Auch sind wir unbedingt dagegen, dass ein Alkoholverbot zu unverhältnismäßiger Kontrolldichte und maßloser Verhängung von Bußgeldern führt. In Köln zum Beispiel verzichtet man darauf, Bußgelder zu erheben, in anderen Städten werden Bußgelder verhängt, dafür wären wir jedoch nicht
zu gewinnen. Es ist beispielsweise aus Düsseldorf und München bekannt, dass es zumindest in der ersten Zeit des Alkoholverbots erhebliche, auch körperliche, Auseinandersetzungen zwischen Fahrgästen, die sich nicht an das Verbot gehalten haben und kontrolliert wurden, und dem Servicepersonal gekommen ist. Deswegen müssen diese Fragen diskutiert werden und auf jeden Fall muss verhindert werden, dass es zu unverhältnismäßigen Praktiken von Kontrolle und Überwachung insbesondere von Jugendlichen kommt.
Die Forderung nach einem vollständigen Verbot des Tragens jeglicher Waffen im Sinne des Waffengesetzes kann ich überhaupt nicht begreifen, weil mir nicht bekannt ist, dass man überall Waffen tragen kann. Das bedeutet meiner Meinung nach realitätsbezogen gar nichts, es ist eine reine Symbolpolitik und ich denke, eine Symbolpolitik der schlechten Art. Wenn man diese Forderung erhebt, suggeriert dies, dass es jetzt legitim und gang und gäbe sei, zudem auch unproblematisch, dass Menschen mit Waffen im öffentlichen Nahverkehr fahren. Sie suggeriert auch, wenn man das Verbot fordert, dass eigentlich potenziell ein erheblicher Anteil von männlichen Jugendlichen Waffen mit sich führt. Das schürt Angst und auch eine Art von Generalverdacht.
Wenn Sie diese Forderung aber nicht nur aus symbolischen Gründen erheben, sondern das Mitführen von Waffen tatsächlich unterbinden wollen, dann zielen Sie mehr oder weniger offen auf verdachtsunabhängige Kontrollen. Dann müssen vielleicht junge Leute ihre Rucksäcke öffnen und das halte ich für nicht vereinbar mit den Grundrechten der Bürgerinnen und Bürger, insbesondere der männlichen Jugend, die dann die Zielgruppe solcher Kontrollen wäre.
Wir unterstützen also die Überweisung an den Stadtentwicklungsausschuss. Herr Hesse hat schon richtig darauf hingewiesen,
dass nur ein kleiner Teil der Gewalt im öffentlichen Nahverkehr passiert. Hierzu hat auch die Kleine Anfrage einiges aufgezeigt. Es sind 281 Gewaltdelikte gewesen, eine lokale Konzentration ist nicht zu erkennen. Man kann sagen, dass 50 Prozent aller Gewaltdelikte im U-Bahn-Bereich, jedenfalls in den Nächten auf Samstag und Sonntag, stattfinden. Und wenn wir jetzt eine Gewaltdebatte führen, sind wir nicht der Meinung, dass wir sie anlässlich der Debatte um die Sicherheit im öffentlichen Nahverkehr führen sollten. Wir halten diese Debatte über die Ursachen von Gewalt, das sagten wir schon mehrfach, für dringend erforderlich und wir werden eine solche Debatte auch führen.
Die Tendenz in diesem Antrag ist – deswegen wollen wir ihn auch nicht an den Innenausschuss überweisen –, dass diese Debatte über Jugendge
walt, die so wichtig ist, immer als eine Debatte über Verstärkung der Kontrolle, Verstärkung der Überwachung, Verstärkung der Repression geführt wird und nicht an die Ursachen herangeht.
(unterbre- chend) : Ich hatte gehofft, dass Sie von allein etwas leiser werden würden. Bitte, folgen Sie doch den Worten der Rednerin aufmerksam.
Ich möchte das an einem Beispiel verdeutlichen. Die Sportvereine beispielsweise erreichen 50 Prozent der Kinder und Jugendlichen. Sie machen eine Menge Angebote, leiden jedoch zum erheblichen Teil an Finanznöten. Es gibt Angebote, die dann teilweise nicht aufrechterhalten werden können, für Sport am Abend, Sport in der Nacht.
