Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren Kollegen! Lieber Herr Dressel, zunächst möchte ich noch kurz auf Ihren Einwurf bezüglich Herrn Medecke eingehen. Ich stehe nun nicht gerade in Verdacht, eine Lanze für ihn brechen zu müssen, aber es mutet schon sehr seltsam an, in der Bürgerschaft eine Diskussion öffentlich zu machen, die ein Mandatsverhältnis eines Anwaltes angeht, auch wenn er…
Nun hören Sie doch erst einmal zu. Ob das immer so stimmt, was in der Presse geschrieben steht, wer oder wo wie zitiert wird,
das ist doch nicht seriös. Und wenn es dort Verfehlungen geben sollte oder Sie Interessenkollision vermuten, Herr Dressel, dann können Sie sich das auch anhören oder dazu Stellung nehmen.
Das können Sie gerne machen. Ich kann es auch lesen, Sie brauchen es nicht vorzulesen, dann sparen Sie Zeit.
Nur kurz so viel: Wenn Sie sagen, dass es da möglicherweise Verfehlungen, irgendwelche Interessenkonflikte oder Ähnliches gebe, dann wäre sicherlich die Deputation oder die Anwaltskammer der richtige Ort, aber nicht hier. Ansonsten sitzt Herr Medecke nicht hier und kann sich dagegen auch nicht verteidigen. Insofern finde ich es ungehörig, so etwas in die Öffentlichkeit zu ziehen, wo es nicht hingehört.
Bei mir kam zuerst dieser Stammtisch-Impuls hoch, als ich dieses Urteil gelesen hatte und dann hörte, dass deswegen jetzt schwerkriminelle, gefährliche Täter freigelassen werden müssen. Ich fühlte mich gleich an ein Zitat von Horst Ehmke erinnert,
Wir müssen auf jeden Fall mit dem umgehen, was wir jetzt bekommen haben, und das ist, wenn man es genau analysiert – und das vermisse ich in dem Antrag, denn ansonsten wäre er von Ihnen nicht so gefasst worden, wie er gefasst wurde –, eine klare Analyse dessen, was eigentlich kritisiert beziehungsweise verworfen wurde, und das ist ein sehr kleiner Ausschnitt.
Es sind glücklicherweise auch nicht so viele Fälle, aber immer noch viel zu viele, die wir deswegen jetzt bekommen. Und gerade das, Frau Schneider, sehe ich ganz anders als Sie.
Bei Tätern, die gemeingefährlich sind, Vergewaltigern mit sadistischen Ausprägungen – gerade jetzt der aktuelle Fall, der Hamburg betrifft – möchte ich nicht, dass die auch noch irgendeine Gefährlichkeit ausstrahlen, dass die potenziell durch die Stadt laufen und möglicherweise neue solche Verbrechen begehen. Das möchte ich nicht und das möchte die CDU-Fraktion genauso wenig.
Was mich bei Ihrem Antrag so geärgert hat, war im Grunde genommen die mangelnde Differenzierung. Ich werfe Ihnen noch nicht einmal Bösartigkeit vor,
insofern will ich Ihnen das zugutehalten. Aber Sie sind ein Jurist, Sie können auch sehr gut differenzieren. Und wenn Sie sich das genau angeguckt hätten, dann hätten Sie die unterschiedlichen Regelungen in Paragraf 1906 BGB und im Hamburgischen Psychisch-Kranken-Gesetz festgestellt; das
sind andere Fälle. Im Psychisch-Kranken-Gesetz geht es – wie der Senator gerade richtig dargestellt hat – um psychisch kranke Menschen. Die Täter, die hier entlassen wurden, sind nicht psychisch krank, jedenfalls nicht alle, sondern sie sind gefährlich.
Und wer gefährlich, aber nicht psychisch krank ist, darf nicht nach einer Regelung weggesperrt werden, die dafür überhaupt nicht gedacht ist. Hamburg handelt, Sie sagen, wir würden nichts tun, das Gegenteil ist der Fall.
(Ingo Egloff SPD: Was tun Sie denn mit dem? – Gegenruf von Dr. Andreas Dressel SPD: Nichts, die haben immer noch keine Unterkunft!)
