Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Bereits im Jahr 2005 forderte die SPD in einem Antrag die Einführung eines Fahrradmietsystems zur WM, wie es damals schon in anderen großen Städten vorhanden war. Erst vier Jahre später erfolgte die Umsetzung. Auf den ersten Blick sehen die abgefragten Zahlen sehr gut aus. StadtRAD ist ein Erfolg und die benötigten Nutzerzahlen wurden fast erreicht.
Auf den zweiten Blick sehen die Zahlen aber schon ganz anders aus, heißt es doch in der ursprünglichen Drucksache:
"Ausleihen von mehr als zwei Stunden (Aus- flugstouren etc.) müssen auch aus wettbewerbsrechtlichen Gründen tariflich unattraktiv sein, um traditionelle Fahrradverleihbetriebe vor öffentlich finanzierter Konkurrenz zu schützen."
Fakt ist, dass fast 77 000 Nutzer das StadtRAD länger als eine Stunde ausgeliehen haben. Auch der Tarif für eine Tagesausleihe ist mit 12 Euro nicht gerade unattraktiv. Der traditionelle Fahrradverleih nimmt in Hamburg durchschnittlich 11 Euro pro Tag und ist nicht flächendeckend in der City vorhanden. So ist auch die Mietdauer an den Wochenenden am längsten und in einer Kundenbefragung gaben 55 Prozent der Befragten an, sie würden das StadtRAD überwiegend in ihrer Freizeit nutzen. An dieser Stelle muss auf jeden Fall noch eine Nachbesserung erfolgen. Das StadtRAD darf – so wie in der ursprünglichen Drucksache gefordert – nicht in Konkurrenz zu den traditionellen Betrieben stehen.
Spannend wird es, wenn man sich die abgefragten Nutzerzahlen ansieht. In der Antwort auf Frage 7 wird in der Drucksache von insgesamt rund 710 000 Nutzern gesprochen, in der Antwort auf Frage 8 ergeben die einzelnen Summen in der Addition 717 000 Fahrten.
Auch die Frage nach der Nutzungsdauer ist nicht ganz nachvollziehbar. 42 Prozent der Fahrten endeten laut Drucksache innerhalb von 15 Minuten, 78 Prozent innerhalb von 30 Minuten und 89 Prozent innerhalb einer Stunde. Dazu kommen noch die Fahrten von über einer Stunde Dauer, insgesamt 10,7 Prozent aller Fahrten. Meine sehr verehrten Damen und Herren, das sind addiert 220 Prozent. Der Senat hat die Fahrten von unter einer Stunde einfach addiert, um die Zahlen den Anforderungen aus der Drucksache anzupassen.
(Jörn Frommann CDU: Was hat man Ihnen denn da aufgeschrieben? – Hartmut Engels CDU: Wann haben Sie denn Mathematik ge- lernt?)
Warum das alles? Uns allen ist klar, dass diese Zahlen für die Berechnung der Wirtschaftlichkeit des Systems wichtig sind. In der ersten Stufe sollten jährlich 750 000 Fahrten erreicht und damit die Kosten von 1,36 Euro pro Fahrt eingehalten werden. Beide Vorgaben wurden nicht erreicht: Die Kosten pro Ausleihvorgang betrugen 2,11 Euro. Durch den extremen Winter und die nicht geräumten Radwege konnte die benötigte Anzahl von Fahrten in der ersten Realisierungsstufe nicht erreicht werden. Mit der Realisierung der zweiten Stufe, mit 40 weiteren Stationen und 500 zusätzlichen Fahrrädern, werden sich diese Kennziffern sicherlich verbessern. Daher unsere Bitte: Lassen Sie uns im Stadtentwicklungsausschuss noch einmal über die Fakten und die tatsächlichen Zahlen sprechen und natürlich auch über den Ausbau der zweiten Realisierungsstufe, die 2011 beginnen soll. Das StadtRAD ist auf dem besten Weg, ein großer Erfolg zu werden und braucht keine kreative Buchführung. – Vielen Dank.
Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Das StadtRAD ist nicht erst auf dem Weg, ein voller Erfolg zu werden, Frau Kollegin Koeppen, das StadtRAD ist ein voller Erfolg nach dem ersten Jahr.
