Protokoll der Sitzung vom 24.02.2010

Es gibt doch nicht nur Greifswald und Kiel, es gibt zum Beispiel auch eine sehr gute Universität in Lüneburg, mit dem Nahverkehrszug von Hamburg aus zu erreichen.

(Michael Gwosdz GAL: Was ist denn mit dem BAföG?)

Es gibt auch noch ganz andere Lebensläufe. Wir dürfen das Freiwillige Soziale Jahr nicht vergessen, die Bundeswehr fällt mir ein. Bei der Bundeswehr an der Helmut-Schmidt-Universität kann man auch studieren, da studieren neuerdings auch eine Menge junger Frauen. Den Zivildienst dürfen wir

nicht vergessen. Es gibt eine ganze Menge ausbildungsähnliche Verhältnisse, Volontariate und das ist eine gewaltige Vielfalt.

(Glocke)

Meine Damen und Herren! Das Wort hat allein Herr Lemke. Bei der Gelegenheit, erlauben Sie eine Zwischenfrage des Abgeordneten Herrn Kienscherf?

Sie haben das Wort, Herr Lemke.

Deswegen wird es auch die Riesenwelle, die Sie prognostizieren, nicht geben. Richtig ist aber natürlich, dass es eine Erhöhung der Anzahl der Studienplatzbewerber geben wird, das ist vollkommen richtig, und es wird auch eine Erhöhung der Anzahl der Bewerber um einen Ausbildungsplatz geben. In dem Punkt sind wir uns einig.

(Norbert Hackbusch DIE LINKE: Das hat aber lange gedauert!)

Ja. Man muss aber eben auch einmal sehen, wie die Realität ist. Die verantwortlichen Akteure im Senat, aber nicht allein dort, haben die erforderlichen Maßnahmen getroffen. Ich wiederhole das jetzt an dieser Stelle nicht, weil es alles schon gesagt worden ist.

Die Handelskammer und die Handwerkskammer, die beide für G8 eingetreten sind, sind hier ebenfalls in der Pflicht, denn wer A sagt, muss auch B sagen. G8 führt ganz klar dazu, dass es einen Doppeljahrgang geben muss, das war allen bekannt. Hier sind auch eine Menge Dinge getan worden.

(Dirk Kienscherf SPD: Was ist denn getan worden? – Vizepräsident Wolfgang Joithe- von Krosigk übernimmt den Vorsitz.)

Ich möchte noch auf das Stichwort Verdrängungswettbewerb eingehen. Dieser Wettbewerb ist kein Thema, das jetzt durch den Doppeljahrgang entsteht, sondern den Verdrängungswettbewerb hat es schon immer gegeben. Es ist auch bereits angesprochen worden, dass Jugendliche aus Mecklenburg-Vorpommern auf den Hamburger Ausbildungsmarkt drängen. Sie hatten hier gute Chancen aufgrund der Qualitäten, die sie in der Schule erworben haben. Wir können diese Jugendlichen auch nicht daran hindern, sich in Hamburg auf Ausbildungsplätze zu bewerben. Ich würde sogar sagen, dass die Jugendlichen aus Mecklenburg-Vorpommern in Hamburg willkommen sind.

(Vereinzelter Beifall bei der CDU)

Dieser Wettbewerb lässt aber aufgrund der stark zurückgehenden Bewerberzahlen von dort nach. Das hat auch überhaupt nichts mit dem Doppeljahrgang zu tun. Es gab schon viele andere Verdrängungswettbewerbe. Als in den Achtzigerjahren zum Beispiel

(Jan Quast SPD: Was interessiert uns das heute?)

die Abiturienten anfingen, sich plötzlich für den Beruf des Bankkaufmanns und des Versicherungskaufmanns zu interessieren, war das auch schon der Fall.

Nun stellt sich doch die Frage, wie man diesen Verdrängungswettbewerb entschärfen kann. Man kann ihn entschärfen, indem man eine höhere Anzahl an Ausbildungsmöglichkeiten schafft, das ist ausführlich von Herrn Gwosdz dargestellt worden und es ist geschehen. Es gibt natürlich auch noch andere Möglichkeiten, diesen Verdrängungswettbewerb zu entschärfen und zwar, indem man sich besonders den lernschwächeren Schulabgängern widmet. Da haben wir die Produktionsschulen, die Berufsvorbereitungsjahre, das Sofortprogramm und da kann man definitiv nicht behaupten, dass dort nichts geschehen wäre. Im Gegenteil, der Senat hat sich schon sehr intensiv mit diesem Thema befasst und dort etwas getan.

(Beifall bei der CDU und vereinzelt bei der GAL)

Der von Ihnen, Herr Dr. Bischoff, geforderte Bericht schafft keinen einzigen Ausbildungsplatz und hilft uns bei diesem Thema überhaupt nicht weiter. – Danke.

(Beifall bei der CDU und bei Michael Gwosdz GAL)

Wenn keine weiteren Wortmeldungen vorliegen, kommen wir zur Abstimmung.

