Protokoll der Sitzung vom 22.04.2009

Damals haben einige in der CDU und vor allem in der GAL dagegen opponiert, heute ist das ein Erfolgsmodell und die Argumente von damals, der Staat dürfe doch den Familien die Kinder nicht wegnehmen, höre ich überhaupt nicht mehr, ganz im Gegenteil hört man nur noch eine Bitte: Mehr Betreuung muss her.

Wir haben das deshalb 2005 mit unserer Volksinitiative für mehr Kindergartenplätze und bessere Kinderbetreuung auch aufgegriffen. 178 000 Unterschriften in der zweiten Stufe – das als Messlatte für alle, die gerade gesammelt haben oder demnächst sammeln werden – haben dazu geführt, dass wir als Opposition es geschafft haben, die Kinderbetreuung in Hamburg gegen den energischen Willen der CDU erheblich zu verbessern.

(Beifall bei der SPD)

Insofern ist hier mit unserer Hilfe einiges auf den Weg gekommen. Seit PISA allerdings haben auch die Schulpolitiker die Kinderbetreuung und die Kindertagesstätte entdeckt, denn wir alle wissen, Lernen nur in der Schule ist zu wenig, gerade in unseren Halbtagsschulen reicht das einfach nicht. Das Erfolgsmodell für die Zukunft heißt, beides zusammenzuführen und schon vor und auch nach der Schulzeit weiterzulernen. Hier hat die EnqueteKommission klar den Ausbau von Bildungsangeboten im Kita-Bereich verlangt.

(Michael Neumann)

Das alles zeigt, dass Hamburgs Kinderbetreuung ausgebaut und verbessert und vor allem mit der Schule zusammengeführt werden muss, am besten unter anderem in Bildungsgärten, die alle diese Einrichtungen unter einem Dach zusammenfügen.

Ihre derzeitige Politik greift diese Bekenntnisse auf, aber bisher nur auf dem Papier. Erst einmal soll ja die Schulreform umgesetzt werden und erst in einem zweiten Schritt sollen über die sogenannten Bildungskonferenzen nach den Sommerferien auch die anderen Träger beteiligt werden. Erst mit Verzögerung sind zu den Regionalen Schulentwicklungskonferenzen Vertreter von Kitas eingeladen worden, die dort aber, so berichtet man aus vielen Schulentwicklungskonferenzen, in Wahrheit als Gäste eher ein Mauerblümchendasein führen. Hier zeigt sich nach unserer Auffassung das alte Ressortdenken: Erst einmal plant die Schulbehörde und später, wenn sie fertig ist, werden die anderen beteiligt; das zeigt sich auch an den Schulen selber.

Wir alle wissen, dass die Grundschulen in Zukunft für die Primarschule viel Platz brauchen, die Schulbehörde ihrerseits aber Neubauten vermeiden will. Kein Wunder, dass in dieser Zwangslage jetzt viele Schulleiter und auch Elternvertreter auf den Hort der Schule blicken: Braucht denn der wirklich die Räume, die man eigentlich für die Primarschule dringend braucht? Ich höre immer wieder aus Regionalen Schulentwicklungskonferenzen das Wort von den schulfremd genutzten Horträumen. Könnte man die nicht auslagern, ist da der Gedanke. Wir sagen an dieser Stelle: Das wäre grundfalsch. Horte gehören an die Schule und sie müssen dort sogar ausgebaut werden.

(Beifall bei der SPD)

Wie groß die Raumnot an den Grundschulen ist, wollte die SPD mit ihrer Großen Anfrage genauer untersuchen. Die Anfrage, die seitenlang Tabellen auflistet, ergibt doch ein ganz plastisches Bild.

(Zuruf von Christiane Blömeke GAL)

Man kann da schon Zahlen herausfinden, Sie müssen sich nur die Mühe machen, aber ich werde es Ihnen kurz erläutern.

