Protokoll der Sitzung vom 01.10.2008

Beschluss 665,

Bericht des Schulausschusses über die Drucksache 19/12:

Volkspetition "Wiederherstellung der Lernmittelfreiheit" (Unterrichtung durch den Prä- sidenten der Bürgerschaft) – Drs 19/1119 – 665,

Beschluss 666,

Antrag der Fraktion der SPD:

Explodierende Energiekosten für Geringverdiener auffangen – Heizkostenzuschuss für Wohngeldempfänger – Drs 19/1116 – 666,

Beschluss 666,

Antrag der Fraktion der CDU:

Verwendung der Mittel aus der Tronc-Abgabe des Jahres 2007, Haushaltsplan 2008, Titel 9500.971.01 – Drs 19/1117 (2. Neufassung) – 666,

Beschlüsse 666,

Beginn: 15.02 Uhr

Meine Damen und Herren! Die Sitzung ist eröffnet.

Zunächst freue ich mich, dass bei unserer heutigen Sitzung Gäste unserer Partnerstadt Chicago anwesend sind. Ich begrüße Herrn Alderman Brandon Reilly und seine Delegation.

(Beifall bei allen Fraktionen)

Herr Reilly ist verantwortlich für den Innenstadtbereich Chicagos und möchte sich in Hamburg über stadtentwicklungspolitische Themen, hier insbesondere die HafenCity, informieren. Ich heiße Sie herzlich willkommen in unserer Stadt.

Meine Damen und Herren! Abweichend von der Empfehlung des Ältestenrats sind die Fraktionen übereingekommen, auch den Tagesordnungspunkt 29 zu vertagen. Es handelt sich dabei um den Antrag der Fraktion DIE LINKE aus der Drucksache 19/1118.

Wir kommen dann zur

Aktuellen Stunde

Dazu sind vier Themen angemeldet worden, und zwar von der CDU-Fraktion

Moorburg – Perspektiven der Energiepolitik

von der SPD-Fraktion

Elbphilharmonie: Vom Glanzprojekt zum Millionengrab?

von der GAL-Fraktion

Moorburg – Perspektiven der Energiepolitik

und von der Fraktion DIE LINKE

Rückwirkungen der Finanzkrise auf Hamburg – Das Desaster der HSH Nordbank und die öffentlichen Finanzen

Die Fraktionen sind übereingekommen, das erste und das dritte Thema gemeinsam zu debattieren. Dazu rufe ich nun auf. Wer wünscht das Wort? Herr Kerstan, bitte.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Die grüne Umweltsenatorin Frau Hajduk sah sich gestern gezwungen, für den Bau des Kohlekraftwerks in Moorburg eine Genehmigung mit Einschränkungen zu erteilen. Wir Grüne haben damit unser politisches Ziel, den Bau zu verhindern, nicht erreicht. Für uns ist das bitter, denn wir als Klimaschutzpartei lehnen auch weiterhin den Neubau von Kohlekraftwerken ab.

So absurd es auch klingen mag, Bundesgesetze erlauben es nicht, dass bei der Genehmigung eines Kraftwerks der Kohlendioxidausstoß eine Rolle spielen darf geschweige denn die Sinnhaftigkeit von Kraftwerken oder einer Energiepolitik. Das gibt den gewinnorientierten Konzernen wie Vattenfall viele Trümpfe in die Hand und der Politik sind in weiten Teilen die Hände gebunden. Wir Grüne werden dieses Thema bei der nächsten Bundestagswahl zu einem wichtigen Thema in der politischen Auseinandersetzung machen.

Dennoch hat die grüne Umweltsenatorin ihre Möglichkeiten bis zur Grenze ausgeschöpft. Die Teilablehnung der wasserrechtlichen Genehmigung wird Vattenfall nicht erlauben, das Kraftwerk so, wie es beantragt wurde, zu betreiben. Das Kraftwerk kann an 250 Tagen im Jahr nicht mit Volllast betrieben werden. In den Sommermonaten müssen beide Blöcke zum Teil komplett stillgelegt werden. Der zweite Block des Kraftwerks wird im Durchschnitt des Jahresverbrauchs nur zu einem Drittel betrieben werden können.

Wenn Vattenfall angesichts dieser Situation dennoch beabsichtigt, das Kraftwerk ohne jede Änderung zu bauen, dann zeigt dies eines: Vattenfall will seine Interessen ohne Rücksicht auf Verluste, aber auch ohne Rücksicht auf klima- und naturschutzrechtliche Belange durchsetzen. Wenn man das so sieht, hofft Vattenfall darauf, nach der nächsten Bürgerschaftswahl eine uneingeschränkte Genehmigung von einer anderen politischen Mehrheit erteilt zu bekommen und damit befinden wir uns nicht am Ende der Auseinandersetzung mit Vattenfall, sondern mittendrin.

(Ingo Egloff SPD: Stimmt!)

Wir Grüne haben sehr genau verfolgt, wer sich in dieser Auseinandersetzung auf wessen Seite geschlagen hat. Es waren führende Hamburger Sozialdemokraten, die durch ihre wiederholte Forderung, dieses Kraftwerk zu genehmigen, den Grünen in ihrem Kampf für Klimaschutz und Naturschutz in den Rücken gefallen sind.

(Beifall bei der GAL und der CDU – Dirk Kienscherf SPD: Das ist doch Ihr Versagen gewesen!)

Wir haben zur Kenntnis genommen, dass der SPD-Umweltminister Gabriel das Festhalten am Atomausstieg anscheinend dazu benutzen will, um praktisch an jeder Ecke dieser Republik den Bau eines Kohlekraftwerks durchzuführen.

(Zuruf von der SPD: Der Einzige, der das genehmigt hat, sind Sie!)

Es ist schon ein Treppenwitz, wenn die Fraktionsvorsitzende der LINKEN angesichts drohender Rechtsstreitigkeiten mit Vattenfall einen privaten Energiekonzern mit Monopolgewinn befürchtet, so wie es gestern in der Zeitung zu lesen war. An an

derer Stelle sind Sie nicht so zimperlich und pflegen eine harte antikapitalistische Rhetorik. Das kann wenig verwundern, denn in Ostdeutschland pflegt Ihre Partei, DIE LINKE, in Treue fest ohne Wenn und Aber zu Vattenfall zu stehen beim Braunkohletagebau und dem Betrieb von Braunkohlekraftwerken, die ein klimapolitischer Albtraum sind.

(Beifall bei der GAL und der CDU – Wolf- gang Beuß CDU: Hört, hört!)

Meine Damen und Herren! Wir haben in diesem Haus schon oft darüber geredet und waren uns einig, dass der Verkauf der HEW ein schwerer politischer Fehler war. Nun ist es Zeit für die Politik zu handeln. Hamburg braucht mehr Wettbewerb auf dem Energiemarkt, Hamburg braucht einen Energieversorger, der dem Klimaschutz und dem Allgemeinwohl verpflichtet ist. Deshalb hat sich die schwarz-grüne Koalition darauf geeinigt, ein neues Stadtwerk zu gründen. Schon im nächsten Jahr soll die "Hamburg Energie" in einem ersten Schritt allen Hamburgerinnen und Hamburgern saubere Energie ohne Kohle- und Atomstrom anbieten.

(Vereinzelter Beifall bei der GAL und der CDU – Dr. Monika Schaal SPD: Das wird LichtBlick aber freuen!)

Mit "Hamburg Wasser" steht dafür ein öffentliches Unternehmen bereit, dessen hohe Qualität und Serviceorientierung alle Haushalte in Hamburg kennen und schätzen gelernt haben. Hamburg begibt sich damit auf den Weg, eine zukunftsfähige und klimaschutzgerechte Energieversorgung aufzubauen und sich vom Energiemonopolisten Vattenfall unabhängig zu machen. Diesen Weg wollen wir konsequent für den Klimaschutz in dieser Stadt weitergehen. – Vielen Dank, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der GAL und der CDU)

Das Wort bekommt Herr Schira.

Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! Gestern hat der Senat über den Vattenfall-Antrag entschieden. CDU und GAL haben sich im Koalitionsvertrag darauf verständigt, diese Entscheidung völlig unideologisch und nach Recht und Gesetz zu treffen und dies ist erfolgt.

(Beifall bei der CDU – Michael Neumann SPD: Muss man sich dafür entscheiden?)

Zu der gestrigen Entscheidung gehört auch, dass wir wieder mehr Marktwirtschaft und mehr Wettbewerb auf dem Hamburger Energiemarkt haben wollen. Die angestrebte Gründung eines stadteigenen Energieversorgungsunternehmens soll allen Hamburgerinnen und Hamburgern nützen.

(Beifall bei der CDU und der GAL)

Die SPD hat in den Neunzigerjahren die HEW und die Hamburger Gaswerke verkauft.

(Norbert Hackbusch DIE LINKE: Und wer hat zugestimmt?)

Ich weiß auch, dass wir als CDU seinerzeit die vermeintlichen Vorteile einer Privatisierung öffentlicher Versorgungsunternehmen gepriesen haben. Aber die Welt hat sich verändert und ein stures Festhalten an einer wie auch immer gearteten reinen Lehre darf es heute nicht mehr geben; die Welt hat sich weiter entwickelt. Deshalb müssen wir in vielen Lebensbereichen umdenken und vor allen Dingen – da fordere ich auch die Sozialdemokraten auf – neu nachdenken.