Die Arbeitsstelle Vielfalt wird ihre Arbeit aufnehmen und das Thema NPD-Verbot wird uns nicht nur im Bundestagswahlkampf beschäftigen, sondern sicherlich auch weiterhin Thema bleiben. Das ist übrigens ein Beispiel dafür, wie sozusagen auch der Streit stattfinden kann in der Koalition in diesem Haus, indem man nämlich durchaus mit unterschiedlichen politischen Ansätzen sich auf gemeinsame Notwendigkeiten einigen kann.
Ein kleiner Exkurs vielleicht noch einmal zu Ihrem Antrag, wo Sie völlig ohne jede Überprüfung der Sinnhaftigkeit und des Erfolgs der vorhandenen Instrumente – also ob tauglich oder nicht und wofür sie denn eigentlich eingesetzt werden – schlicht und einfach drei Stellen für Informatiker und Informatikerinnen bei der TKÜ fordern,
ohne die Evaluation abzuwarten. Ich schlage vor, wir reden demnächst über die Evaluation und dann reden wir auch darüber, ob hier eine Verstärkung notwendig ist oder nicht.
Interessant ist auch Ihre harte Kritik an der polizeilichen Führungsebene. Das mit den Wollmützen war tatsächlich eine Posse, da gebe ich Ihnen recht. Da haben sich die Beteiligten selbst diskreditiert. Ansonsten bevorzugen wir allerdings den sachlichen Ansatz Organisationsstrukturuntersuchung und Evaluation. Auch für die Fachhochschule der Polizei gilt, dass eine Überprüfung notwendig ist. Die Gespräche dazu haben begonnen, sie wird stattfinden. Das heißt, ich sage es noch einmal, wir sind mitten in der Arbeit.
Dies bezieht sich im Übrigen auf das Stichwort "Verweildauer an bestimmten Dienststellen". Da wird nicht ganz klar, was Sie eigentlich wollen. Einerseits möchten Sie bestimmte Personen aus bestimmten Positionen entfernen, sprich obere polizeiliche Führungsebene, andererseits möchten Sie die Verweildauer verlängern, wenn es um bestimmte Kommissariatsleiter geht. Entscheidender ist es doch, sich um die Strukturen und um das, was tatsächlich vor Ort notwendig ist, zu kümmern, also noch einmal das Stichwort: Organisationsstruktur untersuchen.
Ich weiß nicht, ob wir eine zweite Rederunde haben; aber so wie es das Ausländerrecht vorsieht, gehört auch das Thema Umgang mit Flüchtlingen in den Bereich der Innenbehörde. Und hier möchte ich gern ein kleines Beispiel dazu vortragen, was auch ohne Koalitionsvertrag möglich ist. Hier hatte Hamburg einen Ansatz gestartet, der weit über das hinaus gegangen ist, was andere Innenminister wollten. Wir sind leider gescheitert, aber immerhin. Es geht um das Thema Resettlement von irakischen Flüchtlingen.
Sie haben das vielleicht verfolgt, wenn es denn für Sie interessant war. 2500 Flüchtlinge wird Deutschland aufnehmen. Hamburg hatte die Initiative gestartet, hier 5000 Flüchtlinge aufzunehmen. Das ist gescheitert an vielen, auch sozialdemokratischen Innenministern und am Bundesinnenminister Schäuble.
Jetzt haben wir damit – und das ist auch wieder interessant – ein Thema, das natürlich vor allem sozialpolitische Auswirkungen haben wird. Hier wird ein Willkommens-, ein Integrationspaket entwickelt, das neue Wege für die Aufnahme von Flüchtlingen weisen könnte, ohne die Flüchtlinge, die ins Asylverfahren gehen, dabei auszugrenzen oder aus dem Auge zu verlieren. Neue Chancen ohne Koalitionsvertrag, das ist ein guter Ansatz bei diesem Thema.
Die Härtefallkommission arbeitet im Übrigen in der Bilanz erfolgreich. Der Flüchtlingsrat streitet eigentlich immer für eine gute Sache. Die Zuspitzung bezüglich der Unterbringung in Horst und die etwas zweifelhaften Trophäen, die an drei Senatsmitglieder verliehen worden sind, finde ich allerdings relativ verkämpft. Es bleibt dabei, dass 30 Plätze in Horst belegt und keine Familien dorthin verbracht werden. Insgesamt können wir hier nicht mehr tun, solange der Vertrag gültig ist.
Das Thema Dauer der Einbürgerungsverfahren haben wir schon mehrfach angesprochen, der Antrag wird dazu beitragen, die Bearbeitungszeiten zu verkürzen.
Ein Thema, bei dem wir längst nicht so weit sind, wie wir sein wollten, um das hier nicht zu verhehlen, ist das Thema Grundrechte der Menschen in der Illegalität. Hier sind wir im Gespräch und auch hier sind wir in Arbeit, um das einmal deutlich zu sagen. Die Gesundheitsversorgung und das Recht auf Bildung wollen wir auch in Hamburg gewährleistet sehen.
