Protokoll der Sitzung vom 11.12.2008

Günter Frank SPD 1001,

Christiane Schneider DIE LINKE 1002,

Karl-Heinz Warnholz CDU 1003,

Beschluss 1004,

Antrag der Fraktion DIE LINKE:

Wohnungsmarkt in Hamburg – Drs 19/1641 – 1004,

dazu

Antrag der Fraktion der SPD:

"Programm 1.000" – Mehr bezahlbare Wohnungen für Hamburg – Drs 19/1742 – 1004,

Christiane Schneider DIE LINKE 1004,

Heiko Hecht CDU 1005,

Andy Grote SPD 1007,

Horst Becker GAL 1008,

Wolfgang Joithe-von Krosigk DIE LINKE 1009,

Beschlüsse 1011,

Beginn: 15.01 Uhr

Meine Damen und Herren, die Sitzung ist eröffnet.

Wir setzen nun die

Aktuelle Stunde

von gestern fort. Ich rufe das dritte Thema auf, das in der gestrigen Sitzung wegen Zeitablaufs nicht mehr behandelt werden konnte. Angemeldet wurde es von der SPD-Fraktion. Es lautet:

Kostenexplosion Elbphilharmonie: Endlich aufklären und Verantwortung gegenüber Steuerzahlern übernehmen!

Wird das Wort dazu gewünscht? – Der Abgeordnete Dr. Tschentscher bekommt es.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Sie werden fragen, warum die Sozis die Elbphilharmonie schon wieder zur Aktuellen Stunde anmelden, denn wir alle wissen, dass sie teurer wird als gedacht. Ich will Ihnen das beantworten. Monatelang spekulierte die Stadt über die Mehrkosten der Elbphilharmonie, monatelang haben Sie uns, liebe CDU und Herr Bürgermeister, auf einen Termin vertröstet, an dem Sie Klarheit schaffen würden. Der Zeitpunkt schien am 26. November 2008 um 17 Uhr gekommen, aber auch an diesem Termin gab es keine Klarheit über die Mehrkosten und deren Ursachen. Lediglich der Gesamtumfang einer Vereinbarung wurde uns mitgeteilt, der allerdings selbst die kühnsten Pressemeldungen übertroffen hat. 200 Millionen Euro Mehrkosten – die Stimmung im Ausschuss schwankte je nach Fraktion zwischen Sprachlosigkeit und Empörung, vor allem auch über die Art und Weise der Mitteilung. Erst auf Bitte des Vorsitzenden wurde ein Handzettel mit ein paar dürren Zahlen verteilt, ohne jede Erläuterung, nicht einmal ein Datum war enthalten. Ist das Ihre Vorstellung von Transparenz? Die einzig plausible Information war die Mitteilung, Investor und Architekten hätten seit Abschluss der Verhandlungen gute Laune. Das glaube ich ungeprüft, aber es macht mich aus skeptisch. Alles andere war von hinten bis vorn nicht nachvollziehbar.

(Beifall bei der SPD)

Nun will ich nicht länger auf diesem Handzettel herumreiten, denn die Senatorin hat auch eine richtige Drucksache versprochen, und zwar zu einem neuen Termin, zu Weihnachten. Ich will die Gelegenheit nutzen, unsere Erwartung an diese Drucksache mitzuteilen. Sie sollten uns keine pauschalen Verhandlungsergebnisse mehr nennen, sondern zu jeder einzelnen Position der Mehrkosten darlegen, wer sie verursacht hat, ob die Kosten belegt und die Belege geprüft worden sind. Wir

möchten das alles nachvollziehen, denn bei 200 Millionen Euro ist es mit der Rhetorik des Bürgermeisters zu Verkantungen des Projekts nicht mehr getan.

(Beifall bei der SPD)

200 Millionen Euro sind nach unserer Auffassung aus dem Haushalt, also auf dem Rücken der Steuerzahler nicht verantwortungsvoll finanzierbar. 200 Millionen Euro sind auch ein Tiefschlag für all diejenigen, die sich für die Idee der Elbphilharmonie begeistert haben und mit Spenden zum Erfolg eines Projekts beitragen wollten, das nun unter die Räder einer Fehlsteuerung von Bürgermeister, Senatskanzlei und Kulturbehörde geraten ist.

