Nun hat Hamburg seit dem 1. August eine "Arbeitsstelle Vielfalt". Sie soll, so der hohe Anspruch, Vielfachdiskriminierungen entgegenwirken. Ein Schwerpunkt ist die Frauengleichstellung und dass sie in der Justizbehörde angesiedelt ist, soll dem Ganzen ein Gefühl von stärkerer rechtlicher Durchsetzbarkeit geben. Die überwiegende Anzahl der feministisch aktiven Frauen in Hamburg fordert eine ganz andere Form zur Umsetzung der Gleichstellungspolitik – ein Senatsamt für Gleichstellung oder eine unabhängige Landesbehörde.
Das damalige Senatsamt ist 2001 geschlossen worden. Vielen Feministinnen ist Hamburg bis dahin ein Vorbild gewesen. Heute hinkt Hamburg aber zum Beispiel dem kleinen Bremen in der Entwicklung hinterher, auch den Städten, die bereits ein Gender Budgeting verankert haben oder auch Berlin, wo es Masterpläne zur Umsetzung der Gleichstellung für alle Behörden und Bezirke gibt. Hamburg ist derzeit keine gleichstellungspolitisch attraktive Stadt für Frauen. Das spiegelt sich auch darin wider, wenn man einmal betrachtet, dass die Feiern zum 60. Geburtstag des Landesfrauenrates – neben einem Senatsempfang fand am letzten Sonnabend die Ostseefrauenkonferenz statt und am Sonntag die Herbstmahlzeit im Hotel Atlantik mit circa 400 Frauen – mit keinem einzigen Wort in der Presse erwähnt wurden.
Stellen Sie sich vor, das Matthiae-Mahl würde nirgendwo erwähnt werden, sehr geehrte Herren Kollegen Abgeordnete.
Übrigens wurde auch der 40. Geburtstag von pro familia Hamburg, der mit einer ganzen Festwoche im September begangen wurde, einfach vergessen, ausgeblendet, fiel unter den Tisch. Ich fand das peinlich, denn es war eine großartige Woche und pro familia ist eine großartige Institution, ohne die unsere Gesellschaft um einiges verklemmter wäre.
Ob die "Arbeitsstelle Vielfalt" der Gleichstellung wieder mehr Gewicht verleiht, bleibt abzuwarten. Die Linksfraktion wird sie unterstützen, nicht nur bei ihren feministischen Gleichstellungsfragen, sondern auch bei ihrem Einsatz gegen Rassismus
und anderen Diskriminierungen. Wir werden sie aber kritisch begleiten. Wir sind skeptisch, ob die Stellen, die die Arbeitsstelle zur Verfügung gestellt bekommen hat, auch nur in Ansätzen ausreichen, um den formulierten Aufgaben aus dem Koalitionsvertrag gerecht zu werden.
Zudem schließen wir uns den Forderungen des Landesfrauenrates an. Frau Christa Randzio-Plath, die Vorsitzende des Landesfrauenrates, sagte am Freitag bei dem Senatsempfang, dass sie sich als Geburtstagsgeschenk gewünscht hätte, die Justizbehörde wäre umbenannt worden. Ich sehe das ähnlich, wenn Sozialund Gleichstellungsausschuss umbenannt werden, weil das Thema Gleichstellung gewechselt hat, die Justizbehörde aber künftig nicht Justiz- und Gleichstellungsbehörde heißen soll.
Die Linksfraktion der Hamburgischen Bürgerschaft hat sich nun auch überlegt, was man zu so einem großartigen Geburtstag überreichen kann. Wir möchten dem Landesfrauenrat daher unsere Große Anfrage zur Frauengesundheit widmen, die wir diese Woche eingereicht haben.
Dann beende ich hier meine Rede. Vielleicht ergreife ich nachher noch einmal das Wort. – Schönen Dank.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! 60 Jahre Frauenpolitik, 60 Jahre Landesfrauenrat. Wenn ich zurückblicke – ich mache das nun auch schon seit 30 Jahren –, dann hat sich eine ganze Menge verändert. Gerade habe ich meine Rede von der letzten Sitzung durchgelesen, wir haben dort bereits die Errungenschaften der letzten 30 Jahre in der Stadt besprochen. Wir wissen auch, dass die Gleichstellungspolitik eine Querschnittsaufgabe ist und dass Sie uns vorwerfen, dass man das Gleichstellungsamt abgeschafft hat, ist klar.
