Frau Artus, im Sozialhaushalt reden wir auch noch nicht einmal über Kürzungen oder Absenkungen, sondern wir sprechen darüber, dass wir nicht noch zusätzliche Steigerungen im Haushalt bekommen. Angesichts der wirklich dramatisch wegbrechenden Steuereinnahmen darf es bei der Suche nach Lösungen keine Denkverbote geben. Die Suche nach Lösungen bedeutet, dass wir genau hinsehen müssen; das ist unsere politische Verantwortung.
Die Regeln, die ich dazu aufgeschrieben habe, sind eine Hilfe, sie sind ein Prüf- und Nachdenkensraster, die weder einen Beschluss vorwegnehmen oder einen solchen darstellen. Ich habe auch klare Prioritäten gesetzt, Frau Veit, ich kann Ihnen hier zustimmen. An allerletzter Stelle kommen erst die Einschränkungen für den Bürger. Das sehen wir hier im Hause, glaube ich, alle so. Wenn wir aber aufhören würden, darüber nachzudenken – so wie Herr Kienscherf das in seiner Pressemitteilung gefordert hat, er hat gesagt, ziehen Sie das Papier zurück –, dann kann ich nur sagen, wer nicht denkt, findet keine Lösungen, wer wenig denkt, findet wenige Lösungen. Denkverbote haben uns noch nie in die Zukunft geholfen.
(Beifall bei der CDU und vereinzelt bei der GAL – Ingo Egloff SPD: Wer falsch denkt, findet falsche Lösungen!)
Tatsächlich versuchen wir erstmalig in einem sehr transparenten Verfahren zusammen mit den beteiligten Akteuren und Partnern in der Stadt, mit den Wohlfahrtsverbänden, über die bevorstehende Herausforderung im Sozialhaushalt zu beraten. Das ist nicht einfach und doch haben wir den Mut, das offen zu tun, um gemeinsam zu Lösungen zu
kommen, denn ich will nicht verschweigen, die Herausforderungen, vor denen wir im Sozialhaushalt stehen, sind gewaltig. Die SPD dagegen verfasst Pressemitteilungen, in denen die Rede davon ist, dass man den Menschen den Boden unter den Füßen wegreiße, sie gnadenlos im Stich lasse und sie ausbluten lasse. Diese Wortwahl zeigt deutlich, dass einige in der Opposition komplett die Bodenhaftung verloren haben und ich frage mich, wo das sozialdemokratische Verantwortungsgen geblieben ist, das Bürgermeister Ortwin Runde damals noch hatte, das Müntefering und Scholz haben, hier in Hamburg sehe ich das nicht.
Sie machen es sich immer sehr leicht, Sie reden von unserer unseriösen Finanzpolitik. Es ist unseriös, wenn Sie die Menschen für dumm verkaufen, wenn Sie immer wieder die mittlerweile fast verbauten 300 Millionen Euro für die Elbphilharmonie ins Feld führen, um damit den Haushalt zu sanieren. Angesichts von Steuereinnahmeausfällen von jährlich über 1 Milliarde Euro wird das zu nichts führen und das wissen Sie auch. Meinem Haushalt stehen 2,4 Milliarden Euro zur Verfügung, im Sozialbereich bauen wir so gesehen jedes Jahr mehrere Elbphilharmonien. Das ist nicht zu sanieren, wenn wir auf die Elbphilharmonie verzichten würden.
Wir haben in den Jahren 2007 und 2008 eine Nettokreditaufnahme von 0 Euro gehabt, das gab es zu Zeiten der SPD nicht,
Herr Tschentscher und eben auch Frau Veit sagen immer, wir hätten jetzt den Betriebshaushalt von Schwarz-Grün so sehr ausgeweitet. Was Sie verschweigen, ist, dass dies auch im Sozialhaushalt stattgefunden hat. Wir haben von 2008 auf 2009 den Betriebshaushalt in der Sozialbehörde um 300 Millionen Euro gesteigert. Welche dieser Maßnahmen halten Sie für falsch: den Krippenausbau, die Ausweitung der Rechtsansprüche auf Kindertagesbetreuung, die Einrichtung von Eltern-Kind-Zentren, die Verstärkung der Opferberatung? All das sind Maßnahmen, die direkt bei den Menschen ankommen, die aber den Sozialhaushalt in den vergangenen Jahren haben steigen lassen.
Als wir dann diese Punkte hier diskutiert haben, war Ihre Kritik nicht, dass wir den Betriebshaushalt ausweiten, sondern da sagten Sie, warum nicht
schon früher und warum nicht mehr. Bei dem kostenlosen Kita-Jahr, das wir zu einem Zeitpunkt beschlossen haben, an dem die Lage noch deutlich besser war, war die Antwort der SPD, sie wolle zwei Jahre kostenlos. Das ist Ihr reales Verhalten gewesen, als es um die Ausweitung des Betriebshaushalts ging.
