Herr Präsident, meine Damen und Herren! Es ist ein Zeichen von Hilflosigkeit, frühkindliche Vorsorgeuntersuchungen verpflichtend zu machen. Warum ist das so? Die Experten haben in der Anhörung deutlich gemacht, dass es nur ein Baustein der Kindergesundheit ist, frühkindliche Untersuchungen verpflichtend zu machen, nicht mehr. Vorsorgeuntersuchungen in dieser Form verbindlich zu machen, hilft den Familien nicht, es erhöht nur den Druck auf sie. Man muss Kindern und Familien auf andere Art und Weise helfen. Viele Eltern leiden darunter, dass Sie Probleme damit haben oder es sich finanziell nicht leisten können, ihre Kinder zum Kinderarzt zu bringen. Die Experten haben das verdeutlicht und auch der Kollege hat die Stichworte Veddel und Horn erwähnt, woraufhin erwidert wurde, die Eltern könnten mit ihren Kindern ja auch in anderen Stadtteilen zum Arzt gehen.
Wenn man wirklich etwas für das Kindeswohl und die Gesundheit der Kinder erreichen möchte, dann müsste man den Plan des Senats verwirklichen, jedem Kind ab dem zweiten Lebensjahr einen KitaPlatz zu ermöglichen. Das zu streichen oder zu verschieben ist keine Lösung.
Man müsste mehr in die Kitas, in die Fortbildung der Erzieherinnen und Erzieher und die Familienförderung und Unterstützung von Familien investieren. Es hilft nicht, wenn man Familienzentren aufmacht, den Familien aber nicht die Möglichkeit gibt, ihre Kinder in die Kita zu bringen. Sammelanstalten, in die die Familien zwar kommen und sich
unterhalten können, die aber nicht dafür sorgen, dass die Eltern sich eine Arbeit suchen können, sind keine Lösung.
Wenn die frühkindlichen Untersuchungen verpflichtend gemacht werden, wie es der Senat vorsieht, dann werden die Familien, die damit ein Problem haben, ihre Kinder trotzdem nicht zu den U-Untersuchungen bringen. Ich zitiere aus dem gemeinsamen Antrag der GAL und der CDU:
"Darüber hinaus kann die nicht erfolgte Teilnahme an diesen Untersuchungen – trotz wiederholter Aufforderung an die Erziehungsberechtigten – auch als Hinweis auf eine mögliche Gefährdung des Kindeswohls gewertet werden."
Die Kollegen aus dem Saarland haben deutlich gesagt, dass ihr Konzept ein völlig anderes ist. Dort werden Familien mehr unterstützt und besucht, anstatt sie unter Druck zu setzen. Wir werden das hier vorliegende Gesetz also nicht unterstützen.
Ein Wort noch zum Gesetzesentwurf der SPD. Sie haben im Ausschuss gute Vorschläge gemacht, als ich aber heute Morgen Ihren fünfseitigen Antrag gelesen habe, war ich schon ein bisschen erschrocken, dass sich viele dieser Vorschläge in Ihrem Antrag gar nicht wiederfinden. Wir werden also auch diesen Antrag nicht unterstützen. – Vielen Dank.
Vielen Dank, Herr Präsident! Ich nehme doch gern noch einmal die Gelegenheit wahr für die letzten drei Minuten, dann ist es auch halb elf.
Meine Damen von der Koalition, Ihr Auftritt hier wird diesem Thema wirklich nicht gerecht. Wir waren uns im Sonderausschuss Vernachlässigte Kinder einig. Das ist vier Jahre her, hat aber an Aktualität überhaupt nichts eingebüßt. Wir haben damals keinen Kompromiss geschlossen, sondern das Thema gemeinsam durch die gesamten Ausschussberatungen getragen und am Ende ein gemeinsames Petitum verabschiedet. Wir waren uns einig, dass wir verpflichtende, verbindliche U-Untersuchungen für alle Hamburger Kinder wollen. Es ist mehr als traurig, dass Sie dieses Übereinkommen heute aufkündigen, meine Damen und Herren.
Sie tragen uns vor, es sei toll, dass im Saarland 98 Prozent der Kinder aufgrund der dortigen Verbindlichkeit erreicht werden. Genau diese saarlän
dische Regelung liegt unserem heute vorgelegten Antrag zugrunde. Sie hingegen verfolgen das schleswig-holsteinische Modell, das eben nicht diese Verbindlichkeit hat und auch diese Teilnehmerquoten nicht erreicht.