Wir brauchen 2156 Klassenräume, das allein ist schon viel, aber weitere 680 Räume an den derzeitigen Grundschulen sind vermietet und vergeben für 94 Kitas und Horte; also schon an der Hälfte beinahe aller 200 Grundschulen sind solche Nutzungen vorhanden. Weitere 302 Klassenräume brauchen die Kinder der Vorschule, und – man höre und staune – Elternschulen, pädagogische Mittagstische und andere Nutzer wie Sportvereine, Jugendhäuser haben noch einmal 131 Räume angemietet. Also zu den 2100 normalen Klassen 1 bis 4 kommen fast 700 Räume oder an jeder Grundschule drei bis vier Räume dazu, die für diese Zwecke vermietet werden. Wir finden das rich

tig, aber nun kommt das Problem. Wie geht es jetzt weiter?

Wir brauchen noch viel mehr Platz auch für viele segensreiche Dinge, die wir uns gemeinsam ausgedacht haben. Die Verkleinerung der Schulklassen führt zum Beispiel dazu, dass man circa 60 bis 100 zusätzliche Klassenräume benötigt. 270 zusätzliche Räume bräuchte es, wenn wir die Vorschule, wie im Koalitionsvertrag festgelegt, regelhaft für das ganze Jahr einführen; zurzeit sind nur etwas mehr als die Hälfte der Kinder eines Jahrgangs in der Vorschule. Wenn der Bedarf an Hortplätzen weiter zunimmt, kommen noch einmal 250 Räume dazu. Eigentlich ist das allein schon eine ganze Menge. Ich will aber noch daran erinnern, dass wir die Kinder aus den Sonder- und Förderschulen integrieren wollen. Natürlich werden die Sonderschulen dann im Gegenzug frei, aber auch diese Integration wird eine Raumbewegung zur Folge haben. Bis zu 1000 zusätzliche Räume sind an den Grundschulen notwendig, um diese richtigen und guten Reformideen umzusetzen.

Bei diesen Fakten muss man jetzt prüfen, woher man die Räume bekommt. Wir haben schon immer gedacht, das wird schwierig, aber die Schwierigkeiten sind in Wahrheit doppelt so groß, denn jetzt wollen wir auch noch 25 000 Schüler der Klassenstufen 5 und 6 ebenfalls in diese Grundschulen integrieren, das macht noch einmal rund 1100 Klassenräume. Zusatzbedarf gegenüber dem Jetzt-Zustand: 2200 plus X. Eigentlich wird es noch mehr, denn die ganzen guten Unterrichtsideen, die wir haben, brauchen alle Räume, auch die Idee mit Bildungshäusern und Elternschulen, das kostet alles eher mehr als weniger Räume. Also, ganz knapp im Kopf gerechnet: 2800 Räume haben wir jetzt voll und 2200 sollen dazu kommen. Wie wollen die das bezahlen, wie wollen die das organisieren, fragt sich da die Opposition. Das ist immerhin fast eine Verdoppelung.

Wir gucken in den Haushaltsplan und sehen, dass 40 Millionen Euro im Bauetat gestrichen werden. Das ist spannend. Fragt man den Senat, wie schafft Ihr das weitgehend ohne Neubauten, erhält man zur Antwort, irgendwie wird sich das zurechtrütteln und am Ende zahlt es das Konjunkturprogramm der Bundesregierung. 70 oder 100 Millionen Euro schaffen alles Mögliche, aber niemals diese enormen Summen. Ich sage nur, da staunt der Fachmann und der Laie wundert sich, wie das alles klappen soll.

Deshalb haben wir klare Forderungen.

Erstens: Schule und Betreuung gehören zusammen. Die Planung muss deshalb Hand in Hand gehen, Ziel sind integrierte Angebote von Schule und Kita.

Zweitens: Die Betreuungsangebote dürfen bei der jetzigen Reform nicht unter die Räder kommen.

Hamburg braucht zusätzliche Hortplätze an den Schulen und keine Verdrängung der Horte aus den Schulen.