Nach der bundesrechtlichen Novellierung 2007 wurde in Hamburg die Führungsaufsicht konzentriert, es wurden sechs neue Stellen für die Bewährungshilfe geschaffen und zweieinhalb neue Stellen bei der Führungsaufsicht des Landgerichts. Seit 2008 wird bei uns die Sicherheitsverwahrung auch getrennt. Wir haben getrennte Abteilungen
Wir haben – das haben Sie offenkundig nicht gelesen – das Konzept täterorientierte Prävention. Und wenn Sie jetzt sagen, es würde nichts passieren, dann verstehe ich nicht, wieso Sie das, nachdem Ihnen dieses Konzept nun auch schon seit März 2010 vorliegt, einfach nicht zur Kenntnis nehmen wollen. Frühzeitige Gefahrenabschätzung, Abstimmung zwischen Polizei und Justiz, Abgabe von Weisungsvorschlägen für den Führungsaufsichtsbeschluss, frühzeitige Zuleitung an die Staatsanwaltschaft und ans Gericht, dann die individuellen Fallkonferenzen vorher und nachher – Sie sind herzlich willkommen, weitere Vorschläge zu machen, wie man das noch weiter ausdifferenzieren kann. Das Konzept ist hervorragend, es hat viele Möglichkeiten, die genutzt werden, und das ist gut so.
Wir können in der Tat noch das eine oder andere verbessern, das sehe ich auch. Ich könnte mir eine bessere länderübergreifende Zusammenarbeit auch in Bezug auf eine bei Ihrem Antrag noch anklingende interne Datei vorstellen, die allerdings behördenintern sein muss. Das darf nicht, wie einmal gefordert, ein Internetpranger sein, das sind jetzt die Sexualstraftäter,
sondern das wäre eine interne Datei für den schnelleren Datenaustausch. Und mir liegt auch der verbesserte Opferschutz sehr am Herzen, denn in der Tat ist es für diejenigen, die von diesen Straftaten betroffen wurden, natürlich eine Ohrfeige, dass diese Menschen jetzt entlassen werden und in Freiheit sind.
Ein Punkt ist mir auch noch wichtig für die öffentliche Diskussion, weil die Angst tatsächlich immer geschürt wird. Ich bitte zu bedenken, dass es von den Sicherungsverwahrten, die jetzt aufgrund dieser Rückwirkungsentscheidung entlassen werden, nur relativ wenige sind.
In den letzten Jahren wurden bereits 100 Sicherungsverwahrte entlassen, weil die Voraussetzungen für die nachträgliche Sicherungsverwahrung nicht gegeben waren. Glücklicherweise ist dort nichts passiert. Ich wünsche mir, dass das zukünftig möglichst so bleiben möge. Was wir nicht brauchen, meine Damen und Herren, sind populistische Schnellschüsse und dafür steht die CDU auch nicht zur Verfügung. – Vielen Dank.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Nur ganz kurz zwei Klarstellungen. Herr Medecke macht einen Superjob als Deputierter und als Anwalt. Aber er hat sich am 7. August in "Der Welt" – der Artikel liegt sicherlich allen Informierten vor – zu demjenigen geäußert, der voraussichtlich an Weihnachten freikommen wird, und er hat sich nicht nur im Hinblick auf Lockerungen geäußert, sondern auch die Frage der anderen Entlassungsvorbereitungen angesprochen – ich zitiere –:
"'Bisher ist ihm [dem zurzeit Sicherungsverwahrten] aber nicht einmal klar, unter welchem Baum er sich niederlassen soll, wenn er die Anstalt verlässt.' Sein Mandant wolle aber zumindest eine Unterkunft für die Zeit nach der Entlassung finden. 'Er bittet um Hilfe, er möchte nach der Entlassung nicht in ein schwarzes Loch fallen.'"
Der zweite Punkt. Ich finde es schon ziemlich infam, was an Gleichsetzung beim Prüfpunkt PsychKG von den beiden anderen Fraktionen genannt worden ist. Wir beziehen uns darauf, dass in allen Bundesländern, die jetzt verantwortlich mit dem Thema umgehen müssen, sowohl auf Basis der Empfehlung des Bundesjustizministeriums als auch auf derjenigen der Bundesregierung, sehr wohl diese Option PsychKG als Prüfpunkt mit genannt worden ist. Ich zitiere einmal aus einer Vorlage der Bundesregierung, das können Sie auch nachlesen, Bundestagsdrucksache 17/2205: