Protokoll der Sitzung vom 03.09.2008

Das Problem als solches ist, dass über die Jahre hinweg ein Investitionsstau von möglicherweise bis zu 3 Milliarden Euro aufgetreten ist. Das ist eigentlich das Hauptproblem an der ganzen Sache.

Ansonsten möchte ich in Anbetracht der fortgeschrittenen Zeit in Kurzform sagen, dass der Modellversuch Harburg-Süd nach meinem Dafürhalten gut läuft. Es gibt auch eine ganze Reihe von Argumenten für eine Öffentlich-Private Partnerschaft: Effizienzgewinne und eine schnelle Sanierung ist möglich. Das sind in Kurzform die Argumente. Ich denke, dass wir das im Ausschuss noch etwas intensiver beraten und es für heute dabei belassen.

(Beifall bei der CDU und der GAL)

Vizepräsident Wolfgang Joithe–von Krosigk: Das Wort hat die Abgeordnete Ernst.

Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren! Ich will versuchen, einen etwas anderen Akzent zu setzen. Es gab in der vergangenen Legislaturperiode eine große Bereitschaft, sich auch auf neue Modelle bei den Schulbauinvestitionen einzulassen. Daher ist auch die Verärgerung verständlich, wenn das Parlament dann bei der Umsetzung nicht so begleitet wird.

Wir haben alle in den letzten Jahren bei den Schulbauinvestitionen gelernt, dass die Schulverwaltungen nicht immer die besten sind, wenn es darum geht, umfassende Investitionen auf den Weg zu bringen. Ich will daran erinnern, dass den Senatoren Lange und Peiner die Schulbauinvestitionen vollständig entglitten sind; sie haben 50 Millionen Euro vorweggenommen. Wir haben dazu viele Sondersitzungen gemacht und gleichzeitig – Herr Heinemann wird wieder wach – gab es dann kurze Zeit später wieder erhebliche Reste in den Schulbauinvestitionshaushalten, obwohl viele Schulen dringend auf eine Sanierung warteten. Ich glaube, wir haben erkannt, dass ein ganz großes Risiko darin steckt, dass wir in Zeiträumen von 25 Jahren planen und als Parlamentarier verantwortungsvoll darüber entscheiden müssen, welche Risiken wir künftigen Generationen hinterlassen.

(Dr. Joachim Bischoff)

So eindeutig waren die Anhörungen in der Beurteilung nicht, ob Public Private Partnership im Endergebnis wirklich immer das bessere Geschäft ist. Deshalb brauchen wir eine hohe Aufmerksamkeit bezüglich der Umsetzung. Es funktioniert auch nicht in jedem Fall gut, Public Private Partnership oder ÖÖP sind nicht immer die Erfolgsrezepte. Sie gehen gerade bei der HafenCity Universität baden, dort ist Ihre ganze Zeitplanung ins Rutschen geraten, weil es Ihnen nicht gelungen ist, einen Partner in der Privatwirtschaft zu finden. Das zeigt auch, dass es nicht nur darauf ankommt, es zu machen, sondern auch wie man es macht.

Ich stelle mir die Frage, ob die Verträge, die Sie mit der GWG im letzten Jahr geschlossen haben, überhaupt zu den Schulreformen passen, die in den nächsten Jahren auf den Weg gebracht werden sollen; Sie planen doch erhebliche Schulbauinvestitionen. Ergebnis der regionalen Schulkonferenzen wird sein, dass man, vermute ich, an den Schulen räumlich anbauen muss. Überhaupt nicht berücksichtigt wurde, ob diese Verträge eine Flexibilität haben, damit das nicht zulasten der Steuerzahler geht, da dort ganz viel verändert werden muss; insofern gibt es viele Risiken.

Der zweite Punkt, der uns bewegt, ist, dass die Bürgerschaft damals einvernehmlich dem Senat etwas auf den Weg gegeben und gesagt hat, wir finden es okay, dass dieses Modell stattfindet, aber wir wollen, um die Vergleichbarkeit sicherzustellen, dass auch andere Modelle in der Stadt ausprobiert werden. Das findet sich auch in den Anträgen wieder, die die CDU ins Parlament eingebracht hat. Es ist nämlich gesagt worden, wir wollen prüfen, ob es eine moderne staatliche Verwaltung nicht auch schafft, Gebäude einmal in einer Lebenszyklusperspektive zu sehen und über bessere Finanzierungsmöglichkeiten damit Schritt halten kann. Das ist ein guter Vorschlag, weil er erst die richtige Vergleichbarkeit darstellt, denn wir vergleichen sonst eine hypothetische Realität mit einer konkreten Realität.

