Es gibt also in puncto Gleichstellung der Frauen noch viel zu tun. Übrigens brauchen wir uns nur selbst anzuschauen. Hier sitzen nur 33 Prozent Frauen und die sind auch noch recht ungleichmäßig verteilt, auch wenn das im Moment nicht so offensichtlich zu sehen ist wie immer bei diesen Themen. Zumindest aber würde ich sagen, wenn die rechte Hälfte ein bisschen nachbessern würde, wäre schon viel geholfen.
Ist also Hamburg unter diesem Senat, unter Schwarz-Grün, für Gleichstellung gerüstet? Sie werden verstehen, dass ich daran zweifle. Die Zeiten jedenfalls, als in Hamburg mit der Richtlinie zur Förderung von Frauen im öffentlichen Dienst bundesweite Zeichen gesetzt wurden, sind lange vorbei. Und – die Kollegin Artus hat es schon er
wähnt – es ist lange vorbei mit dem Senatsamt für die Gleichstellung. Das hatte 1991 übrigens 28 Stellen, um sich dieser Thematik zu widmen. Daran möchte ich angesichts der neuen "Arbeitstelle Vielfalt" gerne noch einmal erinnern. Die neue "Arbeitsstelle Vielfalt" wird mit 17 Stellen für einen bunten Strauß von Antidiskriminierungstatbeständen zuständig sein, für Fördermaßnahmen für Frauen, für neue Männer, für neue Väter, gegen Rechtsradikalismus, für Lesben, Schwule, Transsexuelle, Intersexuelle. Sie wird tätig werden gegen Diskriminierung von Minderheiten und so weiter und so weiter. Ich kann gar nicht alles aufführen, wofür diese 17 Menschen dann zuständig sein werden. Das wird ein wahrer Gemischtwarenladen.
Und das Ganze ist auch nur ein Projekt mit Projektcharakter. Es würde mich für die Menschen in unserer Stadt wirklich freuen, die große Erwartungen da hineinsetzen, wenn dank der wahrscheinlich wieder beschworenen Synergieeffekte und ohne nennenswerte Ressourcen, so würde ich das jedenfalls sehen, daraus dann mehr wird als eine grüne Wundertüte. Nun gut, mir fehlt ein bisschen der Glaube.
Erste Vizepräsidentin Barbara Duden (unterbre- chend): Frau Dobusch, Sie haben das Licht registriert und die Glocke gehört. Ihre Redezeit ist abgelaufen.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Auch ich möchte an dieser Stelle vonseiten der GAL-Fraktion dem Landesfrauenrat in Hamburg noch einmal recht herzlich, wenn auch leider ein bisschen nachträglich, zum 60-jährigen Bestehen gratulieren
und mich im Zuge dessen auch noch einmal bei allen aktiven Frauen und Mitgliedsorganisationen ganz herzlich bedanken. Diese Frauen im Landesfrauenrat haben sich in den letzten 60 Jahren wirklich kontinuierlich für die tatsächliche Gleichstellung von Frauen eingesetzt und ich glaube, das hat die Hamburger Politik immer zu spüren bekom
men. Sei es bei den Kürzungen 2002 bis 2006 oder auch jetzt, wo wir die "Arbeitsstelle Vielfalt" einrichten, jederzeit können wir vom Landesfrauenrat eine kritische, konstruktive Begleitung feststellen.
Zurück zu der Frage, die diese Debattenanmeldung der LINKEN beinhaltet: Wann wird Hamburg wieder Gleichstellungshauptstadt? Das wollen wir sehr, sehr bald wieder sein, liebe Frau Artus. Ich glaube, ich muss nicht betonen, ich tue es aber trotzdem, dass der GAL dieses Thema ein wichtiges Anliegen ist. Die Gleichstellung von Frauen ist von jeher ein Kernziel grüner Politik und mit der Frauenquote und der Mindestparität haben wir in Deutschland auch wichtige Zeichen insgesamt gesetzt.
Man kann sagen, dass wir uns im Themenfeld der Gleichberechtigung in Hamburg als Regierungspartei einiges vorgenommen haben, um Präsenz, Teilhabe und auch die soziale Situation von Frauen deutlich zu verbessern. Zum einen – Sie haben sie bereits angesprochen – wird jetzt die neu eingerichtete "Arbeitsstelle Vielfalt" ihre Arbeit aufnehmen und wir werden damit zeigen, dass Geschlechterpolitik nicht nur ein hartes Politikfeld ist, sondern vor allem ein Querschnittsthema. Es ist kein bunter Strauß, wie Frau Dobusch es gerade gesagt hat, sondern Vielfalt heißt für uns, dass Geschlechterpolitik Grundlage aller Anstrengungen in allen Politikfeldern sein und werden muss.
