Protokoll der Sitzung vom 05.03.2009

Das heißt, Sie haben überhaupt keine Ahnung von dem, was tagtäglich draußen passiert, Herr Dr. Dressel.

(Beifall bei der CDU und der GAL)

Wenn Sie so gerne über den vermeintlichen Wasserkopf reden, dann führt gerade Ihr Haushaltsantrag, den Sie vorgelegt haben – wenn man den überhaupt so nennen darf –, dazu, dass wir eigentlich noch viel mehr Wasserkopf bräuchten. Wenn man in einem einzigen Haushaltsantrag neun Evaluationen, Quartals-, Zwischen- oder Abschlussberichte verlangt, dann ist man keine Lösung, sondern höchstens Teil des Problems, Herr Dr. Dressel.

(Beifall bei der CDU und der GAL)

Auch das sei Ihnen gesagt, verehrter Kollege: Berichte und Kleine Anfragen haben in dieser Stadt bisher noch keine einzige Straftat verhindert. Das tut die Polizei tagtäglich, und zwar sehr erfolgreich.

(Beifall bei der CDU und vereinzelt bei der GAL)

Ich glaube, wir sollten uns auch noch einmal einen kurzen Rückblick auf das erlauben, was eigentlich vorher gewesen ist, denn Sie haben uns vorgewor

fen, wir bauten behände Stellen ab. Tatsache ist, dass wir bisher Stellen geschaffen haben, während der letzte SPD-Senat ganz kräftig in dem Bereich gearbeitet hat. Wir wollen uns kurz noch einmal etwas ins Gedächtnis rufen: In der Zeit von 1995 bis 2001 hat der letzte sozialdemokratische Innensenator 457 Polizeivollzugsstellen abgeschafft. Wir haben 700 neue geschaffen. Das ist der Unterschied, verehrte Kollegen.

(Beifall bei der CDU und der GAL)

Wir werden aber auch die Aufgaben unserer Sicherheitskräfte einer ständigen Aufgabenkritik unterziehen müssen. Deshalb haben sich die Koalitionspartner zum Beispiel auf die Einführung von Antikonfliktteams bei Demonstrationen und anderen Großereignissen verständigt. Der Staat muss auch weiterhin Garant bleiben für eine umfassende öffentliche Sicherheit.

Der Staat muss aber auch die Frage stellen dürfen, ob zum Beispiel Wochenende für Wochenende Polizisten Überstunden machen müssen, damit Profifußballvereine, die einen Jahresumsatz von mehr als 130 Millionen Euro haben, Ligaspiele durchführen können. Er muss sich die Frage stellen dürfen, ob es eigentlich noch vertretbar ist, dass ein Polizeimeister mit A 7 Wochenende für Wochenende seinen Kopf im wahrsten Sinne des Wortes hinhält, damit dieser Profiverein einem gleichaltrigen Jungprofi eine Millionengage zahlen kann. Diese Frage werden wir in den nächsten Wochen und Monaten gemeinsam diskutieren müssen.

(Dr. Andreas Dressel SPD: Dann können Sie unserem Antrag ja zustimmen!)

Aber um es ganz klar und deutlich zu sagen, ich will nicht falsch verstanden werden. Die Polizei ist gerne weiterhin bereit, gewerblichen Großveranstaltern in dieser Stadt bei Sicherheitsfragen zu helfen und die öffentliche Sicherheit zu garantieren. Aber ob dies zukünftig noch umsonst geschehen kann, will ich ganz offen und ganz deutlich infrage stellen.

Um auf das einzugehen, was eben von dem Kollegen Dr. Dressel eingeworfen wurde, auf seinen Deckungsvorschlag: Ich sage Ihnen ganz offen, wir sind in der Frage durchaus auf demselben Weg. Wer aber meint, ein solches Thema mit einem Achtzeiler – mit einem unscharfen Auftrag an den Innensenator in der Innenministerkonferenz – abhandeln zu können und dabei sagt, er habe zwar keine Ahnung, was an Geld hereinkommt, aber das mache man einmal so eben, der hat sich aus der verantwortlichen Politik verabschiedet, Herr Dr. Dressel. Das wollen Sie eigentlich gar nicht.

