Protokoll der Sitzung vom 11.11.2010

(Michael Neumann SPD: Es ist doch alles gesagt!)

Nein, alles ist noch nicht gesagt. Oppositionsarbeit, Herr Neumann, kann man sehr unterschiedlich gestalten: Konstruktiv kritisch – das könnte man tun – oder, wie es die SPD-Fraktion tut, Horrorszenarien an die Wand malen, polemisch argumentieren und Fakten verleugnen.

(Beifall bei der GAL und der CDU – Ingo Egloff SPD: Das können Sie ja demnächst mal üben in der Opposition!)

DIE LINKE beschränkt sich zumindest darauf, sehr viele Fragen zu stellen, auf die es auch Antworten geben wird. Sie haben aber die Antworten schon vorweggenommen, Sie wissen schon alles. Da wird es Zeit, mit einigen Behauptungen aufzuräumen und die Fakten richtigzustellen.

Carola Veit hat in einer Presseerklärung gesagt:

"Hier ist ja bereits die nächste Gebührenerhöhung geplant. Ferien- und Randbetreuung

vor 8 und nach 16 Uhr sollen nämlich wesentlich teurer als bisher werden."

(Carola Veit SPD: Wann war denn das?)

Mehmet Yildiz hat gesagt, die Gebührengerechtigkeit müsse hintanstehen; das hat er eben auch wiederholt.

Wir haben es schon von der Senatorin gehört und ich möchte es noch einmal deutlich sagen: Das ist eine falsche Behauptung.

(Beifall bei der GAL und der CDU)

Tatsache ist, dass die Eltern nicht mehr bezahlen werden. Die Beiträge der Ferien- und Randzeiten werden nicht höher sein als jetzt auch und von 8 bis 16 Uhr ist die Betreuung sowieso kostenlos. Dazu kommt eine Geschwisterkindermäßigung für alle, die mehrere Kinder in der verlässlichen Nachmittagsbetreuung haben.

(Glocke)

Frau Abgeordnete, gestatten Sie eine Zwischenfrage?

Wir werden eine soziale Staffelung der Beiträge haben; das ist genau das, was auch Herr Yildiz anregte. Darüber hinaus wird es für soziale Härtefälle weiterhin eine komplette Beitragsfreiheit geben, ähnlich wie im Kita-System bei der Gutscheinbetreuung.

Vor diesem Hintergrund dann immer das Horror-Szenario an die Wand zu malen, dass die Eltern massiv mit Gebühren belastet würden, ist einfach unredlich, Frau Veit.

(Beifall bei der GAL und der CDU – Carola Veit SPD: Das habe ich nicht gesagt!)

Sie können das in Ihrer Pressemitteilung vom 28. September nachlesen, und Sie haben das auch noch einmal wiederholt.

Außerdem haben alle Kinder die Möglichkeit – das möchte ich auch betonen –, an den kostenfreien Angeboten der Schule teilzunehmen, angefangen von Musik und Sport über Umwelt und Natur und was es sonst noch alles gibt an Angeboten im Nachmittagsbereich. All das steht den Kindern kostenlos zu Verfügung. Das, was für die Eltern früher mit Kosten verbunden war, weil sie ihre Kinder meilenweit fahren mussten, befindet sich nun im Rahmen der Schule; so ist das bei einer Ganztagsschule. Das ist ein Riesengewinn. Für die Eltern fallen die Fahrtwege weg und für die Kinder steht ein attraktives Angebot zur Verfügung.

(Beifall bei der GAL und der CDU)

(Zweite Bürgermeisterin Christa Goetsch)

Weiter in der Gerüchteküche der Opposition. Wir haben es eben schon gehört, aber ich habe das Gefühl, man muss es der SPD-Fraktion mehrfach sagen. Auch DIE LINKE hat behauptet, die Einführung würde flächendeckend, massiv und überstürzt erfolgen. Noch einmal in aller Deutlichkeit: Die Eltern entscheiden, ob sie an diesem Modell der ganztätigen Betreuung an der Schule teilnehmen wollen; alle meine Vorrednerinnen und Vorredner haben es schon gesagt. Erst wenn sich die Schulkonferenz, also Eltern und Schule gemeinsam dafür entscheiden, ein Träger gefunden ist und die von der Senatorin genannten Qualitätskriterien erfüllt werden, wird kritisch geschaut und entschieden, dass es geht. Es handelt sich hier also in keiner Weise um ein Diktat des Senats, sondern um die Umsetzung des Elternwunsches.