Es ist ein wichtiges Zeichen, dass diese neue Stelle bei der Justizbehörde angedockt ist, denn ohne die Justizbehörde geht im Senat bekanntermaßen nicht viel.
Ich möchte noch einmal konkret auf die Frauenpolitik in dieser Stadt zurückkommen. Frauen tragen noch immer eine große Last, wenn sie Beruf und Familie vereinbaren wollen. Eine höhere Erwerbstätigkeit von Frauen bringt auch mehr wirtschaftliche Dynamik und mehr Stabilität in die sozialen Sicherungssysteme. Deshalb muss dies ein wichtiges Anliegen in der Frauenpolitik sein und das ist es bei uns mit dem Ausbau der Kindertagesbetreuung, mit der Umsteuerung hin zu Ganztagsschulen und auch mit gezielten arbeitspolitischen Maßnahmen in den einzelnen Quartieren. Wir haben uns im Koalitionsvertrag außerdem vorgenommen, die gleichberechtigte Teilhabe zu stärken und Konzepte dafür zu erarbeiten, dass in Zukunft Frauen und Männer jeweils zu mindestens 40 Prozent in allen
Gremien und Leitungspositionen in dieser Stadt vertreten sind. Ein weiterer wichtiger Schritt, den ich noch erwähnen möchte, ist das interkulturelle Frauenwirtschaftszentrum, das das bisher vernachlässigte Existenzgründungspotenzial von Frauen direkt in den Fokus nimmt.
Neben diesen Maßnahmen muss ich mit einem weinenden Auge sagen, dass leider auch der Bereich Schutz von Frauen vor Gewalt immer noch ein wichtiger Teil von Frauenpolitik ist. Auch in diesem Bereich setzen wir uns als schwarz-grüner Senat ein, wenn wir interkulturelle Gewaltberatungsstellen stärken, ein Wohnprojekt für von Zwangsheirat bedrohte Frauen einrichten oder – darüber haben wir in der Aktuellen Stunde vor Kurzem diskutiert – einen Runden Tisch Sexuelle Dienstleistungen einrichten, der mittlerweile seine Arbeit aufgenommen hat.
In Hamburg wird und wurde gerade einiges angestoßen in diesem Themenbereich. Natürlich entbindet uns das nicht von der Pflicht zu sehen, dass auch auf Bundesebene noch einiges zu tun ist. Individualbesteuerung statt Ehegattensplitting,
Vätermonate oder Quotenregelung – ich komme zum Schluss – sind wichtige Bereiche, die noch angepackt werden müssen. Was wir in Hamburg aufgreifen können, wollen wir aufgreifen.
Erste Vizepräsidentin Barbara Duden (unterbre- chend): Frau Heitmann, Ihre Redezeit ist wirklich abgelaufen.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren! Ich möchte auch von dieser Stelle noch einmal, wie meine Vorrednerin, dem Landesfrauenrat zum 60. Geburtstag gratulieren. Ich hatte schon zweimal Gelegenheit dazu, einmal beim Senatsempfang am Freitag und einmal bei der Ostseefrauenkonferenz am Samstag. In der Tat war das eine hochinteressante und sehr gelungene Veranstaltung, die auch hochkarätig besetzt war und sehr viele interessante Erkenntnisse aus vielen europäischen Staaten nach Hamburg gebracht hat. Auch an dieser Stelle noch einmal herzlichen Dank an den Landesfrauenrat für die Organisation und für diesen Transfer von Wissen und Erfahrung nach Hamburg.
Wenn wir über Hamburg und Gleichstellungspolitik reden, dann ist es interessant, sich die Geschichte anzuschauen. Die Geschichte ist in der Tat auch beeindruckend. 1979 wurde die Leitstelle Gleichstellung der Frau eingerichtet. Das war damals bundesweit die erste ihrer Art und der Beginn der staatlichen Frauen- und Gleichstellungspolitik, ein wichtiger Punkt und auch eine ganz wichtige Tradition.
Ein weiterer Meilenstein war 1991 das Gleichstellungsgesetz für den hamburgischen öffentlichen Dienst, damals bundesweit führend in der Frauenpolitik. Das ist natürlich auch ein wichtiger Bezugspunkt in der Geschichte der Gleichstellungspolitik Hamburgs.
