Alle Ihre Forderungen sind wirklich nur auf eines ausgerichtet, und das belegt auch die Rede Ihres Fraktionsvorsitzenden. Es geht Ihnen um die Lufthoheit der Stammtische. Das wird aber den ernsten Problemen, denen wir uns im Interesse der Steuerzahler stellen müssen, nicht gerecht.
Ich würde mir wünschen, dass Sie in diesem Punkt konstruktiver mitarbeiten würden und wir einem Baukonzern, der mehr Rechtsanwälte beschäftigt als Bauarbeiter, als öffentliche Hand einig entgegentreten könnten. Damit würden Sie dem Interesse der Steuerzahler viel mehr gerecht werden als mit solchen Anträgen für die Galerie. – Vielen Dank.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Die Redner der Koalitionsfraktionen haben jetzt versucht, uns zu erklären, es gebe kein Problem; so habe ich Sie jedenfalls verstanden.
Gleichzeitig, Herr Kerstan, mahnen Sie an – ich sage es jetzt verkürzt –, die Opposition müsse in der Frage der Elbphilharmonie den Schulterschluss mit der Regierung suchen, sonst komme man gegen den Konzern nicht an. Für mich ist das ein Widerspruch. Gestehen Sie den Antragstellern zu, dass mit diesen beiden Anträgen ein wirkliches Problem angesprochen wird. Es gibt hier ein wirkliches Problem, es geht nicht einfach nur um die – wie Sie es ausdrücken – Lufthoheit. Vielleicht können wir uns darauf verständigen, dass das wirkliche Problem in der Kritik des Landesrechnungshofs besteht, das Parlament erfülle seine
Aufgaben nicht. Ein Grund für die Kostensteigerungen liege darin, dass wir nicht hartnäckig genug darauf bestehen – das muss und will ich auch auf mich selbst beziehen –, dass Paragraf 7 der Landeshaushaltsordnung bei jedem konkreten Projekt eingehalten wird, indem eine Wirtschaftlichkeitsberechnung und eine Erfolgskontrolle des Managements durchgeführt wird. Das sagt nicht irgendjemand in einer Kneipe am Stammtisch, sondern das sagt eine der wichtigsten Institutionen in dieser Stadt. Der Landesrechnungshof sagt, und das wird auch aufgegriffen: Liebe Leute, was Ihr hier im Parlament macht, ist grenzwertig. Eure Aufgabe ist es sicherzustellen – ich beziehe das auch auf mich selbst –, dass künftig Paragraf 7 der Landeshaushaltsordnung immer eingehalten wird. Ich sage das sehr kritisch, weil ich die HCU-Phase hinter mir habe und weiß, wie schwierig das ist, wie verärgert ich war und wie hart wir in der Fraktion gerungen haben, damit möglicherweise vor das Verfassungsgericht zu gehen. Ich habe nach wie vor eine andere Sicht als der Rechnungshof und bin der Meinung, dass wir hier grob getäuscht worden sind.
Ich formuliere das auch deswegen so hart, weil der Landesrechnungshof in der Frage der Kostensteigerung zu Recht auf die Elbinselpolitik verweist und uns vorhält, dass bei dem Projekt im Sinne des "Tors zur Welt" schon bei der Auslobung alle Kostenvorgaben überschritten worden seien und beim Projekt IBA keine Etatreife vorliege und wir auch hier schon erkennen könnten, dass das Ganze nicht einzuhalten ist. Diesen Vorwurf macht der Rechnungshof auch der Opposition zu Recht. Wenn man so etwas nicht einfordert, liegt es auf der Hand, welche Risiken derartige Blankoschecks für einen zielgerichteten Mitteleinsatz und für eine Erhöhung des ohnehin schon erheblichen Kostenvolumens bedeuten. So verstehe ich jetzt den Antrag, den Herr Neumann vorgestellt hat. Wir müssen durch eine Schwachstellenanalyse dazu kommen, dass wir künftig keinen Projekten mehr Blankoschecks ausstellen. Wir beziehungsweise meine Fraktion haben hier wohl leider Fehler gemacht und haben Blankoschecks ausgestellt. Wenn wir das jetzt im Griff haben wollen, dann muss das auf jeden Fall unterbleiben. Das ist der erste Punkt, um den es geht.
