[Bericht des Haushaltsausschusses zum Thema: Sachstandsbericht zur HSH Nordbank (Selbst- befassungsangelgenheit) sowie über die Drucksache 19/2428:HSH Nordbank:Strategische Neuausrichtung (Senatsan- trag) – Drs 19/2617 –]
Hierzu liegt Ihnen als Drucksache 19/2693 in einer Neufassung ein gemeinsamer Antrag der Fraktionen der SPD, CDU und GAL vor.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Auf Antrag des Senats beraten wir heute über die Neustrukturierung der HSH Nordbank. Es geht darum, eine Anstalt öffentlichen Rechts zu gründen, in die Hamburg 1,5 Milliarden Euro Eigenkapital durch Kreditaufnahme bereitstellt und die 5 Milliarden Euro garantiert zur Rettung der HSH Nordbank.
Bevor man inhaltlich über die Punkte redet, muss man eines feststellen: Das ist die größte Summe, über die diese Bürgerschaft jemals beschlossen hat. Wir alle wissen, dass diese Entscheidung sehr weitreichende Folgen haben kann.
Es ist noch nicht lange her, dass in den USA auch eine Entscheidung getroffen wurde, Banken zu stützen oder in die Pleite gehen zu lassen. Wir alle haben erlebt, welche katastrophalen Folgen es hatte, als man zuließ, dass eine systemrelevante Bank pleite gegangen ist. Aus einer Rezession in den USA wurde eine weltweite Banken- und Wirtschaftskrise, die Hunderttausende, ja sogar Millionen Arbeitsplätze vernichtete.
Eine ähnliche Entscheidung müssen wir heute treffen über die HSH Nordbank, die zehntgrößte Bank Deutschlands in der größten Volkswirtschaft Europas. Wenn man sich diese Entscheidung ansieht, muss man gleichzeitig sagen, dass wir diese sehr schwierige und weitreichende Entscheidung zu einem Zeitpunkt treffen müssen, in dem sehr große Unsicherheit herrscht, wo man nicht die notwendige Klarheit hat, wie die Situation ist und wie die Zukunft aussehen wird. Nichtsdestotrotz müssen wir heute eine Entscheidung treffen.
bar sind und so große Risiken enthalten, dass man sie gar nicht mehr genau einschätzen kann, dass der Finanzmarkt, wie unser Bundespräsident es genannt hat, ein Monster geschaffen hat, das Risiken beinhaltet, ist das keine einfache Entscheidung.
Ich glaube, ich spreche heute nicht nur für mich, den finanzpolitischen Sprecher der GAL, sondern auch für die anderen finanzpolitischen Sprecher, die für ihre Fraktionen die Entscheidung vorbereiten mussten und auch Empfehlungen vorbereiten mussten. Ich muss Ihnen persönlich sagen, mir ist es sehr schwergefallen, die Entscheidung zu treffen, meiner Fraktion zu empfehlen, diesem Rettungspaket zur HSH Nordbank zuzustimmen. Aber dennoch, bei Abwägung aller Fakten und Daten, bin ich zu der Entscheidung gekommen, dass es keine verantwortbare Alternative gibt, diese Bank zu retten, wenn wir den Haushalt der Hansestadt Hamburg, die Steuerzahler vor unzumutbaren Lasten bewahren wollen und verhindern wollen, dass mit dem Untergang der HSH Nordbank Tausende von Firmen in den Konkurs gehen und Hunderttausende Arbeitnehmer ihre wirtschaftliche Existenz verlieren. Vor diesem Hintergrund gibt es keine verantwortbarere Alternative, als heute die HSH Nordbank zu retten.
Ich kann das heute auch mit gutem Wissen und Gewissen empfehlen, weil es in den letzten Wochen gelungen ist – und wir alle im Haushaltsausschuss haben das in langen Sitzungen und langen Akteneinsichten tun müssen– , uns mit den Inhalten zu beschäftigen und wir jetzt die Daten und Informationen vorliegen haben, die wir für eine verantwortbare Beurteilung und Entscheidung auch brauchen. In der Expertenanhörung im Haushaltsausschuss haben auch alle Experten diese Aussage getroffen. Aufgrund dieser Daten können und müssen wir jetzt eine Entscheidung treffen.
Alles, was wir gelernt haben, zeigt eigentlich eines: Die Alternative zur Rettung der HSH Nordbank, die Schließung der Bank oder eine kontrollierte Abwicklung, wie auch immer man das handhaben würde, hätte ein vielfach höheres Risiko als dieses Rettungspaket, das wir heute beschließen. Deshalb führt an dem Versuch, die Bank zu retten, kein Weg vorbei. Wenn wir es nicht tun, wäre der Preis, den wir alle zahlen müssten, um ein Vielfaches höher.