Die Gleichstellungspolitik muss sich auch den gesellschaftlichen Gegebenheiten anpassen. Wenn wir jahrzehntelang Gleichstellungspolitik als Synonym für Frauenpolitik gesehen haben, dann bedarf es jetzt einer Blickerweiterung. Alles hat seine
Zeit. Das war notwendig und ich stehe hinter allen Maßnahmen, die wir durchgedrückt haben. Auch die Kämpfe, die wir innerparteilich geführt haben und die wir weiter führen müssen, sind natürlich noch nicht zum Abschluss gekommen.
Wie gesagt, hat aber alles seine Zeit und wir müssen sehen, dass man dieser Wandlung in der gesellschaftlichen Betrachtung auch Rechnung trägt.
Der Gender-Gedanke hat an Bedeutung gewonnen und wir sind alle darüber erfreut, dass in den Behörden ein Gender Mainstreaming im Grunde genommen zur Selbstverständlichkeit geworden ist, zumindest verbal. Es gibt diese schöne Charakteristik von Ulrich Beck, der gesagt hat:
Da muss natürlich noch eine ganze Menge getan werden. Keiner würde sich erlauben, über die Fraueninteressen hinwegzugehen, zumindest es anzudeuten.
Von der neu eingerichteten "Arbeitstelle Vielfalt" verspreche ich mir viel. Gerade diese neue Ausrichtung mit der Verortung in der Justizbehörde steht dafür, dass die Frauenforderungen, die wir aus der Sozialbehörde in Bezug auf Bedürftigkeit sowie Hilfs- und Unterstützungsmöglichkeiten kennen, eben auch in eine Rechtmäßigkeit gegossen werden. Wenn wir uns das AGG ansehen, dann ist es bisher wenig bekannt, wenig angewendet und es kann sich eine ganze Menge verfestigen, damit es wirklich zu dem Instrument wird, zu dem es eigentlich werden soll.
Frauenförderung im Sinne des Gender Mainstreaming heißt natürlich dann auch, dass wir neben den strukturellen Behinderungen von Frauen die Diskriminierung von Männern sehen, die sich in der Gesellschaft breitmacht. Die Gleichstellungspolitik ist Querschnittsaufgabe. Wir sehen das auch, wenn wir uns die Führungspositionen in den Behörden anschauen. Es findet eine Art leise Revolution statt, die noch nicht deutlich genug geworden ist, weil die Frauen nachrücken. Sie rücken deswegen nach, weil wir beim männlichen Nachwuchs gar nicht das Potenzial haben, das wir für die Führungspositionen brauchen. Wenn wir wissen, dass in fünf bis zehn Jahren eine halbe Million Führungspositionen nicht zu besetzen sind, wenn man nur auf männliche Nachwuchskräfte setzt, dann ist es vielleicht interessant, unseren eigenen, gut ausgebildeten Nachwuchs zu nehmen, bevor wir uns über die europäischen Grenzen hinaus aus Südostasien oder aus Osteuropa die ganzen Zu
Vielleicht sollte man über die Politik hinaus auch noch einmal in die Wirtschaft blicken, was sich dort mittlerweile getan hat. In einigen großen Firmen, auch in Hamburg, sind Frauen in die mittleren und höheren Stufen eingetreten. Das wird nicht groß propagiert, aber da ich immer sehr aufmerksam Zeitung lese, habe ich schon einen kleinen Ordner und weiß genau, wer als Frau jetzt wohin nachgerückt ist, damit man die sich auch einmal als Referentin holt.
Wir haben noch eine ganze Menge zu tun, ich habe das angedeutet. Wir sind auf einem guten Weg und ich habe die große Hoffnung, dass die Neuverortung der "Arbeitsstelle Vielfalt" uns weiter voranbringen wird und wir da auch einen parteiübergreifenden Konsens unter den Frauen haben. Das haben wir eigentlich schon seit 20 Jahren.
