Protokoll der Sitzung vom 01.04.2009

(Beifall bei der CDU und bei Jens Kerstan GAL)

und zwar für alle Kinder, auch für diejenigen, denen es nicht so gut geht, wie wir uns das wünschen. In dieser Hinsicht sind wir in den letzten Jahren gemeinsam sehr viel weiter gekommen und ich denke da auch durchaus an die Zusammenarbeit im Sonderausschuss zurück. Wir haben viel bewegt und man muss erst einmal die positiven Dinge sehen, die wir angeschoben haben. Ich bin der Auffassung, dass wir auch in Zukunft gemeinsam sehr viel mehr bewegen können, als uns nur in gegenseitigen Vorwürfen zu ergehen.

(Beifall bei der CDU)

Es ist kein guter Umgang miteinander, wenn wir uns gegenseitig Vertuschungen, Tricks, Täuschereien und Lügen vorwerfen oder das mit Populismus oder Profilierungssucht beantworten. Das Thema ist ungeeignet, um so einen scharfen Ton anzuschlagen. Der öffentliche Eindruck, der dadurch entsteht, wird der Sache nicht gerecht, denn

wenn wir das Kindeswohl ernst nehmen, dann sollten wir gemeinsam versuchen, für die Kinder in unserer Stadt etwas zu erreichen. Damit das gelingt, müssen wir erst einmal zu einem sachlichen Ton untereinander kommen, sonst klappt das Ganze von vornherein nicht.

(Beifall bei der CDU und vereinzelt bei der GAL)

Ich stimme Ihnen zu, dass der Staat – Sie haben es so nicht gesagt, aber ich fasse es einmal mit meinen Worten zusammen – ein staatliches Wächteramt für die Kinder in unserer Stadt hat. Ich finde auch, dass der Senat und die Behörden und die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter dieses sehr ernst nehmen und durchaus gute Arbeit machen; das möchte ich ausdrücklich festhalten.

Vorsorgeuntersuchungen als solches – den Eindruck teile ich – sind für sich alleine genommen kein Wundermittel. Wenn wir das verbindlich machen, dann können wir damit nicht alles verhindern. Der Weg mit einem Einladewesen und der Nachkontrolle, dass die Jugendämter bei denjenigen, die nicht gekommen sind, schauen, warum sie nicht gekommen sind, ist ein guter Weg, wo wir viel erreichen können. Ich glaube, dass wir durchaus zu Erfolgen kommen können und es zu einer Verbesserung kommt.

Ich möchte noch einmal die Ausschussberatungen von gestern Revue passieren lassen. Sie erwecken ein bisschen den Eindruck, als wollten wir etwas unter den Tisch kehren; das ist aber mit Sicherheit nicht der Fall. Uns ist an einer umfassenden Aufklärung gelegen und es gab auch schon eine Sondersitzung des Ausschusses. Es wird eine weitere Sitzung am 21. April geben, in der wir uns intensiv mit dem Fall befassen werden. Nur bin ich davon überzeugt, dass es der Sache nicht dienlich ist, wenn wir uns hypothetisch darin ergehen und sagen, man könnte und müsste und sollte. Vieles ist noch gar nicht klar, sondern wir müssen uns am 21. April umfassend informieren und dann kommen wir wesentlich weiter, als wenn wir uns jetzt im Hypothetischen ergehen.

(Beifall bei der CDU und der GAL)

Ich will ausdrücklich dem Eindruck entgegentreten, dass zwar ein Sonderausschuss eingesetzt wurde, aber nichts in Gang gekommen sei. Wir haben zum Beispiel im Dezember das 22. Eltern-Kind-Zentrum eröffnet, es gibt zahlreiche Familienhebammenprojekte. Wir haben eine Qualitätsoffensive bei den Allgemeinen Sozialen Diensten. Wir haben die Fortbildung intensiviert. Wir haben 80 bis 100 Stellen mehr als noch vor einigen Jahren und vakante Stellen werden sofort besetzt. Es sind sozusagen alle Mann an Bord. Früher war das eher ein Bereich – ich will Ihnen das als SPD gar nicht zum Vorwurf machen, das war auch in anderen Bundesländern so –, in dem

(Britta Ernst)

munter gestrichen worden ist, und es gab zahlreiche Vakanzen. Das hat sich grundlegend geändert und das ist ein Erfolg der vergangenen Legislaturperiode, den ich noch einmal unterstreichen möchte. Wir haben intensiv daran gearbeitet und die Mittel erheblich aufgestockt.