Freudiger hätte dieser Geburtstag gar nicht ausfallen können. Wenn man sich die Bilanz anguckt, toppt das StadtRAD deutschlandweit seinesgleichen. Mit 62 000 eingetragenen Kunden sind die für das erste Jahr erwarteten Kundenzahlen weit übertroffen worden. Wir sind vorsichtig optimistisch von 25 000 Kunden im ersten Jahr ausgegangen und liegen nun 150 Prozent über unseren damaligen Prognosen. 62 000 Kunden im ersten Jahr zeigen, dass das StadtRAD ankommt und das Konzept gut funktioniert. Die erste halbe Stunde gratis ist ein super Angebot, um das andere Städte uns beneiden. Es ist toll zu sehen, wie häufig das rote Rad unterwegs ist. Ich freue mich sehr darüber und habe das Gefühl, dass es nach einem Jahr schon zum Stadtbild der inneren Stadt gehört. Wir haben jetzt in Hamburg – von der Hudtwalckerstraße im Norden, der Veddel im Süden, Altona im Westen und der Burgstraße im Osten – 71 Leihsta
Die Beliebtheit von StadtRAD lässt sich aber nicht nur anhand der registrierten Kunden messen, sondern auch an der Zahl der tatsächlichen Ausleihvorgänge. Übers Jahr gerechnet – und auch mit einem langen, harten Winter und ungeräumten Radwegen, Frau Koeppen – waren es pro Rad und Tag 2,2 Ausleihvorgänge. Im Juni aber wurde jedes Fahrrad im Schnitt schon 3,9-mal ausgeliehen und die Tendenz ist steigend. Das ist alles sehr erfreulich. Ist man erst einmal registriert, was persönlich, telefonisch, aber auch am Terminal erfolgen kann, ist das Leihrad ohne große Planung auch spontan nutzbar.
Bahn und StadtRAD lassen sich im innerstädtischen Bereich gut kombinieren. Dadurch bekommt der Radverkehr eine höhere Akzeptanz. Es besteht die Möglichkeit, kürzere Strecken mit dem Rad zurückzulegen, für längere Strecken auf eine Kombination mit der Bahn zurückzugreifen und vielleicht öfter einmal auf das Auto zu verzichten.
Auch das Stationssystem hat sich bewährt. So mussten im ersten Jahr nur vier Fahrräder abgeschrieben werden. Überhaupt wurde erfreulicherweise nur bei einem Prozent der Fahrten ein Defekt gemeldet. Die modernen Terminals – da war ich zunächst ein wenig skeptisch – sind doch nicht so kompliziert, wie anfangs befürchtet. Es hat sich gezeigt, dass alle Altersgruppen in der Lage sind, sie zu benutzen. Aber natürlich können die Fahrräder auch telefonisch ausgeliehen werden.
Trotz der positiven Entwicklung und des Erfolgs von StadtRAD Hamburg zu seinem ersten Geburtstag gibt es natürlich noch einiges, was verbessert werden kann. Die zweite, schon angesprochene Ausbaustufe mit weiteren rund 30 Stationen und 500 zusätzlichen Rädern wird das Gebiet noch einmal erweitern und mehr Menschen das Rad vor die Haustür bringen. Mit ihr wird das System weiter in die Bezirke hineinreichen, zum Beispiel nach Wandsbek oder Barmbek, nach Eimsbüttel in die Osterstraße oder in den Stadtpark.
Vor einigen Wochen haben wir weiteres Entwicklungspotenzial in der Bürgerschaft beschlossen. Wir möchten, dass auf Bahnhöfen besser auf die Leihstationen hingewiesen wird und diese auch in HVV- und Stadtpläne aufgenommen werden. Außerdem möchten wir, dass in den Schnellbahnen auf die nächsten Haltestellen aufmerksam gemacht wird. Natürlich müssen wir darüber hinaus auch an der Fahrradinfrastruktur arbeiten, aber dabei sind wir auf einem guten Weg; wir fangen mit den ersten 12 Kilometern Radstreifen an. Von daher denke ich, dass der nächste Geburtstag noch sehr viel erfolgreicher sein wird. – Vielen Dank.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Es gibt überhaupt keinen Zweifel, dass dieses Fahrradleihsystem ein Erfolg ist. Das habe ich auch in der Presseerklärung gesagt. Anfangs war ich skeptisch, ob es einschlagen würde, aber jetzt muss man unumwunden zugestehen, dass das System gut ist.