Wer möchte der Überweisung des Antrags der Fraktion DIE LINKE aus der Drucksache 19/5339 an den Schulausschuss zustimmen? – Die Gegenprobe. – Enthaltungen? – Damit ist dieser Antrag einstimmig an den Schulausschuss überwiesen.

Ich gebe das Wahlergebnis der Wahl einer oder eines Deputierten der Justizbehörde bekannt. Es gab 84 Ja-Stimmen, 9 Nein-Stimmen, 5 Enthaltungen, keine ungültigen Stimmzettel. Insgesamt wurden 98 Stimmzettel abgegeben. Damit ist Patricia Hauto zur Deputierten der Justizbehörde gewählt.

Wir kommen zu Tagesordnungspunkt 19, Drucksache 19/5300, Vorlage des Rechnungshofs: Jahresbericht 2010 des Rechnungshofs über die Prüfung der Haushalts- und Wirtschaftsführung der Freien und Hansestadt Hamburg mit Bemerkungen zur Haushaltsrechnung 2008.

[Vorlage des Präsidenten des Rechnungshofs: Jahresbericht 2010 des Rechnungshofs über die Prüfung der Haushalts- und Wirtschaftsführung der Freien und Hansestadt Hamburg mit Bemerkungen zur Haushaltsrechnung 2008 – Drs 19/5300 –]

Diese Drucksache möchte die SPD-Fraktion federführend an den Haushaltsausschuss und mitberatend an den Familien-, Kinder- und Jugendausschuss sowie den Sozialausschuss überweisen.

Wird das Wort gewünscht? – Frau Ahrons, Sie haben das Wort.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Die CDU-Fraktion ist dem Rechnungshofpräsidenten, Herrn Dr. Meyer-Abich, und seinem Kollegium wie schon in der Vergangenheit sehr dankbar für den alljährlichen Bericht über die Haushalts- und Wirtschaftsführung der Freien und Hansestadt Hamburg.

Heute geht es um den Jahresbericht 2010, der sich mit dem Jahr 2008 beschäftigt. Es gibt in diesem Bericht wieder eine Vielzahl an Feststellungen, Beanstandungen und Vorschlägen, fast 50 an der Zahl, die aufzeigen, dass Hamburg in vielen Bereichen seine Einnahmen steigern und seine Ausgaben reduzieren kann. Der Rechnungshof sagt auch konkret, auf welche Weise, mit welchen Maßnahmen das erfolgen soll. Sparen, Kosten senken, Einnahmen sichern und wirtschaftlich handeln – das sind die maßgeblichen Vorgaben. Der Bericht schafft uns Abgeordneten die notwendige Transparenz, um zu sehen wie mit dem Geld unserer Stadt umgegangen wird. Er versetzt uns nämlich in die Lage, unserem verfassungsmäßigen Auftrag nachzukommen, das Handeln und Haushalten des Senats zu kontrollieren.

Gerade in Zeiten der Wirtschaftskrise und der Verschuldung der öffentlichen Haushalte steht der Senat in der Verantwortung, vorsichtig und pfleglich, also wirtschaftlich, mit den ihm überlassenen Steuermitteln umzugehen. Vor diesem Hintergrund muss jeder, aber auch jeder Spielraum genutzt werden, um neben Sparmaßnahmen alle Möglichkeiten dafür zu nutzen, den Hauhalt zu konsolidieren und zu stabilisieren. Ob und wie das geschieht, unterliegt unserer Kontrolle und darum ist der Jahresbericht des Rechnungshofs für uns ein sehr wichtiges Instrument. Ich halte es auch für bemerkenswert, dass der Senat den Empfehlungen des Rechnungshofs überwiegend folgt und danach handelt.

Das zeigt sich heute zum Beispiel sehr deutlich an dem Thema Straßen. Der Rechnungshof hat auf die Problematik der Bau- und Straßenunterhaltung aufmerksam gemacht und, um finanzielle Nachteile für die Stadt zu vermeiden, empfohlen, sich noch stärker um die Unterhaltung und Instandsetzung

(Dittmar Lemke)

zu kümmern. Wir wissen, dass dieser Winter in seiner Dauer und Härte für uns alle überraschend kam und sehr große Schäden hinterlassen wird, das ist schon überall zu sehen. Darum hat der Senat aktuell zur Beseitigung dieser Winterschäden und zur Grundinstandsetzung der Straßen ein Sofortprogramm erlassen und kurzfristig 10 Millionen Euro zur Verfügung gestellt.

(Beifall bei der CDU und bei Horst Becker und Dr. Eva Gümbel, beide GAL)

Hier zeigen die Empfehlungen also unmittelbare Wirkung.