Kurzes Fazit bei viel zu wenig Zeit für dieses Thema: Es ist fahrlässig, so zu tun, als ob wir uns vor allen Gefahren durch Kriminalität schützen könnten. Das Maßhalten in der Innenpolitik ist SchwarzGrün bisher gelungen. Öffentliche Debatten um einzelne Themen stören nicht den politischen Frieden, sondern unterstützen die Entwicklung von Lösungen. Unsere Idee einer Innenpolitik ohne Scheuklappen sollten sich alle Akteurinnen und Akteure angewöhnen. Ich wünsche mir, dass wir uns im nächsten Wahlkampf die platten Parolen ersparen und in diesem Haus natürlich ohnehin. – Vielen Dank.
Meine Damen und Herren, Frau Präsidentin! Eine der spannenden Fragen der schwarz-grünen Regierungsbildung war ja, ob es der GAL gelingen könnte, den seit Schwarz-Schill lädierten Grund- und Menschenrechten in Hamburg wieder mehr Geltung zu verschaffen.
Die bisherige Bilanz fällt dünn aus und das schlägt sich auch im Haushalt nieder. Ich will das exemplarisch an einigen Punkten zeigen.
Erstens: Anders als Sie, Frau Möller, meine ich, dass sich im Umgang mit den Flüchtlingen nicht so sehr viel verändert hat, von Ausnahmen abgesehen. Nicht umsonst ist Innensenator Ahlhaus im November letzten Jahres von den Jugendlichen ohne Grenzen zum Abschiebeminister 2008 ernannt worden.
Mit Stichtag 1. November 2008 hatten nicht einmal 13 Prozent der lange in Hamburg lebenden Flüchtlinge eine Aufenthaltserlaubnis bekommen.
Von den Festlegungen und Prüfaufträgen im Koalitionsvertrag ist meiner Meinung nach bisher wenig erledigt. Sie verweisen auf etwas, das man vielleicht noch nicht weiß, aber dann weiß man es nicht und erfährt es vor allem auch nicht. Ein Beispiel, das erfährt man allerdings: Noch immer werden Flüchtlinge nach Horst verbracht. Niemand zwingt Sie, 30 Flüchtlinge dorthin zu verlegen. Auch wenn der Vertrag nicht gekündigt ist, muss man keinen dorthin schicken, und unserer Meinung nach darf kein einziger Flüchtling nach Horst verlegt werden.
Ein weiteres Beispiel ist die Gesundheitsversorgung für illegal hier lebende Menschen, ein Prüfauftrag im Koalitionsvertrag. Sie haben gesagt, Sie arbeiten daran und man sieht, wo gearbeitet wird. Seit einigen Wochen organisiert die Ärztekammer eine Kampagne für die Gesundheitsversorgung illegal hier lebender Menschen, es wird dazu eine Berliner Bundesratsinitiative geben. Wir fordern den Senat auf, diese zu unterstützen. Dabei geht es darum, dass Menschen ohne Papiere anonymisierte Krankenscheine bekommen sollen. Das ist eine gute Initiative, ich weiß nicht, warum Hamburg sie nicht schon längst aufgegriffen hat.
Ein ganz trauriges Kapitel sind die minderjährigen unbegleiteten Flüchtlinge. Sie sind in der Feuerbergstraße untergebracht, und zwar hinter einem monströsen Zaun, den abzureißen dem Senat zu teuer ist; das ist schändlich.
Und zwar werden sie in der Feuerbergstraße untergebracht, weil die Plätze in der Erstversorgung von 450 im Jahre 2001 auf 14 bis heute abgebaut worden sind. Das ist die Ursache dafür, dass junge Menschen in die Feuerbergstraße hinter den Zaun verlegt werden.
Zweiter Punkt: Auch bei der Integration von Migrantinnen und Migranten gibt es keine großen Fortschritte. Es sind keine Anstrengungen erkennbar, die drastisch gesunkene Zahl der Einbürgerungen zu erhöhen. Der Haushalt schreibt auch niedrige Planzahlen für 2009 und 2010 fest. Dazu kommt noch eines, worauf die SPD in ihrem Antrag verweist. Viele junge Migranten haben die doppelte Staatsbürgerschaft, sie werden durch die Optionspflicht gezwungen, sich nach Erreichen der Volljährigkeit für eine der beiden Staatsbürgerschaften zu entscheiden.
Viele werden auf diese Weise die deutsche Staatsbürgerschaft verlieren. Auch das ist kein gutes Zeichen für die Integration. Wir fordern den Senat auf und appellieren insbesondere an die GAL, sich auf Bundesebene für die Abschaffung des integrationsfeindlichen Optionsmodells einzusetzen und auf Hamburg-Ebene die Bedingungen für die Einbürgerung deutlich zu verbessern. Neue Stellen allein, wie Sie sie beantragen, lösen das Problem nicht, wenn es kein Konzept gibt. Deshalb werden wir auch dem Antrag nicht zustimmen, solange kein Konzept erkennbar ist.
