Protokoll der Sitzung vom 02.07.2010

Das Wort hat Herr Kerstan.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Lassen Sie mich noch ein paar haushaltspolitische Anmerkungen dazu machen.

(Michael Neumann SPD: Herr Kerstan redet doch zu allem; das kennen wir doch!)

Herr Bischoff hat angesprochen, dass wir in der Aktuellen Stunde nicht darüber reden konnten. Das konnten wir deshalb nicht, weil die SPD entge

(Dr. Joachim Bischoff)

gen der parlamentarischen Gepflogenheiten ihren Redebeitrag gehalten hatte, obwohl die anderen Fraktionen keine Redezeit mehr hatten, um darauf zu antworten.

(Michael Neumann SPD: Ihr wolltet nicht!)

Das sollte noch einmal gesagt werden.

(Beifall bei der CDU)

In einer solchen Situation zu behaupten, die Regierungsfraktionen wollten nicht darauf antworten,

(Ingo Egloff SPD: Ihr hattet keine Zeit mehr! – Michael Neumann SPD: Ihr habt euch ver- zockt! Ihr wolltet zum zehnten Mal zur Schul- reform reden, um die Debatte in die Länge zu ziehen! – ~ Euer Senator war zu feige, nach vorne zu gehen!)

sagt einiges über die Ernsthaftigkeit und Ehrlichkeit Ihrer Debattenbeiträge in diesem Hause aus.

(Beifall bei der CDU – Glocke)

Meine Damen und Herren! Wie generell in dieser Jahreszeit gilt auch hier cool down. Lassen Sie doch einfach Herrn Kerstan seine Ausführungen darlegen. Im Übrigen steht es eins zu eins. – Bitte, Herr Kerstan.

Ich möchte noch einmal auf ein paar haushaltspolitische Argumente eingehen, die hier gefallen sind. Zum einen warf uns in der ersten Debatte, auf die wir nicht eingehen konnten, Herr Tschentscher vor, dass dieser Senat die Betriebsausgaben in unverantwortlicher Weise erhöhen würde. In der Tat liegt uns gerade eine Drucksache vor, in der steht, dass wir die Betriebsausgaben für Hamburger Museen erhöhen, und zwar jährlich mit 2 Millionen Euro zusätzlich für Sonderausstellungen, insgesamt also 10 Millionen Euro. Vor drei Jahren hat der Vorgängersenat den Museen 13 Millionen Euro einmalig gegeben, damit sie ihr Defizit ausgleichen können. Man stelle sich einmal vor: Innerhalb von drei Jahren haben die Hamburger Museen 23 Millionen Euro zusätzlich bekommen plus weitere 2 Millionen Euro für Betriebsausgaben, ganz abgesehen davon, dass zum Beispiel die Kunsthalle bei der Entschuldung damals auch 1 Million Euro zusätzlich bekommen hat. Wenn Sie sagen, diese Drucksache belege einmal wieder, dass bei den Museen gespart wird, dann frage ich mich, wer hier wen beschimpft und die Unwahrheit sagt.

(Michael Neumann SPD: Das ist unver- schämt!)

Dieser Vorwurf trifft auf eine Seite dieses Hauses zu, nämlich auf die Ihre.

(Beifall bei der CDU)

Es ist bezeichnend, dass Ihr haushaltspolitischer Sprecher, Herr Tschentscher, der immer geißelt, wenn Betriebsausgaben durch diesen Senat erhöht werden, sich in einer Debatte, in der die SPD und die LINKE wieder einmal Reden schwingen und sagen, es sei schön und gut, wenn wir die Ausgaben um 2 Millionen Euro erhöhen, sie aber noch mehr haben wollen, nicht zu Wort meldet, um gegen diese Forderung Einspruch zu erheben, sondern gar nicht im Raum ist.

(Beifall bei der GAL und der CDU – Ingo Egloff SPD: Cool down!)

Wie man an der Aktuellen Stunde merkt, entspricht das Ihrer Debattenkultur. Sie wollen nämlich nicht debattieren, sondern nur Ihre Parolen verbreiten.

(Michael Neumann SPD: Das klingt so ein bisschen weinerlich!)

Auf Antworten und Debatten legen Sie keinen Wert.

