Protokoll der Sitzung vom 10.12.2008

Einzig kritisch anzumerken ist, dass der Hamburger Anteil allein aus dem Haushalt der Wissenschaftsbehörde getragen wurde, der darüber hinaus auch noch mit den zehnprozentigen Beteiligungskosten am Röntgenlaser X-FEL belastet ist. In der Konsequenz führte das dazu, dass so gut wie keine Mittel frei waren, um die ebenfalls nötigen Sanierungsarbeiten, zum Beispiel an der Hamburger Universität vorzunehmen. So könnte man überspitzt formulieren, dass die einseitige Belastung des Wissenschaftshaushaltes durch die Finanzierung des UKE-Masterplans auf der anderen Seite zu der baulichen Situation der Universität führte, die die Grundlage zu der Diskussion der Hochschulverlagerung bildet. Zum anderen konnten wir heute in der Zeitung lesen, dass auch der Neubau der HafenCity Universität durch die Freie und Hansestadt Hamburg finanziert werden muss. Dennoch betonen wir, dass wir uns heute über das modernste Klinikum Europas freuen und guter

(Dr. Dorothee Stapelfeldt)

Hoffnung sind, dass der schwarz-grüne Senat mit der baulichen Modernisierung der Universität ernst macht zu einem für die Stadt finanzierbaren Preis. – Danke.

(Beifall bei der GAL und der CDU)

Vizepräsident Wolfgang Joithe–von Krosigk: Das Wort hat Frau Artus.

Herr Präsident, sehr geehrte Herren und Damen! Gestatten Sie es der kleinsten Fraktion in diesem Hause, einen anderen Blick auf den UKE-Masterplan zu werfen.

Das UKE benötigt mehr Geld. 5,3 Millionen Euro werden zusätzlich gebraucht, um die Attraktivität und die Leistungsfähigkeit des Universitätskrankenhauses zu steigern. Das ist einerseits nicht viel Geld in Anbetracht dessen, was die Elbphilharmonie an Mehrkosten frisst, andererseits ist das komisch, weil die Erhöhung der Mehrwertsteuer laut Bericht der Ursprungskalkulation nicht einberechnet wurde. Die Antwort auf diese Problematik, die die Senatsvertreter im Haushaltsausschuss dazu abgegeben haben, ist im Übrigen aus meiner Sicht keine Antwort, weil lediglich begründet wurde, dass es sich nur um eine 1,5-prozentige Erhöhung handele. In der Schule hätten Sie dafür einen Eintrag mit dem Verweis "Frage nicht beantwortet" bekommen, sehr geehrte Herren und Damen.

(Beifall bei Mehmet Yildiz DIE LINKE)

Aber wir sind hier in der Bürgerschaft

(Wolfgang Beuß CDU: Gott sei Dank!)

und Sie haben für die meistens nörgelnde und nachfragende Opposition eine wie auch immer geartete Antwort parat, egal, wie qualifiziert. Eine Bewertung unsererseits juckt Sie augenscheinlich nicht groß.

Mit 5,3 Millionen Euro könnte so manches soziale Projekt finanziert werden. Mit Verlaub: Woher nehmen Sie eigentlich die Kohle? Ist da noch mehr übrig? Wir hätten Vorschläge, wo dringend Geld benötigt wird, zum Beispiel für das Therapiezentrum für Suizidgefährdete, das laut Haushaltsplan keine Förderung in Höhe von 240 000 Euro mehr erhalten soll. Aber hier besteht akuter Bedarf, gerade in Zeiten der Krise.

(Beifall bei der LINKEN)

Das UKE ist ein wichtiges Krankenhaus. Laut Mitteilung des Senats handelt es sich beim UKE nun um eine der modernsten Universitätskliniken Europas, nicht um die modernste, sondern um eine der modernsten mit effizienten Betriebsabläufen. Dies wird nun am Freitag mit einer symbolischen Schlüsselübergabe sicherlich groß gefeiert.

Aber ich kann mich mit diesem Satz dennoch nicht zufrieden geben. Welches Klinikum in Europa ist denn noch moderner?

(Wolfgang Beuß CDU: Keins!)

Warum hat man nicht gleich so modernisiert, dass das UKE das modernste Universitätsklinikum Europas wurde? Das drängt sich mir als Frage auf.

(Wolfgang Beuß CDU: Das wird es doch! – Zurufe von der CDU)

In der Senatsmitteilung steht "eines der modernsten". Vielleicht können Sie darauf in einer Wortmeldung noch einmal eingehen.