(Beifall bei der CDU und der GAL)

Die öffentliche Sicherheit in dieser Stadt besteht nicht nur aus Polizei, sondern aus vielen Akteuren. Dazu gehört vor allem – und die ist komischerwei

se größtenteils ausgelassen worden von dem Kollegen Dressel – die Feuerwehr. Sowohl unsere Berufsfeuerwehr als auch die vielen Freiwilligen Wehren leisten jeden Tag eine tolle Arbeit für die Bürger dieser Stadt. Das kann man nicht häufig genug sagen.

(Beifall bei der CDU, der GAL und bei Dr. Andreas Dressel SPD)

Darin werden wir sie als Regierungskoalition weiterhin tatkräftig unterstützen. Wir tun es im Besonderen, indem wir den strukturellen Personalproblemen bei der Berufsfeuerwehr entgegenwirken, indem wir in den nächsten zwei Jahren 40 neue Stellen schaffen werden.

Aber auch dabei ist der Blick zurück nicht ganz daneben. In den Jahren 1995 bis 2001 hat der SPD-Senat insgesamt 186 Stellen bei der Hamburger Berufsfeuerwehr abgebaut. Wenn wir diese Stellen heute noch hätten, verehrter Herr Kollege, bräuchten Sie keine Krokodilstränen mehr zu weinen. Sie haben die heutigen Strukturdefizite verursacht, wir beseitigen sie.

(Beifall bei der CDU und der GAL)

Aber auch die Freiwilligen Feuerwehren werden wir in den nächsten Jahren verstärkt unterstützen, indem wir ihnen 3 Millionen Euro zusätzlich für die Ersatzbeschaffung von Katastrophenschutzfahrzeugen zur Verfügung stellen.

Zu den besonderen Herausforderungen der Innenpolitik wird auch in den nächsten Jahren der nationale und internationale Extremismus gehören. Die schwarz-grüne Koalition wird den daraus resultierenden Anforderungen gerecht werden, indem sie zwei neue Stellen für das Landesamt für Verfassungsschutz ausweist. Insbesondere im Bereich des Rechtsextremismus müssen auf hohem Niveau weiterhin verfassungsfeindliche Strömungen beobachtet werden. Aber hierbei reichen, verehrter Kollege Dressel, keine Sonntagsreden aus, dass Nazis unerwünscht seien.

(Dr. Andreas Dressel SPD: Wir haben einen Antrag vorgelegt!)

Man muss handeln und wir haben gehandelt, indem wir zwei neue Stellen geschaffen haben, Sie nicht.

(Beifall bei der CDU und der GAL)

Wenn wir über Handeln reden, dann wollen wir auch einmal über den Weg einiger sozialdemokratischer Innenminister reden, die sich in der letzten Woche aus der Beobachtung der NPD verabschiedet haben. Auch hierzu muss man deutlich sagen: Es bedarf keiner sozialdemokratischer Sonntagsanträge, es bedarf eines konkreten Bekenntnisses zur Verantwortung und dieses Bekenntnis ist die SPD wieder einmal schuldig geblieben.

Die wehrhafte Demokratie darf Verfassungsfeinde nicht ungehindert wirken lassen. Der Hamburger Senat wird sich mit Sicherheit weder von Herrn Rieger noch von seinen anderen Konsorten auf der Nase herumtanzen lassen. Deshalb werden wir beim Verfassungsschutz weitere Stellen schaffen.

(Dr. Andreas Dressel SPD: Dann können Sie unserem Antrag zustimmen!)

Die schwarz-grüne Koalition ist sich ihrer Verantwortung für Sicherheit und Freiheit der Menschen in dieser Stadt durchaus bewusst. Wir werden die Erfolgsgeschichte nicht verlassen, wir werden sie stetig fortsetzen. Es mag sein, dass CDU und Grüne nicht immer der gleichen Meinung sein werden, aber wir sind uns unserer gemeinsamen Verantwortung, die wir in diesem Bereich haben, durchaus bewusst. Wir werden uns gerne intern manchmal auseinandersetzen, aber wir werden auch gemeinsam gute und beste Wege finden, Probleme zu lösen, denn im Gegensatz zu Ihnen sind wir bereit, für die Menschen in dieser Stadt Verantwortung zu übernehmen. Wir haben Lösungen, Sie haben keine Lösungen. Sie sind bei den Wegen von gestern und vorgestern, wir sind die Zukunft.

(Beifall bei der CDU und der GAL)

Das Wort bekommt Frau Möller.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Den Abschlusssatz von Herrn van Vormizeele kann ich gar nicht mehr toppen.

(Vereinzelter Beifall bei der GAL und der CDU – Hans-Detlef Roock CDU: Das war klasse!)