Der zweite Punkt, Herr Kerstan, ist der ZOB. Als ich damit in den Ausschüssen konfrontiert wurde, war das für mich unvorstellbar. Ich finde es gut, dass der Senat gesagt hat, er beauftrage und bitte den Landesrechnungshof, sich das Ganze anzusehen. Wenn ich einige Äußerungen der CDU-Fraktion richtig verstanden habe, dann sagt sie auch, es wäre dringend notwendig, aus diesem Projekt zu lernen, wie es kommen könne, dass bei einem solchen Bauprojekt faktisch eine Verdoppelung der Summe am Ende herauskomme.
Drittens macht mich besonders, was die Ergebnisse dieses Antrags angeht, die Stadtbahn sehr skeptisch. Ich habe im Stadtentwicklungsausschuss nur zugestimmt – wir haben auch in der Fraktion darüber debattiert, ob wir einen solchen Generalbeschluss machen können – und mache das jetzt nur, wenn klar ist, dass wir danach die Wirtschaftlichkeitsuntersuchung und die Dimensionen der Erfolgskontrolle bekommen. Einmal bildlich gesprochen: Wir waren kaum aus dem Saal, da haut mir Herr Elste um die Ohren, was für ein Blödsinn dies sei. Für 7,7 Kilometer würde man niemals eine Wirtschaftlichkeitsuntersuchung bekommen, man müsse wenigstens 40 Kilometer haben. Was machen wir jetzt? Ich unterstelle niemandem, dass alles Absicht war. Ich versuche, meine Arbeit immer ernst zu nehmen, aber hier fühle ich mich wirklich sehr grob aufs Glatteis geführt, wenn gesagt wird, Paragraf 7 müssen wir genauer einhalten, wir müssen uns die Untersuchung des Bezirks ansehen, wir brauchen die Zustimmung, sonst kommen wir nicht weiter. Und kaum bin ich draußen und der Generalunternehmer für das Projekt verhöhnt mich und sagt, wie könnten wir den Blödsinn nur glauben, dass man für 7,7 Kilometer eine Wirtschaftlichkeitsrechnung vorlegen könne. Das ist der blanke Hohn.
(Beifall bei der LINKEN und der SPD – Jens Kerstan GAL: Ich habe nie gesagt, dass es kein Problem ist!)
Sie können immer sagen, wenn jemand von der SPD vortritt, dass Sie dann gleich in den Stock beißen oder sagen, das seien uralte Kamellen aus den Neunzigerjahren; das ist ein blödes Argument.
Wir haben hier ein Problem zu lösen, nämlich, wie wir die Kosten besser in den Griff bekommen. Das ist in dem Antrag enthalten, das akzeptiere ich und hier müssen wir einiges machen.
Ich komme nun noch zur Elbphilharmonie. Wir haben nach langem Drängen die Ordner bekommen, das waren wohl einige Hundert Ordner. Aber 46 oder 47 davon sind zurückgehalten worden. Das Ergebnis aus meinem Studium dieser Ordner bestand darin, dass ich die 46 oder 47 Ordner sehen muss, weil ich erst dann sagen kann, wo Fehler sind. Dann kann ich vielleicht auch beweisen, dass dieser Senat oder führende Leute die Öffentlichkeit
grob getäuscht haben. Ich bin skeptisch, ob der Antrag Elbphilharmonie uns da weiterführt. Ich und meine gesamte Fraktion hoffen, dass wir endlich die Freigabe dieser Ordner bekommen.
Letzter Punkt, Herr Kerstan. Sie sagen jetzt, ich würde einen Schulterschluss mit dem Senat in dieser Frage machen. Ich bin in diese komische Sitzung hineingegangen mit Herrn Tschentscher und er fragte mich, ob ich schon wieder eine Verschwiegenheitsverpflichtung unterschreiben wolle. Ich habe bestimmt schon zwei Dutzend unterschrieben.