Deshalb bestand Einvernehmen in allen Fraktionen, auch von der GAL und der SPD getragen, diese optimierte Eigenrealisierung – ich glaube, so haben wir das genannt – einmal zu machen. Nun stellen wir aber fest, dass davon gar nicht mehr viel die Rede ist, sondern wir haben den Eindruck, dass sich der Senat vollständig von diesen Überlegungen verabschiedet hat, dass es überhaupt nicht mehr darum geht, zu optimieren, sondern dass ganz andere Optionen in der Stadt gepredigt werden, insbesondere durch Senator Freytag, der heute nicht hier ist.

Ich kann für die SPD sagen, dass wir eine Modernisierung wollen, aber wir wollen keine Privatisierung; genau aber dies passiert. Die Debatte der letzten Monate und auch Tage hat gezeigt, dass im Senat sehr ernsthaft darüber nachgedacht wur

de, die Schulgebäude vollständig zu verkaufen, und zwar nicht aus schulpolitischen Gründen, sondern um Haushaltslöcher zu stopfen. Deshalb sind wir in einer völlig anderen Situation. Es geht überhaupt nicht mehr darum, welche Modelle erfolgreich sind, sondern es geht darum, ob Sie der Welle der Privatisierung, die wir bei Schulgründungen gerade beobachten, noch eins draufsetzen, indem Sie die öffentlichen Schulgebäude gleich ganz verkloppen. Diese Debatte haben wir im Moment und ich finde es empörend, wie hier mit öffentlichen Bauten umgegangen werden soll, wie leichtfertig sie zum Spielball von finanzpolitischen Finanzierungstricks werden.

(Beifall bei der SPD und der LINKEN)

Man muss es wirklich einmal sagen: Durch die in den letzten Tagen bekannt gewordenen Überlegungen soll das Versagen der CDU in der Finanzpolitik jetzt übergeleitet werden, indem der Schulhaushalt diese Lasten der vergangenen Jahre tragen soll; das ist ein empörender Vorgang. Was wir brauchen, sind besser sanierte Schulen, aber keine Verschiebungen in öffentlichen Haushalten, um Schattenhaushalte aufzubauen und Ihre schlechte Finanzierungspolitik zu kaschieren. Ich bin gespannt auf die Diskussion im Ausschuss. – Danke.

(Beifall bei der SPD und der LINKEN)

Vizepräsident Wolfgang Joithe–von Krosigk: Das Wort hat der Abgeordnete Kerstan.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Herr Bischoff, wenn es darum geht, über PPP- oder ÖÖP-Projekte zu reden oder so etwas in Betracht zu ziehen, dann hat man bei Ihnen immer das Gefühl, es gehe um finstere Verschwörungen, um irgendwelche Ideologien und ähnliche Dinge. Ich will Ihnen einmal die finanzielle Situation dieser Stadt in Infrastrukturprojekten schildern,

(Ekkehart Wersich CDU: Das verstehen die gar nicht!)

die nicht nur die Schule betreffen, sondern auch viele andere Infrastrukturbereiche, was dann auch erklärt, warum fast alle Senate, egal welcher Couleur oder Regierung, über solche Modelle nachdenken.

Wir leben in einer Stadt, in der seit Jahrzehnten die finanziellen Mittel für Infrastrukturmaßnahmen, die man bräuchte und die gewünscht sind, nicht ausreichen. Jeder Senat muss Schwerpunkte setzen und sagt dann in dem einen oder anderen Bereich, das wird jetzt gemacht, und zwangsläufig reicht die Decke dann an anderen Stellen nicht. Die Opposition ruft dann immer zu Recht Skandal, da passiert zu wenig und letztendlich bauen sich in verschiedenen Bereichen dann über Jahrzehnte – man

(Britta Ernst)

muss hier wirklich von Jahrzehnten sprechen – Sanierungsstaus oder Investitionsrückstände auf.

