Das wird nun plötzlich zur Generaldebatte. Wir fangen mit einer Drucksache an, wo es um 8,5 Millionen Euro geht
und dann ist es Majestätsbeleidigung, wenn man einmal überlegt, ob es wirklich um eine umweltpolitisch sinnvolle Maßnahme geht oder ob man sagen muss, was hätte Schwarz-Grün eigentlich gemacht, wenn die Wohnungsbaukreditanstalt die 17 Millionen Euro gebraucht hätte, die sie dieses Jahr nicht braucht?
Meine Damen und Herren! Das gilt umgekehrt jetzt auch. Bitte keinen Lärmteppich statt Zwischenrufen. Darf ich bitten, den Redner aussprechen zu lassen.
Und nach dem, was ich jetzt höre, dass hier der Untergang des Abendlandes drohe, bin ich froh, dass Sie nicht noch 10 Millionen Euro obendrauf gepackt
haben, dass der Zug nicht noch sonst wohin fährt, um aller Welt zu erklären, wie super die Umwelthauptstadt Hamburg sei. Ob die Kinder alle nach Paris hinterher reisen oder sonst wohin, um zu erfahren, wie schön Umweltprojekte sind, bezweifle ich. Aber die Aggressivität, mit der Sie argumentieren, dass Sie unsere umweltpolitische Sprecherin dafür angreifen, dass sie ganz nüchtern einmal sagt, was sie von der Drucksache hält, zeigt doch nur, unter welchem Rechtfertigungsdruck Sie bei diesem Projekt stehen.
Sie müssen uns wirklich keine Vorträge halten. Es gibt viele Projekte, die wir vorgeschlagen haben und die wir im Umweltbereich mittragen.
Das Hafenprivileg, Herr Kerstan, ist im Übrigen ein ganz anderes Thema. Das Hafenprivileg mussten wir als Opposition aktiv in die Diskussion bringen, weil Sie versucht haben, hinter den Kulissen auf Staatsräteebene einfach zu verschleiern, dass es einen harten Konflikt zwischen Hafenprivileg und Umweltgesichtspunkten gibt, der die Stadt dreistellige Millionensummen kosten kann. Darüber wollten Sie nicht reden und deswegen gibt es eine Lösung, die die SPD-Fraktion herbeigeführt hat, und dazu stehen wir.
(Beifall bei der SPD – Zurufe von der CDU: Oh! – Farid Müller GAL: Herr Tschentscher, bleiben Sie beim Haushalt! Das ist besser!)
Wir bleiben beim Haushalt. Versuchen Sie einmal, einem Hamburger Bürger, einer Hamburger Bürgerin zu erzählen, dass Sie, während wir die großen Reden zum Haushaltsnotstand hören, in Zeiten, in denen Sie den Kita-Eltern Millionen
aus der Tasche ziehen, mit dieser Drucksache kommen und 8,5 Millionen Euro für nichts anderes als für eine PR-Kampagne ausgeben wollen. Es ist keine Umweltmaßnahme finanziert, es gäbe viel zu tun und Sie lassen einen Zug nach Europa rollen. Das geht so nicht und deswegen lehnen wir das aus Überzeugung ab.
Meine Damen und Herren! Es liegen mir keine weiteren Wortmeldungen vor. Damit kommen wir zur Abstimmung. Der Senatsantrag aus der Drucksache 19/5797 war in unserer Sitzung am 3. Juni in erster Lesung angenommen worden. Der Senat hatte einer sofortigen zweiten Lesung zugestimmt.
Wer möchte nun den am 3. Juni 2010 in erster Lesung gefassten Beschluss in zweiter Lesung fassen? – Gegenprobe. – Stimmenthaltungen? – Das
Ich rufe Punkt 31 der Tagesordnung auf, Drucksache 19/6388, Antrag der Fraktion DIE LINKE: Krankenhausplanung als Sektor übergreifende ambulant/stationäre bürgernahe Bedarfsplanung für Hamburg.
[Antrag der Fraktion DIE LINKE: Krankenhausplanung als Sektor übergreifende ambulant/stationäre bürgernahe Bedarfsplanung für Hamburg – Drs 19/6388 –]
Diese Drucksache möchte die Fraktion DIE LINKE an den Ausschuss für Gesundheit und Verbraucherschutz überweisen.
Herr Präsident, sehr geehrte Herren und Damen! Als wir vor Kurzem unseren Antrag gegen Herrn Röslers Kopfpauschale und seine Zwei-Klassen-Medizin einbrachten, meinte mein Kollege Harald Krüger von der CDU, dieser Antrag wäre nicht Angelegenheit der Landespolitik in völliger Verkennung der Tatsache, dass Bundespolitik auch, gerade im gesundheitspolitischen Bereich, auf Landespolitik durchschlägt. Und schließlich behauptete er, Hamburg wäre hervorragend aufgestellt. Nun hat mir Herr Krügers Einwurf zwar keine schlaflosen Nächte eingebracht, aber wir haben die Anregung gern aufgegriffen und legen deswegen heute einen Antrag vor, der sich mit konkreter Hamburger Gesundheitspolitik beschäftigt.
