Protokoll der Sitzung vom 13.05.2009

Das Wort bekommt Frau Veit.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Der Senat hat gute und richtige Veränderungen in der Hamburger Kinderbetreuung beschlossen.

(Beifall bei der SPD, der CDU und der GAL)

Das meiste war schon länger angekündigt, vieles steht auch schon im Haushalt, aber heute können wir endlich über etwas reden, was in diesem Bereich auch positiv wirken wird.

Zuerst zum Hortprogramm. Es ist gut, dass an den meisten Schulen eine Betreuung bis 16 oder 18 Uhr sein soll, unabhängig von der Berufstätigkeit der Eltern. Da gibt es viel nachzuholen. Bislang haben bei der CDU Kinder von Eltern, die nicht in Vollzeit arbeiten, keinen Anspruch auf einen Hortplatz, egal, wie dringend sie ihn benötigen würden. Drei Dinge zum Hauptprogramm.

Erstens: Wenn Sie die 66 Millionen Euro, die Ihnen der Bund für den Ausbau der Ganztagsschulen zur Verfügung gestellt hat, nicht bei der Schulzeitverkürzung mit Nachmittagsbetreuung bei den Gymnasien verpulvert hätten, dann wären wir heute im

Ganztagsbereich bei den Grundschulen schon viel weiter.

(Beifall bei der SPD)

Zweitens: Die Hälfte der Hamburger Grundschulstandorte hat bereits einen Hort, also eine Nachmittagsbetreuung in oder in unmittelbarer Nähe bei der Schule. Die Plätze dort reichen nicht; es ist eine gute Nachricht, dass Sie das gemerkt haben und dass es mehr werden soll. Nur hat das überhaupt nichts mit der Primarschule zu tun. Es gibt auch keinen Grund, damit bis 2011 zu warten.

(Vereinzelter Beifall bei der SPD)

Drittens: Betreuungsquoten sind das eine, Qualität das andere. Sie wollen Ihren Plan kostenneutral realisieren und haben schon gesagt, wie das gehen soll: mehr Kinder, weniger Personal in den Gruppen. Das bedeutet schlechtere Betreuung gerade für die Kinder, die es besonders dringend brauchen und das ist der falsche Weg. An dieser Stelle hat sich Senator Wersich unser Misstrauen auch redlich verdient, denn wir haben schon einmal erlebt, wie der Aufbau in der Kindertagesbetreuung erkauft wurde mit Standardabsenkung und Qualitätseinbußen, die bislang auch von der GAL kritisiert wurden. Wir sind für einen ganzheitlichen Betreuungsansatz, ob in Bildungshäusern, Ganztagsschulen oder Schule-Hort-Kooperationen, aber zu vernünftigen Bedingungen für unsere Kinder und nicht als Aufbewahrungs-Sparvariante.

Dann zu den Fünfjährigen, für die kein Beitrag mehr gezahlt werden soll; zum einen die Vorschule, die wieder kostenlos stattfinden soll. Das als Verbesserung zu verkaufen, ist ein bisschen geschmacklos. Das können Sie nur, weil Sie zuvor die Vorschulgebühren eingeführt hatten, nachdem jahrzehntelang die Vorschule in Hamburg beitragsfrei war. Das war grundfalsch, dass Sie es zurücknehmen, ist richtig, aber erwarten Sie nicht, dass wir jetzt in besonderen Jubel ausbrechen.

Dann zu den Kita-Kindern. Beitragsfreiheit haben wir lange gefordert und wir freuen uns, dass Hamburgs Eltern von Fünfjährigen davon endlich profitieren sollen. Das haben wir nach Ihren Koalitionsverhandlungen letztes Jahr gesagt, das haben wir bei den Haushaltsberatungen gesagt und weil Sie offenbar Zweifel hatten, ob wir es immer noch so sehen, sage ich es gerne auch noch einmal: Schön, dass Sie diesen längst überfälligen Schritt in Richtung Beitragsfreiheit gehen.

(Beifall bei der SPD)

Betreuungsqualität spielt allerdings auch hier keine Rolle. Alle Experten sagen, wie wichtig die frühen Jahre für die Entwicklung von Kindern sind und wie vergleichsweise schlecht die Bedingungen in Hamburg sind. Aber es findet sich kein halber Satz dazu, dass dieses fünfte Jahr qualitativ verbessert werden soll. Dabei haben wir doch enorme Bil

(Stephan Müller)

dungsunterschiede zwischen den Stadtteilen. In den Schulen wird das durch kleinere Klassen und bessere Ausstattung da, wo es nötig ist, berücksichtigt. Bei den Drei-, Vier- und Fünfjährigen verweigern Sie das. Das ist bildungs- und sozialpolitisch falsch, da müssen Sie nachbessern.