(Beifall bei der CDU)

Aber lassen Sie uns noch einmal über den Grund reden, warum wir den Museen nur Liquiditätshilfen und nicht das Geld einfach so geben. In der Vergangenheit sind die Museen entschuldet worden und Zitaten von Mitgliedern aus Vorständen, aber auch aus Freundeskreisen ist durchaus zu entnehmen, dass ihre Aufgabe nicht sei, mit einem bestimmten Etat auszukommen, sondern Kunst auszustellen, und wenn das Geld nicht reiche, dann bräuchten sie zusätzliches. Das war die Situation in den letzten Jahren und man kann das gut oder schlecht finden und sich auch trefflich darüber streiten, ob so eine Haltung in Zeiten möglich ist, in denen teilweise nicht einmal mehr das nötige Geld für Schulen, Kitas oder Universitäten da ist. Wir haben uns entschieden, diese Museen zu entschulden, wenn sie in den nächsten Jahren einen deutlichen Beitrag zu strukturellen Einsparungen leisten, was unserer Meinung nach in den letzten Jahren nicht erfolgt ist.

Anhand der Stiftung Historischer Museen Hamburg möchte ich auf eine wesentliche Differenz hinweisen. Meiner Meinung nach brauchen wir ein Hamburger Museum, das die Geschichte Hamburgs an vier Standorten und somit aus vier unterschiedlichen Perspektiven erlebbar macht. Für die Bürgerinnen und Bürger ist es nicht wichtig, dass jedes dieser Häuser seine eigene Verwaltung und seinen eigenen Direktor hat, denn das bringt den Museen, den Ausstellungen gar nichts, sondern verursacht nur Kosten. In den letzten Jahren war es Aufgabe dieser Stiftung, an dieser Situation etwas zu ändern, doch dieses Modell funktionierte schlicht und einfach deshalb nicht, weil der Stiftungsvorstand seinen Job nicht gemacht hat. Nennen Sie mir irgendeine strukturelle Maßnahme, die dieser Stiftungsvorstand in den letzten Jahren ergriffen hat, um dieses Defizit abzubauen. Das würde mich ein

mal sehr interessieren, das wird keine lange Liste sein, falls überhaupt ein Punkt dabei ist. Wenn man die Ausstellung aufrechterhalten will, muss diese Situation verändert werden und wird diese Stiftung in den nächsten Jahren die Liquiditätshilfe nicht zurückzahlen müssen, wenn sie Sparbeiträge im strukturellen Sinn erbracht hat.

(Jan Quast SPD: Wer hat denn versagt?)

Das hat nichts mit Einsparung zu tun, sondern ist ein Beitrag zur Effizienz öffentlicher Verwaltung. In Zeiten öffentlicher Not in den Haushaltskassen, wo teilweise Gebühren für Bürgerinnen und Bürger erhöht werden, ist das kein unbilliger Beitrag für Kulturschaffende in diesem Land. Darum ist diese Drucksache richtig und setzt an den richtigen Hebeln an, um in dieser Situation ein gutes Angebot zu machen, aber auch Anreize für effizientes Handeln zu geben. Dass Sie dazu sagen, das wäre sparen und die Museen würden kaputt gemacht, zeigt, dass Ihr haushaltspolitischer Sprecher tolle Reden halten kann, aber dem Rest Ihrer Fraktion Haushalt, Effizienz und Einsparen völlig egal sind. – Vielen Dank.

(Beifall bei der GAL und der CDU – Ingo Egloff SPD: Da reden wir beim Umweltzug noch mal drüber!)

Das Wort bekommt zunächst Herr Dr. Bischoff.

(Heiko Hecht CDU: Die Opposition ist doch bloßgestellt! – Unruhe im Hause)

Herr Präsident, meine Damen und Herren!

(Glocke)

Meine Damen und Herren! Ich darf um etwas mehr Ruhe im Saal bitten. – Herr Dr. Bischoff hat das Wort.

Ich anerkenne ausdrücklich, dass Herr Capeletti gesagt hat, es gebe einen Korridor, wo wir nicht weit auseinander liegen. Ebenso ausdrücklich möchte ich auch noch einmal sagen, Herr Kerstan, dass es in den Ausschusssitzungen, in denen wir über dieses Konstrukt sprachen, unstrittig war, dass wir – das sage ich auch für meine Fraktion – ganz ernsthaft darauf achten, dass mit den öffentlichen Mitteln vernünftig umgegangen wird. Insofern habe ich eben auch gesagt, dass es uns überhaupt nicht darum geht, den Konflikt komplett beiseite zu schieben. Ob das alles richtig gehandhabt worden ist, sehen wir in der Tat aus unterschiedlichen Blickwinkeln. Wann sind diese Defizite aufgetreten, was ist bei dem Entschuldungsprozess passiert und warum ist dann sehr schnell wieder dieselbe Situation einge

treten? Aus meiner Sicht gibt es in organisatorischer Hinsicht tatsächlich etwas zu verbessern, sodass man effizienter arbeiten kann.

