Protokoll der Sitzung vom 10.12.2008

Weder hat man bisher die Schaffung eines entsprechenden Wahlrechts auf kommunaler Ebene für Migrantinnen und Migranten geschaffen, noch wird offenkundig versucht, Einbürgerungen tatsächlich zu ermöglichen. Folgen wir der Empfehlung und dem Standpunkt der Gewerkschaften, Vereine und Organisationen, die seit Jahren das kommunale Wahlrecht für Menschen fordern, die nicht aus EU-Ländern kommen. Heute, am Internationalen Tag der Menschenrechte sollten wir uns

vergegenwärtigen, dass die momentanen Zustände unhaltbar und Änderungen dringend notwendig sind.

(Beifall bei der LINKEN und bei Dr. Andreas Dressel SPD)

Demokratie und Menschenrechte sind untrennbar miteinander verbunden. Es gilt nun, allen Bürgerinnen und Bürgern unserer Stadt zu ermöglichen, an der demokratischen Teilhabe mitzuwirken. – Vielen Dank.

(Beifall bei der LINKEN und der SPD)

Das Wort erhält der Abgeordnete Heintze.

Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen, lieber Kollege Yildiz! Jetzt bin ich verwirrt.

(Harald Krüger CDU: Das war ich die ganze Zeit!)

Ich habe gerade in Ihren Antrag geschaut und mir überlegt, ob wir jetzt einen Antrag haben mit vielen guten Vorschlägen zur Verbesserung der Integrationspolitik des Senats und dieser Stadt. Ich habe kein Wort dazu gefunden. Was ich gefunden habe, war ein Antrag, in dem Sie in der Begründung fordern, dass sich Hamburg der Bundesratsinitiative von Rheinland-Pfalz anschließen möge, das Grundgesetz zu ändern, um das kommunale Wahlrecht in Hamburg zu ermöglichen.

(Beifall bei Christiane Schneider DIE LINKE)

Herr Yildiz, Sie sind am Thema vorbeigegangen mit Ihrer Rede.

(Beifall bei der CDU)

Sie haben kein Wort zu Ihrem eigenen Antrag gesagt. Das ist, finde ich, eine ziemliche Leistung, wenn man sich hier hinstellt und sagt, ich stehe für Integrationspolitik und erkläre dem Senat mal, wie man das macht. Im Antrag steht zwar drin, welche rechtliche Grundlage dafür nötig ist, aber man geht auf die Komplexität dieser Debatte mit keinem einzigen Wort ein und man entzieht sich damit einem wesentlichen Teil der Diskussion. Das ist kein politisch funktionierender Stil.

(Beifall bei der CDU – Christiane Schneider DIE LINKE: Arrogant!)

Dennoch muss ich eines nicht nur für die CDU, sondern sicher auch für die GAL ganz entschieden zurückweisen. Sie sprachen von skandalösen Zuständen in dieser Stadt, was die Einbürgerungspolitik, die Integration und Integrationsleistungen nicht zuletzt der Bezirke und dieser Stadt und ihrer Gremien betrifft. Ich glaube, dies ist eine total falsche Wahrnehmung. Ich nehme eine Menge Erfolge wahr und der Integrationsbeirat, der dieser

(Mehmet Yildiz)

Tage seine Arbeit aufnimmt, ist sicherlich ein Beispiel hierfür.

(Beifall bei der CDU und der GAL – Zuruf von Dr. Andreas Dressel SPD)

Des Weiteren werfen Sie gekonnt Ursache und Wirkung durcheinander. Deswegen würde ich gerne, weil das vermutlich die eigentliche Intention des Antrags ist, die aber grandios verfehlt wurde, zwei Sätze dazu sagen.

Wir sehen in den Anträgen, die heute sowohl von der LINKEN als auch von der SPD vorgelegt worden sind – und daran wollen Sie ja gemessen werden und möchten, dass wir sie hinterher abstimmen –, den sehr untauglichen Versuch, eine Debatte zu inszenieren, wo noch einmal die Unterschiede zwischen CDU und GAL deutlich werden, was die Einwanderungspolitik in Deutschland und das Thema Staatsbürgerschaft betrifft. Da sage ich nur herzlichen Glückwunsch. Allerdings sieht sich jeder, der diese Unterschiede wissen möchte, die Parteiprogramme an. Da stehen sie relativ gut drin. Wir haben sie mehrfach im Wahlkampf verkündet und wenn Sie möchten, tun wir das im Bundestagswahlkampf 2009 noch einmal exklusiv für Sie. Gerne auch mit einer Debatte in der Aktuellen Stunde in diesem Plenum.