(Beifall bei der SPD)

Der Senat darf gegenüber dem Investor keine Zusagen mehr machen und damit den Entscheidungsspielraum des Parlaments beschneiden, bevor wir ernsthaft über die Vereinbarungen und die weiteren Finanzierungen der Elbphilharmonie beraten können. Ich will Ihnen ein Letztes zu Ihrer Weihnachtsdrucksache sagen. Das war nämlich der merkwürdigste Punkt in der Veranstaltung am 26. November 2008: Wenn Sie, wie der Kulturstaatsrat im Kulturausschuss, dabei bleiben, dass Sie zu den Mehrkosten im kommerziellen Teil des Gebäudes keine Angaben machen wollen, weil uns das nichts angehe, dann wollen Sie uns und die Öffentlichkeit für dumm verkaufen, denn auch diese Kosten trägt die Stadt. Ich erwarte in Ihrer Drucksache klare Angaben zu den Mehrkosten in den kommerziellen Bereichen Hotel, Parkhaus und Gastronomie. Vielleicht sollten wir das gleich heute klären. Ich frage Sie, Frau Senatorin: Welche Kosten fallen über die 200 Millionen Euro hinaus an und wie wirkt sich das für die Stadt aus? Diese Antwort sind Sie dem Parlament schuldig, den Steuerzahlern und im Übrigen auch den Spendern.

(Beifall bei der SPD und der LINKEN)

Das Wort erhält der Abgeordnete Kruse.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Sie haben Recht, wir haben uns alle gefragt, warum die SPD das schon wieder angemeldet hat. Schade, dass Sie es nicht beantwortet haben.

(Michael Neumann SPD: Den Witz hat kei- ner verstanden. Noch einmal, Herr Kruse! Keiner hat gelacht! – Gegenruf von Frank Schira CDU: Sie haben ihn nicht verstan- den!)

Nachdem wir gestern eine Debatte gehabt hatten, in die die SPD recht gut und konstruktiv eingestiegen ist, sind wir jetzt wieder bei einem Stand, wo wir uns fragen müssen, was Sie hier eigentlich tun.

Sie fordern also, dass eine Drucksache des Senats aussagekräftig sein soll.

(Dr. Andreas Dressel SPD: Das ist ja wohl nicht so abwegig!)

Sie wiederholen hier einfach Dinge, die selbstverständlich sind. Passiert es nicht, dann haben Sie alles Recht der Welt, dies zu kritisieren. Aber vorher etwas fordern, was in diesem Fall eine Selbstverständlichkeit ist, etwas zu fordern, das alle Fraktionen im Haushaltsausschuss deutlich gemacht haben? Was soll das? Das ist nicht sehr überzeugend. Was hier völlig nebulös bleibt, ist Ihre Position. Sie sagen nicht, dass Sie dieses Projekt wollen, Sie sagen aber auch nicht, dass Sie es nicht wollen. Da ist die LINKE wesentlich klarer, die Herrn Christo einladen möchte, damit er es ein bisschen verpackt und man in 200 Jahren wieder die Kordel aufschneidet. Das ist immerhin eine Position. Sie haben keine. Ihre Position ist, dass Sie das Projekt bekritteln. Das bringt diese Stadt nicht weiter.

(Ingo Egloff SPD: Sie fahren das Ding an die Wand!)

Sie fordern nun, wir sollten endlich Verantwortung übernehmen. Ich sage Ihnen, wo wir Verantwortung übernommen haben: am Tal-der-TränenPunkt, als die Ergebnisse mit der wesentlichen Verteuerung herausgekommen sind. Dafür haben wir die Verantwortung übernommen. Wir haben auch die Verantwortung dafür übernommen, diese Idee voranzutreiben. Wir hätten uns gewünscht, dass Sie dieses Projekt teilen, weil es dieser Stadt eine unwahrscheinlich große Perspektive bietet. Es gibt Kritik an diesem Projekt, es sei nur etwas für die oberen Zehntausend und die ganz Reichen. Der erste Fehler darin ist, dass Reichtum und Kunstverstand nicht zwingend mit einander einhergehen.

(Michael Neumann SPD: Das sind ja Weis- heiten!)

Das ist übrigens eine Tatsache, für die sich die SPD früher immer unwahrscheinlich eingesetzt hat: Bildung ist Macht. Sollten wir tatsächlich das Problem haben, dass dieses Projekt nur von fünf Prozent der Bevölkerung angenommen wird, müssten wir daran arbeiten.

(Andy Grote SPD: Darum geht es doch heu- te gar nicht!)

Oder wollen Sie behaupten, Bildung sei nichts für die große Masse der Menschen? Das wäre ein Armutszeugnis. Diese Kritik kann ja nicht gelten.

(Ingo Egloff SPD: Sie schmeißen hier Nebel- kerzen und nichts anderes!)

Das ist keine Nebelkerze, weil es noch nicht Silvester ist.

Natürlich wissen wir, dass wir die Spitze einer Pyramide bauen, die eine unwahrscheinliche Ausstrahlung auch in diese Stadt haben wird.

(Michael Neumann SPD: In den Pyramiden werden die Bauherren meistens begraben!)

In die Verlegenheit, dass Sie jemals in einem historisch bedeutsamen Projekt begraben werden, werden Sie nie kommen, weil Sie keine solchen Projekte anregen.

(Beifall bei der CDU)

Aber ich weiß, dass Sie einer der ersten sein werden, die in diesem Projekt dann gern eine schöne Karte haben möchten. Das ist auch in Ordnung.