Protokoll der Sitzung vom 03.09.2009

Antrag der Fraktion der GAL:

Austausch von Nachtspeicherheizungen – Drs 19/3868 – 2205,

Beschlüsse 2205,

Antrag der Fraktionen der GAL und der CDU:

Interkulturelle Gärten und Cityfarming fördern und weiterentwickeln – Drs 19/3869 – 2205,

Beschlüsse 2205,

Antrag der Fraktion der CDU:

Berufszugänge zur Feuerwehr – Drs 19/3870 – 2205,

Beschlüsse 2205,

Antrag der Fraktion der CDU:

Umsetzung des Bestellerprinzips im Rahmen der neuen Finanzierung nach dem Prinzip "Hafen finanziert Hafen" – Drs 19/3871 – 2205,

Beeschluss 2206,

Antrag der Fraktionen der CDU und der GAL:

Elbe-Badeschiff für Entenwerder – Drs 19/3873 – 2206,

Beschlüsse 2206,

Interfraktioneller Antrag:

Unterstützung der Arbeit der Fraktionen im PUA HSH Nordbank - Änderung des Fraktionsgesetzes – Drs 19/3874 – 2206,

Beschlüsse 2206,

Beginn: 15.02 Uhr

Meine Damen und Herren! Die Sitzung ist eröffnet.

Wir setzen die

Aktuelle Stunde

von gestern fort.

Ich rufe daher das dritte Thema auf, das in der gestrigen Sitzung wegen Zeitablaufs nicht mehr behandelt werden konnte. Angemeldet wurde es von der SPD-Fraktion und lautet:

Rekordverschuldung: Eine Quittung für die unsolide Finanzpolitik.

Das Wort wird gewünscht. – Dr. Tschentscher hat es.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Es ist keine Frage, wir befinden uns in einer schweren Wirtschaftskrise und es ist weder möglich noch sinnvoll, die massiv einbrechenden Steuereinnahmen durch Einsparungen in der Krise vollständig wieder auszugleichen. Die in der vergangenen Woche vom Senat jedoch beschlossene Neuverschuldung ist eben nicht allein Folge dieser Wirtschaftskrise, sondern sie ist auch das dicke Ende einer unsoliden CDU-Finanzpolitik und deren Fortführung unter Schwarz-Grün.

Im beschlossenen Doppelhaushalt fehlen, wenn Sie es nachrechnen, durch den Konjunktureinbruch 1,8 Milliarden Euro Steuereinnahmen. Neue Schulden hat der Senat beschlossen in Höhe von 3,45 Milliarden Euro, das heißt, Schwarz-Grün macht in zwei Jahren 1650 Millionen Euro Schulden, die mit der Konjunktur nichts zu tun haben. Sie haben etwas damit zu tun, dass die CDU, seit Herr von Beust Bürgermeister ist, im Durchschnitt jeden Tag, Weihnachten und Silvester mitgerechnet, 2 Millionen Euro mehr ausgegeben als eingenommen hat. Selbst in den Boomjahren 2007 und 2008 haben Sie ein Defizit von 300 Millionen Euro erwirtschaftet. Und deshalb steht Hamburg in der Krise so schlecht da und der Senat hat keine Kraft für ein eigenes Konjunkturprogramm.

Sie reden über das Vorziehen von Investitionen; tatsächlich haben Sie im ersten Halbjahr 2009 300 Millionen Euro weniger für Investitionen ausgegeben als im letzten Jahr. Das ist kein Konjunkturprogramm, das sind große Worte und kleine Aktionen.

(Beifall bei der SPD)

Herr Freytag spricht gern von seinem Sparbuch. Die Rücklagen seines Sparbuchs bestehen aus Schulden und Vermögensverkäufen. Selbst die

symbolische Tilgung von Altschulden in Höhe von 2 Millionen Euro war eine Täuschung, weil das Geld aus einem 500-Millionen-Euro-Kredit aus dem Vorjahr kommt. Alte Schulden mit neuen Schulden tilgen, das ist die Art von Finanzpolitik, die einen Haushalt ruiniert.

(Beifall bei der SPD)

Nicht nur Ihre Rekord-Neuverschuldung ist historisch einmalig, sondern auch die Tatsache, dass ein Senat mit der Ausrede Konjunktureinbruch 1,6 Milliarden Euro Schulden auf Vorrat macht, 1,6 Milliarden Euro Schulden, für die wir bis zu 80 Millionen Euro Zinsen zu zahlen haben, nur damit Sie im Wahljahr 2012 besser dastehen und auch nach der Krise gar nicht in die Verlegenheit kommen, endlich einmal sparsam mit dem Geld umzugehen. Sie nutzen die konjunkturelle Situation, um Ihre unsolide Finanzpolitik noch zu verschärfen.

CDU und GAL kaufen sich ihre Kompromisse gegenseitig mit dem Geld der Steuerzahler ab. Die Stadt wird bei Ihrer Haushaltspolitik keine Chance haben, die Schulden jemals zu tilgen. Ihr Tilgungsversprechen ab 2015 ist völlig unglaubwürdig, weil Sie selbst in den Boomjahren nicht einen Cent alter Schulden getilgt und bei historischen Rekordeinnahmen immer noch 300 Millionen Euro Miese gemacht haben. Im Gegenteil, Sie bringen die Behördenausgaben erst richtig ins Galoppieren bis 2012. Sie erhöhen die laufenden Ausgaben, nicht die Investitionen, jedes Jahr im Durchschnitt um 250 Millionen Euro. Bis 2012 werden wir mit laufenden Mehrausgaben von 1 Milliarde Euro dastehen. Auch das ist historisch einmalig und Sie werden damit den Staatshaushalt 2012 so gegen die Wand gefahren haben wie heute die Geschäfte der HSH Nordbank.