(Beifall bei der CDU)

Auch in diesem Jahr haben wir mehr Fälle und dem wird Rechnung getragen; wir haben 30 zusätzliche Stellen geschaffen und werden damit dem steigenden Bedarf gerecht. Insofern wird hier nicht irgendwie kaufmännisch gespart, wie das vorhin gesagt wurde, sondern die Stadt investiert massiv in diesen Bereich. Aber auch die Hilfen zur Erziehung sind in den letzten Jahren deutlich angestiegen; natürlich auch bedingt durch ein verändertes Verhalten der Bevölkerung.

(Carola Veit SPD: Ja, das kürzen Sie doch jetzt wieder!)

Arbeitsabläufe werden verbessert, wir haben eine Fortbildungsoffensive, es gibt konkrete Orientierungsleitfäden und, und, und. Es sind also in dem Bereich zahlreiche Maßnahmen eingeleitet worden, ich kann das im Rahmen der Aktuellen Stunde nicht alles aufzählen. Ich will nur eines deutlich machen: Wir haben intensiv gearbeitet und investiert.

Wir sollten wieder zu einem vertrauensvollen Umgang miteinander zurückfinden, zu einer fairen Zusammenarbeit und ich könnte mir vorstellen, dass in der nächsten Sitzung des Familienausschusses am 21. April dazu Gelegenheit ist. Lassen Sie uns gemeinsam für Hamburgs Kinder handeln.

(Beifall bei der CDU und der GAL)

Das Wort bekommt Frau Heitmann.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Frau Ernst, ich weiß nicht, ob Sie immer nur die erste Seite der Tagesordnung lesen, wenn Sie uns hier vorwerfen, der Senat oder die Koalition insgesamt würden sich dagegen sperren, ein verbindliches Einladewesen zu fordern. Wenn Sie einmal weiterblättern in Ihrer Tagesordnung, dann sehen Sie, dass später auch noch ein Antrag von uns auf der Tagesordnung steht und auch hier debattiert wird, der ein verbindliches Einladewesen für U6 und U7 einführen möchte. Ich werde später darauf eingehen, wie er ausgestaltet ist und warum er so ausgestaltet ist wie er ist.

Ich finde es okay, dass Sie uns bis zu einem gewissen Grad treiben wollen, aber nicht okay finde ich – das möchte ich noch einmal ganz klar betonen –, dass Sie das immer wieder in Zusammenhang mit dem Todesfall der kleinen Lara stellen

und in der öffentlichen Debatte dadurch eine Scheinsicherheit vorgaukeln, die es so einfach nicht gibt.

(Beifall bei der GAL und der CDU)

In diesem Fall ist die Ursachen- und Fehlerforschung immer noch nicht abgeschlossen und, Herr Yildiz, das möchte ich auch noch einmal sagen, es ist keine Sparmaßnahme des Senats, wenn die Betreuung im September von zehn auf fünf Stunden abgesenkt wurde, sondern das war eine Entscheidung des Jugendamts in Hamburg-Mitte in Zusammenarbeit mit dem Träger, die die Situation so eingeschätzt haben, dass keine weiteren Aufstockungen möglich waren.

(Glocke)

Erste Vizepräsidentin Barbara Duden (unterbre- chend): Frau Heitmann, gestatten Sie eine Zwischenfrage von Frau Veit?

Nein, ich möchte jetzt keine Zwischenfrage von Frau Veit zulassen.

