden und Bewirtschaftung von Schulen – Drs 19/769 –]

(Mehmet Yildiz)

Diese Drucksache möchte die SPD-Fraktion an den Schulausschuss überweisen.

Wer wünscht das Wort? Herr Bischoff hat das Wort.

Dr. Joachim Bischoff DIE LINKE:* Herr Präsident, meine Damen und Herren! Die vor Ihnen liegende Große Anfrage der Fraktion DIE LINKE, schließt an an Kleine Anfragen, die Frau Ernst und Herr Buss gestellt haben. Es ist leider wieder einmal der gescheiterte Versuch, diesen Senat dazu zu bringen, vernünftige Antworten zu geben.

(Beifall bei der LINKEN und vereinzelt bei der SPD)

Auch wenn Frau Goetsch und Herr Wersich das vorhin ganz anders dargestellt haben, möchte ich Ihnen zum Schluss noch nahebringen, dass es wirklich kaum zu überbieten ist, in welcher Weise mit den Abgeordneten und den Anliegen der Fraktionen der Opposition Schlitten gefahren wird.

(Beifall bei der LINKEN und vereinzelt bei der SPD)

Sie können gerne sagen, dass Sie keinen Wert darauf legen, was wir sonst an politischen Orientierungen im Kopf haben, aber dass Sie sich weigern, einigermaßen vernünftig Antwort auf drängende Fragen der Stadt zu geben, das finde ich ziemlich skandalös.

(Hartmut Engels CDU: Jetzt mal ein schönes Beispiel!)

Ja, ich zitiere jetzt die Antwort auf die Kleine Anfrage von Herrn Buss. Es geht darum, dass wir im Süden ein großes Investitionsprojekt haben. 32 Schulen wurden ausgelagert und das auf 25 Jahre und da habe ich eine ganz andere Wahrnehmung als Herr Rabe von der SPD. Es ist keineswegs so, dass die GEW da ihre Gewinne reinbuttert, sondern das ist für GEW Gewerbe ein ganz tolles Geschäft. Das ist beschlossen in 2007.

(Wolfgang Rose SPD: GWG, nicht GEW!)

Ja, GWG. Entschuldigung.

Dieses Ding ist auf den Weg gebracht. Es geht jetzt darum, was in der Nachfolge passiert. Wir lesen heute in der Tageszeitung "Die Welt", dass diese Methodik der verdeckten Privatisierung auf alle weiteren 440 Schulgebäude ausgeweitet werden soll. Da ist es schon die Aufgabe der Opposition, einmal zu hören, wie die Wirtschaftlichkeitsrechnung aussieht und wie die Erfahrungen sind. Was hat der Senat auf die Anfrage von Herrn Buss geantwortet – bei uns ist es sinngemäß dasselbe, nur dass Sie da noch mehr Zeit hatten, dabei ist aber auch nichts herausgekommen –:

"Auf dieser Grundlage"

also dieses Beschlusses, dieser Praxis von 2007 –

"prüft die zuständige Behörde […] Möglichkeiten zur Optimierung von Bau und Bewirtschaftung einer Tranche beruflicher Schulen. Im Übrigen sind die Planungen der zuständigen Behörde noch nicht abgeschlossen."

Weiter unten steht dann auf die Frage, ob es Erfahrungen seit 2007 gibt, denn das ist das, was uns interessiert, welche Erfahrungen Sie gemacht haben:

"Eine systematische Erhebung durch die zuständige Behörde ist bislang nicht erfolgt. Die bisherigen Rückmeldungen der teilnehmenden Schulen sind positiv. Im Übrigen sind die Planungen der zuständigen Behörde noch nicht abgeschlossen."

Dieser Satz, im Übrigen sind die Planungen noch nicht abgeschlossen, hindert Sie überhaupt nicht daran, beständig die Presse in dieser Stadt mit Ideen zu füttern, wie man das auf weitere 3 bis 4 Milliarden Euro ausweiten kann. Das ist der entscheidende Punkt, dass wir das gerne einmal vorgestellt bekommen hätten. Es geht also um ein Investitionsvolumen. Wir haben schon gehört, dass Sie nur in Millionengrößen denken. 215 Millionen Euro für Studiengebühren sind ein Klacks. 750 Millionen Euro für die 32 Schulen sind ein Klacks und wahrscheinlich denken Sie auch, die 3 bis 4 Milliarden auf 25 Jahre für alle weiteren 440 Schulgebäude sind ein Klacks. So kann gewiss nicht seriöse Haushaltspolitik,

(Beifall bei der LINKEN und vereinzelt bei der SPD)

geschweige denn in irgendeiner Weise vernünftige Schulpolitik machen.