(Beifall bei der SPD)

Sie sind auf dem richtigen Weg. Und zu Bedingungen, die gutes Lernen und faire Chancen für alle Kinder eröffnen, gehen wir diesen Weg auch gerne mit. – Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD)

Das Wort bekommt Frau Blömeke.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Verehrte Kollegin Veit, das war jetzt die gute, positiv versteckte Kritik, pädagogisch gut gewählt, erst einmal einen guten Ansatz und dann sehen, was vielleicht in der Vergangenheit war.

(Dr. Andreas Dressel SPD: Jetzt sagen wir mal was Nettes und dann sind Sie auch nicht zufrieden!)

Angesichts der umfassenden Reformen, die dieser schwarz-grüne Senat jetzt vorhat, klingt es für mich fast kleinkariert, immer und ewig in der Vergangenheit zu wühlen. Natürlich ist es so, dass in der Vergangenheit nicht alles glänzte, was nach außen als Gold verkauft wurde, das haben wir in der Opposition auch gesagt. Aber Sie und wir alle müssen uns damit abfinden, dass dieser schwarz-grüne Senat einen Riesensprung in der Kinderbetreuung nach vorne macht und das nicht nur im Kita-Bereich, sondern auch im Schulbereich. Alles, was an Kritik herüberkommt, warum es so lange dauere, warum man nicht auch für die Drei- und Vierjährigen eine Beitragsfreiheit machen könne, ist in meinen Augen zwar eine mögliche Kritik, aber angesichts dieser umfassenden Reform eine kleinkarierte Kritik.

Nun zu Ihrer Frage, warum es so lange dauert. Es finden natürlich Verhandlungen mit den Kita- und Jugendhilfeträgern statt. Das muss gut verhandelt werden, die Sache muss gut vorbereitet werden und darum kann man es nicht übers Knie brechen und womöglich gleich im nächsten Schuljahr einsetzen.

(Michael Neumann SPD: Aber sicher, Schul- reform gibt es schon!)

Diese Reform ist wirklich kein kleines Reförmchen, sondern eine umfassende Reform. Wir haben jetzt mehrfach gehört, dass wir eine verlässliche Betreuung schaffen, die ein Gewinn für alle Kinder und Eltern an der Primarschule ist.

Ich will noch einmal darstellen, wie der Ist-Zustand ist; da hat Frau Veit recht. Viele Eltern erleben einen Bruch, wenn sie ihr Kind von der Kita in die Schule bringen, dann hört manchmal die Betreuung auf. Vor allen Dingen fragen sich viele berufstätige Eltern, was sie in den zwölf Wochen Ferien mit ihrem Kind machen. Ab dem Schuljahr 2011/ 2012 wird diese Situation der Vergangenheit angehören. Dann haben die Kinder mit Eintritt in die Primarschule eine verlässliche Betreuung und vor allen Dingen auch in den Ferien. Diese Sorge sind die Eltern los

(Beifall bei der GAL)

und das alles zum Nulltarif. Wenn auf der einen Seite gefordert wird, nicht so viele Ausgaben zu machen, aber gleichzeitig von der SPD eine Beitragsfreiheit auch für die Drei- und Vierjährigen in der Kita gefordert wird, ist das natürlich überhaupt nicht schlüssig. Frau Badde und Frau Veit haben da anscheinend nicht miteinander gesprochen.

(Beifall bei der GAL und der CDU)

Zum Nulltarif erhalten die Eltern eine Betreuung von acht bis 16 Uhr. Ein dreistündiger Hortplatz kostet heute durchschnittlich 64 Euro, auch das sparen die Eltern ein.

Frau Veit, Sie haben es heute nicht gesagt, sich aber in Ihrer Pressemitteilung mokiert, dass das Mittagessen weiter Geld kostet. Wer sich angesichts eines kostenfreien Bildungsjahres, eines kostenfreien Vorschuljahres und dieser Gebührenbefreiung für die Eltern darüber aufregt, dass das Mittagessen nicht kostenfrei ist, der hat die Bilanzierung nicht verstanden.

Alle Kinder – und das ist das Schöne und war auch immer ein grünes Ziel – profitieren von der verlässlichen Betreuung.

