Herr Präsident, meine Damen und Herren! Der Kollege Dressel hat seinen Beitrag mit dem schönen Satz begonnen, er könne gerne ein wenig lauter sprechen, dann verstünden ihn alle. Wenn ich meine Kollegen – viele Sozialpädagogen – sehe, dann fällt mir immer der schöne Satz ein: Ich höre Sie wohl, aber verstehen tue ich Sie nicht. So erging es mir mit dem, was Sie gerade vorgetragen haben. Gehört haben wir Sie wohl, verstanden haben wir Sie eigentlich nicht bei dem, was Sie uns vorgelegt haben.
Ich möchte trotzdem kurz auf das Thema eingehen und will dabei mit dem beginnen, was Sie am Ende gesagt haben. Sie haben selber sehr schön aus dem Protokoll der Beratungen zur Schaffung der Polizeihochschule zitiert und herausgestrichen, dass die Kollegen der GAL eine sorgfältige Evaluation gefordert haben. Nun kann man vielleicht über den Begriff "sorgfältig" streiten, aber am 10. November einen Antrag beschließen lassen zu wollen, der eine Evaluierung vorsieht, deren Ergebnis im Dezember vorzulegen ist, fällt bei mir nicht unter den Begriff Sorgfalt. Das ist blanker Populismus und nichts anderes.
Sie haben von uns gefordert, dass wir uns ohne Wenn und Aber zu der Qualität der Ausbildung der Hamburger Polizei bekennen. Das will ich gern tun, denn das ist ein wichtiges Anliegen für uns. Natürlich wollen und müssen wir in Hamburg Polizeibeamte auf dem höchstmöglichen Niveau ausbilden. Das tun wir heute und das werden wir in den nächsten Jahren ganz genauso tun. Das ist aber kein Grund für uns, nicht darüber nachzudenken, ob es nicht auch bei der Ausbildung von Polizeibeamten – hier reden wir nur über einen bestimmten Teil der Ausbildung, die Polizeihochschule – Möglichkeiten der Synergien und der gemeinsamen Ausbildung gibt; Verbesserungen, die nicht die Qualität beeinträchtigen, wohl aber die Kostenfaktoren beeinflussen. Darum geht es uns und darüber werden wir uns, das hat sich die Koalition vorgenommen, in den nächsten Wochen und Monaten in aller Ruhe und Sorgfältigkeit Gedanken machen. Es geht nicht darum, die Ausbildung nach unten zu ziehen, sondern darum, die Ausbildung auf einem hohen Niveau sicherzustellen, aber genau auszuloten, wo Einsparpotenziale sind, die ohne eine Beeinträchtigung der Ausbildungsqualität genutzt werden können. Das werden wir in aller Ruhe tun und dabei wird es, das hat sich die Koalition bewusst vorgenommen, keinerlei Denkverbote geben. Wir sind für alle Lösungen offen.
Es wird in diesem Rahmen irgendwann eine Drucksache dazu geben und dann können wir gern im Plenum und in den Ausschüssen darüber streiten, ob der Weg, den wir Ihnen vorschlagen, Ihre Zustimmung findet oder ob Sie andere Ideen haben. Aber zu versuchen, die Debatte um die vermeintlich harten Einsparungen im Bereich Inneres dadurch erneut zu beleben, dass Sie als letzten Tagesordnungspunkt auf die Schnelle die Evaluierung eines so wichtigen Themas innerhalb von drei Wochen fordern, ist nicht die Art von Arbeit, die wir als sorgfältig bezeichnen würden. Das ist kein ernstgemeinter Antrag, sondern ein Show-Antrag und deshalb werden wir ihm nicht zustimmen.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Herr Dr. Dressel, ich muss es leider auch so sagen wie Herr van Vormizeele:
Die Formulierung, es sei geboten, kurzfristig eine valide Entscheidungsgrundlage für die Bürgerschaft zu schaffen, und zwar innerhalb von vier Wochen, führt dazu, dass wir diesem Antrag nicht zustimmen können.
(Jan Quast SPD: Und wenn wir zwölf sa- gen? – Dr. Andreas Dressel SPD: Wir kön- nen das gerne verdoppeln, wenn Sie das möchten!)
Feilschen ist der falsche Weg. Der richtige Weg ist, dort anzusetzen, wo wir in der letzten Legislaturperiode – Sie haben es geschildert – mit unserer gemeinsamen Kritik am Konzept der Polizeihochschule aufgehört haben. Es werden Vorschläge zu Kooperationen oder Zusammenlegungen kommen. Sie haben von Akademie gesprochen; für mich wäre eher das Stichwort HAW spannend, Zusammenlegung mit oder Eingliederung in die HEW.
Das ist die spannendere Debatte. Dafür brauchen wir vielleicht sogar die alten Unterlagen aus der Expertinnen- und Expertenanhörung.
Ich gehe davon aus, dass wir eine inhaltliche Erläuterung bekommen werden, wenn wir einen konkreten Einsparbetrag für die Haushaltsberatungen 2011/2012 genannt bekommen. Dann können wir uns darüber unterhalten, welche Kooperationsmodelle möglich sind, und das geht natürlich nur aufgrund einer Evaluation der jetzigen Situation. Wir machen uns etwas vor, wenn wir Ihnen folgen und in vier oder auch acht Wochen, wie Sie jetzt angeboten haben, etwas vorlegen würden. Es geht darum, dass das Ziel erreicht wird. In diesem Fall heißt das, verschiedene Kooperationsmöglichkeiten und strukturelle Veränderungsmöglichkeiten zu überprüfen mit dem Ziel, die fachliche Qualität der Ausbildung mindestens zu erhalten, wenn nicht sogar in dem einen oder anderen Bereich zu ergänzen, und dabei möglicherweise noch etwas einsparen zu können.
Einen Aspekt möchte ich noch erwähnen, weil Sie auf den Koalitionsvertrag eingegangen sind. Wir haben tatsächlich ein kleines, aber nicht unwichtiges strukturelles Element der Hochschule der Polizei verändert. Sie mögen sich daran erinnern – zumindest die Damen und Herren, die das Thema interessiert –, dass wir lange über die fehlende Freiheit von Wissenschaft und Lehre in dieser kleinen Universität gestritten haben.
Inzwischen hat sich an dieser Stelle zumindest eines verändert: Die fachliche Zuständigkeit in Bezug auf das Bewerten von Wissenschaft und Lehre, um das einmal so unfachlich zu sagen, liegt nicht mehr bei der Polizei,
was damals einer der Hauptkritikpunkte war, sondern bei der Innenbehörde. Das ist sicher keine Evaluation, aber eine kleine strukturelle Veränderung, die ich nicht ganz unwichtig finde und die vielleicht untergegangen ist.
Wir sind uns einig, dass wir, wenn wir über einen neuen, veränderten Haushaltstitel mit anderen Zahlen reden, die Möglichkeit haben müssen, die unterschiedlichen Vorstellungen zu Kooperationen und strukturellen Veränderungen zu diskutieren, aber wir können nicht beschließen, dass das in vier Wochen vorliegen muss.
Meine Damen und Herren, Herr Präsident! Wir unterstützen den SPD-Antrag, weil wir das Anliegen der Evaluation jetzt und nicht erst in einem Jahr, wie es gesetzlich vorgeschrieben ist, unterstützen. Wir sind allerdings auch, das möchte ich deutlich sagen, sehr skeptisch in Bezug auf die Fristsetzung 15./16. Dezember. Die Zeit für eine Evaluation auf wissenschaftlicher Grundlage, wie im Gesetz vorgesehen, ist damit eigentlich zu knapp.
Aber anders als Sie, Herr van Vormizeele, bin ich der Meinung, dass das Problem beim Senat liegt, denn der Senat hat beschlossen, eine Kooperation der Hochschule der Polizei mit anderen Einrichtungen im norddeutschen Raum anzustreben. Entsprechende Haushaltsbeschlüsse schaffen dann Fakten, die die gesetzlich für das nächste Jahr vorgeschriebene Evaluation entwerten, weil Schlussfolgerungen dann möglicherweise gar nicht mehr gezogen werden können. Gegen länderübergreifende Kooperation ist aus unserer Sicht im Prinzip nichts einzuwenden, auch nicht gegen Einspareffekte. Aber es muss bei der Evaluierung der Hochschule und der anschließenden Diskussion ihrer Schlussfolgerungen um die Standards der Polizeiausbildung gehen, und die dürfen nicht unter dem Vorbehalt schon getroffener Vereinbarungen und beschlossener Einsparungen stehen. Deshalb halten wir es für außerordentlich sinnvoll, die Evaluation vor irgendwelchen anderen Schritten, die dann Fakten schaffen, durchzuführen.
Vor der Gründung der Hochschule der Polizei hat es – der SPD-Antrag weist darauf hin, Herr Dressel hat es gesagt und Frau Möller hat es bestätigt – kontroverse Diskussionen gegeben, die ich alle nachlesen musste, weil ich nicht an ihnen teilnehmen konnte. Diese Diskussionen waren sehr spannend. Die inhaltlichen Kontroversen, um die es damals ging, sind auch heute nicht erledigt. Deshalb erhoffen wir uns von einer Evaluation, wenn sie auf wissenschaftlicher Grundlage, das heißt unabhängig und extern, erfolgt, wichtige Hinweise für die
Ich kann mir nicht verkneifen, einen grundsätzlichen Gesichtspunkt anzusprechen, den Sie, Frau Möller, auch ganz leicht haben anklingen lassen. Die immer wieder erhobene Forderung, alle nicht spezifisch polizeilichen Ausbildungsinhalte der Ausbildung der Polizeibeamten an die Hochschulen oder allgemeinen Fachhochschulen zu verlagern, ist bis heute nicht verstummt. Hamburg hat mit der Gründung der Hochschule der Polizei einen anderen Weg eingeschlagen, trotz des Gutachtens, das vor einem guten Jahrzehnt vom seinerzeitigen Innensenator Wrocklage und der damaligen Wissenschaftssenatorin Krista Sager ausgearbeitet wurde und das sich für die Externalisierung der Polizeiausbildung ausgesprochen hat. Dieses Gutachten ist leider nicht mehr aufzufinden.