Es geht um den Krankenhausplan, der eine zentrale Steuerungsgröße für die Versorgung der Menschen in dieser Metropole und dem Umland ist. Zwei Schwerpunkte des aktuellen Krankenhausplans sind die Reduzierung der Betten und die Verkürzung der Verweildauer der Patienten und Patientinnen in den Krankenhäusern. Dies führt zu einer steigenden Ambulantisierung der medizinischen Versorgung, die gesundheitspolitisch oft sehr sinnvoll ist.
Ein Beispiel, wo es aber durchaus auch zu Widersprüchen kommt, weswegen wir heute und auch künftig darüber intensiver diskutieren wollen, ist die Frauenheilkunde. Hier gibt es die größte Reduzierung der Betten bei gleichzeitiger Verkürzung der Verweildauer. Dies bedeutet konkret, dass Mütter mit ihren Neugeborenen bereits zwei Tage nach der Geburt das Krankenhaus verlassen. Selbst wenn sie einen Kaiserschnitt hatten – die Quote liegt mittlerweile bei über 30 Prozent –, verlassen sie das Krankenhaus schon nach vier Tagen. Das ist immer dann kein Problem und sogar unterstützenswert, wenn es für Mutter und Kind eine ver
nünftige Nachsorge gibt. Von den Hebammen wissen wir aber, dass dies in vielen Stadtteilen nicht mehr der Fall ist und auch noch nie der Fall war. Und auch längst nicht jede Frau hat eine Gynäkologin oder einen Gynäkologen ihres Vertrauens an ihrer Seite.
Sie sehen an diesem Beispiel, dass eine Krankenhausplanung, die nicht in gesellschaftlichen Gesamtzusammenhängen gedacht wird, unzureichend ist. Der Krankenhausplan wird in diesem Jahr bis 2015 fortgeschrieben. Möglich ist, dass es jährlich kleine Fortschreibungen geben wird, wie dies auch in den letzten Jahren praktiziert wurde. Dennoch befindet sich die mittelfristige Krankenhausplanung bereits in der Endabstimmung. Mit unserem Antrag wollen wir eine engere Verzahnung der medizinischen Versorgung im ambulanten und stationären Bereich mit der aktuellen anzupassenden Krankenhausplanung erreichen.
Hinsichtlich der formalen Voraussetzungen wie Ärztinnen und Krankenhausdichte scheinen die Bedingungen dafür optimal zu sein. Hinzu kommt, dass der Senat, verglichen mit anderen Landesregierungen, alle Krankenhäuser jährlich relativ konstant fördert. Das dürfte entsprechende Auswirkungen auf eine moderne medizinisch-technische Geräteausstattung der Hamburger Krankenhäuser haben. Aus diesem Grund möchten wir auch, wie unter Punkt 2 formuliert, dargelegt bekommen, welche Krankenhäuser aktuell mit welchen Großgeräten wie MRT, das ist der Kernspintomograf und CT, das ist der Computertomograf, ausgestattet sind. Diese Informationen sind auch deshalb wichtig, weil Hamburg im niedergelassenen Bereich viele hochspezialisierte Praxen hat und die Qualitätssicherung der ambulant tätigen Ärzte und Ärztinnen in den letzten Jahren enorm angestiegen ist.
Ärzte und Ärztinnen fordern seit Jahren sinnvolle Formen der Integration von ambulanter und stationärer ärztlicher Versorgung. Der derzeitige Zustand der Kooperation mit den Krankenhäusern fördert aber leider eine unkontrollierte Wettbewerbssituation zwischen stationär und ambulant, weil sie nur punktuell zufriedenstellend sind. Ärztinnen und Ärzte fühlen sich dann auch oftmals in ihrer Existenz bedroht. Sie fordern deswegen zu Recht eine konfliktvermeidende Neuregelung des Paragrafen 116 SGB V. Im Gesundheitswesen stehen die Bedarfe der Patientinnen und Patienten im Mittelpunkt. Unser Antrag ist ein Vorstoß hin zu einer verantwortungsvollen Planung einer ganzheitlichen Versorgung.
Sehr geehrte Herren und Damen! Die derzeit praktizierte Bedarfsplanung stammt aus dem Jahr 1993, als von Ärzteschwemme die Rede war. Um die Zahl der Niederlassungen zu begrenzen, wurden Verhältniszahlen zwischen Ärztinnen und Ärzten, Patientinnen und Patienten in einem Pla
nungsbereich festgelegt, die heute in einem Missverhältnis stehen. Eine neue Versorgungsstruktur muss das Älterwerden, die auseinanderdriftenden sozialen Unterschiede der Stadtteile und die Multikulturalität der Hamburger Bevölkerung berücksichtigen. Deswegen begrüßen wir den Vorstoß der Kassenärztlichen Bundesvereinigung, die Verteilung der Praxen mithilfe von Geodaten neu zu konzeptionieren.