Damit komme ich drittens zum Bereich der eigentlichen Innenpolitik und – das ist für uns ganz wesentlich – zum Bereich der Grund- und Bürgerrechte. Hier prallen – ich will zunächst etwas Grundsätzliches sagen – zwei konträre Auffassungen hart aufeinander. Wir gehen in der Innenpolitik von den Bürgerrechten aus. Wir verstehen die Bürgerrechte als Grundfreiheiten und Abwehrrechte gegen staatliche Eingriffe. Deshalb verstehen wir Sicherheit in erster Linie als Gewissheit der dem Individuum verbürgten Freiheit. Dagegen steht eine Politik, wie sie von der CDU vertreten wird, die unter Berufung auf die Sicherheit nahezu ununterbrochen die staatlichen Eingriffsermächtigungen ausweitet
und die das Verhältnis von Bürgerinnen und Bürgern auf der einen und dem Staat auf der anderen Seite immer mehr in Richtung Staat verschiebt. Leider spielt der große Koalitionspartner mit dem kleinen auf diesem Feld der Grund- und Freiheitsrechte Katz und Maus.
Typisch dafür ist die jüngste Auseinandersetzung um die Handlungsanweisung, einen Leitfaden des Polizeikommissariats 14 zur Vertreibung von Personen und Personengruppen aus der Innenstadt. Liebe Kolleginnen und Kollegen von der GAL, Sie müssen zugeben, Sie waren davon überrascht. Wir haben das an die Öffentlichkeit gebracht, Sie waren überrascht. In der Koalitionsvereinbarung, und das müssen Sie sich tatsächlich selber zuschreiben, ist beides vereinbart. Wenn ich das einmal zu interpretieren versuche, wurde von Ihrer Seite eingefügt, dass es keine Vertreibung von Randgruppen geben soll, andererseits aber wurde von der CDU eingefügt, dass die ordnungsrechtlichen Regelungen ausreichend Handhabe auch für Vertreibung bieten.
Festzustellen ist, dass das politische Ziel, das die GAL vertritt, auf Polizeiebene einfach unterlaufen werden kann und unterlaufen wird, wie die Auseinandersetzung um die Handlungsanweisung gezeigt hat. Und was ist dann passiert – das ist eine spannende Frage –, als die Handlungsanweisung an die Öffentlichkeit kam? Man führte Gespräche, es knirschte, das kam ein bisschen in die Presse, doch nach dem zweiten Gespräch verkündete man in trauter Eintracht, durch unglückliche Formulierungen seien Missverständnisse aufgetaucht – Herr Ahlhaus hat gleich hinterhergeschickt: Missverständnisse bei der GAL –, die nun aber beseitigt seien. Ein Absatz wurde aus der Handlungsanweisung gestrichen – schön. Und was passierte weiter? Schon am nächsten Freitag, es war der letzte Freitag, ging die Polizei, so stand es in der "Hamburger Morgenpost", gegen Punks auf dem Rathausmarkt vor.
Es stimmt, Frau Möller, Sie haben es mindestens zweimal in einem Interview gesagt, dass CDU und GAL innenpolitisch in unterschiedlichen Welten leben. Sie haben gesagt, wenn man sich respektiert, kommt man auch ganz gut miteinander aus. Da melde ich meine Zweifel an.
In dieser Koalition nämlich ist die innenpolitische Welt der GAL so etwas wie das Second Life, eine virtuelle Welt, in der man sich alles schön zurechtmachen kann, wie man es möchte. Aber wie auch sonst im Second Life kann man das erste, das reale Leben zwar ausblenden, aber es verschwindet nicht.
Er lässt sich durch keine Koalitionsrücksicht davon abhalten, immer mal wieder den Bundeswehreinsatz im Innern zu fordern und damit den politischen Boden für diesen Einsatz vorzubereiten oder die Online-Durchsuchung für Verfassungsschutz und Polizei zu fordern oder auch die ethnische Herkunft von Tatverdächtigen in der PKS verankern zu wollen. Wir sehen in diesen ständigen Vorstößen eine äußerst gefährliche Tendenz, die es nicht nur in Hamburg, sondern bundesweit und weltweit gibt und die der italienische Philosoph Giorgio Agamben als "Regieren mit dem Ausnahmezustand" bezeichnet hat. Wir werden allen solchen Vorhaben, wie Bundeswehr im Innern oder Recht auf OnlineDurchsuchung für Verfassungsschutz und Polizei, unseren Widerstand entgegensetzen.
Auch die GAL protestiert regelmäßig, das erkenne ich an, und hält damit auch ihr Image als Bürgerrechtspartei aufrecht. Aber die wichtige Frage, die sich die GAL gefallen lassen muss, lautet: Was passiert eigentlich in Hamburg? Eine auch nur annähernd grundlegende oder wenigstens deutliche Veränderung gegenüber den letzten Jahren ist nicht festzustellen. Der auch in Hamburg betriebene Ausbau zu einem präventiven Sicherheitsstaat auf Kosten der Grund- und Freiheitsrechte ist nicht gestoppt. Das Grundrecht auf Versammlungsfreiheit ist in einem anhaltend schlechten Zustand. Die beiden Polizeigesetze, die als die härtesten in Deutschland bezeichnet werden können, sind ein Jahr nach den Wahlen noch nicht einmal entsprechend der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts angepasst; das mag dauern, aber ein Jahr ist viel.