Bereits jetzt haben sich die Eltern von rund 600 Kindern entschieden, an diesem Pilotprojekt teilzunehmen. Weitere 80 – wir haben es von Frau Föcking gehört – sind daran interessiert. Was macht die Opposition also, wenn Sie ein Aussetzen der Planung fordert?

(Carola Veit SPD: Haben wir das gefordert?)

Sie ignoriert den Elternwillen. Sie ignoriert schlichtweg, dass es Eltern gibt, die sich wünschen, dass ihre Kinder von 8 bis 16 Uhr kostenlos betreut werden, und zwar von der ersten bis zur sechsten Klasse. Vielleicht haben Sie keine Kinder und wissen nicht, wie schwierig es ist, diese Betreuung für schulpflichtige Kinder zu bekommen, auch in den Ferien. Das ist ein ganz großer Gewinn und die Eltern wünschen sich das. Aus diesem Grunde ist es konsequentes politisches Handeln, dieses Konzept umzusetzen.

(Beifall bei der GAL und der CDU)

Die Opposition betreibt eine Politik, die diktiert und sich einfach weigert, die Realitäten in dieser Stadt zur Kenntnis zu nehmen.

Wir haben auf der Habenseite die Nachfrage von Eltern, die das Angebot wollen. Wir haben, und das ist auch ganz wichtig, die Zusage der Träger, die diesen Prozess positiv sehen und ihn konstruktiv begleiten. Auch sie möchten die Umsetzung jetzt, damit sie die freiwerdenden Plätze in Aussicht auf den Rechtsanspruch ab dem ersten Lebensjahr sofort für Krippen- und Elementarkinder zur Verfügung stellen können. Und wir haben gute Voraussetzungen für eine Kooperation. Nicht zu handeln wäre politisch nicht zu verantworten und darum handelt der schwarz-grüne Senat.

(Beifall bei der GAL und der CDU)

Das Wort hat Herr Rabe.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Das finden wir natürlich interessant, dass die Grünen uns erklären, sie würden den Elternwillen vertreten. Wer hat denn eigentlich dafür gestimmt, die Elternentscheidung für die weiterführende Schule abzuschaffen? Wenn mein Erinnerungsvermögen mich nicht trügt, die GAL und ihre Schulsenatorin. Und wer hat uns ein Jahr lang erzählt, die ganze Stadt wolle die Primarschule? Wir haben Ihnen geglaubt, aber der Volksentscheid hat mich an dieser Stelle etwas klüger werden lassen in Bezug darauf, was Eltern wollen. Eltern wollen eine seriöse Planung. Das sollten Sie sich zu Herzen nehmen und uns nicht groß erzählen, was die Eltern sich möglicherweise zurzeit alles so wünschen. Diese Planung sind Sie schuldig geblieben.

Wir führen in der Schulpolitik die gleiche Diskussion wie in den letzten zwei Jahren. Sie präsentieren eine gute Idee, das will ich gar nicht in Abrede stellen, und wir fragen, wie das umgesetzt werden soll. Wo sind die Räume, wo ist das Personal, wo sind die Träger, wo sind die Konzepte und Pläne und was kostet das? Sie sagen, das koste gar nichts. 10 000 Kinder mehr zu betreuen kostet nichts? Da fragen wir uns natürlich schon, wie das funktionieren soll.

Ich habe den Eindruck, dass sich die Geschichte wiederholt. Eine gute Idee wird diskutiert, Fragen werden nicht beantwortet, der Startknopf wird gedrückt und dann bricht das Chaos aus. Lernen Sie aus Ihren Fehlern. Ihr Prinzip war bisher, erst zu starten und dann zu planen. Sie müssen das umdrehen, nämlich erst planen und dann starten.