Ich sagte es bereits, 50 Prozent der Gewalttaten im U-Bahn-Bereich finden in den Nächten auf Samstag und Sonntag statt; es wäre doch toll, wenn es da Sportangebote geben würde. An den Wochenenden steigt natürlich der Testosteronspiegel, es steigt der Alkoholspiegel, die jungen Leute drängen in die Innenstadt und wollen etwas erleben, eben auch solche, die grundsätzlich frustriert sind, weil ihnen die Gesellschaft wenig Perspektiven bietet. Hier wäre es wirklich gut, wenn es verschiedene Versuche gäbe, diesen Jugendlichen Perspektiven zu bieten, sie zu integrieren, den Desintegrationserscheinungen entgegenzuwirken. Es wäre doch ein kreativer Ansatz, wenn man sich überlegt, was man tun kann und an Abwechslungen anbieten, statt die Kontrollen und die Überwachungen immer mehr zu erhöhen. Solche Debatten sollten geführt werden, aber nicht anlässlich dieses Antrags. – Danke.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Die Debatte darüber, was im Bereich Jugendgewalt getan werden muss, haben wir miteinander aufgenommen. Wir haben die Arbeit an diesem Einzelfall jetzt gemacht, auch in der Frage, wie das Handlungskonzept gegen Jugendgewalt weiterentwickelt werden muss mit den
Hier haben wir jetzt einen konkreten Bereich herausgenommen, nämlich die Frage der Sicherheit im ÖPNV. Das soll nicht gegeneinander ausgespielt werden, es sind verschiedene Themenfelder, die bearbeitet werden müssen. Zum Bereich Jugendgewalt haben wir jetzt einen Diskussionsprozess vereinbart zum Handlungskonzept, an dem noch weitergearbeitet werden muss.
Ich möchte nur zwei Sachen ansprechen zum Alkoholverbot. Unser Vorschlag zum Alkoholverbot ist interessanterweise dem ähnlich von Herrn Ahlhaus und Herr Wersich hat es auch gefordert. Jetzt habe ich von den Grünen gehört, dass es nicht ihren Vorstellungen entspräche. Die Vorschläge des HVV, 15 Euro Strafzahlungen für Pöbeltrinker zu erheben, haben natürlich auch Anwendungsprobleme, nämlich wo genau die Grenze zu ziehen ist, wann eine Belästigungsschwelle erreicht ist. Dies scheint mir eher eine Alibiveranstaltung zu sein. Eine klare Regelung zum Alkoholkonsum in U- und S-Bahnen wäre das, was wir vorschlagen und was durchaus auch im Senat überlegt wird. Insofern sollten Sie sich von Ihrer Seite aus noch ein bisschen bewegen.
Bei der Frage des Waffenverbots bei den Beförderungsbedingungen ist bizarrerweise im Moment das Tragen von Schusswaffen ausdrücklich verboten. Es gibt keine Regelung zu den Stichwaffen. Schauen Sie einmal zu anderen Verkehrsverbünden, zum Beispiel nach Berlin. Dort gibt es ein allgemeines Waffenverbot entsprechend den Regelungen des Waffengesetzes. Die Frage ist erst einmal, welche Formulierung in den Beförderungsbedingungen steht.
(Klaus-Peter Hesse CDU: Sie müssen nicht hineinschreiben, was schon umgesetzt wor- den ist, Herr Dr. Dressel!)
Insofern gibt es einen Ansatz, bei dem man weitergehen kann. Lassen Sie uns das gemeinsam im Ausschuss diskutieren.
Ein letzter Punkt: Hier sollten wir vielleicht einmal ein wenig innehalten, weil Herr Hesse so viel von dem Sicherheitsempfinden gesprochen hat. In den letzten Wochen haben die Ereignisse in der Tat – Herr Egloff hat es angesprochen – dazu geführt, dass das Sicherheitsempfinden der Menschen, bezogen auf den ÖPNV, nicht besser geworden ist. Es hat Umfragen gegeben, die auch repräsentativ waren, nach denen 73 Prozent der befragten Hamburger Angst haben, die öffentlichen Verkehrsmittel zu benutzen. 40 Prozent sind schon einmal belästigt worden im öffentlichen Nahverkehr. Ich denke, wir müssen das ernst nehmen und das sollten wir in den nächsten Wochen bei den Beratungen
auch tun. Gerade an dieser Stelle ist das subjektive Sicherheitsempfinden entscheidend, wenn es darum geht, mehr Leute zum Umstieg zu bewegen. – Danke schön.
Wer stimmt einer Überweisung der Drucksache 19/6370 an den Innenausschuss zu? – Gegenprobe. – Enthaltungen? – Damit ist das mit Mehrheit abgelehnt.
Wer stimmt einer Überweisung der Drucksache 19/6370 an den Stadtentwicklungsausschuss zu? – Gegenprobe. – Enthaltungen? – Dies ist einstimmig angenommen.
Ich rufe den Tagesordnungspunkt 23 auf, Drucksache 19/6373, Bericht des Sozialausschusses: Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Hamburgischen Landespflegegesetzes.