Wenn man sich das einmal anguckt, dann sagt es über unsere Gesellschaft eine ganze Menge, dass es gerade Schul- und Hochschulgebäude sind, die, wenn man Entscheidungen treffen muss, was zuerst gemacht wird, Straße bauen, Kaimauer bauen oder eine Schule sanieren, in den letzten Jahrzehnten, egal wer regiert hat, immer zurückgestellt wurden. Damit kann man sich abfinden und sagen, wir haben einen Sanierungsstau. Und wenn man sich die knappen öffentlichen Mittel anguckt, dann weiß man, dass es, wenn man das aus dem Haushalt heraus finanziert, wahrscheinlich wieder Jahrzehnte dauern wird, bevor man dort vorankommt. Letztendlich ist ein ÖÖP- oder PPP-Modell der Versuch, sich nicht damit abzufinden, dass das noch ewig dauert, sondern dass es schneller gehen soll, in einem bestimmten Bereich voranzukommen, auch bei knappen Finanzierungsmitteln.

Eines will ich Ihnen einmal ganz deutlich sagen. Wir haben in den letzten Wochen bei den Beratungen über den nächsten Doppelhaushalt nicht nur gesagt, irgendwie muss man das finanzieren, sondern wir wollen die Sanierungen der Schulen, verglichen mit den letzten Jahren, deutlich beschleunigen, weil es ein Skandal ist, dass unsere Kinder in Schulen sitzen, in denen der Schwamm sitzt und wo der Putz von der Decke fällt. Darum ist es auch richtig, über alle Varianten zu reden, die notwendig sind, und das ist keine Verschwörung, sondern eine notwendige, sinnvolle und vorausschauende Politik, die dort betrieben wird.

(Beifall bei der GAL und vereinzelt bei der CDU)

Um ein Gerücht auszuräumen, weil es in allen möglichen Zeitungen immer wieder mit nicht genannten Personen oder nicht genannten Quellen auftaucht: Bei unseren Beratungen hat in keiner einzigen Minute eine Rolle gespielt, die Schulen komplett an private Investoren zu verkaufen. Wir haben viele Modelle geprüft – ich war dabei – und dies war kein Modell, über das wir auch nur eine Minute nachgedacht haben. Nehmen Sie dies einfach mal zur Kenntnis, auch wenn es in der "Bild"-Zeitung oder sonst woanders geschrieben steht.

(Michael Neumann SPD: Waren Sie denn bei Höffner dabei?)

Manchmal habe ich den Eindruck, Sie wollen das unbedingt glauben, aber es war nicht so.

Ich verstehe, dass Sie jetzt über dieses Thema reden wollen, weil wir einen Doppelhaushalt haben. Das Modell Süd in Harburg – die GWG und die SAGA machen das im Auftrag der Stadt – ist nicht das Modell, für das wir uns in diesen Beratungen entschieden haben, sondern es wird ein Landesbetrieb oder eine Betriebsgesellschaft gegründet,

die keine Tochter der SAGA/GWG ist. Das mag auch das Ergebnis von Prüfungen sein, die bis zuletzt in der Bewertung des Modells in Harburg eine Rolle gespielt haben, ohne zu sagen, dass es schlecht gelaufen ist. Aber da gebe ich Ihnen immer Recht, man kann vieles besser machen.

Letztendlich ist doch der entscheidende Punkt, dass wir wissen,

(Michael Neumann SPD: Wer wird denn da Geschäftsführer?)

wir haben hohe Investitionen im Hafen und müssen sie finanzieren, die Straßenbauprojekte sind seit Jahrzehnten völlig unterfinanziert. Wir wollen vor diesem Hintergrund, ohne in diesen Bereichen weniger zu investieren, im Bereich der Schulen mehr investieren. Diese Aufgabe wird in städtischer Regie durch eine hundertprozentige Tochter der Stadt oder einen Landesbetrieb in den nächsten Jahren beschleunigt angepackt.

(Michael Neumann SPD: Rathausbetriebs- gesellschaft!)

Ich glaube, das ist kein Problem, sondern gut so, denn wir können es nicht mehr akzeptieren, dass der Zustand an den Schulen so bleibt wie jetzt.

(Beifall bei der GAL und der CDU)

Wir können gerne im Ausschuss einmal über das Projekt reden, das im Süden gestartet ist. Wir werden auch im Haushaltsausschuss und bei den Haushaltsberatungen über das dann vorgeschlagene Modell reden. Aber ich muss mich doch sehr wundern, wenn ich hier auch von der SPD höre, das seien Privatisierungen, die wir dort planten. Beide Parteien haben gemeinsam gegen die Privatisierung des LBK gekämpft. Wenn ich Sie jetzt so höre, dann war das ja ein privatisierter Betrieb, bevor er an Asklepios verkauft wurde. Das ist nun wirklich eine ganz absurde Argumentation. Sie haben einfach den Wunsch, Ängste zu schüren, und ich glaube nicht, dass das angesichts des Problems eine angemessene Antwort ist.

