Protokoll der Sitzung vom 16.09.2009

on ausgegangen ist, und dieses Signal ist bei Ihnen offenbar nicht angekommen.

(Beifall bei der SPD)

Und dann kommen wir einmal zu dem Verfahren selbst. Es ist völlig klar, dass wir als Bürgerschaft hier kein Verfahren einleiten können; wir können hier nur die Innenbehörde auffordern, sich an den Materialsammlungen zu beteiligen. Und genau darum geht es. Insofern war auch der Einwand von Herrn Trepoll ein bisschen neben der Spur.

(Wolfgang Beuß CDU: Wenn hier einer ne- ben der Spur ist, dann sind Sie das!)

Ich finde einen Satz von Herrn Schira, der da gerade wieder so in seinen Unterlagen herumblättert, sehr bemerkenswert. In der letzten Woche haben Sie im Gespräch mit Herrn Herzberg gesagt:

"Deshalb müssen alle Bemühungen, die Verfassungsfeindlichkeit dieser Partei nachzuweisen, strikt fortgesetzt werden."

(Kai Voet van Vormizeele CDU: Das tun wir Tag für Tag in Hamburg!)

Das ist doch genau das, was wir mit unserem Antrag wollen. Wenn Sie sich dem verweigern, dann ist mir irgendwie Ihre Strategie nicht ersichtlich, wie Sie mit diesem Thema umgehen wollen.

(Beifall bei der SPD)

Es gibt durchaus konkrete Vorlagen, und zwar zwei Wege, wie man da an dieser Stelle zum Ziel kommen kann. Da gibt es zum einen das Dossier "Verfassungsfeind NPD", vorgelegt von fünf Bundesländern. Ich habe das für Sie einmal mitgebracht, weil es wirklich ein sehr informatives, erschreckendes Dossier ist. Hier sehen Sie die verschiedenen Länderwappen der Herausgeber, Hamburg ist leider nicht dabei. "Verfassungsfeind NPD" ist eine Materialsammlung, die nur aus öffentlich zugänglichen Quellen, also ohne Material von V-Männern, zusammengestellt ist. Mit diesem Dossier wird belegt, dass sogar aus öffentlich zugänglichen Quellen der Nachweis geführt werden kann, dass diese Partei verboten gehört. Hamburgs Mitarbeit wäre hier ein sichtbares Zeichen gewesen, aber da haben Sie sich verweigert.

(Beifall bei der SPD)

Ich gebe Ihnen das Exemplar als Lektüre für zu Hause mit. Es lohnt sich auf jeden Fall, einmal hineinzuschauen; das ist die eine Möglichkeit.

Es gibt aber noch einen anderen Weg. Das Karlsruher Urteil 2003 war in der Tat eine Klatsche für alle Beteiligten, den Bund, die Länder, die Verfassungsschutzbehörden, einfach für alle Seiten, gleich welcher Couleur. Es empfiehlt sich aber, dieses Urteil noch einmal sehr genau anzusehen, denn es sagt eben nicht, dass die V-Leute komplett zurückzuziehen seien. Das Urteil spricht von

dem Rückzug aus den Führungs- und Steuerungsgremien, wir können das genau und im Wortlaut nachlesen. Dass heißt, dass man sehr wohl gezielt gucken kann, wie man die V-Mann-Dichte so reduziert, dass einerseits der Einblick in die Szenen weiter möglich bleibt und trotzdem ein Verbotsverfahren durchgeführt werden kann. Das ist der Plan B, den wir hier als Szenario entworfen haben. Und es ist auch da nicht verständlich, dass Sie diesen Weg nicht mitgehen wollen.