Betrachten wir einmal die Alternative, die Schließung der HSH Nordbank. Es geht hier um eine Bank mit einer Bilanzsumme von mehr als 200 Milliarden Euro, das sind 75 Prozent des Bundeshaushalts der Bundesrepublik Deutschland. Hamburg und Schleswig-Holstein und die Sparkassen müssen für 64 Milliarden Euro über die Gewährträ
gerhaftung bürgen. Bei Schließung der Bank würden die Vermögenswerte der Bank verkauft und von dieser Summe abgezogen. Nach Einschätzung der uns vorliegenden Daten würde dann eine in bar von den Ländern zu begleichende Summe zwischen 38 und 58 Milliarden Euro übrigbleiben. Hamburgs Anteil daran ist 30 Prozent.
Aber das ist noch nicht das Ende der Geschichte, denn es handelt sich um eine gesamtschuldnerische Haftung. Die Sparkassen in Schleswig-Holstein könnten ihre Summe nicht aufbringen, im Gegenteil. Wenn sie ihre Anteile an der HSH Nordbank über Nacht auf Null abschreiben müssten, dann wären alle Sparkassen Schleswig-Holsteins pleite. Schleswig-Holstein müsste, weil es auch dort eine Gewährträgerhaftung gibt, für die Sparkassen bürgen. Die Zinsen für die Kredite zur Begleichung dieser Verpflichtungen, die Schleswig-Holstein aufnehmen müsste, könnte es wahrscheinlich mit seinen laufenden Einnahmen nicht mehr begleichen und würde zahlungsunfähig.
Dann würde Hamburg eintreten müssen und für die gesamte Summe von 64 Milliarden Euro haften müssen. Ob Hamburg eine solche Last tragen könnte, ist sehr fraglich. Ich sage es nur einmal zum Vergleich. Wir haben im Moment 22 Milliarden Euro Schulden in dieser Stadt, fast eine Verdreifachung, die dazu obendrauf käme. Deshalb ist es nicht nur vertretbar, sondern auch absolut notwendig zu versuchen, diese Bank zu retten.
Lassen Sie mich bei dieser Gelegenheit auch mit einzelnen Legenden aufräumen, die, je öfter sie wiederholt werden – auch von ehemaligen Ministern von Landesregierungen –, nicht wahrer werden.
Dieses Rettungspaket müssen Hamburg und Schleswig-Holstein allein schultern, weil der Bund zu keinem Zeitpunkt im Prozess bereit war, einen Beitrag dazu zu leisten. Das kann ich deshalb ganz deutlich sagen, weil wir Grüne eigentlich am Anfang zur Bedingung machen wollten, dass Hamburg seinen Beitrag nur dann leiste, wenn auch der Bund wie bei der Dresdner Bank, der Commerzbank oder anderen Banken seinen Beitrag leiste. Aber wir haben es mittlerweile schriftlich von der Bundesaufsicht und auch vom Bundesfinanzministerium bekommen, dass der Bund daran nicht interessiert ist, dass er nicht bereit ist, diese Bank zu retten, auch wenn er selber sagt, das es eine systemrelevante Bank sei. Deshalb führt kein Weg daran vorbei, dass Hamburg heute und Schleswig-Holstein am Freitag unsere Entscheidung allein treffen.
Wir haben es hier mit einer wirklich existenziellen Situation nicht nur für die Bank, sondern auch für die beteiligten Bundesländer zu tun. Deshalb finde
ich es gut, dass wir diese Entscheidung zusammen in dem Sinne treffen, zwischen Opposition und Regierungsfraktionen gemeinsam Verantwortung zu übernehmen, weil ich glaube, dass angesichts einer solchen Situation parteipolitische Profilierungsversuche oder das übliche Spiel Opposition/Regierung verfehlt sind.
Ich muss Ihnen sagen, meine Damen und Herren von der SPD, dass Sie der Versuchung widerstanden haben, dort einen harten, unverantwortlichen Oppositionskurs zu fahren, sondern bereit sind, mit dem Zusatzantrag gemeinsam mit uns an dem Ziel der Rettung der Bank und der Abwendung des Schadens von Hamburg zu arbeiten, dafür möchte ich Ihnen ausdrücklich meinen Respekt aussprechen.
Dass das nicht selbstverständlich ist, zeigt der Blick in unser Nachbarland Schleswig-Holstein, wo sogar eine Regierungskoalition vor einer großen Zerreißprobe angesichts einer so weitreichenden Entscheidung steht.
Wenn ich vorhin gesagt habe, dass eigentlich alle, die mit den Zahlen und Daten der HSH Nordbank vertraut sind, erkannt haben, dass kein Weg an der Rettung dieser Bank vorbeiführt, dann ist das natürlich nur ein Teil der Wahrheit. Die Fraktion der LINKEN wird heute dieses Rettungspaket ablehnen.