Sehr schön, Herr Neumann. Das freut mich. Wenn wir das auch noch haben, dann können wir mit frohem Blick in die Zukunft sehen.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Der Landesfrauenrat wird 60, dazu natürlich auch von meiner Fraktion herzlichen Glückwunsch. Für eine Frau sind 60 Jahre ja noch kein Alter.
Dazu natürlich auch ein herzliches Dankeschön an die vielen Frauen, die sich im Landesfrauenrat oft über Jahrzehnte hinweg engagiert haben und es heute noch tun. Der Landesfrauenrat hat es immer wieder geschafft, das Bewusstsein für die Notwendigkeit des Abbaus von Benachteilungen von Frauen, aber – Frau Koop, das halte ich auch hoch – auch der Notwendigkeit der Förderung von Frauen wach zu halten. Der Landesfrauenrat hat immer wieder Themen gesetzt und aufgegriffen, um der häufig vergessenen oder, ich würde sagen, bisweilen auch bewusst ausgeblendeten Frauenperspektive, nicht nur Genderperspektive, zu ihrem Recht zu verhelfen und, das ist die große Stärke des Landesfrauenrates, all dies über alle bestehenden konfessionellen, politischen oder sonstigen Unterschiede von Frauen hinweg. Ein aktuelles Beispiel ist in der Tat die Ostseefrauenkonferenz, an der Frau Koop und ich uns ganz aktiv beteiligt haben.
Sie wissen es, ich weiß es auch, dass die Gleichstellung der Frauen nicht erreicht und darüber auch nicht der Geist der Zeit hinweggegangen ist. Das ist ein Fakt: Wir haben sie nicht erreicht. In der Wirtschaft, sogar in unseren Amtsstuben, in den Vorständen, Aufsichtsräten und Gremien sieht es in puncto Gleichstellung weiterhin trübe aus. Wir haben darüber schon mehrfach debattiert und zumindest solange ich dieser Bürgerschaft angehöre, werden wir darauf auch immer wieder zurückkommen. Der Verdienstunterschied von Frauen beträgt auch in Hamburg satte 20 Prozent und das ist ungerecht.
Frauen werden, auch in Hamburg, bereits beim Berufseinstieg benachteiligt, das ist glatte Diskriminierung.
Lassen Sie mich noch einmal ganz klar feststellen: Teilen dieser Gesellschaft – ich hoffe, sie ist nicht hier vertreten, auf jeden Fall aber in der Wirtschaft – fehlt offenbar jedes Unrechtsbewusstsein. Ich verwahre mich ganz entschieden gegen all diese Appelle in Richtung mehr Selbstbewusstsein, Frauen sollten besser verhandeln, die in letzter Zeit vor allem aus konservativen Kreisen zu hören waren. Aus meiner Sicht ist das der blanke Hohn.
Mich jedenfalls macht es wütend und ich hoffe, dass es viele von Ihnen ebenfalls wütend macht, wenn uns Frauen erst für die gleiche Arbeit viel weniger bezahlt wird als den Männern und uns dann auch noch ein selbst schuld hinterhergerufen wird. Mit solchen Ratschlägen und anderen Unverbindlichkeiten muss Schluss sein. Wir brauchen endlich andere Handlungen. Objektive Methoden zur Feststellung von ungerechten Lohnunterschieden gibt es und wir müssen sie der Wirtschaft abfordern. Das muss endlich geschehen.
Es gibt also in puncto Gleichstellung der Frauen noch viel zu tun. Übrigens brauchen wir uns nur selbst anzuschauen. Hier sitzen nur 33 Prozent Frauen und die sind auch noch recht ungleichmäßig verteilt, auch wenn das im Moment nicht so offensichtlich zu sehen ist wie immer bei diesen Themen. Zumindest aber würde ich sagen, wenn die rechte Hälfte ein bisschen nachbessern würde, wäre schon viel geholfen.