ist, dass in der Anhörung tatsächlich einer der Experten – ich habe es mir damals auch aufgeschrieben – darauf hingewiesen hat, dass das Rüffert-Urteil möglicherweise für die Vergabe von Verkehrsdienstleistungen nicht gilt.
Nun müssen wir uns, wenn wir ein Gesetz machen, sehr sicher sein und absolute Rechtsklarheit haben, die in diesem Moment auf keinen Fall gegeben ist. Ich halte es auch für ein Risiko, wenn wir jetzt in dieser Weise beschließen würden. Aber wenn wir im Wirtschaftsausschuss entsprechende Feststellungen treffen, wird einer Änderung des Gesetzes sicherlich nichts entgegenstehen.
Meine Damen und Herren, das neue Vergaberecht betritt auch Neuland. Mit den neuen Vorschriften Paragraf 3, 3 a und 3 b werden wichtige internationale Verträge für das Vergaberecht umgesetzt. Das sind die ILO-Kernarbeitsnormen und die umweltverträgliche Beschaffung. Die CDU begrüßt diese Vorschriften ausdrücklich. Ich glaube, wir legen damit bei der Weiterentwicklung des Vergaberechtes wieder einen großen Schritt nach vorn zurück.
Ich muss noch den Wunschzettel der Oppositionsparteien abarbeiten. Zu dem Punkt kleinteilige Vergabe im Antrag der SPD-Fraktion. Sie greifen hier einen Gedanken auf, der auch in der CDU-Fraktion schon zu Papier gebracht worden war, um das Gesetz noch mittelstandsfreundlicher zu machen. Ich verweise allerdings auf die Beratungen im Ausschuss. Eine kleinteilige Vergabe ist grundsätzlich gut und zu begrüßen, kann aber auch dazu führen, dass solch ein Gesetz nicht mehr praktisch handhabbar ist und Bürokratiekosten verursacht. Ich erinnere an einen Grundsatz: Bürokratievermehrung ist keine Mittelstandspolitik. Daran muss man wirklich einmal erinnern.
Außerdem gibt es eine Reihe von Vorschriften außerhalb des Vergabegesetzes, die eine kleinteilige Vergabe ermöglichen oder sogar erfordern, zum Beispiel in der VOL-Verdingungsordnung für Leistungen.
Dann haben wir die Koppelung der Auftragsvergabe an Frauenförderung, ein Zusatzantrag der Fraktion DIE LINKE. Hier bin ich etwas anderer Meinung als Sie, Herr Kerstan. Ich glaube doch, dass diese Vorstellung, dass wir Frauenförderung integrieren könnten, ein bisschen praxisfremd ist. Ich stelle mir das als Jurist immer vor, wie das in der Praxis aussehen würde. Das Vergaberecht ist eine Materie, wo ständig Prozesse geführt werden, die
Gerichte werden damit beschäftigt, Konkurrenten klagen. Ich glaube, wenn man im Vergaberecht die Frauenförderung einbringt, dann wird es keine Vergabe mehr ohne jahrelange Prozesse geben. Die Behauptungen, die dann aufgestellt werden können, male ich einmal aus: Es kann dann behauptet werden, in unserem Unternehmen ist eine Frau Geschäftsführerin, in unserem Unternehmen haben wir zwei Frauen in Teilzeit und außerdem haben wir noch einen Mann in Erziehungsurlaub. Wir wollten gerne zwei Buchhalterinnen einstellen, aber leider ist uns die Stellenanzeige verboten worden, weil Stellenanzeigen neutral gemacht werden müssen. Ich glaube nicht, dass all diese Überlegungen, die angestellt werden, nach denen Unternehmen möglicherweise bei Vergaben die Nase vorn haben können durch Frauenförderung, funktionieren werden. Ich denke auch, dass wir uns dort in einem rechtswidrigen Bereich bewegen. Frauenförderung gerne, mit der CDU-Fraktion jederzeit,
Ökologische Kriterien im Vergaberecht, die im Antrag der Fraktion DIE LINKE formuliert sind, sind bereits in vernünftiger Form in Paragraf 3b des Senatsentwurfes umgesetzt.
Die Forderung eines jährlichen Vergabeberichts aus dem Zusatzantrag der LINKEN. Hier denke ich, dass wieder eine Berichtsbürokratie aufgebaut werden soll. Es gibt überhaupt kein Bedürfnis für eine laufende staatliche jährliche Vergabeberichtserstattung. Sie als sozialistische Partei wollen natürlich durch permanenten Ausbau der staatlichen Aufgaben die Staatsquote immer weiter erhöhen. Das verstehe ich natürlich, dass Sie das wirklich wollen. Aber in diesem Punkt gilt das, was Herr Beuß vor einigen Monaten einmal gesagt hat: Wir werden nicht zulassen, dass Sie dieses Land verwüsten. Es wird keinen Bürokratieausbau für eine ständige und permanente Vergabeberichtserstattung geben.