(Beifall bei der SPD)

Und deshalb sage ich Ihnen, reduzieren Sie die laufenden Ausgaben der Behörden, zum Beispiel bei Mieten und Pachten und den Stabsstellen der Senatoren. Sorgen Sie für eine vernünftige Planung bei den Investitionen. Unterstützen Sie endlich unsere Forderung nach einer Stärkung der Einnahmen, und zwar durch eine gerechte Vermögensteuer und eine Börsenumsatzsteuer als Beitrag der Finanzbranche zur Sicherung der Aufgaben unseres Gemeinwesens.

(Beifall bei der SPD)

Das Wort bekommt der Abgeordnete Kruse.

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Lieber Herr Tschentscher,

(Michael Neumann SPD: Das ist die erste Lüge!)

müssen wir das eigentlich immer so machen, dass Sie jedes Mal behaupten, es seien keine Erfolge gewesen, dass wir erst einen ausgeglichenen Betriebshaushalt, dann Überschüsse im Betriebshaushalt von Hunderten Millionen Euro, schließlich keine Neuverschuldung und jetzt auch noch eine Rücklage von 1,7 Milliarden Euro haben. Es mag sein, dass Sie nicht sagen möchten, dass das eine erfolgreiche Finanzpolitik der letzten Jahre war, aber dann schweigen Sie doch einfach, dann sagen Sie einfach nichts. Aber wenn Sie uns jetzt in der Krise das Schuldenmachen vorwerfen, dann müssten Sie einmal einen Blick zurückwerfen. Ich habe mir die Zahlen angesehen in den Jahren, in denen Sie regiert haben. Ich mache das kurz, weil wir das eigentlich nicht mehr hören wollen. Wann immer Sie Neuverschuldung gemacht haben, hatten wir fast immer ein Wachstum, auch ein gutes, teilweise 4,5 Prozent, 3,7 Prozent des Bruttoinlandprodukts. Und Sie haben hohe Schulden gemacht: 700 Millionen Euro, 500 Millionen Euro, bis an die Milliardengrenze.

(Olaf Ohlsen CDU: Unglaublich!)

Unsere Situation jetzt ist, dass wir in 2007 und 2008 keine Neuverschuldung gemacht haben. Nach unserer Vorstellung muss es so sein, dass, wenn das Bruttoinlandsprodukt um 3,5 oder 4 Prozent wächst, man dann als gute Regierung auch keine Neuverschuldung macht. Aber jetzt wird es in 2009 auf minus 5 Prozent abstürzen, das ist eine Differenz von neun Prozentpunkten. Und da meinen Sie, das soll man einmal eben aus der Portokasse ausgleichen. Sie erwecken den Eindruck, das hätte man bei guter Vorsorge so machen können. Nun steht es der Opposition frei, Vorsorgeanträge zu stellen. Sie hätten vor acht Jahren beginnen sollen, jedes Jahr 500 Millionen Euro in die Rücklage zu fordern. Ich bin seit acht Jahren in diesem Parlament, ich kann mich an Ihre Anträge nicht erinnern.

(Beifall bei der CDU und der GAL)

Ich kann mich sehr wohl daran erinnern, dass Sie das eine oder andere Projekt kritisiert und gesagt haben, das würden Sie nicht machen wollen. Daraufhin haben Sie andere Projekte vorgeschlagen, das ist auch legitim, das nennt man dann Gegenfinanzierung. Aber Sie haben nie gesagt, wir möchten gern jedes Jahr 400, 500 oder 600 Millionen Euro in die Rücklage legen.

Neulich wurden Sie in der Presse zitiert, Herr Neumann, da haben Sie gesagt, in solchen Zeiten müsse alles wegsparbar sein.

(Dr. Andreas Dressel SPD: Das hat er nicht gesagt! Wie war denn das Zitat?)

Das ist interessant, das heißt, in der Krise sollten wir sehen, dass wir keine neuen Schulden machen, sondern das aus dem Haushalt einfach wegsparen. Das könnte man einmal machen, wir haben über 10 Milliarden Euro an Ausgaben, nehmen wir doch aus dem laufenden Haushalt einmal 1 oder 1,5 Milliarden Euro heraus.

Da gibt es auch ein Vorbild und vielleicht möchten Sie gern als Michael Neumann-Brüning in die Geschichte eingehen. Der hat auch in der Krise gesagt, jetzt müssen wir sparen und hat die Gehälter seiner Beamten um 20 Prozent gekürzt. Er hat die Arbeitslosenversicherungshilfe gekürzt, er hat die Renten- und die Sozialzahlungen gekürzt, die Investitionen auf ein Minimum zurückgeführt und hatte drei Jahre später 40 Prozentpunkte minus beim Bruttosozialprodukt und so weiter. Möchten Sie dahin, ist das Ihr ernst gemeinter Vorschlag? Ich kann es mir nicht vorstellen. Dann sagen Sie nicht, dass man das in der Krise wegsparen kann.

(Beifall bei der CDU und der GAL)