Noch ein weiterer Punkt. Herr Trepoll und Herr Müller haben beide gesagt, sie würden auch sonst so viel gegen Rechtsextremismus tun. Schauen wir uns doch einmal genau an, was eigentlich an Aktivitäten passiert. Ich finde es gut, dass jetzt Herr Steffen für das Thema zuständig ist und nicht mehr die Sozialbehörde, denn die hat wirklich gezeigt, dass sie nicht so richtig daran interessiert ist. Aber schauen wir doch einmal genau, wie viel Geld die Freie und Hansestadt im Kampf gegen den Rechtsextremismus ausgibt. 18 000 Euro waren es im Jahr 2008; 2009 und 2010 wird es ein bisschen mehr sein. Und das soll ein zivilgesellschaftlicher Kampf gegen Rechtsextremismus sein? Das ist lächerlich. Das muss aufgestockt werden, und auch das fordern wir mit unserem Antrag.

(Beifall bei der SPD und bei Dr. Joachim Bi- schoff und Christiane Schneider, beide DIE LINKE)

Uns geht es um eine ganzheitliche Strategie. Das NPD-Verbot ersetzt nicht andere Maßnahmen, das ist richtig. Deswegen setzen wir auch auf beide Konzepte, auf das klare Verbot auf der einen Seite und den zivilgesellschaftlichen Kampf auf der anderen Seite. So muss der Kampf gegen den Rechtsextremismus geführt werden, nicht nur im Wahlkampf, sondern jeden Tag. Deshalb stellen wir hier unseren Antrag. – Danke schön.

(Beifall bei der SPD)

Das Wort hat der Abgeordnete Voet van Vormizeele.

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Es gibt die eine oder andere Sache, die man nach dem Beitrag des Kollegen Dr. Dressel noch einmal richtigstellen muss. Ich fange mit einer sehr wichtigen Tatsache an. Verehrter Kollege, Sie tun so, als wenn sich Hamburg, der Verfassungsschutz und auch alle anderen Behörden grundsätzlich um den Bereich des Rechtsextremismus nicht kümmern würden. Das ist falsch, das wissen Sie auch, denn gerade Sie als Vorsitzender des Parlamentarischen Kontrollausschusses wissen, wie intensiv gerade diese Behörde sich mit dem Bereich beschäftigt. Wir haben in Hamburg überhaupt kein Defizit, ganz im Gegenteil, wir haben erst im letzten Haushalt den Bereich der Kontrolle des

(Dr. Andreas Dressel)

Rechtsextremismus um zwei weitere Stellen aufgestockt; auch das ist eine Tatsache.

Lassen Sie mich etwas sagen zu der Frage, ob es Wahlkampf ist oder nicht. Sie haben sehr große Probleme zu sagen, es sei kein Wahlkampf, wenn ein Mitglied Ihrer Partei in dieser Stadt plakatiert: "NPD-Verbot jetzt. Das ist Wahlkampf und nicht mehr und genau das wollen Sie auch.

(Michael Neumann SPD: Wir haben die Kraft! Inhaltsreicher als jedes CDU-Plakat!)

Sie wollen nichts anderes als Wahlkampf und Sie werden damit, Herr Neumann, Sie allen voran,

(Beifall bei der CDU und der GAL)

das Ziel, das wir alle gemeinsam haben, infrage stellen.

Es geht nicht darum, ob wir eine NPD verbieten wollen oder nicht, natürlich muss diese Partei verboten werden. Nur so, wie Sie es zurzeit tun,

(Michael Neumann SPD: Machen Sie es doch besser!)

mit Populismus voran, mit schnellen Sprüchen, das reicht nicht. Das Schlimmste, was uns allen passieren kann, wäre am Ende eines solchen Verbotsverfahrens ein erneutes Scheitern à la Schily in Karlsruhe. Dann haben wir ein Riesenproblem und zudem eine Partei, die sich noch darauf berufen kann.

(Beifall bei der CDU und der GAL – Michael Neumann SPD: Das müssen wir uns von Konservativen nicht vorhalten lassen!)

