Protokoll der Sitzung vom 31.03.2010

(Zurufe von der CDU: Richtig!)

wo waren denn Ihre Richtigstellungen in den ganzen letzten Tagen, wenn die Berichterstattung so falsch war? Ich habe da nur Verteidigungen von Herrn Wersich gelesen. Wo war denn die Klarstellung? Wenn das alles ungelegte Eier sind und noch gar nicht spruchreif und man erst einmal anfängt, darüber nachzudenken, dann weiß ich gar nicht, wie die Hamburger Presse dazu kommt, darüber tagelang empört zu berichten.

Im Übrigen meinen Sie, es wäre den Eltern ganz lieb so, lieber vielleicht, als wenn es andere Einschnitte gäbe. Ich will Ihnen einmal sagen, was Hamburgs Eltern lieb wäre. Es wäre ihnen lieb, wenn Sie frühkindliche Bildung und Betreuung endlich einmal ernst nehmen würden

(Vereinzelter Beifall bei der SPD)

und wenn Sie dafür sorgen würden, dass für gute Qualität mit einem vernünftig bezahlten Personal und kleinen Gruppen eine anständige Förderung in den Kitas betrieben würde, damit die Kinder nicht mit Lernstandsunterschieden von bis zu einem Jahr eingeschult werden. Das wäre Hamburgs Eltern lieb und nicht Gebührenerhöhungen.

(Beifall bei der SPD)

Hamburgs Eltern und Familien wäre es lieb, wenn sich das Arbeitengehen dann auch wirklich lohnt und beispielsweise Familien mit einem Einkommen von 3000/3500 Euro netto und zwei bis drei Kindern nicht abends am Küchentisch sitzen und sagen, Schatz, wir müssen noch einmal rechnen, ob

(Kersten Artus)

es sich wirklich noch lohnt, dass du bei diesen Kita-Beiträgen arbeiten gehst. Das wollen wir nicht, das ist ein Rückschritt.

(Beifall bei der SPD)

Dann hören wir immer die Geschichte, dass die Kosten in den Kitas steigen würden. Die Kosten in den Kitas steigen doch gar nicht. Die Lebensmittelpreise sind ein bisschen teurer geworden und es gibt eine kleine Tariferhöhung, aber das ist doch bei Weitem nicht das, was Sie hier den Eltern für den einzelnen Platz mehr aus der Tasche ziehen. Die Kita-Kosten für den einzelnen Platz steigen nicht und deswegen ist es auch nicht gerechtfertigt, den Eltern für ihren Platz jeweils mehr abzunehmen.

(Beifall bei der SPD)

Herr Bürgermeister, vielleicht mögen Sie Hamburgs Familien noch einmal erklären, wie Sie das eigentlich meinen. Nach unserem Eindruck geht das hier so in Richtung "Hafen finanziert Hafen", aber jetzt probieren Sie einmal die Nummer "Kita finanziert Kita". – Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD)

Das Wort hat Herr Müller.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Liebe SPD, spätestens nach dem Redebeitrag von Frau Artus haben Sie doch bedauert, dass Sie die gemeinsame Aktuelle Stunde hier angemeldet haben, das war sehr köstlich.

(Vereinzelter Beifall bei der CDU)

Herr Yildiz, vielen Dank für das Kompliment, Sie haben gesagt, ich wäre das gute Beispiel zwischen den schlechten. Ich bin Ihnen dankbar, dass Sie nicht gesagt haben, ich wäre der Einäugige unter den Blinden.

Ich möchte aber jetzt noch einmal auf ein paar Themen eingehen. Herr Yildiz, immer wenn ich mit Ihnen irgendetwas zu Kitas oder Familie diskutiere, gibt es einen Standardsatz, den ich in jede meiner Reden mit einbringen könnte und der immer wieder lauten müsste: Sie scheinen es nicht zu verstehen, Herr Yildiz. Wir geben dieses Jahr 450 Millionen Euro für die Kinder dieser Stadt aus und Sie reden von Kürzungen. Lesen Sie endlich einmal den Haushaltsplan, lesen Sie die Drucksachen, bevor Sie irgendwelche Behauptungen aufstellen, die wirklich … aber das wäre ordnungsrufwürdig, ich spare mir das.