Das ist jetzt der nächste Punkt. Korruptionsregister, Zusatzantrag der SPD-Fraktion. Darüber hatten wir in der letzten Legislaturperiode schon ausführlich debattiert. Ich darf noch einmal die Position der CDU-Fraktion referieren. Wir treten ein für ein überregionales Korruptionsregister, möglichst auf Bundesebene, mindestens aber gemeinsam mit den Nord-Bundesländern.
Korruptionsbekämpfung ist eine überregionale Aufgabe und darf an Ländergrenzen nicht haltmachen. Hamburg hat deshalb einen Antrag im Bundesrat eingebracht, der auch angenommen wurde.
Die Gesetzgebung ist allerdings in Berlin noch nicht zum Abschluss gekommen. Herr Dressel, wenn ich mich recht entsinne, ist die SPD in Berlin in der Regierungsverantwortung und da hängt das Ganze.
Schon in Sichtweite des Towers vom Hamburger Flughafen in Norderstedt gilt dann Ihr Korruptionsregistergesetz nicht mehr. Das können Sie doch keinem Bürger und auch keinem Unternehmen erklären. Das Thema ist komplex und vielschichtig, wie Sie sehen.
Der Senat hat einen modernen, zukunftsweisenden Entwurf vorgelegt. Wir sollten dem zustimmen. – Vielen Dank.
Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren! Ich wollte eigentlich nicht so lange reden,
aber gleichwohl muss man zu einigen Dingen doch noch ein paar Klarstellungen bieten, zum Beispiel, dass es ein überraschender Antrag ist. Überraschend war der ganze Ablauf des Vergabegesetzes – ich gehe gleich noch darauf ein – und insbesondere die sehr späte Sachverständigenanhörung, die Eile, die uns jetzt Ende des Jahres noch zur Verabschiedung des Gesetzes treibt. Aber dass wir einen Antrag stellen, haben wir angekündigt und was sich in dem Inhalt findet, konnte man der Sachverständigenanhörung sehr wohl entnehmen. Insofern nehme ich Ihnen den Überraschungseffekt nicht ganz ab, Herr Kerstan.
Womit Sie recht haben, ist, dass das Vergabegesetz selbstverständlich eine bewegte Geschichte hinter sich hat, aber nicht nur eine bewegte Geschichte, sondern sogar auch Zeugnis eines Bewusstseinswandels ist, denn noch vor drei Jahren wurde das Vergabegesetz insgesamt von der größeren Regierungsfraktion sehr infrage gestellt. Die Tariftreueregelung wurde als Hürde für den freien Wirtschaftsverkehr betrachtet und deshalb hat man das gesamte Vergabegesetz zunächst einmal be
fristet. Doch die Erfahrungen mit dem Vergabegesetz, insbesondere auch die Evaluation und die Stellungnahmen der Kammern, die der großen Regierungsfraktion sehr nahe stehen, haben dann doch überzeugt. So hat man sich Anfang des Jahres zur Verlängerung bereit erklärt und wäre auch zur Tat geschritten, wäre nicht dieses berühmte Rüffert-Urteil gekommen. Mit diesem Rüffert-Urteil ist der Tariftreueregelung dann eine Absage erteilt worden.
Nunmehr ist Eile geboten und das bestehende Gesetz läuft zum 31. Dezember 2008 aus. Anscheinend sind wir uns über alle Fraktionsgrenzen hinweg einig über die Erforderlichkeit der hier eingereichten Senatsvorlage, ungeachtet der Änderungsvorschläge unserer Fraktion, zu denen ich gleich noch komme.
Ich frage mich, ob wir uns in der Sache wirklich so einig sind. Können wir es insbesondere Ihnen abnehmen, sehr verehrte Damen und Herren der CDU-Fraktion, dass Sie es zutiefst betrauern, dass diese Tarifregelung nicht in das Vergabegesetz aufgenommen werden kann? Sind Sie tatsächlich so entrüstet, dass der Europäische Gerichtshof die Tarifbindung nur dort anerkennt, wo eine Allgemeinverbindlichkeitserklärung vorliegt? Das halte ich für nicht gegeben, denn diese Übereinstimmung ist tatsächlich nicht glaubwürdig. Da, wo Sie sich hier als Verfechter der Tariftreue aufspielen und Krokodilstränen vergießen,
haben Sie jede Initiative auf der anderen Seite für einen gesetzlichen Mindestlohn radikal verhindert.