[Bericht des Sozialausschusses über die Drucksache 19/5818: Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Hamburgischen Landespflegegesetzes (Se- natsantrag) – Drs 19/6373 –]
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Wir haben heute schon viel über Haushalt und Sparmaßnahmen geredet und auch bei unserer heutigen Anmeldung zur Debatte geht es um eine Sparmaßnahme. Wenn man konkret wird, dann stellt man meistens fest, dass Sparen nicht populär ist, aber uns ist auch wichtig, Transparenz zu schaffen und dies nicht im Verborgenen zu tun. Deswegen wollen wir heute als Regierungsfraktion eine Debatte mit Ihnen führen, die vielleicht nicht immer ganz leicht ist; das hatte schon die Beratung im Ausschuss ergeben.
Sparen fällt nicht immer leicht, aber es ist notwendig. Wir müssen alle Ausgaben der Stadt überprüfen. Die gesetzlichen Leistungen, an die wir gebunden sind, stehen ohnehin nicht zur Disposition. Insofern müssen wir uns bei den Punkten, bei denen wir Handlungsspielraum haben, immer genau fragen, ob wir uns das noch leisten können. Schließlich haben wir die Verantwortung für die Zukunftsfähigkeit unserer Stadt.
Worum geht es bei diesem Gesetz genau? Das Landespflegegesetz sieht bisher einen Investitionskostenzuschuss vor. Wir wollen, dass dieser ab dem 1. Juli entfallen soll und ich halte das für vertretbar. Bisher war in der durch die seinerzeit neu
eingeführte Pflegeversicherung seit 1995 eine spezielle Förderung vorhanden. Zehn Länder haben das aber gar nicht angenommen und außer Hamburg sind es mittlerweile nur noch drei, die diese spezielle Förderung haben. Wenn man sich das genauer ansieht, dann stellt man fest, dass es im Grunde genommen ein Fehlanreiz ist, denn es ist eine Bevorzugung der stationären Pflege. Wir sind jedoch grundsätzlich der Meinung, dass ambulant vor stationär gehen sollte.
Vor diesem Hintergrund halten wir diese Maßnahme für gut vertretbar. CDU, GAL und Senat haben sich aber auch überlegt, den ursprünglichen Entwurf zu ändern, und zwar wollen wir eine Besitzstandswahrung als Übergangsregelung. Wir greifen hier eine Anregung des Landesseniorenbeirats und anderer auf, die sich an uns gewandt haben. Dies tun wir vor dem Hintergrund, dass diejenigen, die jetzt schon in einer Einrichtung leben, im Wissen um die derzeit noch geltende Regelung vielleicht diese Entscheidung getroffen hatten. Diese Menschen brauchen einen gewissen Vertrauensschutz. Deswegen ändert sich für die Bewohnerinnen und Bewohner, die jetzt in einem Pflegeheim wohnen, so lange sie leben, nichts. Das hat darüber hinaus den Vorteil, dass eine Neuberechnung entfällt. Man muss allerdings sagen, dass die ursprünglich geplante Einsparung dann auch nicht in vollem Umfang realisierbar ist; es handelt sich aber um eine aufwachsende Angelegenheit.
Mit der Übergangsregelung zur Besitzstandswahrung ist dies eine faire Regelung. Bei der öffentlichen Anhörung im Ausschuss haben wir dafür viel Zuspruch bekommen und ich konnte feststellen, dass es für diese Übergangsregelung durchaus Unterstützung gibt.
Exemplarisch für die SPD ist allerdings, dass sie zwar, was die Haushaltspolitik angeht, grundsätzlich für das Sparen ist, aber immer dann, wenn es konkret wird, dagegen ist. Die Vorschläge bleiben dann im Allgemeinen, sind nebulös oder für Hamburg nicht wirklich durchführbar. Ich nehme an, dass sich Herr Kienscherf gleich in seiner betont sachlichen Art noch einmal mit der geplanten Maßnahme auseinandersetzen wird. Ich habe allerdings festgestellt, dass es leichter ist, wenn man mit der SPD über Haushalt oder Konsolidierung reden möchte, einen Wackelpudding an die Wand zu nageln, als zum Ziel zu kommen. So geht es nicht.
Wir sehen uns in der Verantwortung für die Geschicke unserer Stadt und dem wollen wir uns auch stellen. – Danke schön.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Herr von Frankenberg, wenn Sie sagen, dass Sie für Transparenz sind und deshalb diese Debatte anmelden, dann sollten Sie den Leuten nicht vorenthalten, dass Sie vorhin dafür plädiert haben, diese Debatte zu streichen. So viel zum Thema Transparenz und zum Thema Ehrlichkeit und dazu, dass die CDU diese schwierigen Themen angeblich in der Bürgerschaft ansprechen will. Ich finde, das sollte einmal deutlich gesagt werden.