Drittens: Wir erwarten vom Senat ein klares Bekenntnis und auch gegenüber den ganzen Ideen der Regionalen Schulentwicklungskonferenzen klare Worte. Hort und Schule gehören zusammen und müssen zusammen ausgebaut und weitergeführt werden. Wir erwarten hier auch klare Planungen, wie das Ziel eigentlich erreicht werden kann, und nicht immer nur den lockeren Hinweis auf das Konjunkturprogramm der Bundesregierung.

(Beifall bei der SPD)

Zum Schluss will ich nur kurz sagen: Ich habe auch ein Bürgerbüro und da melden sich viele Eltern. Natürlich geht es immer um Schulpolitik, aber das Thema Hort liegt weit vor allen anderen Fragen. Es ist erstaunlich, welche Brisanz und welcher Zündstoff in diesem Thema stecken. Deswegen erwarten wir auch in Zukunft, dass die Regierung selber Planungen auf den Tisch legt, wie die Horte ausgebaut und wie sie an den Schulen ausgebaut und mit Schule verzahnt werden können.

Das sind unsere Forderungen, wir sind gespannt, wie das funktionieren wird. – Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD)

Das Wort bekommt Herr Freistedt.

Sehr geehrter Herr Präsident, meine Damen und Herren! Die eben aufgeworfenen Fragen

(Präsident Berndt Röder übernimmt den Vorsitz.)

sind sicherlich Fragen, die diskutiert werden, aber gerade weil sie diskutiert werden, haben wir die Regionalen Schulentwicklungskonferenzen eingeführt, um gemeinsam mit Eltern, Schülern und Verwaltung diese Dinge zu diskutieren.

(Zurufe von Wilfried Buss und Uwe Grund, beide SPD)

Es ist gut, wenn wir davon Abstand nehmen, im Vorhinein Bestimmungen festzulegen, Größen festzulegen, die diese Regionalen Schulentwicklungskonferenzen einschränken. Ganz klar ist auch, dass keine Betreuungsangebote, die wir bisher haben, eingeschränkt werden, sondern sie werden ausgebaut. Wir wissen ganz genau, dass dieses ein Anliegen aller hier im Parlament vertretenen Fraktionen ist. Deshalb bauen Sie bitte keinen Popanz auf, irritieren Sie nicht die Bevölkerung mit irgendwelchen Andeutungen, dass etwas nicht klappen würde, sondern gehen Sie davon aus, dass wir, wenn in zwei Monaten die Ergebnisse der Regionalen Schulentwicklungskonferenzen

vorliegen, dann gemeinsam als Fraktionen mit einem Vorschlag in die Öffentlichkeit gehen und Ihnen zeigen werden, was wir alles machen können und wo wir eventuell tatsächlich Veränderungen, Anbauten und Umbauten vornehmen müssen.

Die angestrebte Schulreform muss natürlich die Interessen von Kitas und von Horten berücksichtigen. Wir wollen diese Zusammenarbeit, die Intensität dieser Zusammenarbeit stärken. In Ihrer Großen Anfrage fragen Sie nach Details, die manchmal nach meinem Eindruck notwendig, gelegentlich aber auch wenig sinnvoll sind. Ich bekomme so ein bisschen den Eindruck, dass es nicht nur um Wissbegierde geht, sondern dass dieses auch so ein bisschen wie ein Störmanöver wirken soll in der jetzigen Zeit, um die Unruhe bei den Eltern zu schüren.

(Beifall bei der CDU und der GAL – Zurufe von der SPD: Ach!)

Schon seit fünf Monaten tagen die Konferenzen. Dabei sind natürlich Dinge herausgekommen, die teilweise von den Behörden schon berücksichtigt wurden, wo aber auch teilweise darum gerungen wurde, wie man das bestmögliche erreichen kann. Wir wissen, und das haben wir auch gesagt, das ist auch im Finanzplan enthalten, dass wir natürlich auch Anbauten machen müssen, dass wir zum Beispiel auch für die Mittagstischeinrichtungen Gelder in die Hand nehmen müssen. Ich bin froh, dass wir auch schon gesagt haben, das werden wir in den nächsten Jahren erreichen, das werden wir tun, es ist eine notwendige Aufgabe pädagogischer Art, aber auch eine Aufgabe, die wir im familienpolitischen Sinne hier gestalten wollen. Es ist auch so, dass die Schulbehörde nicht allein handelt und allein berät, dass nicht nur die Schulbehörde und die Regionalen Schulentwicklungskonferenzen hier Vorschläge machen. Auch ich möchte mich jetzt beschränken und Sie können gleich in Ihrem Beitrag dann darauf noch eingehen, Herr Kollege.