An anderer Stelle ist es hingegen nicht immer ganz so einfach. Immer wieder ärgere ich mich über Vorfälle, bei denen wirtschaftliches Handeln eigentlich selbstverständlich sein sollte. Wenn man wissen will, ob staatliche Leistungen auch wirksam sind, muss man diese zum Beispiel erst einmal erproben und dann den Erfolg kontrollieren. Bei einem vom Rechnungshof geprüften Fall scheint das einfach nicht zu klappen. Es geht um die Einrichtung zur Förderung von Jugendlichen an der Schnittstelle von der Schule in den Beruf, also beim sogenannten Übergangsmanagement. Hierzu gibt es in Hamburg Berufsvorbereitungsschulen, Produktionsschulen, außerschulische Beratungsund Integrationsangebote und Ausbildungsprogramme, die sich um dieses Produkt kümmern und sehr wichtige Arbeit leisten. Es herrscht aber überhaupt keine Transparenz darüber, ob das Ziel, nämlich junge Menschen in Arbeit zu bringen, mit den bestehenden Einrichtungen und Programmen überhaupt erreicht wird und wenn ja, in welcher Höhe. In diesem Bereich gibt es derzeit keine Kontrolle, keine Daten, keine Belege und keine Erprobung. Das Ganze soll nun von der Behördenseite auch noch ausgeweitet werden, ohne dass uns – der Bürgerschaft – der finanzielle Rahmen bekannt ist. So geht es natürlich nicht.

Ein anderer Fall ist Dataport. Dieser Betrieb hat in der Vergangenheit erhebliche Überschüsse generiert. Der genaue Betrag allerdings konnte nicht ermittelt werden, weil es erhebliche Mängel im Rechnungswesen gab – und das bei Dataport. Hierdurch könnte der Stadt zwischen 2005 und 2008 ein wirtschaftlicher Schaden in Höhe von 12 Millionen Euro entstanden sein. Das muss natürlich auch geändert werden, damit Steuergelder nicht irgendwo verrieseln. Zum wirtschaftlichen Handeln der öffentlichen Hand gehört es auch, dass Entscheidungen nur auf einer gesicherten Grundlage getroffen werden können. Wenn ich ein Vorhaben plane, dann muss ich wissen, wie hoch die Kosten und der Nutzen sind, welche Details mir bekannt sind beziehungsweise was noch unsicher ist. Um mich am Ende zu entscheiden, muss ich dann eine sorgfältige Abwägung vornehmen und das tut die Stadt leider nicht immer. Oftmals fehlt bei Projek

ten die Wirtschaftlichkeitsuntersuchung oder Erfolgskontrollen.

Ein Fall ist mir besonders aufgefallen, und zwar das Bildungszentrum "Tor zur Welt" im Rahmen der Bildungsoffensive Elbinseln. Eigentlich mit einer Kostengrenze von rund 28 Millionen Euro belegt, hat der erste Preisträger des ausgeschriebenen Wettbewerbs diese um rund 42 Prozent überschritten. So kommt man auf sage und schreibe fast 40 Millionen Euro.

(Olaf Ohlsen CDU: Unglaublich!)

Damit wurden in diesem Fall Grundsätze der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit deutlich missachtet. Politische Vorgaben hinsichtlich Nachhaltigkeit, Klimaschutz und Exzellenz sind doch auch dann zu erfüllen, wenn man sich innerhalb des Kostenrahmens bewegt.

Diese Fälle sind alle nicht schön und bedürfen sofortiger Änderung. Die Auswirkungen der Finanzkrise zusammen mit der der Wirtschaftskrise haben sich aber erst am Ende des Jahres 2008 vollständig gezeigt, das heißt, wir sprechen überwiegend über Fälle, die der Senat zeitlich früher auf den Weg gebracht hat. Zudem handelt es sich, wenn Sie sich die Gesamtsumme anschauen, summa summarum nur – in Anführungsstrichen – um einen Bruchteil des Hamburger Haushaltsvolumens. Man kann dem Senat daher nicht vorwerfen, Steuergelder im großen Stil zu verschwenden. Es heißt aber auch "Wer den Pfennig nicht ehrt, ist des Talers nicht wert" und in diesem Sinne muss schon bei einer verhältnismäßig kleinen Summe ganz genau hingeschaut werden, auch und gerade in finanziell so schwierigen Zeiten, wie wir sie jetzt haben.

Wir werden den Rechnungshofsbericht im Unterausschuss beraten, sicherlich dann noch einmal hier debattieren und wenn Sie einmal hinschauen, haben wir heute ein Novum, dass nämlich Teile des Rechnungshofsberichts auch an den Sozialausschuss und den Familienausschuss gehen werden. Ich begrüße außerordentlich, dass man sich im Vorwege, bevor der Unterausschuss tagt, auch einmal mit seinen Themen befasst. – Danke.

(Beifall bei der CDU und der GAL)

Das Wort hat Frau Dr. Schaal.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich begrüße auch ganz herzlich den Präsidenten des Rechnungshofs, Herrn Dr. Meyer-Abich.

Der Senat betreibt keine nachhaltige Haushaltspolitik, das ist die zentrale Botschaft des Jahresberichts 2010 des Rechnungshofs. Dem Senat mangelt es an Ausgabendisziplin, er schert sich oft

(Barbara Ahrons)

nicht einmal um das Haushaltsrecht, missachtet viel zu oft die Rechte des Parlaments und vernachlässigt darüber hinaus auch die Substanz der Stadt teilweise sträflich.