Ich habe es Ihnen schon einmal gesagt, Herr Neumann, ich sage es Ihnen gerne wieder: Hamburg tut unglaublich viel in diesem Bereich. Aber, beim besten Willen, das macht man anders als Sie es tun und Ihre sozialdemokratischen Innenminister, nicht permanent mit Presseerklärungen oder hübschen kleinen Dossiers. Hier geht es darum, effektiv zu arbeiten und wenn man effektiv arbeitet, Herr Kollege Neumann, dann wird man irgendwann soweit sein, diesen Schlag gemeinsam ausführen zu können, und zwar erfolgreich. Wir möchten keine Zeichen setzen, sondern wir möchten die NPD verboten haben. Wir wollen nicht aus dem Saal hinausgehen und sagen, wir seien die Guten und die anderen die Bösen, haben aber trotzdem verloren. Wir möchten dieses Verfahren gewinnen, dafür werden wir gemeinsam Sorge tragen und dann wird die NPD verboten sein.

(Beifall bei der CDU und Horst Becker und Dr. Eva Gümbel, beide GAL)

Das Wort hat der Abgeordnete Müller.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Um noch einmal die Hürden in Karlsruhe und den Vorwurf der Leichtfertigkeit von unserer Seite an Sie zu begründen, möchte ich Folgendes erläutern: Die hohen Hürden bedeuten, dass zwei Drittel der Richter für den Antrag entscheiden müssen, das heißt, bei acht Richtern im Senat ist das eine Dreiviertelmehrheit. Und wenn wir so eine Mehrheit im Senat in Karlsruhe erreichen wollen, bedeutet das, es muss ein hieb- und stichfester Antrag sein.

(Wolfgang Beuß CDU: Genau!)

Nun zum zweiten Punkt. Bei dem Nichtzulassungs-Antrag 2003 hatten wir eine Spaltung des Senats in Karlsruhe, bei der eine Minderheit gesagt hat, sie wollten eine völlige Staatsfreiheit der Parteien; das waren zwei Richter. Das bedeutet die Abschaltung aller V-Leute.

(Ingo Egloff SPD: Sagen Sie mal was zu den V-Leuten!)

Es gab dann wieder eine Senatsmehrheit, die gesagt hat, das muss so nicht sein.

Das bedeutet doch Folgendes: Es ist kein einfaches Verfahren, auf das wir uns jetzt hier einlassen. Schon der Streit darüber, auch in Karlsruhe, was genau die Staatsfreiheit dieser NPD bedeutet, zeigt uns doch, dass wir sehr hohe Hürden und ein schwieriges Verfahren vor uns haben. Der Innensenator hat jetzt gesagt, er wolle es auch, aber dann muss das gründlich vorbereitet werden. Sie unterstellen mit Ihren Anträgen doch, dass dieser Senat das nicht gründlich macht. Wir haben aber das Vertrauen, dass er es macht und deswegen brauchen wir Ihre kleinteiligen Belehrungen, dieses und jenes müsse noch gesammelt werden, hier nicht mehr zu verabschieden, weil es gemacht wird.

(Beifall bei der GAL und der CDU)

Um zu entscheiden, ob ein Antrag in Karlsruhe erfolgreich ist oder nicht, würden die Hamburger Materialien sowieso nicht ausreichen. Wir haben einen Bundesinnenminister und eine Bundesregierung, einen Bundestag, die den Antrag stellen sollten, die haben dann auch den Überblick über alle Länder.

(Glocke)

Herr Müller, gestatten Sie Frau Schneider eine Zwischenfrage?

Sie haben gesagt, Herr Müller, es werde gemacht. Ich frage Sie: Was wird eigentlich ge

(Kai Voet van Vormizeele)

macht? Und meine zweite Frage lautet: Sind Sie jetzt dafür, dass die Verfahrenshindernisse beiseite geräumt werden, also die V-Leute abgeschaltet werden, oder sind Sie nicht dafür, das ist mir nicht deutlich geworden?

Ich bin dafür, dass wir Material sammeln, das nicht zu V-Leuten zurechenbar ist und somit Bestand hat in Karlsruhe und ich bin auch dafür, dass – wie auch der Innensenator hier ausgeführt hat – weiter an einem ordentlichen Verfahren und der Vorbereitung gearbeitet wird. Ich glaube, das ist deutlich geworden. – Danke.

(Beifall bei der GAL und der CDU)

Meine Damen und Herren! Mir liegen keine weiteren Wortmeldungen mehr vor. Damit ist die Aktuelle Stunde beendet.