(Beifall bei der SPD)

2009 präsentierten Sie eine kühne Idee: 10 000 Hort- und Ganztagsschulplätze mehr für Hamburg. Wir finden das gut, das sagte ich bereits. Sie wollen, dass Schule und Hort zusammenarbeiten; auch das ist eine gute und mutige Idee.

(Beifall bei der SPD)

Ich erkenne das ausdrücklich an, und zwar deshalb, weil das Nebeneinander von Lernen und Betreuung aufhören muss. Wir haben zwei gute Einrichtungen und es muss aufhören, dass diese sich ständig gegenseitig argwöhnisch belauern.

Insofern ist der Weg völlig richtig, die Idee ist vernünftig. Wenn sie gut gemacht wird, dann sind wir auch dabei. Aber genau da liegt das Problem, das haben wir uns eben schon von Frau Veit anhören können und von Herrn Yildiz ebenfalls. Diese Reform soll ohne Geld, ohne zusätzliche Räume oder Erzieher umgesetzt werden. 10 000 Kinder mehr und kein zusätzlicher Erzieher, kein zusätzlicher Cent? Kein Wunder, dass es schon 2009 dagegen einen Proteststurm gab. Da sind Sie plötzlich klug geworden und sagten, das haben wir verstanden. Wir machen die Wende und lassen erst einmal fünf Pilotschulen starten. Diese werden ein Jahr brau

(Christiane Blömeke)

chen, um richtig in Gang zu kommen, dann laufen sie ein Jahr lang und dann werten wir das ein Jahr lang aus. 2013 kann die Reform dann starten. Der Senat hat also aus seinen Fehlern gelernt, könnte man glauben. Natürlich nicht, denn ein Dreivierteljahr später machen Sie die Wende rückwärts. Nun heißt es, der Pilotversuch werde nicht ausgewertet. Sein Ende wird nicht einmal abgewartet und auch Ihre alten Pläne nicht geändert. In großer Hektik wird die verschobene Reform nun doch auf 2011 vorgezogen. Damit präsentieren Sie, nach nur einem Jahr, den dritten Zeitplan für diese wichtige Reform. Wem wollen Sie dieses Hin und Her eigentlich noch erklären?

Hamburg braucht eine Schulpolitik mit klaren Plänen, mit Verlässlichkeit und Stetigkeit.

(Beifall bei der SPD)

Weil Sie es nun doch mit der Angst bekommen haben, haben Sie vor zwei Tagen eine Pressemitteilung herausgegeben, in der es heißt, starten dürfe nur der, der gewisse Voraussetzungen erfüllt. Sie haben eine ganze Reihe aufgeführt, so muss beispielsweise ein Träger vorhanden und das Mittagessen geregelt sein. Da sage ich nur: Das ist ja eine ganz tolle Politik, Sie sagen, die Schulen können starten, aber sie müssen das alles selber regeln. Es wäre Ihre Aufgabe, genau diese offenen Fragen zu beantworten, nicht die Aufgabe der Beteiligten.

(Beifall bei der SPD)

Dieses Konzept kommt uns aber irgendwie bekannt vor. Ich will nur ganz kurz wenige Beispiele nennen.

Wir beschließen, dass Kinder mit Behinderungen die Regelschule besuchen dürfen; eine gute Idee. 2010 ist das gestartet und erst jetzt werden die Arbeitsgruppen eingerichtet. Und wann wird das Konzept erarbeitet? – 2011 wird es kommen.

(Egbert von Frankenberg CDU: Stimmt doch gar nicht!)

Das nächste Beispiel, die Stadtteilschulen. 2010 ist sie schon eingerichtet. Man könnte glauben, da gäbe es Pläne, die werden aber jetzt erst erarbeitet. Jetzt sind die Arbeitsgruppen zusammengetreten und wann sollen ihre Ergebnisse umgesetzt werden? – 2011, ein Jahr nach dem Start.

Das nächste Beispiel. Das Sitzenbleiben wird abgeschafft; eine gute Idee. 2010 beginnt es. Wo sind die Pläne? – Ich habe da schon meinen Textbaustein parat.

(Wolfgang Beuß CDU: Ja, das ist das Schlimme!)