Frau Gregersen hat angekündigt – und da haben Sie unsere volle Unterstützung –, dass Sie daran arbeiten werden, das Ganze noch perfekter zu machen. Alles Gute kann noch verbessert werden; insoweit sind wir uns einig.
Nun hat Herr Hesse ausgeführt, StadtRAD sei kostenfrei. Dazu würde ich ganz gern die Abrechnung sehen, denn wir debattieren – neben dem Geburtstagsjubel, den Sie angestimmt haben – eine Große Anfrage, in der genau die Fragen, die den betriebswirtschaftlichen Aspekt beleuchten, nicht beantwortet sind. Zu den Fragen 11, 12 und 13 erklärt der Senat nämlich:
"Hierzu liegen der zuständigen Behörde keine Erkenntnisse vor, da die DB Rent GmbH keine entsprechenden Angaben gemacht hat."
Es ist immer ein bisschen schlecht, in Jubel auszubrechen, wenn die spannenden Zahlen nicht zugänglich sind.
(Klaus-Peter Hesse CDU: Für den Steuer- zahler ist doch entscheidend, was hier bei uns hängenbleibt, Herr Dr. Bischoff!)
Ich sage ja nur, dass die Daten auf den Tisch müssten, um ein ausgewogenes Urteil fällen zu können. Um diesen Punkt geht es erst einmal.
Einen weiteren Punkt hat Frau Gregersen angedeutet. Sie haben das Fahrradleihsystem nicht als alleinstehendes Projekt betrieben, sondern in der Drucksache hieß es damals:
"Dadurch wird der Stellenwert des Fahrrades im Verkehrssystem insgesamt gestärkt. Das Fahrradleihsystem kann somit als 'Türöffner' für eine bessere Akzeptanz des Fahrrades als Verkehrsmittel dienen."
Ich will das gar nicht in Abrede stellen, ich will nur daran erinnern, dass wir noch einmal genauer prüfen müssen, ob das der Türöffner ist. Sie haben es eben selber gesagt: Wenn das Verkehrssystem in Hamburg wirklich qualitativ um das Fahrrad bereichert werden soll, dann brauchen wir noch ein paar
Infrastrukturmaßnahmen, also nicht nur die komplizierten, teuren Fahrradwege, sondern die Streifen auf den Straßen und eine Reihe von Verbesserungen im Ampelsystem. Das ist kostengünstig zu haben. Wir haben jetzt ein Fahrradleihsystem, aber bei dem Rest der Infrastruktur muss noch einiges gemacht werden; darin waren wir uns im Stadtentwicklungsausschuss einig.
Wenn man die Kosten insgesamt bilanziert, Herr Hesse, dann hätte ich schon ein Interesse daran, dass wir das im Stadtentwicklungsausschuss genauer diskutieren. Die Summe, die damals in der Drucksache stand, 1,5 Millionen Euro per anno, ist in der Größenordnung ja in Ordnung. Und wenn Sie jetzt meinetwegen diese 13 Millionen dazurechnen, die Sie für die Infrastruktur vorgesehen haben, dann ist das bezogen auf das, was Sie im Gesamtverkehrssystem in diesen zweieinhalb Jahren gemacht haben, eine relativ kleine Summe. Das ist ein vernünftiger Ansatz.
Das setze ich beispielsweise in Bezug zum Projekt U4 oder dem Ausbau von Autobahnen in Hamburg. Und dann müssen Sie das daran messen, dass die Grundphilosophie ist, im Hamburger Verkehrssystem eine ganze Reihe von Verbesserungen mit geringem Ressourceneinsatz machen zu können. Diesen Weg sollten wir weiter gehen, auch aus der Logik heraus, dass wir nicht viel Geld haben. Das bedeutet nicht, dass alles so bleiben muss und wir uns einzuschränken haben, sondern dass man es verbessern kann. Wenn wir künftig auf solche fragwürdigen Großprojekte verzichten und das Geld eher in den Bereich Ausbau der Busanschlüsse, Takte, Qualität und so weiter investieren, dann wird Hamburg vom Verkehrsangebot her vielleicht wirklich einmal die Spitzenposition haben, die Sie jetzt schon ausrufen. – Danke für Ihre Aufmerksamkeit.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Es ist jetzt schon viel davon gesprochen worden, dass das StadtRAD in seiner Einführungsphase wirklich eine Erfolgsgeschichte ist, aber – ich habe das herausgehört und empfinde es auch so – das verpflichtet uns auch, daran weiterzuarbeiten.