(Jan Quast SPD: Och, Mensch!)

Es ist ganz deutlich, dass die Bildungsbehörde und die Behörde, die sich mit den Bereichen Jugend und Familie beschäftigt, die Sozialbehörde, natürlich engstens zusammenarbeiten, um dieses große Werk vorzubereiten.

Ich bin der Meinung – und ich freue mich, dass es auch von der Mehrheit hier akzeptiert wird –, dass wir gemeinsam dafür Sorge tragen müssen in den nächsten Jahren, Schüler und auch Kinder im Vorschulalter in die Lage zu versetzen, zu guten Grundlagen zu kommen, dass wir – kurze Beine, kurze Wege – es erreichen,

(Jan Quast SPD: Da bin ich ja gespannt!)

die Kinder, bevor sie in die Schule kommen, so zu betreuen, dass sowohl ihr Sprachstand als auch ih

(Ties Rabe)

re soziale Entwicklung entsprechend gefördert werden. Das geschieht sicherlich mit Hilfe des Staates, allerdings in den Bereichen, wo es geht, natürlich auch mit familiärer Hilfe. Es ist nicht so, dass der Staat hier tatsächlich alles übernehmen soll und kann.

Uns geht es um die Menschen, die jungen Menschen, deren personale Entwicklung schon in frühkindlicher Phase gefördert werden muss. Blicken wir zurück in die letzten sechs Jahre: Es hat deutliche qualitative und finanzielle Verbesserungen gegeben. Und wenn wir nach vorne blicken, dann sind schulische Maßnahmen, die Verzahnung, der Aufbau und Ausbau von Bildungshäusern für uns ein Begriff, den wir eingeführt haben und den wir auch Schritt für Schritt ausdehnen wollen. Wir werden auch nicht auf die Elternhäuser und Elternschulen verzichten, die wir hier in der Stadt finden. Es braucht sich niemand zu ängstigen, dass wir irgendetwas schließen werden zugunsten der Primarschulreform, sondern es geht darum, dass wir das planvoll in den nächsten Monaten im Gespräch gemeinsam entscheiden.

Wir werden die Kinder dadurch, dass wir mit der Zeit verschiedene Einschulungstermine einführen, natürlich auch kindgerecht in die Schule aufnehmen. Auch das ist eine wichtige Maßnahme, um nicht Kinder draußen vor der Tür stehen zu lassen, sodass Eltern den Eindruck haben, dass die Kinder nicht gefördert werden.

Es gilt der Spruch: Gut Ding braucht Weile. Für unsere Schulreform brauchen wir sicherlich eine gute Planung und diese ist wichtiger als ideologische Schnellschüsse.

Ich sage auch, die Hand zur gemeinsamen Arbeit ist ausgestreckt, wir freuen uns über jeden konstruktiven Vorschlag. Wirken Sie bei dieser Reform konstruktiv und kritisch mit. Einige Fragen haben Sie gestellt, das sind Dinge, die erörtert werden.

(Ties Rabe SPD: Dann antworten Sie doch mal!)

Wir werden die Antwort geben, wenn wir in den einzelnen Regionen die entsprechenden Diskussionen geführt haben, wenn die beteiligten Partner auch mit den Informationen aus der Verwaltung versorgt sind. Versuchen Sie bitte nicht, in solch einer Situation mit bürokratischen Wirbelstürmen, die Sie jetzt hier veranstalten, Unruhe zu stiften.

(Dr. Andreas Dressel SPD: Entschuldigen Sie, dass wir gefragt haben!)

Es ist so, dass Ihre Fragen dazu auch durchaus dienen.