(Beifall bei der CDU und der GAL)

Dennoch verstehen wir politischen Diskurs – und politischer Diskurs ist ein Kampfbegriff, den sich die Rechte und auch die Konservativen nicht ausgedacht haben – etwas anders. Wir haben gesagt, dass wir für unsere Position stehen. Das ist überhaupt keine Diskussion. Wir werden heute sicher die Verfassungsdiskussion, auf die Sie mit Ihrem Antrag eigentlich abzielen, noch einmal dezidiert führen können. Das werden wir Ihnen an dieser Stelle ersparen. Wir werden nur eines deutlich machen: Wir haben den Umgang mit unseren unterschiedlichen Positionen im Koalitionsvertrag geregelt. An diese Regelungen halten wir uns. Nach diesem Koalitionsvertrag und nicht nur nach diesem, sondern auch nach dem täglichen politischen Handeln in dieser Stadt stehen sowohl die CDU als auch die GAL für verstärkte Integrationsbemühungen und für ein gutes Miteinander mit unseren ausländischen Mitbürgern mit Migrationshintergrund, ob sie nun schon die deutsche Staatsbürgerschaft haben oder nicht.

(Beifall bei der CDU und der GAL – Christia- ne Schneider DIE LINKE: Die sind doch gar keine Bürger! Die haben doch nicht mal Bür- gerrechte!)

Was das kommunale Ausländerwahlrecht betrifft – und ich denke, an einigen Stellen werden wir heute unterschiedlich für unsere Fraktionen sprechen –, steht für uns die Einbürgerung und damit auch das Wahlrecht am Ende eines erfolgreichen Integrationsprozesses. Wir glauben – und da sind

wir nicht die Einzigen in dieser Republik –, dass letztendlich die Partizipation, also die Mitbestimmung, die vom Volk ausgeht, erst dann erfolgen kann, wenn man eine gemeinsame Basis hat. Diese gemeinsame Basis ist immer dann gelegt, wenn man sagt, ich bekenne mich zu diesem Volk, ich bekenne mich zu der Einbürgerung, ich beantrage die Einbürgerung und dann folgt auch das Wahlrecht.

(Beifall bei der CDU – Dr. Andreas Dressel SPD: Da können Sie ja mal die Einbürge- rung fördern!)

An diesem Standpunkt halten wir fest. Ich erkläre Ihnen auch, warum. Wir werden gleich viele Beispiele aus der EU und anderen Staaten hören, wo gesagt wird, die machen das alle ganz anders.

Ich habe mir einmal Finnland, Schweden und Irland herausgegriffen. Das sind drei Staaten, die nicht dem Ansatz der CDU folgen, sondern das kommunale Wahlrecht gleich für alle haben und dann gucken, wie sie weiter arbeiten. Ich kann Ihnen sagen, wie dort die Wahlbeteiligung der Menschen aussieht, denen das Wahlrecht gegeben wird, um ihnen Partizipation zu ermöglichen.

(Dora Heyenn DIE LINKE: Was hat das da- mit zu tun?)

Die liegt deutlich im einstelligen Bereich und damit sind wir noch nicht einmal in Deutschland. Ich glaube nicht, dass dieses Modell erfolgversprechend ist.

(Beifall bei der CDU)

Ich komme aus Eimsbüttel. Als ich meine politische Karriere im Bezirk begann, gab es einen Ausländerausschuss. Dieser Ausländerausschuss – ich tippe mal, auf Basis Paragraf 47 Aufenthaltsgesetz gegründet – diente genau diesem Ziel, auch die Menschen mit Migrationshintergrund – damals auch noch die Nicht-EU-Bürger – an den politischen Prozessen im Stadtteil zu beteiligen. Ich ging dort für die CDU hin, saß dort mit den Kollegen und wir besprachen viele Dinge, die auch für das Miteinander im Stadtteil gut waren. Nur – und es hat keinen Regierungswechsel in Eimsbüttel gegeben, hier hat die SPD immer noch die Mehrheit – diesen Ausländerausschuss gibt es nicht mehr. Ich würde gerne von den SPD-Abgeordneten erklärt bekommen, warum dieser Ausländerausschuss in der Form wie er gedacht war, dann irgendwann seine Arbeit einstellte.

Ich kenne die Diskussion von damals. Da war ein Punkt, dass das reine Fokussieren auf das Thema Ausländer in einem besonderen Ausschuss nicht als erfolgversprechender Ansatz galt, sondern es sollte ein ressortübergreifender Ansatz werden, wo verschiedenste Diskussionen in allen möglichen Bereichen mit einbezogen werden. Ich glaube, daran arbeiten wir in dieser Stadt. Da wird der Integra

(Roland Heintze)

tionsbeirat auch noch sehr gute Vorschläge machen. Von daher würde ich an dieser Stelle erst einmal abwarten. Ich glaube, die CDU ist zusammen mit den Grünen beim Thema Integration auf einem guten Weg.