Ich empfinde neben den vielen Fakten, die zu lesen sind, auch die Mitteilung des Senats als einen ziemlichen Jubelbericht. Es tut mir leid, dass ich Sie hierfür kritisieren muss, denn Sie haben sich bestimmt viel Mühe mit dem Abfassen der Mitteilung gegeben, aber mir fehlt der andere Teil. Wo hakte es, welche Probleme gab es, womit sind Sie nicht zufrieden? Einseitige Darstellungen machen mich immer skeptisch.

Nun habe ich in einem Bericht in der "Süddeutschen Zeitung" vom letzten Wochenende ein Porträt über einen effizienten Professor gelesen. Der heißt Jörg Felix Debatin, ist UKE-Direktor und Vorstandschef und scheint ein Mann des schnellen Wortes und auch des schnellen Schrittes zu sein. Vor allem scheint er viel von Wettbewerb zu reden. Es entsteht der Eindruck, dass er zu viel darüber redet. Das kann aber auch an der Darstellung in der "Süddeutschen Zeitung" liegen. Man soll auch nicht vorschnell urteilen. Ich finde – wie vermutlich die meisten hier im Raum –, dass es bei jeder Einrichtung, die Geld ausgibt, auch um Wirtschaftlichkeit gehen sollte. Inwieweit dann auch der Wettbewerb im Zentrum der unternehmerischen Planungen stehen muss, stelle ich mal dahin. Da es sich bei Krankenhäusern aber nicht um eine Schraubenfabrik handelt, sondern hier andere Maßstäbe als Wirtschaftlichkeit und Wettbewerb angelegt werden, fehlen mir sowohl in der Mitteilung des Senats als auch im Porträt über Herrn Professor Debatin die notwendigen gesundheitspolitischen Akzente. Vielmehr werden die Schwerpunkte derart gesetzt, dass sich die oder der unbeteiligte Dritte gar nicht mehr vorstellen kann, dass es hier nicht um eine Schraubenfabrik, sondern um ein Krankenhaus geht.

Hüftoperationen werden übrigens nicht mehr im UKE gemacht. So wird Herrn Debatin die Ansicht zugeschrieben, dass die Ärzte zu wenig über Geld reden würden. Meine Güte. Ärzte und Ärztinnen sollen gute Diagnosen stellen, erfolgreiche Operationen durchführen und Menschenleben retten. Oder wurde bislang im Eid des Hippokrates beziehungsweise im Gelöbnis des Weltärztebundes eine Zeile vergessen, in der in etwa steht: Ich gelobe,

(Dr. Eva Gümbel)

das Geld meines Arbeitsgebers soll oberstes Gebot meines Handelns sein.

Derweil ist der Arzt, Professor Dr. Debatin, stolz darauf, dass das Geschäft des UKE – wohlgemerkt das Geschäft – nur noch 15 Prozent Notfälle ausmachen. Wissen Sie, wie das war, als ich mit meiner Tochter neulich nachts um 2 Uhr in die UKENotfallaufnahme kam? Vier Stunden haben wir warten müssen. Vier Stunden, in denen meine Tochter große Schmerzen hatte und kein Arzt stand bereit, sie nach der Erstversorgung einmal genauer anzuschauen und zu helfen. Kann Hamburg eigentlich stolz darauf sein, dass das UKE nur noch 15 Prozent Notfälle hat und dass diese Notfälle stundenlange Wartezeiten in Kauf nehmen müssen? Auch diese 15 Prozent sollen wahrscheinlich noch einmal gesenkt werden, weil Notfälle den Geschäftemachern die Steuerungsprozesse verderben, denn auch darauf legt das Management im UKE allergrößten Wert. Man will eine bewusste – ich zitiere – "Portfolio-Steuerung". So geschwollen reden nicht einmal die Manager, mit denen ich tagtäglich zu tun habe.

(Klaus-Peter Hesse CDU: Mit wem haben Sie denn zu tun?)

Ist das nun der gegenwärtige Geist der Gesundheitsversorgung in Hamburg? Geht es überhaupt noch um Gesundheitsversorgung im UKE? Sprache ist immer auch verräterisch und so wie im Zusammenhang mit der Gesundheitsversorgung in Hamburg von verantwortlicher Seite gesprochen wird, verrät sich hier der Geist der Gewinnerzielung durch Krankheit und Operation und nicht der der Gesundheiterhaltung der Hamburger Bevölkerung durch Unterstützung und beste Ausstattung durch unsere Krankenhäuser.

(Beifall bei der LINKEN)

Der Wettbewerb unter den Krankenhäusern ist im vollen Gange. Schon lange wird nicht mehr von Gesundheitsversorgung geredet, sondern von Gesundheitswirtschaft. Herr Senator Wersich freut sich, wenn möglichst viele reiche Araber nach Hamburg kommen, um sich hier behandeln zu lassen. Nebenbei lassen sie sich einen flotten Flieger in der Lufthansa-Werft ausstatten

(Klaus-Peter Hesse CDU: Freut Sie das nicht? Ist das schlimm?)

und fliegen dann in Gold und Seide und frisch operierter Prostata wieder zurück an den Golf.

(Beifall bei der LINKEN und Zurufe von der CDU)

Nun soll das UKE eine Aufstockung erhalten, aber sind damit auch die Arbeitsplätze, die Qualität der Pflege und die Versorgung der erkrankten Menschen gesichert? In welchem Maß haben sich die Umstrukturierungen auf die Anforderungen ausge

wirkt und wie wurde dem durch Fortbildung und Bezahlung Rechnung getragen?

Seit fünf Jahren – so schreiben die Mitglieder des Aktionsbündnisses Hamburg zur Rettung der Hamburger Krankenhäuser – erleben die Beschäftigten in den Krankenhäusern einen realen Verlust mit Personalabbau und Leistungsverdichtung. Wissen Sie eigentlich, dass es nur noch befristete Arbeitsverträge im UKE gibt, wenn man dort anfängt?

(Elke Thomas CDU: Das ist auch woanders so! Das war schon immer so! Erkundigen Sie sich mal!)

Wissen Sie eigentlich, dass beim UKE nicht erst einmal das Amt für Arbeitsschutz ermittelt hat und in Folge Bußgelder wegen weit überzogener Arbeitszeiten gezahlt werden mussten, weil es sich um Ordnungswidrigkeiten handelte? Wissen Sie, dass die Leistungsverdichtung, insbesondere in den OPs und in der Kinderklinik angestiegen ist, weil nicht genug Personal eingestellt wird?

Glauben Sie, dass man so die Fachkräfte bekommt, die das UKE benötigt, um sich auf den von Ihnen gewünschten Wettbewerb auf dem Hamburger Krankenhausmarkt einstellen zu können? Kurzum: Ich empfinde den Bericht, den Sie abgeliefert haben, als marktschreierisch. Sie verschweigen den Gesamtzustand, indem Sie sich nur diesen einen Teilaspekt herauspicken. Gesundheit ist keine Ware, sehr geehrte Herren und Damen des Senats.

(Beifall bei der LINKEN und vereinzelt bei der SPD)

Aber ich bezweifle, dass Sie diese Aussage teilen. Wie Sie an die Frage von Gesundheit und Entwicklung von Hamburger Krankenhäusern und der Darstellung des UKE herangehen, wundert es mich nicht, dass der Bericht über die ehrgeizigen Ziele des UKE-Direktors im Wirtschaftsteil der "Süddeutschen Zeitung" stand.

Niemand hat vergessen, dass der Senat den Landesbetrieb Krankenhäuser privatisiert und damit den Wettbewerb gezielt angeheizt und befördert hat. Damit haben Sie auch das UKE unter Zwänge gesetzt, die der Gesundheitsversorgung eher schaden als nützen.

Solange Sie keine Anstrengungen unternehmen, die Asklepios-Kliniken in Hamburg wieder zu rekommunalisieren, glaube ich Ihnen nicht, dass Sie es ernst meinen mit einer optimalen Gesundheitsversorgung in Hamburg.

(Beifall bei der LINKEN und bei Wolfgang Rose SPD)

Vizepräsident Wolfgang Joithe–von Krosigk: Wenn keine weiteren Wortmeldungen vorliegen, kommen wir zur Abstimmung. Mir ist mitgeteilt wor

den, dass der Abgeordnete Dr. Peter Tschentscher nicht an der Abstimmung teilnehmen werde.

(Wolfgang Beuß CDU: Betroffener!)

Wer möchte sich der Empfehlung des Haushaltsausschusses anschließen? – Gegenprobe. – Enthaltungen? – Das ist einstimmig so beschlossen.

Es bedarf einer zweiten Lesung. Stimmt der Senat einer sofortigen zweiten Lesung zu?

(Der Senat gibt seine Zustimmung zu erken- nen.)

Das ist der Fall. Gibt es Widerspruch aus dem Hause? – Das ist nicht der Fall.

Wer will den soeben in erster Lesung gefassten Beschluss in zweiter Lesung fassen? – Gegenprobe. – Enthaltungen? – Damit ist der Bericht des Haushaltsausschusses in zweiter Lesung und somit endgültig beschlossen worden.