Nämlich nur dort ist Ihnen, verehrte Damen und Herren der CDU, die Tariftreue recht und billig. Dem Mittelstand soll sie zugute kommen, der ansonsten die ausländische Konkurrenz zu fürchten hat. Die Tariftreue ist aber dort viel unbedeutender, wenn es gilt, dass Menschen unwürdig bezahlt werden, dass sie hiervon ihren Lebensunterhalt nicht bestreiten können. Diese Haltung ist meines Erachtens scheinheilig und sogar sehr unsozial, denn hätten wir einen gesetzlichen Mindestlohn, müssten wir uns über die Tariftreue überhaupt keine Gedanken machen, dann würde sie nämlich automatisch gelten.
Insofern schlägt Ihnen hier Ihre eigene Verweigerungshaltung ins Gesicht. Es gibt eben keine geteilte Gerechtigkeit nur für den Mittelstand, sie muss für alle Menschen gelten, insbesondere für die, die davon leben. Darauf wollte ich einige Gedanken verschwendet wissen, bevor wir zu den Einzelheiten des Vergabegesetzes kommen. Das Gesetz selber ist das Minimum dessen, was möglich ist. Es wurde nämlich vor der Sachverständi
Wir als SPD-Fraktion haben mit dem Zusatzantrag die Änderungen eingebracht, die sich aus der Sachverständigenanhörung ergeben haben und die dort von allen Seiten auf Zustimmung gestoßen sind. So viel zum Überraschungseffekt.
Die Änderungen gehen unseres Erachtens immer noch nicht weit genug. Wir stehen weiterhin zur Tariftreue. Doch angesichts eines Gesetzesprozesses, der viel zu spät durch eine Senatsvorlage eingeleitet wurde, eine Sachverständigenanhörung, die nur im engen Zeitfenster durchgepeitscht wurde und nicht mehr beraten werden konnte und die auf der Koalitionsseite völlig ohne Berücksichtigung blieb, muss es unseres Erachtens erst einmal bei diesem Minimalkonsens bleiben.
Nun zu den einzelnen Änderungsregelungen. Die Klausel zum sogenannten entwickelten Wettbewerb sollte entfallen. Das ist unser erster Vorschlag. In der Sachverständigenanhörung wurde deutlich, dass für Auftragnehmer nicht klar ist, wann ein öffentliches Unternehmen am Wettbewerb teilnimmt und wann nicht. Diese Differenzierung ist völlig unklar und sollte deshalb entfallen.
Zur Umsetzung des Urteils des Europäischen Gerichtshofes ist es nicht erforderlich, die Tariftreueerklärung allein auf das Arbeitnehmerentsendegesetz zu beschränken, sondern erlaubt auch eine Bezugnahme auf Allgemeinverbindlichkeitserklärungen nach Paragraf 5 des Tarifvertragsgesetzes. So kann ein Tariflohn zumindest für einige Bereiche gerettet werden. Ansonsten würden nämlich allein die Mindestlöhne verbindlich sein, was eine enorme Benachteiligung der Arbeitnehmer bedeuten würde.
Aus dem EG-Vertrag ergibt sich, dass das Recht des freien Dienstleistungsverkehrs, auf das sich dieses genannte Rüffert-Urteil stützt, nicht auf Verkehrsleistungen anwendbar ist. Das ergibt sich unmittelbar aus dem EG-Vertrag, Artikel 51. Insofern kann die Tariftreue in diesem Bereich uneingeschränkt erhalten bleiben. Das war auch schon deutlich, dass Sie dieser Auffassung zustimmen.
Die Neuaufnahme der Regelung zur umweltverträglichen Beschaffung begrüßen wir generell als SPD-Fraktion. Sie büßt aber einiges an Wirksamkeit ein durch die Beschränkung auf wirtschaftlich vertretbare Maßnahmen. Diese Einschränkungen kann unseres Erachtens entfallen, da der Passus in seinem Wortlaut schon ausreichend unverbindlich gefasst ist und nicht noch weiter beschränkt werden muss.
Die Neufassung der Mittelstandsförderung in Paragraf 4 – Sie haben das schon betont – wurde im gleichen Wortlaut von den Regierungsfraktionen eingebracht und ist damals auch von der SPD unterstützt worden. Es besteht überhaupt kein Grund,
auch nicht nach der Sachverständigenanhörung, auf die Regelungen zur Mittelstandsförderung, nämlich auf die Regelungen über Fach- und Teillose, zu verzichten. Ganz im Gegenteil. Alle Sachverständigen haben diese Vorschrift ausdrücklich begrüßt. Es ist auch wichtig, diese gesetzlich zu verankern, da wir durch eine bloße Bezugnahme auf untergesetzliche Regelungen, nämlich auf die VOL und die VOB, nicht die gleiche Regelungskraft entfalten.