Zweiter Punkt: Wie Herr Capeletti betont hat, reden wir nicht nur über einen öffentlichen Etat bei diesen Museen, sondern auch darüber, dass Einnahmen über den Ticketverkauf generiert werden müssen. Es ist also wichtig, wie viele Leute die Museen besuchen und wie viel Eintritt sie bezahlen. Ausweislich dieser Expertenrunde, die noch einmal ein Gutachten verfasst hat, reden wir auch über Sponsoring und die Beiträge der Freundeskreise, die wahrscheinlich nicht ganz genau quantifiziert werden können. Bei den Museen liegt also ein sehr kompliziertes Wirtschaftsmodell vor und in diesem Bericht wird auch explizit darauf verwiesen, dass aufgrund der angespannten wirtschaftlichen Lage mit dem Mittel Sponsoring nicht mehr wie ursprünglich kalkuliert werden kann. Ein wesentlicher Faktor ist auch, dass in Zeiten, in denen ein Großteil der Bevölkerung Einkommensprobleme hat, sich viele Leute Museumsbesuche nicht mehr leisten können.

Wir haben auch keine Differenz hinsichtlich der komplexen Angebotspolitik der Museen. Wer würde das denn ignorieren wollen? In diesem Punkt liegen wir beieinander und, Herr Capeletti, wir haben uns diese Berichte und auch die Bilanzen der einzelnen Museen genau angesehen. Die Schlussfolgerung, die uns jetzt präsentiert wird, nämlich dass mit den Mitteln unverantwortlich umgegangen worden sei, steht weder im Bericht noch kann ich sie den Unterlagen entnehmen. Wir führten auch Diskussionen mit den zuständigen Leuten und nach dem, was sie alles in den letzten Monaten entwickelt haben, sollten Sie bitte nicht den Fehler machen, ihnen den Schwarzen Peter zuzuschieben. Das ist nicht in Ordnung.

(Beifall bei der LINKEN und der SPD)

Man hätte beschließen können, sich das ganze Stiftungskonstrukt noch einmal intensiver anzusehen, was im Kultur- und im Haushaltsausschuss auch auf der Tagesordnung stand. Ich habe jedenfalls auch die Vermutung, dass bei der Konstruktion und der Ausstattung der Stiftung ein grundlegender Fehler vorliegt. Wie ich schon einmal gesagt habe, teilen diese Auffassung auch Leute, die von den jeweiligen Museumssektoren viel mehr verstehen als ich.

Vor diesem Hintergrund rechne ich damit, dass wir das Problem noch einmal haben werden, wenn Sie jetzt nicht umsteuern. Auch wenn man es dann vielleicht wieder irgendwie hinbekommen wird, bitte ich Sie doch darum, genau darauf zu achten, wie Museumspolitik in dieser Situation künftig gehandhabt wird. Das ist ganz entscheidend und wir müssen – das wollte ich mit meinem Hinweis auf Bildung, ÖPNV oder Mieten deutlich machen – auch in der Krise den Nerv haben, bestimmte

(Jens Kerstan)

Schwerpunkte besser auszugestalten, weil das kultur- und gesellschaftspolitisch ganz wichtig ist. Da müssen Sie jetzt nicht eine so konfrontative Haltung an den Tag legen. – Danke.

(Beifall bei der LINKEN und vereinzelt bei der SPD)

Das Wort erhält Frau Dr. Stapelfeldt.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Lieber Herr Kollege Kerstan,

(Michael Neumann SPD: Das "lieber" strei- chen wir mal lieber!)

ich nehme jetzt einfach einmal zur Kenntnis, dass Sie aufgrund der Abläufe der Aktuellen Stunde beleidigt waren. Das rechtfertigt jedoch in keiner Art und Weise, was Sie eben in Ihrer Argumentation gegen uns vorgebracht haben.

(Beifall bei der SPD)

Die Anträge, die wir Ihnen als SPD-Fraktion zu den Museen vorgelegt haben, und unsere Argumente seit den letzten drei, vier Jahren sind in keiner Weise mit Brüchen versehen, sondern wir haben 2007 der Entschuldung und den zusätzlichen Mitteln für die Museen zugestimmt und gleichzeitig darauf hingewiesen, dass das möglicherweise nicht ausreichend ist. Im Übrigen – das sage ich für mich und meine Kollegen und insbesondere für Herrn Tschentscher – wird sich niemand guten, einschlägigen und aufschlussreichen Argumenten widersetzen, im Gegenteil: Hätte man in den vielen Beratungen im Kultur- und Haushaltsausschuss zu diesem Thema Argumente gegen unsere Position beziehungsweise Korrekturen an ihr vorbringen können, dann hätten wir diese Argumente aufgenommen; doch die gab es nicht. Das, was wir damals schon diskutiert haben und wo wir versucht haben, Grund in die Sache zu bringen, ist genau das Gleiche wie das, was wir heute beziehungsweise in den letzten Monaten diskutiert haben. Da gibt es keinen Unterschied.