Und am nächsten Tag führt dieser Senat, nachdem er mir die 25. oder 26. Verschwiegenheitsverpflichtung zur Unterzeichnung vorgelegt hat, ein Hintergrundgespräch und packt alle diese Daten gegenüber der Presse aus. Das ist also die Hochachtung vor dem Parlament und dann kommen Sie auch noch daher und fordern den Schulterschluss.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Die Debatte hat phasenweise wirklich groteske Züge angenommen. Ich möchte an den Ausgangspunkt erinnern. Jeder weiß, dass Bauprojekte oft teurer werden, als man es ursprünglich gedacht hat; das ist eben so bei Bautätigkeiten. Das war in dieser Stadt auch 44 Jahre lang so. Aber wenn man jetzt eine Liste der Bauprojekte zusammenstellt, die deutlich teurer werden, plus 20 Prozent beziehungsweise mindestens eine halbe Million Euro, dann wird daraus eine Liste mit mindestens 40 Punkten. Das heißt, dass wir in dieser Stadt nicht ab und an einmal so ein Projekt haben, sondern es läuft kein Projekt glatt durch.
Wir haben hier ein strukturelles Problem und deswegen fordert die SPD-Fraktion, einmal eine Schwachstellenanalyse vorzunehmen, Frau Senatorin, genauso wie bei der Glatteisproblematik, um
Herr Kerstan, niemand hat kritisiert, dass Sie für die Stadtbahn eine sorgfältige Kostenermittlung machen. Diese Kostenschätzung haben wir Ihnen geradezu abgerungen, und zwar eine gute. Dafür sollen Sie alle Zeit der Welt haben. Wir kritisieren aber, dass Sie uns wieder einmal Entscheidungen abverlangen, bevor die Kostenfragen klar sind. Machen Sie keine Festlegungen über Strecken, Streckenlängen und Verläufe, solange nicht klar ist, welche wirtschaftliche Bedeutung diese Konzepte haben. Unsere Reihenfolge ist: Erst die Kostenanalyse und dann die Entscheidungsvorlagen für das Parlament, möglichst auch mit einer Beratung im Haushaltsausschuss, die sogar Ihre Senatorin angeboten hat und die Sie uns verweigert haben. Das ist unsere Kritik.
Jetzt komme ich zum Punkt Elbphilharmonie. Herr Kerstan, das ist wieder einmal eine typische Nummer. Sie haben ein dreistelliges Millionenproblem – und die Opposition habe versagt.
Hier gebe ich Herrn Bischoff völlig recht. Man ist wirklich ratlos, wenn man in die Behörde zu einem Hintergrundgespräch eingeladen wird und als Erstes eine Verschwiegenheitsverpflichtung unterschreiben muss. Frau Senatorin, was denken Sie sich eigentlich? Selbst bei Hapag-Lloyd, und hier ging es um eine Bürgschaft in Höhe von 1,2 Milliarden Euro, hat nicht einmal Herr Freytag – und der hat allen Grund, skeptisch zu sein, was meine Person angeht oder auch Herrn Bischoff und Frau Heyenn – verlangt, dass wir eine Verschwiegenheitsverpflichtung unterschreiben, bevor wir über die gemeinsamen Interessen der Stadt in puncto Hapag-Lloyd reden. Und wir haben alles erfahren, auch hochproblematische Details von Hapag-Lloyd. Nichts davon hat in der Zeitung gestanden, weil wir genau diese Unterschiede kennen, wann Opposition im Parlament gefragt ist und wann die Interessen der Stadt gefragt sind.
Aber hier wird erwartet, Verschwiegenheitsverpflichtungen zu unterschreiben mit dem Erfolg, dass am nächsten Tag die Angelegenheiten in allen Zeitungen stehen. Dann wird auch noch der Vorwurf erhoben, die Opposition habe versagt, weil sie nicht die gemeinsamen Interessen der Stadt gegenüber dem Investor vertreten will. Das ist unmöglich, wie Sie hier vorgehen, und wir weisen zurück,
dass wir das Geschäft von Investoren machen würden. Wenn Sie genau hinhören, teilen wir Ihre Kritik an dem, was HOCHTIEF macht. Wir haben
gesagt, HOCHTIEF mache hier eine Strategie – ich würde das nicht in den Kategorien beschreiben, die Sie gewählt haben, Herr Kerstan –, eine Gewinnmaximierungsstrategie, die nicht in Ordnung ist. Das ist meine Erkenntnis. Und deswegen, Herr Hamann, tut es mir für diesen Senat fast ein bisschen leid.
Dieses dreistellige Millionenprojekt hat der Steuerzahler an den Hacken und es ist unmöglich, dass Sie einen Beitrag dieser Qualität liefern und den Gutachter in Berlin, den wir um eine gutachterliche Stellungnahme gebeten haben, in dieser Art und Weise disqualifizieren.