Insofern haben wir gute Entscheidungen im Senat getroffen. Wir haben jetzt an mehreren Stellen Gelegenheit, im Detail darüber zu reden, und das sollten wir auch wirklich tun. – Vielen Dank.

(Beifall bei der GAL und der CDU – Ingo Egloff SPD: Ist ja gut, dass Sie es klar ge- stellt haben! Das wussten wir noch gar nicht, Herr Kerstan!)

Vizepräsident Wolfgang Joithe–von Krosigk: Das Wort hat Frau Senatorin Goetsch.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Noch einmal drei Klarstellungen. Zum einen bin ich ein bisschen enttäuscht, Herr Bischoff, da Sie sonst immer sehr

(Jens Kerstan)

differenziert reden, dass Sie plötzlich nicht wahrhaben wollen, dass wir noch am Planen sind. Wir hatten gerade eine Sommerpause und unsere Behörde musste das eine oder andere vorbereiten.

Ich will aber noch einmal deutlich sagen: Die Schulgebäude werden nicht verkauft – dafür stehe ich hier mit meiner Person –, sie bleiben im Vermögen der Stadt und das ist auch die Notwendigkeit, warum wir das Ganze auf den Tisch gepackt haben. Ich verfolge das seit zehn Jahren, aber wir haben zehn Jahre lang keine entsprechende Wahrheit erfahren, wie es tatsächlich aussieht. Erschwerend kommt hinzu – Frau Ernst hat es schon genannt –, dass beim Schulbau immer Schwierigkeiten aufgetreten sind und es sich wirklich um 3 Milliarden Euro Sanierungsbedarf handelt. Auch kommen Schulbauten dazu, die aus den Sechzigerjahren stammen. Da wäre es egal, wer jetzt regiert, diese Dinger sind einfach Schrott. Wir haben jedes Jahr 200 Millionen Euro Schäden zu begleichen und das addiert sich. Das heißt, wir können nicht weiter zugucken und warten, denn die Tendenz ist steigend. Deshalb müssen wir schnell handeln und ich trage als Schulsenatorin dafür die Verantwortung.

Wir prüfen zwei Modelle, aber keinen Verkauf; Herr Kerstan hat das noch einmal betont. Diese beiden Modelle müssen mit ihren Vor- und Nachteilen angeguckt werden und wir werden das dann ausführlich im Ausschuss darstellen. Das ist eine ziemlich komplexe Angelegenheit, in dem Punkt gebe ich Ihnen Recht. Es geht um Wirtschaftlichkeit und da kann man nicht irgendwie sagen, das geht jetzt alles an die SAGA/GWG. Das wäre zu billig und verantwortungslos und das will ich nicht.

Beim dritten Punkt geht es um die Hausmeister. Alle, die mich kennen, wissen, dass es meine große Sorge ist, vernünftig zu agieren für den pädagogischen Betrieb Schule. Insofern müssen wir in den Modellen für die Hausmeister eine arbeitsvertraglich vernünftige und befriedigende Lösung finden, eben auch als pädagogische Hausmeister. Also gedulden Sie sich noch einen Moment, wir werden es in Kürze darlegen und dann ausführlich im Ausschuss erläutern. – Danke.

(Beifall bei der GAL und der CDU)

Vizepräsident Wolfgang Joithe–von Krosigk: Das Wort hat der Abgeordnete Bischoff.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Frau Goetsch, ich gebe gerne zu, dass mein schwacher Punkt ist, nicht geduldig zu sein. Ich möchte bei all dem, was vor uns liegt – ich wollte nicht undifferenziert an die Sache herangehen –, mit allem Nachdruck darum bitten, dass eine für die Bürgerschaft nachvollziehbare Abrechnung dieses Modellversuchs Hamburg-Süd erfolgt. Dabei sollten Sie bitte berück

sichtigen, was Ihnen der Landesrechnungshof im letzten Bericht vorgegeben hat. Das ist völlig unabhängig davon, was ansonsten weiter passiert. Mir ist ganz wichtig, dass wir endlich einmal die Berichte und Abrechnungen auf den Tisch bekommen.