(Beifall bei der CDU und der GAL – Glocke)

Gestatten Sie eine Zwischenfrage von Herrn Yildiz?

Herr Yildiz, gehen Sie doch einfach noch einmal nach vorne, Sie dürfen das doch.

Frau Artus, ich weiß nicht, ob Sie das KibeG kennen, aber dort gibt es einen Rechtsanspruch für Berufstätige. Ich kann auch überhaupt nicht nachvollziehen, dass hier eine Diskussion stattfindet, in der davon die Rede ist, dass keine Bildung mehr vermittelt wird. Man muss die Kirche auch ein bisschen im Dorf lassen. Es ist richtig, es wird refinanziert. Im Grunde genommen wird die Einnahmensituation verbessert, aber es wird nicht an Standards, Gruppengrößen, Pädagogik und auch nicht an Bildung eingespart. Deswegen müssen wir diese Maßnahmen umsetzen, denn das wäre die Alternative, die Sie hier gerade wie eine Monstranz vor sich halten. Dass das passiert, verhindern wir eben durch diese Maßnahmen. Deshalb tun wir das, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der CDU und der GAL)

Ich kann mich noch an viele Haushaltsdebatten erinnern, insbesondere an Herrn Tschentscher, der sich immer wieder hier vorne hingestellt und gesagt hat, Senat, Ihr müsst nachschauen, was mit eurem Betriebshaushalt ist. Spart und konsolidiert in eurem Betriebshaushalt. Sie nicken, Herr Tschentscher. Genau das tun wir in diesem Fall, wir sparen nicht, sondern wir schauen einfach, dass wir die Einnahmensituation verbessern. Bedauerlicherweise müssen wir auch auf Maßnahmen verzichten, die uns in dieser Koalition unheimlich wichtig waren, aber aus der Verantwortung für diese Stadt und für kommende Generationen kommen wir daran nicht vorbei.

(Thomas Böwer SPD: Stadtbahn!)

Da können Sie hier nicht davon reden, wir würden ein ganzes System zum Platzen bringen. Herr Böwer führt den Volksentscheid wieder an. In diesem Volksentscheid ist nicht über Gebühren gesprochen worden. Wo leben Sie denn? Ich rege mich selten hier vorne auf, aber was Sie hier heute liefern und was Sie durch die Presse gebracht haben, ist an Armseligkeit nicht zu übertreffen.

(Beifall bei der CDU und der GAL – Thomas Böwer SPD: Ich verzeihe dir diesen Ausfall, weil Ostern ist!)

Die Presse hat in der Tat sehr viel berichtet, insbesondere was Sie dazu alles gesagt haben, aber ich möchte etwas dagegenhalten. Ich weiß, dass die Journalisten es nicht gerne hören, wenn man ihre eigenen Zeilen noch einmal zitiert, aber wenn sie sich Kommentare erlauben, müssen sie uns auch erlauben, dass wir dazu Stellung nehmen. Hinnerk Blombach vom "Hamburger Abendblatt" hat am Samstag in seinem Artikel von einem "Sparkurs mit Maß" geschrieben. Wissen Sie, was der Mann gemacht hat? Der hat sich intelligenterweise mit

(Carola Veit)

dieser Thematik etwas mehr beschäftigt als Sie. – Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU und der GAL – Thomas Böwer SPD: Ja, ja!)

Frau Blömeke, bitte.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich möchte noch einige kurze Anmerkungen machen. Zunächst einmal zu Frau Artus: Das war für mich eine der abenteuerlichsten Zusammenstellungen Ihrer ganzen Redebeiträge, die Sie je gebracht haben.