Wenn Sie hier von nachträglichen Erkenntnissen reden, Frau Blömeke, dann will ich Ihnen sagen, dass alle anderen Bundesländer inzwischen Regelungen auf den Weg gebracht haben, die alle U-Untersuchungen verbindlich machen. Sie aber wollen das nicht, Sie beschränken sich auf zwei Untersuchungen. Damit begeben Sie sich weit ins Abseits, Herr Senator Wersich und meine Damen und Herren von der Koalition. – Vielen Dank.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Mit dem Gesetzespaket, mit dem wir uns heute befassen, legt der Senat die komplette Umsetzung des Bürgerschaftlichen Ersuchens und des Koalitionsvertrages vor für mehr Kinderschutz in der Stadt. Wir haben uns über diese Inhalte so oft ausgetauscht, auch heute, dass aus meiner Sicht eine Wiederholung überflüssig ist. Deshalb verzichte ich auch darauf, das hier zum x-ten Male zu erklären.
Ich will mich auf einige Aspekte beschränken. Herr Böwer, Sie werfen dem Senat Gesetzes- oder sogar Verfassungsbruch vor,
Das Vorgehen des Senats im Vorgriff auf die zu erwartende Gesetzesänderung, die Verordnung zu ändern, war nicht nur rechtlich zulässig, sondern fachlich und wirtschaftlich geboten. Rechtlich zulässig ist es, weil der Senat der Verordnungsgeber ist und weil der Senat nicht verpflichtet ist, eine im Gesetz vorgesehene Verordnungsermächtigung auch zu nutzen. Rechtlich ist das überhaupt nicht zu beanstanden.
Der zweite Aspekt ist, dass mit der Schließung der Lücke der Vorerkennungsuntersuchungen in der gesetzlichen Krankenversicherung eine Doppelung entstanden ist. Ich bin mir ganz sicher, dass wir alle ein Interesse daran haben sollten, dass die Kinder lieber zu ihrem Kinderarzt gehen, als dass sie einmal im Leben von einem staatlichen Schularzt gesehen werden. Deshalb ist es nicht sinnvoll, eine zweite Untersuchung vorzuhalten, wenn eine erste Untersuchung beim niedergelassenen Kinderarzt vorgesehen ist.
Drittens war es wirtschaftlich geboten. Auch hier kann ich nur noch einmal auf den bereits zitierten Rechnungshof hinweisen, der genau diesen Bereich geprüft hat, nämlich den Bereich des Kinderund Jugendgesundheitsdienstes, und gesagt hat, dass die jetzigen Regelungen des KibeG eine solche Doppeluntersuchung beinhalten, die zugunsten anderer Maßnahmen aufgehoben werden soll, und genau das tun wir.
Der letzte Aspekt, auf den ich eingehen will: Herr Böwer, Sie haben es angedeutet, Frau Veit, Sie haben es noch deutlicher gesagt, dass wir den Konsens aus dem Jessica-Ausschuss aufgeben würden. Das grenzt an Geschichtsklitterung. Ich habe den Bericht des Jessica-Ausschusses hier und ich gehe ihn jetzt mit Ihnen durch, es ist kurz.
"Lücken in der (gesundheitlichen) Begleitung von Kindern zwischen 2. und 4./5. Lebensjahr sollen wirksam geschlossen werden."
"Die U1 - U9-Vorsorge- und Früherkennungsuntersuchungen bei Kindern sind verbindlicher zu gestalten."
Dazu gibt es eine Aussage sowohl vom Bundesgesundheits- als auch vom Innenministerium, dass es rechtlich nicht umsetzbar ist. Und jetzt heißt es weiter im Ausschuss-Text:
"…wären beispielsweise Bonusregelungen oder Einladungswesen durch gesetzliche Krankenkassen geeignet."
Damit ist das beendet und es gibt keine weitere Aussage in dem Jessica-Abschlussprotokoll, das dort beschlossen worden ist.
Wenn Sie sagen, wir verlassen den Konsens des Jessica-Ausschusses, dann tun wir das, weil wir nämlich mehr machen, als in dem Ausschuss damals beschlossen worden ist.
Dieser Modellversuch ist ein weiterer Baustein für mehr Kinderschutz in der Stadt und deshalb ist es gut so, wenn das Parlament ihn heute beschließt. Wir werden ihn dann umsetzen.
Meine Damen und Herren! Ich darf Sie bitten, die Würde des Hauses zu wahren. Ich habe jetzt nicht feststellen können, wer das gesagt hat, aber das ist unzulässig.
Herr Senator, zu den vier Punkten kurz ein Hinweis: Herr Beuß, Sie kommen doch aus Eimsbüttel. Da wohnen eigentlich intelligente Leute, aber Sie scheinen die Ausnahme zu sein.