Warum liegt uns von der Fraktion relativ viel daran, dieses zum Thema zu machen? Sie wollen und Sie werden – davon bin ich überzeugt – uns in den nächsten Wochen mitteilen, dass Sie die Planungen abgeschlossen haben, dass Sie durchweg nur positive Ergebnisse haben und dass Sie auch die restlichen 440 Schulgebäude mit einem Investitionsrückstau von immenser Größenordnung auf diese Spur auslagern werden.

(Robert Heinemann CDU: Wenn Sie das schon wissen, warum fragen Sie dann?)

Ich möchte gerne, dass Sie ein bisschen sensibilisiert werden für die Probleme. Ich sage Ihnen jetzt zwei Argumente – ich weiß, dass es spät ist –, die Sie bitte – Sie sind ja die gestalterischen Fraktionen – in die Haushaltsberatungen einbringen.

Das eine Argument ist, dass es bei diesen ÖPPund PPP-Projekten nach Aussagen aller Fachleute bislang keine empirischen Grundlagen gibt, um

(Vizepräsident Wolfgang Joithe–von Krosigk)

diese abschließend wirtschaftlich zu bewerten. Das wird Ihnen jeder an diesem Punkt betätigen und das ist ein ziemlich großes Risiko, was darin steckt. Zu Recht bewertet die Kommunalaufsicht ÖPP-Projekte als kreditähnliche Geschäfte, die einer verdeckten Neuverschuldung Vorschub leisten und die Gefahr einschließt, die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit der Gemeinde zu überfordern. Ich bin davon überzeugt, dass das auch in Hamburg der Fall ist.

Zu Recht sagt der Landesrechnungshof zu diesen beiden Geschäften, die Sie gemacht haben, dass man da besonders sorgfältig sein muss. Aus einer ÖPP-Lösung erwachsen über Jahrzehnte finanzielle Verpflichtungen und Abhängigkeiten des Staates von privaten Partnern. Die Realisierung von ÖPP ist insofern davon abhängig, ob sie sicher gegenüber einer konventionellen Lösung Effizienzvorteile aufweist. Der Rechnungshof hält es für geboten, dass Senat und Bürgerschaft eine transparente, differenzierte Entscheidungsgrundlage erhalten, in der der Wirtschaftlichkeitsvorteil kritisch analysiert wird und die Faktoren, auf denen er maßgeblich beruht, detailliert im Rahmen einer Sensibilitätsbetrachtung benannt werden. Das ist alles für künftig, das heißt für die am Projekt "Modell Hamburg-Süd" teilnehmenden Schulen ist das nicht gemacht worden. Das fordern wir ein, wenn Sie jetzt daran gehen, die weiteren 440 Schulen auf diesen abenteuerlichen Weg zu bringen, dass Sie uns nachweisen, dass die Wirtschaftlichkeit gegeben ist. Das ist im Gesetz, in der Landeshaushaltsordnung zwingend vorgeschrieben, dass wir diesen Nachweis erhalten. Der Landesrechnungshof hat Ihnen ins Papier geschrieben, was Sie zu berücksichtigen haben, damit die Bürgerschaft in der Lage ist, diese Prüfungen auch vorzunehmen. Ich hoffe, auch wenn Herr Freytag einmal wieder woanders ist, dass Sie das wirklich ernst nehmen, weil wir uns künftig diese Art Schlittenfahrerei mit den Abgeordneten und den Fraktionen nicht länger gefallen lassen.

(Beifall bei der LINKEN und vereinzelt bei der SPD)

Vizepräsident Wolfgang Joithe–von Krosigk: Das Wort hat der Abgeordnete von Frankenberg.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ursprünglich hatte ich gedacht, ein bisschen über die Anfrage zu lästern nach dem Motto: Kleine Anfrage ganz groß oder ähnlich, aber im Grunde genommen fand ich sie bei genauer Betrachtung handwerklich in Ordnung. Sie waren mit den Antworten nicht ganz zufrieden, aber ich kann Ihnen sagen, dass wir durchaus damit einverstanden sind, dass wir die Anfrage in den Schulausschuss überweisen. Da wird mit Ihnen auch nicht Schlitten gefahren, wie Sie das jetzt darstellen, sondern da haben Sie noch einmal die

Chance, die Fragen mündlich zu präzisieren oder zu stellen, wie sie Ihnen da am Herzen liegen. Insofern denke ich, dass da auch Ihren parlamentarischen Rechten Genüge getan wird.

Man hat manchmal den Eindruck, wenn es irgendwo einen Modellversuch gibt, dass manche, bevor der Versuch überhaupt begonnen hat, schon die Antworten wissen wollen.

(Michael Neumann SPD: Frau Goetsch hat den Modellversuch immer abgelehnt!)

Das funktioniert natürlich nicht. Daher sollten wir abwarten, bevor man dazu übereilt Stellung nimmt.

Das Problem als solches ist, dass über die Jahre hinweg ein Investitionsstau von möglicherweise bis zu 3 Milliarden Euro aufgetreten ist. Das ist eigentlich das Hauptproblem an der ganzen Sache.