(Beifall bei der CDU und der GAL)

Zwei Sätze zum juristischen Dickicht in Berlin. Dort prüfen gerade die SPD und die CDU – an dieser Stelle noch eine neue Koalition –, inwieweit ein kommunales Ausländerwahlrecht verfassungswidrig ist oder nicht, inwieweit die Chancen stehen, das mit einer Verfassungsänderung auf den Weg zu bringen oder nicht. Man prüft ergebnisoffen, aber man tut nichts anderes als die GAL und die CDU in Hamburg in ihrer Koalition tun.

(Dr. Andreas Dressel SPD: Sie wollen ja nicht mal prüfen!)

Man setzt Vereinbarungen der Koalition um. Die Anhörung dazu war gerade letzte Woche. Herr Dressel, lesen Sie das Protokoll. Da stehen auch spannende Anmerkungen Ihrer Fraktionskollegen zu dem Thema, die weit von dem entfernt liegen, was Sie in dem SPD-Antrag beschließen lassen wollen.

(Beifall bei der CDU – Dr. Andreas Dressel SPD: Das glaube ich nicht!)

Von daher muss ich feststellen, dass beide Anträge, sowohl von der LINKEN als auch von der SPD, über die Zeit hinaus sind, auf die Sie gerne zurückgreifen würden. Sie würden gerne auf Anfang Februar zurückgreifen, als es hier einen ähnlich lautenden GAL-Antrag mit deutlich besseren Begründungen in der Kausalität und Nachvollziehbarkeit gegeben hat. Nur das Problem ist, dass die Diskussion auf Bundesebene heute weiter ist. Wir haben nicht mehr Februar 2008, wir haben inzwischen Dezember 2008. In Berlin laufen die öffentlichen Anhörungen. In Berlin stellen sich die Fraktionen zum Thema auf, die Meinungsfindung ist meines Erachtens abgeschlossen und die Entscheidungen laufen in Berlin und in Karlsruhe oder bei der Bundestagswahl 2009, aber sicher nicht mehr in Hamburg. Von daher sind Ihre Anträge hier jetzt nicht mehr zielführend.

(Beifall bei der CDU und der GAL)

Zum Abschluss kann ich deswegen nur sagen, dass die Koalition und auch der Senat sich – das finden Sie im Koalitionsvertrag –, auf Hamburg konzentrieren. Seien Sie sicher, dass wir noch eine Einbürgerungskampagne zum Thema bekommen werden,

(Dr. Andreas Dressel SPD: Wann denn?)

um den von Herrn Yildiz angesprochenen rückläufigen Einbürgerungszahlen aktiv entgegenzuwirken. Das ist auch im Sinne der CDU, wo Einbürge

rung in der Tat ein wichtiges Ziel ist, aber da sind wir uns in diesem Hause auch einig.

Der Integrationsbeirat hat seine Arbeit aufgenommen. Zwölf von neunzehn Mitgliedern kommen aus nicht EU-Regionen. Wir erhoffen uns durch dieses Beispiel von aktiver Beteiligung praktische Vorschläge zur Verbesserung des Miteinanders und der aus unserer Sicht keineswegs skandalösen Zustände in Hamburg. Also die Möglichkeit einer weiteren Aufwertung der Qualität in dieser Stadt bei der Mitwirkung von Migrantinnen und Migranten. Ich kann die Opposition nur auffordern, sich an diesen konkreten Maßnahmen des täglichen Miteinanders zu beteiligen, anstatt hier für die Debatten aus Berlin und Karlsruhe zu werben. Das bringt uns keinen Meter weiter.

(Beifall bei der CDU und der GAL)

Ich gebe das Wort dem Abgeordneten Ciftlik.

Sehr geehrter Herr Präsident, meine Damen und Herren! Herr Kollege Heintze, ich muss zunächst einmal feststellen, dass Sie der Einzige sind, der hier ausgewichen ist. Sie sind maximal ein einziges Mal darauf eingegangen, weshalb Sie notorisch gegen Mehrbeteiligung der hier lebenden Menschen, Mitbürger sind, die keinen deutschen Pass haben. Sie werfen Herrn Yildiz vor, nicht auf seinen eigenen Antrag eingegangen zu sein. Das ist völliger Humbug, das muss ich erst einmal zurechtweisen.

(Beifall bei der SPD und der LINKEN)