Sie haben in Ihrer Pressemitteilung auch gesagt, es sei eine Selbstverständlichkeit, dass wir vorrangige Kostenträger beteiligen, Herr Kienscherf. Als wir dann durch die Bundesregierung die Ausweitung der Leistungen in der Pflegeversicherung für Demenzkrankheiten beschlossen und sagten, wir wollten durch Verhandlungen mit Trägern dieses Geld auf das Hamburger Dementenprogramm anrechnen lassen, als wir das, was Sie jetzt für selbstverständlich halten, gemacht haben, da haben Sie von Sozialabbau gesprochen. Das ist nicht glaubwürdig und es geht überhaupt nicht, dass wir jetzt noch Ihren Widerstand gegen einen weiteren Anstieg der Kosten im Sozialhaushalt zu spüren bekommen. Wenn wir das nicht tun, wenn wir den Anstieg nicht in den Griff bekommen, dann führt dies dazu, dass am Ende wirklich jemand bluten muss, und das ist die zukünftige Generation, das sind die Kinder, die heute in die Kita gehen oder noch gar nicht geboren sind, weil sie unsere Verschuldung erben.
Zum Schluss möchte ich auf die Pressemitteilung zu diesem Denkpapier eingehen, Herr Kienscherf. Die strotzt nur so von Entgleisungen: Wersich zündelt und spielt mit dem sozialen Frieden, spielt den Anwalt der Armen, lässt die Menschen gnadenlos im Stich, lässt Menschen bluten, das ist asozial, Senator Wersich vergreift sich an den Menschen, er reißt den Schwächsten den Boden unter den Füßen weg.
Ich will das in ein sportliches Bild kleiden, meine Lieblingsportart Fußball. Was ich bei Ihnen vermisse, ist die gekonnte Ballannahme, der intelligente Pass, das schnelle und elegante Spiel, der Spielaufbau,
eigentlich all das, was Fußball sehenswert macht. Stattdessen gibt es Blutgrätsche und grobes Foul am Mann.
Kein Wunder, dass der wohlwollende Teil Ihrer Anhänger auf der Tribüne murrt und die anderen pfeifen, weil sie den Glauben an die Leistungsfähigkeit
der Mannschaft SPD verloren haben. Mit einem derartigen Stil und Inhalt kommen Sie nicht aus der politischen Abstiegszone.
Das Wichtigste aber ist, dass wir mit einem derartigen Stil und Inhalt nicht die Krise bewältigen können; das wäre nicht gut für Hamburg.
Jetzt komme ich zu etwas besonders Schönem, ich gratuliere nämlich dem Abgeordneten Hecht zu seinem Geburtstag. Er verbringt ihn hier bei uns, herzlichen Glückwunsch im Namen des ganzen Hauses.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Herr Senator, wenn Sie jetzt nicht weiterwissen, die persönliche Nummer spielen und hier von Verrohung der Sitten sprechen,
dann muss ich Ihnen sehr deutlich sagen, dass in dieser Stadt noch kein Sozialsenator seine Mitarbeiter aufgefordert hat, Menschen bewusst von Leistungen fernzuhalten, auf die sie einen Anspruch haben. Das hat noch kein Sozialsenator in dieser Stadt gemacht, meine Damen und Herren.
Es ist schon erstaunlich, wenn der Senator davon spricht, es handele sich um Regeln, und wenn Sie, Frau Blömeke, sagen, es sei nur eine Handreichung.
Es war nur eine Handreichung, in der steht, es seien neue Hürden aufzubauen, die die Menschen davon abhalten, gesetzliche Leistungen in Anspruch zu nehmen. Es ist nur eine Handreichung gewesen für Ihre beiden Fraktionen, in der steht, dass bei der Personalbemessung deutlich zusammengestrichen werden soll. Es ist auch nur eine Handreichung gewesen, in der steht, dass man letztendlich Löhne absenken soll. Diese Handreichung, die Sie bekommen haben, hat man auch den einzelnen Trägern geschickt und sie alle eingeladen. Was ist denn das für eine Handreichung? Das ist nichts anderes als eine Drohung und als solche ist sie auch verstanden worden.
Herr Sozialsenator, Herr Wersich, es geht bei dieser Frage eigentlich um eine ganz einfache. Wer soll in dieser Stadt die Zeche dafür zahlen, dass Sie eine verfehlte Finanzpolitik in den letzten Jahren veranstaltet, Prestigeprojekte durchgeführt und letztendlich die HSH Nordbank mitzuverantworten haben. Soll sie der Senat zahlen, sollen sie die Menschen zahlen, die mehr Vermögen haben, oder sollen es die Menschen zahlen, die in der Pflege tätig sind, die bedürftig sind? Das ist die Frage, die wir heute stellen.
(Beifall bei der SPD – Klaus-Peter Hesse CDU: Wir sind hier doch nicht auf dem Fischmarkt bei den Marktschreiern!)
Sie haben die Frage eben anders beantwortet. Es ist doch kein Zufall, dass auf der Pressekonferenz von Herrn Freytag in dieser Woche explizit der Sozialbereich genannt worden ist und gesagt wurde, dort müsse gespart werden, dort würden Sie ran wollen. Das ist doch Zeichen Ihrer verfehlten Politik.
Deswegen müssen wir es zu Recht ernst nehmen. Wir müssen, bevor beschlossen wird, in dieser Stadt darüber diskutieren, wie wir es schaffen, Menschen weiterhin die Teilhabe zu ermöglichen. Wir können nicht einfach davon ablassen und sagen: Nun lassen Sie uns erst einmal machen, wir reden so nett miteinander und später sehen Sie das Ergebnis. Sie haben als Sozialsenator die Aufgabe, sich als Anwalt der Armen und Schwächeren zu betätigen, und diese Rolle nehmen Sie derzeit nicht wahr.