(unterbrechend) : Entschuldigen Sie, Frau Schneider. Ich möchte noch einmal im Saal um Ruhe bitten, auch wenn wir uns langsam dem Ende der Sitzung nähern. Geben Sie der Rednerin die Gelegenheit, sich in Ruhe zu äußern. – Vielen Dank.
Wir bestreiten nicht, dass in den Studiengängen der Polizeihochschule eine Reihe externer Aspekte aufgenommen sind und dadurch entsprechende Kompetenzen für die Lehre gewonnen werden. Unser Leitbild ist aber eine Polizei, die sich schon in der Ausbildung mit anderen, insbesondere mit gegensätzlichen Positionen, Sichtweisen, Denkhaltungen und Verhaltensmustern auseinandersetzt und dadurch sensibilisiert in die Wirklichkeit des Polizeidienstes geht. Dafür ist es unseres Erachtens notwendig, dass die Ausbildung in gesellschaftliche Strukturen eingebunden wird. Es ist notwendig, dass die angehenden Polizeibeamten in ihrer Ausbildung in die Kooperation aller Fachrichtungen, die im weiten Sinne mit der Problematik Sicherheit und abweichendes Verhalten befasst sind, eingebunden sind.
Nun zu den einzelnen kritischen Punkten, die eine Evaluation in unseren Augen tatsächlich ziemlich dringend machen. Die Hochschule der Polizei ist dem Anschein nach eine demokratisch verfasste Hochschule. Sie hat, genauso wie die anderen Hamburger Hochschulen, einen Präsidenten, einen Hochschulrat und einen Hochschulsenat. Aber wenn man sich die Hochschule genauer ansieht – ein Blick in das Gesetz und die Grundordnung der Hochschule hilft dabei –, erkennt man schnell, dass die demokratische Verfassung vor allem Fassade ist. Der Präsident wurde von der CDU für fünf Jahre eingesetzt und nicht gewählt. Im Hochschul
rat sitzt die Handelskammer und nicht die Gewerkschaft der Polizei. Im Gesetz der Hochschule der Polizei wird die Wissenschaftsfreiheit negiert und die von CDU und GAL so gepriesene Hochschulautonomie gibt es nicht. Stattdessen wurde im Koalitionsvertrag vereinbart, Frau Möller hat es angesprochen, dass die Fachaufsicht für die Polizeihochschule in die Innenbehörde verlagert wird. Das wurde zum 1. Januar 2009 umgesetzt. Nach dem Gesetz über die Hochschule der Polizei hat die Behörde die Rechtsaufsicht über die Hochschule und das ist richtig und wichtig. Wenn aber die Innenbehörde auch die Fachaufsicht über die Hochschule der Polizei hat, dann ist das vielleicht ein Fortschritt gegenüber den Zeiten, als die Polizei die Fachaufsicht hatte, aber so richtig kann man da nicht von Freiheit von Wissenschaft und Lehre sprechen; das ist ein Etikettenschwindel.
Ich möchte betonen: Fachaufsicht ist keine Rechtsaufsicht. Fachaufsicht bedeutet, dass die Hochschule der Polizei von der Innenbehörde nicht nur kontrolliert wird, ob sie sich an Recht und Gesetz hält – das entspricht der Rechtsaufsicht –, sondern einer zusätzlichen Zweckmäßigkeitskontrolle unterliegt, bei der die Art und Weise der Aufgabenerfüllung überwacht wird. Wissenschaft und Forschung sind da eben nicht frei.
Interessanterweise ist in Paragraf 3 der Grundordnung der Hochschule der Polizei Hamburg festgelegt – ich zitiere –:
"Die Hochschule, ihre Mitglieder und Angehörigen sind gehalten, die durch Artikel 5 Absatz 3 des Grundgesetzes verbürgte Freiheit in Lehre, Studium und Forschung […] zu nutzen und zu bewahren."
Was ist das denn für eine Formulierung, gehalten, das Grundgesetz zu beachten und es zu nutzen? Ich finde, das ist sehr merkwürdig.
Die Evaluation muss die Realität der Freiheit von Forschung und Wissenschaft an der Polizeihochschule analysieren und bewerten. Die fast vierjährige Praxis der Polizeihochschule dürfte dafür unseres Erachtens ausreichend sein.
Ich komme zum letzten Punkt – zum vorletzten Punkt. Ein kleiner Scherz muss sein; ich habe gewusst, dass Sie so reagieren.
Nicht beachtet bei der Einrichtung der Hochschule der Polizei wurden die erheblichen Einwände gegen die Ausbildung von Polizei und privatem Sicherheitsgewerbe in einem gemeinsamen Ausbildungsgang. Mit dieser Praxis wird verwischt, wie ein Experte in der seinerzeitigen Anhörung zu Recht anmerkte, dass es die Polizei ist, der im Inneren das staatliche Gewaltmonopol obliegt.