(Beifall bei der GAL und der CDU)

Es ist ein bisschen schade, weil ich weiß, dass Sie eigentlich auch anders können, aber Schwangerschaftsabbrüche in einen Zusammenhang mit der Erhöhung von Kita-Gebühren zu stellen, ist wirklich schon extrem.

(Beifall bei der GAL und der CDU)

Vielleicht noch ein paar Worte zu diesem angeblichen Volksentscheid, der übrigens gar kein Volksentscheid war, sondern ein Volksbegehren, das nicht zu Ende geführt wurde, dennoch aber eine Verbindlichkeit besaß; das ist richtig. In diesem Volksbegehren ging es inhaltlich um das Anrecht auf Betreuung, also um die Rechtsansprüche, und es machte keine Aussagen über Gebühren.

(Michael Neumann SPD: Von 14 auf zwölf!)

Es ist wohl völlig normal, dass Gebühren im Laufe von vielen Jahren angehoben werden. Wo kämen wir da sonst hin, wenn wir noch auf dem Stand von 1950 leben würden und sagen würden, dass sich von da ab das alles nicht mehr erhöhen darf. Das geht natürlich nicht.

(Michael Neumann SPD: Das können Sie nicht ernst meinen, was Sie sagen!)

Das Volksbegehren hat Aussagen über die Betreuung gemacht und über Rechtsansprüche, das ist richtig. Dennoch behaupte ich, dass die Situation sich verändert hat und dass es in diesem Volksbegehren keine Aussagen über Gebühren gab.

(Michael Neumann SPD: Das sagen Sie in zwei Jahren auch von den Klassenfrequen- zen!)

Es wurde behauptet, dass wir diesem Volksbegehren gegenüber wortbrüchig geworden sind. Das ist nicht korrekt, weil die Gebühren kein Gegenstand des Volksbegehrens waren.

(Glocke)

Meine Damen und Herren! Lassen Sie bitte Frau Blömeke sprechen.

Ich bin dafür, dass alle, die dazwischenschreien, eine Zwischenfrage stellen; das wäre dann einfacher.

Noch einmal zu Frau Veit. Sie haben sich gewundert, warum denn die Kosten steigen, wo die einzelnen Plätze doch gar nicht teurer würden. Frau Veit, wir haben immer wieder thematisiert, dass wir einen Ausbau in der Kindertagesbetreuung haben. Natürlich wird der einzelne Platz aufgrund steigender Kosten für Energie und Lebenshaltung auch teurer, aber das ist gar nicht der Punkt. Wir haben in Hamburg eine sehr gute Krippenversorgung. Die Vereinbarkeit von Familie und Beruf schlägt ein wie sonst nichts Gutes, die Eltern kommen mit einer Wahnsinnsnachfrage in die Kita. In den letzten Jahren sind 10 000 Kinder mehr in der Betreuung und das sind doch die Kosten, die die Steigerungen hervorrufen. Wir haben mehr Kinder im Kita-System und mehr Kinder im Kita-System bedeuten mehr Kosten. Das wissen Sie als Fachpolitikerin genauso gut. Da wir den Ausbau weiter vorantreiben wollen und um die Vereinbarkeit von Familie und Beruf weiterhin zu gewährleisten, müssen wir auch Geld investieren. Es ist wichtig, die Qualität nicht herabzusetzen und den Ausbau weiter voranzutreiben. Wenn Sie dies blockieren wollen, dann finde ich das ausgesprochen schade. Sie können gerne einen Vorschlag machen, woher sonst das Geld genommen werden könnte, aber kommen Sie bitte nicht wieder mit diesen plumpen blöden Sprüchen von der Elbphilharmonie. Das ist lächerlich.

(Beifall bei der GAL und der CDU)

Frau Abgeordnete, das eben war ziemlich grenzwertig.

Herr Böwer hat das Wort.