Ich möchte Sie noch einmal fragen, ob Sie wirklich bereit sind, diese Verantwortung zu tragen. Sie betonen sehr das Risiko, das mit dieser Rettung verbunden sei. Niemand von uns, und auch wir tun das nicht, kann garantieren, dass diese Rettung wirklich gelingen wird, denn das hängt nicht nur von dem Konzept der Bank ab, von dem alle Experten sagen, dass es tragfähig sei, sondern auch davon, was mit der Weltwirtschaft passiert, ob die ganzen Konjunkturpakete in Deutschland, in Europa und in der Welt greifen oder ob wir vielleicht sogar eine Weltwirtschaftskrise analog der Dreißigerjahre bekommen.
In einer solchen Situation zu sagen, die Rettung könne sowieso nicht gelingen, der Absturz sei unvermeidlich, man solle nur nicht den Rettungsversuch wagen, sondern einen Anlauf nehmen und freiwillig in den Abgrund springen und dabei in Kauf zu nehmen, dass Tausende von Firmen pleite gehen und Hunderttausende von Menschen hier in dieser Region den Arbeitsplatz verlieren, das ist nicht der übliche verbale Radikalismus der LINKS-Fraktion, sondern das ist wirklich für die Existenz vieler Menschen dieser Region gefährlich
Wir versuchen heute nicht, eine Spielwiese für Landespolitiker im Landesbankwesen zu erhalten. Es ist auch kein Einknicken vor einer Banklobby oder vor Bankern, die diese Krise erst verursacht haben. Wir müssen die HSH Nordbank retten, weil eine Insolvenz viele unbeteiligte Menschen ins Elend reißen würde.
Es ist der Versuch, angesichts eines furchtbaren wirtschaftlichen Jahres, das vor uns liegt, dafür zu sorgen, dass dieses Jahr nicht in der Katastrophe endet. An dieser Entscheidung führt kein Weg vorbei und darum bitte ich Sie alle dringend, diesem Antrag zuzustimmen. – Vielen Dank.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Herr Kerstan sprach es an, wir haben heute eine Entscheidung von sehr großer Tragweite zu treffen. Es geht um insgesamt 13 Milliarden Euro. Die Senatsvorlage hatten wir am vergangenen Donnerstag durch einen Antrag der Koalitionsfraktionen im Haushaltsausschuss ergänzt. Damit haben die CDU und die GAL deutlich gemacht, dass die Bürgerschaft als Haushaltsgesetzgeber eine sehr große Verantwortung trägt. Diese Verantwortung geht angesichts des Volumens weit über die üblicherweise zu fassenden Beschlüsse hinaus.
Die SPD hat auch einen eigenen Antrag erarbeitet und sich damit ihrer parlamentarischen Verantwortung gestellt. Über diesen Zusatzantrag haben wir in den letzten zwei Tagen intensiv diskutiert. Trotz aller Unterschiede zwischen Regierungsfraktionen und der größten Oppositionsfraktion haben wir heute früh in der politischen Bewertung einen gemeinsamen Antragstext entwickelt. Damit fassen wir unsere Beschlüsse zur Rettung der HSH Nordbank zusammen.
Auch wenn mir aufgetragen worden ist, nicht allzu viel Lob auszuschütten, möchte ich Ihnen, Herr Neumann und Herr Dr. Tschentscher, für die konstruktiven Gespräche danken.
Durch den Antrag der Koalition im Haushaltsausschuss und jetzt durch den gemeinsamen Antrag wird das Selbstverständnis der Bürgerschaft deutlich, dass auch inhaltlich sehr intensiv an der Rettung der HSH Nordbank mitgearbeitet worden ist. Wir stellen nicht nur das Geld bereit, wir wollen auch mehr Transparenz und mehr Kontrolle und das kann aus parlamentarischer Sicht nur gut sein.
es um eine vergleichbare Größenordnung. Trotzdem kann man die heutige Entscheidung natürlich nicht mit der Abstimmung über den Haushalt vergleichen. Beim Haushalt kennen wir die Gegenleistung und er ist im Prinzip ständig korrigierbar.
Heute stimmen wir eher über einen Hoffnungswert ab, eine Entscheidung, die wir nicht, auch nicht teilweise, zurücknehmen können. Wir wissen nicht, wie sich die Weltwirtschaft entwickelt, also bleibt es ein Risiko. Aber wenn wir jetzt nicht handeln, droht uns ein viel größeres Risiko. Uns droht ein Schaden, der die Existenz der beiden norddeutschen Bundesländer gefährden könnte. Dabei spielt es keine Rolle, dass unser nördlicher Nachbar in einer erheblich schwierigeren finanziellen Situation ist als Hamburg.
Einige Worte zur Sachverhaltsdarstellung, zur Chronologie der Krise der HSH Nordbank: Die Bank hat in den vergangenen Jahren insgesamt mehrere 100 Millionen Euro an Hamburg abgeführt. Auch das gehört zur Wahrheit und darüber haben sich, glaube ich, alle sehr gefreut. Aber wie diese beträchtlichen Gewinne zustande gekommen sind, wurde zu wenig hinterfragt.