(Beifall bei Robert Heinemann CDU)

Noch einmal zu den Tatsachen, warum ich es erschreckend finde, wenn Sie uns diese Sicherheit durch die U-Untersuchungen vorgaukeln. Erstens hätte – das wurde schon mehrfach erwähnt – die letzte Vorsorgeuntersuchung der kleinen Lara Ende November bis Anfang Dezember angestanden. Ob damals schon zu erkennen gewesen wäre, dass sie im März so stark abgemagert sein würde, dass sie möglicherweise daran stirbt, kann hier wohl niemand sagen.

(Arno Münster SPD: Doch, das kann man sagen! Da haben Sie keine Ahnung von!)

Zweitens – das möchte ich noch einmal deutlich betonen – hat die Verbindlichkeit von U-Untersuchungen zum Ziel, Fälle von Vernachlässigung überhaupt erst zu erkennen. Aber im Fall von Lara waren Mutter und Kind schon längst in staatlicher Obhut und daher bedarf es einer sehr viel genaueren Untersuchung, was in diesem Fall eigentlich schief gelaufen ist.

(Beifall bei der GAL und der CDU)

Meine Damen und Herren! Bis heute Mittag wusste ich nicht so recht, was Sie, liebe SPD, eigentlich mit der Verbindlichkeit der U-Untersuchungen meinen,

(Arno Münster SPD: Sag' ich doch, dass Sie keine Ahnung haben! – Carola Veit SPD: Das hätten Sie doch nachlesen können!)

bis dann der Zusatzantrag kam, der gezeigt hat, dass Sie auch ein verbindliches Einladewesen möchten, und zwar für alle U-Untersuchungen. Möchten Sie wirklich auch für die U1 und die U2,

(Egbert von Frankenberg)

die schon im Krankenhaus durchgeführt werden, einen solchen bürokratischen Aufwand?

(Ingo Egloff SPD: Wissen Sie eigentlich, was Sie da erzählen? – Glocke)

Erste Vizepräsidentin Barbara Duden (unterbre- chend): Falls es Irritationen gibt, das Wort hat ausschließlich Frau Heitmann.

– Danke schön.

Herr Wersich hat schon darauf hingewiesen, dass überhaupt noch keine verlässlichen Untersuchungen aus den anderen Bundesländern vorliegen, inwieweit mit dem verbindlichen Einladewesen die Familien, um die es hier geht, zuverlässig erreicht werden und durch die U-Untersuchungen mögliche Vernachlässigungen und Misshandlungen erkannt werden können. Aber wir sind gerne bereit, uns dies im Ausschuss in einer Expertenanhörung und auch die gemachten Erfahrungen in den anderen Bundesländern darstellen zu lassen. Dann können wir ergebnisoffen darüber diskutieren, ob man auch in Hamburg zu einer möglichen Ausweitung kommen kann.

Liebe Frau Veit, wenn Sie meine Kollegin Frau Blömeke der Lüge bezichtigen,

(Carola Veit SPD: Natürlich!)

weil sie gesagt hat, dass im Ausschuss einvernehmlich beschlossen wurde, solange es keine neuen Tatsachen im Fall Lara gäbe, würde dieser Punkt nicht wieder auf die Tagesordnung genommen, möchte ich Ihnen doch einmal raten, das Wortprotokoll dieses Sonderausschusses zu lesen. Zum Glück haben wir eines anfertigen lassen und das kommt wahrscheinlich demnächst. – Vielen Dank.

(Beifall bei der GAL und der CDU)

Das Wort bekommt Frau Artus.

Frau Präsidentin, sehr geehrte Herren und Damen! Ich glaube, wir Versammelten sind uns darin einig, dass eine sehr gründliche Untersuchung erforderlich ist und man sich die dafür nötige Zeit nehmen muss, um herauszufinden, woran das Kind in Wilhelmsburg letztendlich gestorben ist.

(Stephan Müller CDU: Ganz genau!)

Aber was bis dahin passiert und was künftig passieren soll, darüber wird hier vortrefflich gestritten. Deswegen möchte ich auch noch einmal die Sichtweise der LINKEN dazu darlegen. Voran ein Zitat:

"Nachts liege ich wach, denke an die Kinder, die ich betreue, und habe Angst, dass etwas Schlimmes passiert."