Ich fange deswegen einmal ganz anders an. Wir sind schlicht und einfach mittendrin in der Arbeit. Was wir tatsächlich nicht tun, Herr Dressel, ist, jeden Morgen die Polizistinnen und Polizisten zu zählen,

(Dr. Andreas Dressel SPD: Das sollten Sie aber!)

so wenig wie zum Beispiel die Schulbehörde jeden Morgen die Lehrerinnen und Lehrer zählt

(Dr. Andreas Dressel SPD: Sie sollten die Lehrer zählen!)

oder wie vielleicht die Finanzbehörde jeden Morgen die Finanzbeamtinnen und Finanzbeamten zählt, weil das in Wirklichkeit nicht das Entscheidende ist bei der Innenpolitik. Das Entscheidende ist doch, dass man den Aufgaben, die sich verändern, die an der einen Stelle wachsen und an der anderen Stelle weniger werden, gerecht werden kann. Und das tun wir mit unserem Haushaltsan

(Kai Voet van Vormizeele)

satz und auch mit der Innenpolitik, die wir vereinbart haben für diese Stadt.

(Beifall bei der GAL und der CDU)

Wir setzen vor allem die politischen Verabredungen um, arbeiten die einzelnen Punkte des Koalitionsvertrags ab und bringen dabei auch strukturelle Änderungen auf den Weg und die dauern natürlich selbstredend etwas länger. Wenn ich einmal daran erinnern darf, ohne dass das natürlich jeden interessieren muss, so steht im Koalitionsvertrag, dass ohne Personalaufstockung dezentral, flexibel, kurzfristig und zeitlich begrenzt an bestimmten Standorten mehr polizeiliche Präsenz gezeigt werden soll. Das bedeutet schlicht und einfach strukturelle Veränderungen.

Sollten wir eine Pause machen, damit Herr Dr. Dressel medienwirksam unterkommt?

(Dr. Andreas Dressel SPD: Gelegentlich könnten Sie sich mit dem Inhalt bekannt ma- chen!)

Solange Sie die Presse bedienen, Herr Dr. Dressel, muss ich nicht Rede und Antwort stehen.

Die Evaluation der Organisation ist das Entscheidende und nicht die Zahl der Polizistinnen und Polizisten. Und diese Evaluation ist nicht mit einem Fingerschnippen zu bewältigen. Der Ansatz jedoch ist das Entscheidende und dieser ist allemal wirksamer als die wöchentliche Forderung nach neuen, angeblich so dringend benötigten Polizistinnen und Polizisten.

Herr van Vormizeele hat schon sehr deutlich gesagt, dass in den Anträgen der Koalition der Bedarf, der zurzeit notwendigerweise gedeckt werden muss, gedeckt wird. Und dieser wird dabei helfen, die Arbeiten, die sich strukturell verändert haben, auch umzusetzen. Dazu gehören unter anderem das Verkürzen der Wartezeiten bei den DNA-Analysen und die Stärkung der Arbeit des Verfassungsschutzes – das ist der nächste Punkt, an dem wir arbeiten –, jeweils versehen mit aus unserer Sicht wichtigen politischen Signalen – ob die Opposition das teilt, weiß ich nicht – wie zum Beispiel der Stärkung des parlamentarischen Kontrollausschusses, des PKA; wir haben neulich gerade darüber debattiert. Auch beim Thema DNA-Analyse setzen wir der Anwendung des Instruments Grenzen. Das reizt zum Lachen, ist inhaltlich aber nicht ganz ohne Belang.

Der Kampf gegen Rechts: Herr Dr. Dressel, Sie haben sich darüber beschwert, dass wir Ihren Antrag nicht überweisen. Ich erlaube mir darauf hinzuweisen, dass das auch ohne Antrag schon längst eine gemeinsame Aufgabe ist, der sich auch alle hier im Haus angenommen haben.

(Beifall bei der GAL und der CDU)

Die Arbeitsstelle Vielfalt wird ihre Arbeit aufnehmen und das Thema NPD-Verbot wird uns nicht nur im Bundestagswahlkampf beschäftigen, sondern sicherlich auch weiterhin Thema bleiben. Das ist übrigens ein Beispiel dafür, wie sozusagen auch der Streit stattfinden kann in der Koalition in diesem Haus, indem man nämlich durchaus mit unterschiedlichen politischen Ansätzen sich auf gemeinsame Notwendigkeiten einigen kann.