Hamburg mit seinen 1,8 Millionen Einwohnerinnen und Einwohnern gilt zudem als eine Planungsregion für die Verteilung aller Arztpraxen. So kommt es zu einem kuriosen Widerspruch. Pauschal gibt es eine Überversorgung an Ärztinnen und Ärzten, konkret fehlen in einigen Stadtteilen zum Beispiel Kinderärztinnen, Hausärztinnen und auch psychotherapeutische Angebote. Der Senat und die Beteiligten könnten bereits heute konkret gegen diesen Missstand aktiv werden, denn schon heute besteht die Möglichkeit, mit der Kassenärztlichen Vereinigung, der Landesärztekammer, der Krankenhausgesellschaft sowie den Krankenkassen die mittelfristige Krankenhausplanung anzugehen. Im Augenblick arbeitet die Kassenärztliche Vereinigung mit Sonderzulassungen, um, weil ihr das Vertragsarztrechtsänderungsgesetz Möglichkeiten eröffnet, kleingliedriger in die Planung vorzugehen. Hierfür werden auch keine finanziellen Mittel der Krankenkassen beansprucht, weil die Ärztinnen und Ärzte Sonderzulassungen solidarisch finanzieren.
Künftig werden aber zielgenauere Instrumente unter Berücksichtigung der Sozial- und Altersstruktur unumgänglich. Unserer Meinung nach wäre zum Beispiel eine Neugliederung in drei oder vier Planungsregionen sinnvoll. Hamburg ist zu unterschiedlich und diesem Umstand muss endlich Rechnung getragen werden.
Ich hoffe, dass ich Ihnen einen verständlichen, aber noch kurzen und nachvollziehbaren Überblick über die konkreten Handlungsmöglichkeiten der Hamburger Gesundheitspolitik gegeben habe, wie Versorgungsprobleme selbst in den Parametern der schwarz-grünen Senatspolitik gelöst werden könnten. Außerdem hoffe ich, dass wir darüber weiter und intensiver diskutieren werden und letztendlich einen Beitrag für die Verbesserung der Gesundheit aller Hamburger und Hamburgerinnen und unserer Nachbarn aus dem Umland bewerkstelligen können. Namens meiner Fraktion möchte ich die Gelegenheit nutzen, allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern im Gesundheitswesen im ambulanten und stationären Bereich für ihre aufopferungsvolle und engagierte Arbeit an dieser Stelle meinen allerhöchsten Respekt auszusprechen.
Sehr geehrter Herr Präsident, meine verehrten Damen und Herren! Im vorliegenden Antrag ist ein Satz enthalten, den wir unterstützen können.
"Eine interdisziplinäre ambulant-stationäre Zusammenarbeit entspricht den Interessen der Versicherten ebenso wie Nutzung und Bündelung aller personellen und technischen ambulant-stationären Ressourcen."
Das unterstützen wir. Diese Forderung ist zum Beispiel in der relativ jungen Facharztklinik realisiert. In einem Gebäude am Rande des UKE arbeiten 80 niedergelassene Fachärzte und können im Bedarfsfall auf die Spitzenmedizin eines Hochleistungskrankenhauses zurückgreifen. Ein weiteres Beispiel ist die Martini-Klinik. Hier werden alle personellen und technischen Ressourcen für die Urologie gebündelt. So ist es möglich, 2000 Prostata-Operationen jährlich auf höchstem Niveau durchzuführen, im Übrigen doppelt so viele wie in der nächstgrößeren US-amerikanischen Spitzenklinik. Und am berufsgenossenschaftlichen Unfallkrankenhaus Boberg gibt es Spezialbetten für Brandverletzte – drei gute Beispiele für die gewünschte Bündelung der Ressourcen.
Dagegen sind geriatrische und psychiatrische Einrichtungen sowie die Not- und Unfallkliniken dezentral über die gesamte Stadt verteilt. Hier erfolgt die geforderte bürgernahe Versorgung.
Die unter Punkt 2 geforderte Großgeräteübersicht finden Sie im Anhang 6 der zweieinhalb Jahre alten Drucksache 18/7221, dem Krankenhausplan 2010. Hier sind auch verschiedene Geräte aufgeführt, die von Krankenhäusern und Praxen gemeinsam genutzt werden.
Bezüglich Ihrer dritten Forderung bleibt festzuhalten, dass der Zeitplan für die Fortschreibung des Krankenhausplans 2010 in guter Tradition zwischen den Beteiligten – der Gesundheitsbehörde, den Landesverbänden der Krankenkassen und der Hamburgischen Krankenhausgesellschaft – abgestimmt ist. Die Vorbereitungen laufen seit Monaten, die Senatsbefassung ist für November dieses Jahres vorgesehen und anschließend erreicht die Information uns, die Bürgerschaft. Daher werden wir Ihren Antrag ablehnen. – Vielen Dank.