Richtig ist aber auch, dass die Auflösung des Senatsamts für die Gleichstellung, in das die Leitstelle Gleichstellung der Frau dann nach mehreren Jahren übergegangen war, ein Rückschritt war, der natürlich auch ein Rückschritt für die Gleichstellungspolitik insgesamt bedeutete. Wir wollen mit der Arbeitsstelle Vielfalt anknüpfen an diese Tradition, Gleichstellungspolitik beim Senat zu verankern als Querschnittsaufgabe, und damit auch einen Ansatz von Geschlechterpolitik zu verfolgen, der Frauenförderung und Gender Mainstreaming miteinander verbindet, zwei in der Tat unterschiedliche Themen, die aber meiner Überzeugung nach zusammengehören.
Unser Anspruch als Hamburger Senat ist es, der Gleichstellungspolitik in Hamburg wieder eine hervorgehobene Position zu verschaffen. Das politische Ziel, das wir damit verfolgen, ist eine gleichberechtigte Gesellschaft und es ist auch mein ganz persönliches Anliegen.
Wenn wir über Gleichstellungspolitik reden, dann reden wir natürlich auch sehr intensiv über das Thema Frauenförderung. Das ist nach wie vor auf der Tagesordnung, wir müssen nach wie vor Instrumente der Frauenförderung erhalten, neue entwickeln, bewährte Instrumente weiterentwickeln. Von Gleichstellungspolitik profitieren natürlich auch in erster Linie Frauen, weil in puncto Gleichstellung Frauen nach wie vor in der Summe benachteiligt sind. Deswegen sind hier auch hauptsächlich die politisch Aktiven, deswegen ist der Landesfrauenrat nach wie vor eine sehr starke politische Organisation, eine der stärksten, die wir in Hamburg haben. Ich glaube aber auch, dass wir Männer in die Gleichstellungspolitik stärker einbeziehen müssen. Wir müssen Männer begreifen als Akteure und als Profiteure in der Gleichstellungspolitik,
als Akteure, weil ich überzeugt davon bin, dass die richtigen Anliegen, die von frauenpolitischen Organisationen seit Jahren immer wieder nach vorn gebracht werden, nicht weiter nach vorn kommen werden, wenn Männer sich diese Fragen nicht auch zum Anliegen machen werden. Deswegen müssen auch Männer zu Akteuren in der Gleichstellungspolitik werden. Ich glaube aber auch, dass diese Erkenntnis ein sehr wichtiger Hebel sein kann. Es gibt eine ganze Reihe von Bereichen, in denen die fehlende Gleichstellung zulasten von Männern geht, wo auch Männer benachteiligt sind, womit ich nicht sagen will, dass Männer stärker oder gleich stark benachteiligt sind; das wäre Unsinn. Es gibt aber Bereiche, in denen Männer sich benachteiligt fühlen aufgrund der gegenwärtig geltenden Rollenbilder,
und da sticht natürlich die Frage ins Auge, welche Rolle Männer bei der Kindererziehung haben und welche Rolle ihnen auch zugestanden wird. Das wirkt sich auch in der Situation auf dem Arbeitsmarkt aus, weil natürlich nach wie vor die bestehenden Instrumente, die bestehenden Angebote für Männer, sich an Familienarbeit zu beteiligen, an der Erziehung zu beteiligen, von Männern weniger genutzt werden, aber sie werden auch weniger akzeptiert, wenn sie von Männern benutzt werden. Das ergibt sich aus wissenschaftlichen Untersuchungen, aber auch aus ganz konkreten Beispielen. Mir ist gerade am Rande der Frauen-OstseeKonferenz noch einmal ein Beispiel aus meinem eigenen Bereich geschildert worden, wo einem jungen Richter gesagt wurde, dass doch als aufstrebender junger Richter momentan der falsche Zeitpunkt sei, Elternzeit zu nehmen. Da müssen wir natürlich an das Verständnis von Vorgesetzten appellieren, das ist eine sehr zentrale Aufgabe.
Wir haben aber auch eine sehr spannende Sache gehört. Die norwegische Staatssekretärin sagte am Samstag, ohne dass dies bislang schon wissenschaftlich nachgewiesen wäre, dass die Kombination der Förderung von Frauen in der Arbeitswelt und der Förderung von Männern bei der Familienarbeit zufällig zusammenfallen mit einem rapiden Absinken der Scheidungsrate in Norwegen. Wenn wir diesem Gedanken nachgehen, machen wir deutlich, welcher Nutzen darin für Männer und für die Gesellschaft insgesamt liegen kann.
Jetzt ist hier gesagt worden, die Personalausstattung der "Arbeitsstelle Vielfalt" sei zu gering, um dieses wichtige Themenfeld zu bearbeiten. Das müssen Oppositionsfraktionen natürlich einerseits immer sagen, aber ich finde es richtiger, nicht erst einmal einen Riesenpool von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern zu schaffen und dann zu schauen, welche Aufgaben wir uns vornehmen, sondern ich finde es vernünftiger, mit einem in der Tat vielleicht