Im Kita-Gutschein-System, auch das ist richtig benannt worden, waren Kinder, deren Eltern zu Hause sind, von der Hortbetreuung ausgeschlossen. Das hat natürlich gerade die Kinder aus benachteiligten Elternhäusern getroffen. Auch das wird jetzt Geschichte sein, denn alle Kinder, unabhängig von der Lebenslage der Eltern, haben ein Anrecht auf Betreuung und vor allen Dingen auch auf Förderung im Hort. Wir geben eine Betreuungsgarantie bis zur sechsten Klasse. Das ist auch sehr wichtig, denn der nächste Bruch setzte oft bei dem Wechsel von der Grundschule in die weiterführende Schule ein. Oft standen da die Eltern wieder neu vor einer Organisationsaufgabe, auch das wird beendet sein. Die zusätzlichen Hol- und Bringewege fallen weg, die die Eltern oft hatten, wenn sie einen Einrichtungswechsel hatten.

Das sind die Big Five dieser verlässlichen Betreuung. An dieser Stelle kann man nur das Fazit ziehen, dass die Kinderbetreuung an der Schule jetzt zum Hauptfach wird, von der verlässlichen Betreu

(Carola Veit)

ung an der Schule alle Kinder profitieren und deswegen unter dem Strich diese verlässliche Betreuung ein Gewinn für Kinder und Eltern sein wird.

(Beifall bei der GAL und der CDU)

Sicherlich ist es richtig, dass es nicht immer zu aller Zufriedenheit zugehen wird und möglicherweise wird es auch an der einen oder anderen Stelle Veränderungen geben, die Diskussionen auslösen.

Frau Veit hat gerade den Betreuungsschlüssel angesprochen. Wenn der dem Standard der Vorschulen angepasst wird, dann möchte ich dazu sagen, dass wir eine völlig veränderte Situation haben. Das können Sie gar nicht mehr so sehen, denn wir sehen jetzt Schule und Hort aus einem Guss und es wird natürlich auch das Personal der Schule in die Betreuung mit einbezogen werden. Nur wer diese getrennte Sichtweise weiterhin hat, wird das in dieser Art und Weise kritisieren.

Von daher blicke ich optimistisch in die Zukunft und das, was es an Problemen noch geben wird, wird sich ausgestalten lassen. Ich bin froh, dass die SPD auch daran mitwirken wird, dann kann nichts schiefgehen.

(Beifall bei der GAL und der CDU)

Das Wort bekommt Herr Yildiz.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Ich freue mich, dass heute zur Aktuellen Stunde dieses Thema angemeldet wurde. Was die Koalitionspartner gut machen, das sagen wir auch, aber man muss auch einige Sachen erläutern. Dass jetzt auch das letzte Kita-Jahr kostenfrei wird, ist etwas Gutes, da haben Sie vollkommen recht, aber man muss auch betonen, dass es nur für die Besserverdienenden dieser Stadt gut ist. Für sozial benachteiligte Familien, die ihre Kinder nur für fünf Stunden hinschicken können, weil ein Teil von ihnen arbeitsuchend zu Hause ist, bringt die Beitragsfreiheit im letzten Kita-Jahr wenig.

(Christiane Blömeke GAL: Wir lassen es für alle verändern!)

Sie kritisieren natürlich, dass die SPD sagt, das dritte und vierte Kita-Jahr solle auch kostenfrei sein. Wir fordern, dass die gesamte Kita-Zeit kostenfrei sein soll. Wenn es um die Menschen in dieser Stadt geht, dann wird ständig gesagt, dass Sie kein Geld haben. Bei der ersten Debatte haben wir gesehen, egal ob es die HSH Nordbank war oder die Elbphilharmonie oder die U4, dass hier ständig Gelder investiert werden. Wenn es aber um die Menschen dieser Stadt geht, dann wird gesagt, wir haben nicht die Möglichkeit. Wenn wir eine Gesellschaft haben möchten, die auch gut gebildet ist, dann müssen wir von der Kita her investieren. Es

reicht nicht zu sagen, das könne man sich überlegen.

Natürlich ist es gut, dass für Zweijährige ein Krippenplatz angeboten wird, aber die sozial Benachteiligten profitieren am wenigsten davon, weil sie zu Hause sind und den Anspruch nicht haben. Für Migranten reicht ein Rechtsanspruch auf zwei Jahre überhaupt nicht. Die Kinder beginnen früh zu sprechen und Kitas sind für Migranten die besten Orte, an denen sie die Sprache lernen können. Deswegen ist es wichtig, dass man noch früher ansetzt, nicht erst ab dem zweiten, sondern ab dem ersten Lebensjahr.

Wenn man sieht, wie viel Geld außerhalb der Kitas investiert wird wegen Sprachförderung und so weiter, dann könnte man dieses Geld gleich in die Kitas investieren.

(Beifall bei der LINKEN)